Am Anfang war (nur) ein Eindruck
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Verstehen Wahrnehmung Sinne Sinnesverarbeitung Wahrheit Gehirn Kognition
Worum es geht: Am Ende steht die Einsicht. Dazwischen liegt die Erhellung.
Die Mediation ist ein Prozess, der nicht nur die Wahrnehmung fordert, sondern auch ermöglicht. Wie sonst soll es ohne einen Sichtwechsel möglich sein, dass Parteien, die sich ganz und gar nicht einig sind, selbst eine einvernehmliche Lösung finden?
Einführung und Inhalt: Die Wahrnehmung beschreibt den Prozess der sinnlichen Informationsaufnahme und deren Zusammenführung zu einem subjektiv sinnvollen Gesamteindruck.1 Der britische Neurologe und Schriftsteller Oliver Sacks stellte klar:
„Wir sehen mit den Augen, aber auch mit dem Gehirn.
Und das wird oft als Fantasie bezeichnet.“
Auch wenn sich der Begriff Wahrnehmung aus den Worten WAHR und NEHMEN zusammensetzt, hat er nicht viel mit der Wahrheit zu tun. Der durch das Gehirn erzeugte subjektiv sinnvolle Gesamteindruck kann durchaus von der Reralität abweichen. Wir sollten uns darüber im Klaren sein.
Information(en)
Auch wenn der Begriff nicht viel mit Wahrheit zu tun hat, ist die Wahrnehmung trotzdem ein wichtiger Faktor in jedem Entscheidungsprozess. Der Entscheidungsprozess setzt sich aus der Informationsaufnahme, der Informationsverarbeitung und der Informationsweitergabe zusammen. Die Wahrnehmung betrifft die Informationsaufnahme. Es ist naheliegend, dass fehlerhafte oder falsche Informationen kaum dazu beitragen können, die gebotene Entscheidung zu treffen. Die Auseinandersetzung mit der Wahrnehmung ist deshalb erforderlich, um Fehlerquellen zu erkennen und mögliche Fehler zu verhindern.
Die Informationsverarbeitung in der Mediation
Wirklichkeit und Realität
Die Informationsgewinnung der Wahrnehmung erfolgt in erster Linie durch die an die Sinnesorgane abgegebenen Reize. Es hängt also ganz maßgeblich von unserer Sinnesfähigkeit ab, was wir Menschen wahrnehmen und wie wir die so erlebte Wirklichkeit innerlich repräsentieren. Leider entspricht nicht alles was wir sehen oder hören der Realität. Wir sind Täuschungen erlegen. Und das geschieht aus gutem Grund. Wer der Wahrheit auf den Grund gehen will, ist gut beraten, wenn er weiß, was die Wahrheit überhaupt ist und warum sich das Gehirn wie täuschen lässt, um uns eine Wahrheit zu simulieren. Die menschlichen Sinne spielen dabei eine ganz ausschlaggebende Rolle.
Die Sinne des Menschen Die Bedeutung von Wahrheit und Wirklichkeit
Natürlich kann der Mensch steuern, was er wahrnehmen will. Neben der kognitiven Wahrnehmung, die das Erinnern, Lernen, Problemlösen oder Orientieren betrifft, überlässt er jedoch dem Unterbewusstsein die Entscheidung, was wahrgenommen, gespeichert und später wieder abgerufen wird. Sowohl das Verständnis von Wahrheit wie die Wahrnehmung werden dadurch beeinflusst. Ist das was Sie sehen und das was Sie hören wirklich richtig? Schauen Sie doch einmal genauer hin. Was werden Sie bemerken?
Je genauer Sie hinsehen.
desto weniger sehen Sie
Das Zitat des Zauberkünstlers Daniel Atlas im Film "Die Unfassbaren" beschreibt ein anderes Phänomen. Es deutet auf eine der vielen Parodoxien hin, die sich in der Mediation wiederfinden lassen. Wo wir genau hinschauen, nehmen wir zwar Details wahr. Der Blick auf das Ganze geht jedoch verloren. Möchten Sie sich überzeugen?
Selektive Wahrnehmung
Dieses Youtube-Video zeigt, wie sich die menschliche Wahrnehmung ablenken lässt. Es ist verblüffend, dass der Zuschauer das Offensichtliche nicht sieht. Er ist auf eine Aufgabe konzentriert und dementsprechend fokussiert er seine Wahrnehmung. Alles was außerhalb der Aufmerksamkeit liegt, wird übersehen.
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem Video um ein bei Youtube (Google) hinterlegtes Video handelt. Was das bedeutet, erfahren Sie in der Datenschutzerklärung. Eintrag im Videoverzeichnis erfasst unter Selektive Wahrnehmung
Im Konflikt setzen die Parteien - bewusst oder nicht - ebenfalls einen Fokus. Immerhin will der Konflikt doch Aufmerksamkeit erregen. Er nimmt in Kauf, dass andere Dinge dann nicht mehr wahrgenommen werden. So ist es (unter Anderem) zu erklären, wenn sich den Parteien nicht mehr das ganze Bild der Wahrheit erschließt, so dass sie sich in ihren Vorwürfen bestätigt sieht und Zweifel ausblenden kann.
Das Fokussieren ist eine gewollt selektive Wahrnehmung, die der Mediator übrigens auch benutzt. Die Technik birgt allerdings auch Gefahren in sich. Zauberkünstler nutzen diese Phänomen, um den Zuschauer zu verblüffen.
Der Mediator ist kein Zauberer. Allerdings muss er einige Phänomene der Wahrnehmung kennen, um zu verstehen, warum den Parteien Erkenntnisse verborgen bleiben, die sie für die Suche nach einer Lösung benötigen. Er weiß, dass die Wahrnehmung eingeschränkt ist und er weiß zu sehen, was nicht sichtbar ist.
Eingeschränkte Wahrnehmung
Wir müssen nicht über Zahlen diskutieren, ob es 5 oder 10% sind, die bewusst wahrgenommen werden können. Entscheidend ist, dass ein großer Bereich der Wahrnehmung verschlossen bleibt. Die Frage ist nun, wer entscheidet welche 5% Sie wahrnehmen oder nicht? Das erledigt Ihr Unterbewusstsein für Sie.
Die Wahrnehmung ist im wahrsten Sinne des Wortes (emotional) gefärbt. An jemanden den man hasst, kann man kein gutes Haar lassen.
Der Mediator kennt die Relativität der Wahrnehmung. Ein geschulter Mediator kann deshalb auch dahin schauen was die Partei nicht sehen kann. So kann er der Partei helfen, ihre Wahrnehmung zu erweitern.
Wahrnehmungsfokus
Wie ein Fotoapparat besitzt auch die menschliche Wahrnehmung einen Fokus. Schauen Sie auf das was nah ist oder auf den entfernten Horizont. Im einen Fall verschwimmt das Naheliegende im anderen Fall der Kontext.
Um das Hindernis umfahren zu können (zu überwinden), müssen Sie auch das im Blick haben was daneben und dahinter ist. Ein Perspektivwechsel würde die Sicht erweitern. Genau das geschieht in der Mediation mit Hilfe des Mediators, der die Metaperspektive einnehmen kann, die alles im Blick hat.
Außenwahrnehmung
Die nachfolgende Grafik soll zeigen, wer für die Partei sichtbar ist, wenn sie über Probleme oder Problemverursacher nachdenkt. Es sind immer die Anderen oder es ist der Andere, je nachdem wo der Fokus liegt.
Der Blick auf die Anderen muss gar kein schlechter Wille sein. Er hat ganz einfach mit der Sinneswahrnehmung zu tun. Uns fällt nämlich auf, dass alle Sinne (Wahrnehmungsorgane) auf Außenwahrnehmung gerichtet sind. Es gibt kein Sinnesorgan für die Innenwahrnehmung. Der Mediator korrigiert dieses Wahrnehmungsphänomen durch die Windowstechnik, indem er den Fokus vom Gegner zurück auf die Partei lenkt.
Innensicht
Systemisch betrachtet schränkt sich die Sicht weiter ein. Die Außenwahrnehmung lenkt den Blick auf den Gegner und vom Streitsystem weg.
Nur die Metasicht erlaubt es, das Streitsystem als solches wahrzunehmen und den Blick auf alle Parteien und sogar auf Außeneinflüsse zu richten.
Die systemische Sicht der Mediation
Selbstwahrnehmung
- Selbstsicht: Die Einschätzung, wie man sich selber sieht (einschätzt)
- Fremdsicht: Wie man von anderen gesehen wird
- Selbst-Fremdischt: Wie man glaubt, von anderen gesehen zu werden
Die Schnittmenge zwischen den unterschiedlichen Sichten ergibt die Übereinstimmung.
Der Mediator kann die unterschiedlichen Sichten auseinanderhalten und bei Bedarf gegenüberstellen oder zusammenführen.
Bedeutungswirklichkeit
Stellen Sie sich vor, der Mediationstrainer fragt die Studenten: "Wie geht es Euch heute?". Haben Sie verstanden, was er gesagt hat? Zweifellos. Haben Sie auch verstanden, was er gemeint hat? Sicherlich nicht. Wie können Sie wissen, was die Frage bedeutet?
Um die Frage nach der Bedeutung der Aussage beantworten zu können, müssen Sie die Motive des Senders (der Information) kennen. Das Motiv steuert das menschliche Verhalten. Vielleicht wollte der Mediator Zeit gewinnen. Dann ist die Frage bedeutungslos. Vielleicht hatte er auch ein redliches Interesse am Wohlbefinden der Studenten oder wollte ein Feedback. Ohne das Motiv herauszufinden, werden die Studenten kaum die richtige Antwort geben. Sie müssten fragen: "Was meinst Du damit?". Erst dann synchronisieren Sie Ihre Kommunikation.
Wahrnehmungsfehler
In der Psychologie werden Wahrnehmungsfehler von Wahrnehmungs- oder Sinnestäuschungen unterschieden. Illusionisten und Filmemacher nutzen die Wahrnehmungsphänomene und wissen, wie unser Gehirn damit umgeht.
- Alles oder Nichts-Denken
- Phänomen: Das Denken erfolgt vornehmlich in nur zwei entscheidungsrelevanten Kategorien: ja oder nein, richtig oder falsch, Gewinner oder Verlierer. Grautöne werden unterdrückt, Zwischenlösungen werden ausgeblendet.
Auflösung: Widerspruch akzeptieren und Grauzonen (andere Lösungen) ausloten
- Ankereffekt
- Phänomen: Bei dem Ankereffekt, der im Englischen Anchoring Bias genannt wird, handelt es sich um einen Bewertungsfehler. Er kommt zustande, wenn jemand etwas nicht einschätzen kann. Das Gehirn sucht dann sofort nach einem Vergleichswert. Dieser Orientierungspunkt wird als ein Anker bezeichnet. Er kann völlig willkürlich sein, weshalb es zu einer verzerrten Wahrnehmung und Einschätzung kommen
Beispiel: Der Ankereffekt kann beim Verhandeln benutzt werden und wird oft im Marketing eingesetzt, indem zunächst ein überhöhter Preis genannt wird, bietet er bereits eine Orientierung für die Folgeangebote.
Konsequenzen: In der Mediation sollte in der Phase vier bei der Lösungsfindung unbedingt darauf geachtet werden, ganz unterschiedliche Angebote (Lösungsvorschläge) zu sammeln, ehe die Verhandlung darüber beginnt.
Auflösung: Es hilft schon (zumindest etwas), wenn man sich des Ankers bewusst wird.
Siehe auch: Anker setzen, Assoziationen
- Aspirin-Logik
- Phänomen: Eine statistische Erhebung hat gezeigt, dass Menschen, die kein Aspirin nehmen, häufiger an Kopfschmerzen leiden. Der Umkehrschluss jedoch, dass jemand der kein Aspirin nimmt, deshalb notwendigerweise Kopfschmerzen hat, ist nicht logisch. Die Aspirin Logik beschreibt ein Phänomen des Denkens, bei dem wir die Tatsache durch das nicht Vorhandsensein eines korrelierenden Ereignisses (oder des vermeintlichen Gegenteils) zu beweisen versuchen.
Auflösung: Wer etwas beweisen oder belegen will, konzentriert sich auf den Beweisgegenstand nicht den Beweis des Gegenteils. Die Negation des Gegenteils ergibt nicht zwingend den Beleg für das Behauptete. D. h.: Wenn ich belege, dass der andere böse ist, ist die Schlussfolgerung, dass ich gut bin, keine logische Konsequenz.
- Assoziationenfalle
- Phänomen: Das menschliche Gehirn verknüpft auch unzusammenhängende Informationen miteinander (eben mit Assoziationen)
Auflösung: Kriterien für eine Beurteilung hinterfragen und zusammenstellen
- Barnum-Effekt
- Phänomen: Menschen neigen dazu, In formationen so auszuwählen und zu interpretieren, dass sie die eigene Vorstellungswelt bestätigen.
- Confirmation Bias
- Phänomen: Menschen neigen dazu, vage und allgemeingültige Aussagen über die eigene Person als zutreffende Beschreibung zu empfinden.
- Dunning-Kruger-Effekt
- Phänomen: Der Dunning-Kruger-Effekt beschreibt, wie inkompetente Menschen gerade wegen ihrer Inkompetenz nicht in der Lage sind, ihre Inkompetenz zu begreifen.4
Auflösung: Vorsichtiges Feedback, Coping-Fragen, Mäeutik
- Einschrittigkeit der Wahrnehmung
- Phänomen: Obwohl die Wahrnehmung aus 3 Schritten besteht kommt es uns so vor als wäre es nur einer. Beobachtung, Interpretation und emotionale Wirkung werden als ein Akkt wahrgenommen und dementsprechend komprimiert. Dadurch schleichen sich Fehler und Ungenauigkeiten ein, die uns nicht immer bewusst werden.
Auflösung: Anwendung der Technik Fakten, Meinungen Emotionen und der technik des Dimensionierens.
- Es wird immer erst schlimmer
- Phänomen: Der Mensch neigt zu negativen Prognosen (dass etwas ganz Schlimmes passieren wird), auch wenn es dafür keinen Anhaltspunkt gibt. Man will ja Schaden verhindern, also wird die Gefahr fokussiert und manchmal auch herbeigedacht.
Auflösung: Vorsicht mit Prognosen (Woher wissen Sie das?)
- Fehlende Objekt- oder Personenpermanenz
- Phänomen:Die Objekt- oder Personenpermanenz entsteht erst im ersten Lebensjahr. Sie beschreibt das Wissen oder die Erfahrung, dass nicht wahrnehmbare Gegenstände oder Personen dennoch weiterexistieren.
Beispiel: Die Vorstellung, dass nur existiert, was sichtbar ist.
Siehe auch: Objekt-Personenpermanenz
- Fundamentaler Attributionsfehler
- Phänomen: Der fundamentale Attributionsfehler beschreibt das Phänomen, dass der Beobachtende das was er beobachtet der Person oder dem Objekt stets als Eigenschaft zuschreibt.
Beispiel: Ein Passagier beobachtet wie ein Punker im Bus eine alte Dame anrempelt. So ein Flegel wird er denken. Flegel ist eine vermutete Eigenschaft der beobachteten Person. Die Umstände, warum, es zum Anrempeln gekommen ist, verschließen sich der Wahrnehmung.
- Gedankenlesen
- Phänomen: Viele Menschen neigen dazu, in den Köpfen anderer zu Denken. Sie können zwar nicht Gedanken lesen. Trotzdem agieren sie in der Erwartung einer Reaktion, die sie anderen zutrauen, ohne wirklich zu wissen, was den anderen Menschen bewegt, der möglicherweise auch nur auf das Verhalten seines Gegenübers reagiert.
Auflösung: Im eigenen Kopf denken
- Gefühlsdenken
- Phänomen: Beim Gefühlsdenken neigen Menschen dazu, Gefühle als Beweis und Meinungen als Fakten anzunehmen
Auflösung: Unterscheidung Fakten, Meinungen, Emotionen
- Halo Effekt
- Phänomen: Der Halo-Effekt (von englisch halo, Heiligenschein) bewirkt eine kognitive Verzerrung, indem von bekannten Eigenschaften einer Person auf unbekannte Eigenschaften geschlossen wird. Bei dem Halo Effekt verzerrt eine einzelne Qualität das Gesamtbild optional positiv oder negativ. Der Halo-Effekt korresponidert mit dem fundamentale Attributionsfehler, wenn der Handelnde seine Wahrnehmung nicht auf seine Eigenschaft, aber auf die Situation zuschreibt, die ihn stets entlastet. Bei dem Halo Effekt verzerrt eine einzelne Qualität das Gesamtbild optional positiv oder negativ.
Beispiel: Der Punker in dem Beispiel zum Attributionsfehler wird sagen: "Als ich in den Bus einstieg, bin ich gestolpert und habe eine alte Frau angerempelt, die im Weg rumstand".
Auflösung: Bewertungen einzeln prüfen
- Hochstapler-Syndrom
- Phänomen: Das Hochstapler-Syndrom, auf Englisch Impostor phenomenon genannt, beschreibt das Phänomen, dass besonders kompetente Menschen ihre Fähigkeiten ständig unterschätzen. Sie glauben nicht an den eigenen Erfolg. Ein Symptom könnte sein, dass sie den Erfolg ständig nach vorne stellen. Mehr um sich, als andere zu überzeugen.
Auflösung: Vorsichtiges Feedback, Coping-Fragen, Mäeutik
Siehe auch: Hochstapler-Syndrom
- Negativitätsbias
- Auch Negativitätsverzerrung genannt
Phänomen: Das menschliche Gehirn zeigt eine Neigung, negative Informationen stärker zu verarbeiten und zu speichern als positive. Dieser Mechanismus hat evolutionäre Vorteile, da er uns dazu veranlasst, auf potenzielle Gefahren oder Bedrohungen aufmerksam zu sein. Dieser Bias kann dazu führen, dass wir uns eher auf negative Nachrichten konzentrieren. Negative Nachrichten und Emotionen werden deshalb oft überbewertet und besser in der Erinnerung gesopeichert.
Auflösung: Fokus verändern
Siehe auch: Informationen, Optimismus
- Overconfidence-Effekt
- Phänomen: Der Overconfidence-Effekt besagt, dass Menschen ihre Fähigkeit um ein Vielfaches überschätzen, exakte Prognosen zu geben
Auflösung: Prognosen vermeiden oder zumindest deren Grundlagen hinterfragen
- Personalisieren
- Phänomen: Der Mensch neigt dazu, äußere Ereignisse auf sich selbst zu beziehen. Er höht den Appell, nicht die Ich-Botschaft.
Auflösung: Auf die Ich-Botschaften achten!
- Plentitudo-Effekt
- Phänomen: Der Plentitudo-Effekt beschreibt das Phänomen, dass Menschen dazu neigen, das Wahrgenommene als vollständig anzunehmen. Vielen Menschen ist deshalb nicht bewusst, dass das was sie wahrnehmen nur ein perspektivischer Teil der Wahrnehmbarkeit ist. Den Effekt beschreibt Trossen aus der Erfahrung mit Medianden, die immer wieder verblüfft sind, wenn ihnen bewusst wird, dass ihre Wahrnehmung nur einen kleinen Teil der Realität erfassen kann.
- Primäreffekt
- Phänomen: Der Primär- oder primacy effect bezeichnet den Eindruck, den man von einer Person gewinnt, wenn man sie zum ersten Mal sieht. Es handelt sich um ein psychologisches Gedächtnisphänomen. Der Primäreffekt besagt, dass man sich an früher eingehende Information besser erinnert wird als später eingehende Information.Wenn die Erstinformation nocht nicht mit anderen gespeicherten Informationen abgeglichen werden kann, geht sie besser ins Langzeitgedächtnis über und kann später nicht mehr so leicht überschrieben werden.5
- Projektion
- Phänomen: Darunter versteht man die Tendenz, Personen, die einem ähnlich sind, positiver einzuschätzen als andere Personen.6
In der Psychoanalyse wird darunter ein Abwehrmechanismus verstanden. Innerpsychische Inhalte oder ein innerpsychischer Konflikt wird durch die Abbildung eigener Emotionen, Affekte, Wünsche, Impulse und Eigenschaften aufg eine andere Person übertragen. Die Projektion vermeidet die Auseinandersetzung mit sich selbst.7
Der Primäreffekt ist vom Priming-Effekt zu unterscheiden.8
Auflösung: Der Gedanke "Was ich bei anderen nicht mag, kann ich selbst viel besser" hilft Projektionen zu erkennen.
- Rezenzeffekt
- Phänomen: Darunter versteht man die Tendenz, kürzlich stattgefunden Ereignissen ein stärkeres Gewicht zu verleihen, als weiter zurückliegende Ereignisse9
- Rollenzuschreibung
- Phänomen: Der Mensch wird an den Merkmalen gemessen, die seiner sozialen Rolle zugeschrieben werden.
- Schwarmdummheit
- Phänomen: Die Schwarmdummheit ist der konzeptionelle Gegensatz zur Schwarmintelligenz. In beiden Fällen wird der Einfluss des Kollektivs oder der Gruppe auf die Meinungsbildung des Individuums beschrieben. Der soziale Einfluss verändert die Meinungsbildung des Individuums, das sich der Mehrheitsmeinung anschließt, ohne zu hinterfragen, ob es die zielführende, richtige Meinung ist. Auslöser sind Phänomene wie der Herdentrieb oder der Gruppenzwang.
Auflösung: Anpassung der Organisationsstruktur (siehe Soziologie, Schwarmintelligenz, usw.).
- Selbstwertdienliche Verzerrung
- Phänomen: Die selbstwertdienliche Verzerrung wird auch self-serving bias genannt, beschreibt die Wahrnehmungsverzerrung, mit der Erfolge stets einem inneren Tatbestand oder einer eigenen Kompetenz zugeschrieben werden. Negative Ergebnisse werden hingegen einem äußeren Tatbestand oder Ereignis zugeschrieben.
Auflösung: Faktenrelativierung und Coping-Fragen
- Simplifizieren
- Phänomen: Die Simplifizierung Ist phänomenologisch mit der selektiven Wahrnehmung zu vergleichen. Beide Phänomene bewirken ein relatives Denken. Der Mensch neigt dazu, nach einfachen Lösungen für komplexe Probleme zu suchen, um den Alltag besser bewältigen zu können. Er orientiert seine Entscheidung an dem, was er als Konstante ausmacht. Die Entscheidung bezieht sich auf das, was man im Blick hat. Gleiches lässt sich besser mit Gleichem vergleichen, weshalb Ungleiches gerne ausgeblendet wird. Die Komplexität wird reduziert.
Auflösung: Sich der Komplexität stellen
- Social Loafing
- Phänomen: Das "soziale Faulenzen" erlaubt es Einzelnen in einer Gruppe nicht ihre beste Leistung zu bringen weil das nicht auffallen würde. Je größer die Gruppe ist desto mehr nimmt die Leistung des Einzelnen ab.
Auflösung: Arbeitsteilung mit spezifizierter Verantwortung (so dass es auffällt, wenn einer nicht die gewünschte Leistung erbringt)
- Social Proof
- Phänomen: Social Proof beschreibt das Phänomen, dass das Denken der Menschen nach Orientierung sucht. Es unterscheidet dabei nicht welcher Qualität die Orientierung ist. Ein Vorurteil genügt oder die Vorstellung, dass Millionen Menschen sich nicht irren können. Machen wir uns klar, dass bereits diese Annahme ein Irrtum ist? Wenn Viele etwas tun, wird es deshalb nicht richtiger.
- Überaktivität
- Phänomen: Menschen tun die bei irgendwas als nicht selbst wenn sie gar keine Ahnung haben.
Auflösung: Zurückhaltung bis die (ganze) Lage erkannt ist
- Verlustaversion
- Phänomen: Emotional verstanden wirkt ein Verlust 2 mal stärker als ein Gewinn.
Auflösung: Verluste akzeptieren, indem die Chancen gesehen werden
- Verantwortungsdiffusion
- Phänomen: Weil die Verantwortung in einer Gruppe geteilt wird, kann der Einzelne Verantwortung zurücknehmen. Andererseits wirkt das Risk Shift. Er wird in seinen Entscheidungen riskanter, weil er die Konsequenzen nicht alleine tragen muss.
Auflösung: Verantwortlichkeit festlegen
- WYSIATI-Effekt
- Phänomen: Das Akronym steht für "What you see is all there is". Es beschreibt das Phänomen, dass unser Gehirn bei der Entscheidungsfindung alles einbezieht, was wir positiv wissen. Aus diesem Wissen wird eine Geschichte konstruiert, aus der sich die Entscheidung herleiten lässt. Informationslücken bleiben außen vor und werden in die Entscheidung nicht einbezogen.10
Auflösung: Vorsichtiges Feedback, Fakten, Meinungen, Emotionen auseinanderhalten, Fragen, Mäeutik
- Zufriedenheitshamsterrad
- Phänomen: Das Hamsterrad beschreibt, dass man immer wieder einen neuen Impuls an Glück oder Unglück braucht, sonst verpufft jede Zufriedenheit oder Unzufriedenheit.
Auflösung: Routine vermeiden
Dieses Youtube-Video aus der Serie "Weisste wass" befasst sich mit der Wahrnehmung und speziell den Wahrnehmungsfehlern.
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem Video um ein bei Youtube (Google) hinterlegtes Video handelt. Was das bedeutet, erfahren Sie in der Datenschutzerklärung. Eintrag im Videoverzeichnis erfasst unter Wahrnehmungsfehler 1
Dieses Youtube-Video aus der Serie "Weisste wass" ist die Fortsetzung des Beitrages zur Wahrnehmung und speziell zu den Wahrnehmungsfehlern.'
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem Video um ein bei Youtube (Google) hinterlegtes Video handelt. Was das bedeutet, erfahren Sie in der Datenschutzerklärung. Eintrag im Videoverzeichnis erfasst unter Wahrnehmungsfehler 2
Die Wahrnehmungsfehler überscheiden sich mit den Denkfehlern. Beide führen zu einer unzutreffenden oder voreiligen Bedeutungszuschreibung. Denk- und Wahrnehmungsfehler erklären, wie es möglich ist, dass Parteien zu ganz unterschiedlichen Vorstellungen von der Wirklichkeit gelangen können. Es lohnt sich, die Liste mit den Denkfehlern und den Bias-Faktoren abzugleichen. Auf Denkfehler-Wahrnehmungsfehler finden Sie auch Videos zur Veranschaulichung der Wahrnehmungsbeeinträchtigungen.
3-er Schritt der Wahrnehmung
Wahrnehmungsfehler lassen sich reduzieren, wenn die Wahrnehmung bewusst in ihrem Ablauf wahrgenommen wird. Die Wahrnehmung wird als einschrittig erlebt. Tatsächlich erfolgt sie in einem 3-er Schritt. Dies mag an folgendem Beispiel verdeutlicht werden:
Was sehen Sie auf dem folgenden Bild?
Ein Paar, das Probleme miteinander hat? Eine hübsche, traurige Frau, die sich von Ihrem Partner abwendet? Ein Mann der sich nicht für die Frau interessiert und sich ebenfalls abwendet? ....
Das sehen Sie alles NICHT. Es sind alles Interpretationen. Der Mensch neigt beim Beobachten dazu, das was er beobachtet sofort zu bewerten. Er reduziert den 3-er Schritt der Wahrnehmung auf nur einen einzigen. das Problem dabei ist, dass er mit den Bewertungen, die sich hinter der Interpretation verbergen eine Bedeutung Wirklichkeit herstellt, die mit der von den Parteien vorgestellten Wirklichkeit in keiner Weise übereinstimmen muss.
Genau betrachtet erfolgt jede Wahrnehmung in drei Schritten:
- das was objektiv sichtbar ist
- das was wir daraus schlussfolgern oder interpretieren
- und die Emotionen die wahrnehmbar sind oder angesprochen werden
Es ist die Unterscheidung zwischen Fakten, Meinungen und Emotionen die dazu beitragen, die Wahrnehmung zu präzisieren oder Eindrücke zu korrigieren. Ein guter Mediator ist darauf trainiert, diese Dimensionen der Wahrnehmung zu unterscheiden. Anwendungstechniken sind das präzise Zuhören und die Differenzierung zwischen Fakten Meinungen und Emotionen:
präzises Zuhören Fakten Meinungen Emotionen
Bedeutung für die Mediation
Warum es so wichtig ist, die Informationen nach diesen Dimensionen zu qualifizieren, liegt daran, dass Fakten anders zu behandeln sind als Meinungen und diese wiederum anders zu behandeln sind als Emotionen.
Ein Problem in der streitigen Debatte ergibt sich oft daraus, dass Meinungen als Fakten vorgetragen werden. Das kann so nicht stehen bleiben. Eine andere Meinung könnte durchaus akzeptiert werden. Hier bedarf es der Klarstellung. Es ist die Aufgabe des Mediators die Information korrekt zu qualifizieren.
Stellt sich heraus, dass über Meinungen gestritten wird, ergeben sich Hinweise auf die Motive und Bedeutungen. Wer will, dass die andere Partei die eigene Meinung teilt, hat ein dahinter liegendes Interesse. Das muss der Mediator herausfinden.
Die Wahrnehmung ist mit Emotionen verknüpft. Sie führt entweder zu Emotionen oder folgt ihnen. Ein Sichtwechsel kann dazu beitragen, die Emotionen zu korrigieren und für andere Lösungen empfänglicher zu machen. Das Hinterfragen und korrigieren von Wahrnehmung ist ein wichtiger Schritt in der Mediation, der hauptsächlich in der 3.Phase stattfindet.
Das eingangs erwähnte Zitat "Je genauer Sie hinsehen, desto weniger sehen Sie", verwirklicht sich in der Mediation durch konfliktbedingte Selektionen und die mangelnde Bereitschaft, diese verändern zu wollen. Die Wahrnehmung zu verändern oder in Frage zu stellen, heisst für die Partei auch, ihre Erklärungsansätze und letztlich sich selbst in Frage zu stellen. Der Mensch neigt dazu, derartige Irritationen zu vermeiden.
Das Gedankenspiel, das die Selektion aufheben soll, beginnt von neuem. Der Mediator muss den Weg finden, wie sich die Metasicht den Parteien erschließt.
Was tun wenn ...
- Die Partei lügt
- Die Partei hat eine einseitige, gefärbte Wahrnehmung
- Die Partei widerspricht den Behauptungen der Gegenseite
- Der Mediator ist befangen
- Der Mediator unterscheidet nicht die Fakten, Meinungen und Emotionen
- Der Mediator geht den Denk- und Wahrnehmungsfehlern nicht nach
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Ratgeber
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Aliase: Selbstwahrnehmung, Außenwahrnehmung, Sichten, selektive Wahrnehmung, Selbstsicht, Fremdsicht, Selbst-Fremdsicht, Innensicht, Außensicht, Wahrnehmungsphänomene
Siehe auch: Denkfehler-Wahrnehmungsfehler, Denken, Bias-Faktoren