Denk- und Wahrnehmungsfehler
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Schon die Tatsache, dass die Denk- und Wahrnehmungsfehler in einer Liste erfasst werden, deutet daraufhin, dass die Abgrenzung gar nicht so einfach ist. zu denken geben. Hier geht es um eine alphabetisch geordnete Zusammenstellung der Denk- und Wahrmehmungsfehler, wozu auch Denkmuster gezählt werden, die sich als Denkfalllen erweisen.1 Eine ausführliche Darlegung, wo sie in der Mediation vorkommen und wie sie zu behandeln sind, finden Sie in den Beiträgen Denken und Wahrnehmung.
- Alles oder Nichts-Denken
- Phänomen: Das Denken erfolgt vornehmlich in nur zwei entscheidungsrelevanten Kategorien: ja oder nein, richtig oder falsch, Gewinner oder Verlierer. Grautöne werden unterdrückt, Zwischenlösungen werden ausgeblendet.
Auflösung: Widerspruch akzeptieren und Grauzonen (andere Lösungen) ausloten
- Ankereffekt
- Phänomen: Bei dem Ankereffekt, der im Englischen Anchoring Bias genannt wird, handelt es sich um einen Bewertungsfehler. Er kommt zustande, wenn jemand etwas nicht einschätzen kann. Das Gehirn sucht dann sofort nach einem Vergleichswert. Dieser Orientierungspunkt wird als ein Anker bezeichnet. Er kann völlig willkürlich sein, weshalb es zu einer verzerrten Wahrnehmung und Einschätzung kommen
Beispiel: Der Ankereffekt kann beim Verhandeln benutzt werden und wird oft im Marketing eingesetzt, indem zunächst ein überhöhter Preis genannt wird, bietet er bereits eine Orientierung für die Folgeangebote.
Konsequenzen: In der Mediation sollte in der Phase vier bei der Lösungsfindung unbedingt darauf geachtet werden, ganz unterschiedliche Angebote (Lösungsvorschläge) zu sammeln, ehe die Verhandlung darüber beginnt.
Auflösung: Es hilft schon (zumindest etwas), wenn man sich des Ankers bewusst wird.
Siehe auch: Anker setzen, Assoziationen
- Aspirin-Logik
- Phänomen: Eine statistische Erhebung hat gezeigt, dass Menschen, die kein Aspirin nehmen, häufiger an Kopfschmerzen leiden. Der Umkehrschluss jedoch, dass jemand der kein Aspirin nimmt, deshalb notwendigerweise Kopfschmerzen hat, ist nicht logisch. Die Aspirin Logik beschreibt ein Phänomen des Denkens, bei dem wir die Tatsache durch das nicht Vorhandsensein eines korrelierenden Ereignisses (oder des vermeintlichen Gegenteils) zu beweisen versuchen.
Auflösung: Wer etwas beweisen oder belegen will, konzentriert sich auf den Beweisgegenstand nicht den Beweis des Gegenteils. Die Negation des Gegenteils ergibt nicht zwingend den Beleg für das Behauptete. D. h.: Wenn ich belege, dass der andere böse ist, ist die Schlussfolgerung, dass ich gut bin, keine logische Konsequenz.
- Assoziationenfalle
- Phänomen: Das menschliche Gehirn verknüpft auch unzusammenhängende Informationen miteinander (eben mit Assoziationen)
Auflösung: Kriterien für eine Beurteilung hinterfragen und zusammenstellen
- Barnum-Effekt
- Phänomen: Menschen neigen dazu, In formationen so auszuwählen und zu interpretieren, dass sie die eigene Vorstellungswelt bestätigen.
- Confirmation Bias
- Phänomen: Menschen neigen dazu, vage und allgemeingültige Aussagen über die eigene Person als zutreffende Beschreibung zu empfinden.
- Dunning-Kruger-Effekt
- Phänomen: Der Dunning-Kruger-Effekt beschreibt, wie inkompetente Menschen gerade wegen ihrer Inkompetenz nicht in der Lage sind, ihre Inkompetenz zu begreifen.2
Auflösung: Vorsichtiges Feedback, Coping-Fragen, Mäeutik
- Einschrittigkeit der Wahrnehmung
- Phänomen: Obwohl die Wahrnehmung aus 3 Schritten besteht kommt es uns so vor als wäre es nur einer. Beobachtung, Interpretation und emotionale Wirkung werden als ein Akkt wahrgenommen und dementsprechend komprimiert. Dadurch schleichen sich Fehler und Ungenauigkeiten ein, die uns nicht immer bewusst werden.
Auflösung: Anwendung der Technik Fakten, Meinungen Emotionen und der technik des Dimensionierens.
- Es wird immer erst schlimmer
- Phänomen: Der Mensch neigt zu negativen Prognosen (dass etwas ganz Schlimmes passieren wird), auch wenn es dafür keinen Anhaltspunkt gibt. Man will ja Schaden verhindern, also wird die Gefahr fokussiert und manchmal auch herbeigedacht.
Auflösung: Vorsicht mit Prognosen (Woher wissen Sie das?)
- Fehlende Objekt- oder Personenpermanenz
- Phänomen:Die Objekt- oder Personenpermanenz entsteht erst im ersten Lebensjahr. Sie beschreibt das Wissen oder die Erfahrung, dass nicht wahrnehmbare Gegenstände oder Personen dennoch weiterexistieren.
Beispiel: Die Vorstellung, dass nur existiert, was sichtbar ist.
Siehe auch: Objekt-Personenpermanenz
- Fundamentaler Attributionsfehler
- Phänomen: Der fundamentale Attributionsfehler beschreibt das Phänomen, dass der Beobachtende das was er beobachtet der Person oder dem Objekt stets als Eigenschaft zuschreibt.
Beispiel: Ein Passagier beobachtet wie ein Punker im Bus eine alte Dame anrempelt. So ein Flegel wird er denken. Flegel ist eine vermutete Eigenschaft der beobachteten Person. Die Umstände, warum, es zum Anrempeln gekommen ist, verschließen sich der Wahrnehmung.
- Gedankenlesen
- Phänomen: Viele Menschen neigen dazu, in den Köpfen anderer zu Denken. Sie können zwar nicht Gedanken lesen. Trotzdem agieren sie in der Erwartung einer Reaktion, die sie anderen zutrauen, ohne wirklich zu wissen, was den anderen Menschen bewegt, der möglicherweise auch nur auf das Verhalten seines Gegenübers reagiert.
Auflösung: Im eigenen Kopf denken
- Gefühlsdenken
- Phänomen: Beim Gefühlsdenken neigen Menschen dazu, Gefühle als Beweis und Meinungen als Fakten anzunehmen
Auflösung: Unterscheidung Fakten, Meinungen, Emotionen
- Halo Effekt
- Phänomen: Der Halo-Effekt (von englisch halo, Heiligenschein) bewirkt eine kognitive Verzerrung, indem von bekannten Eigenschaften einer Person auf unbekannte Eigenschaften geschlossen wird. Bei dem Halo Effekt verzerrt eine einzelne Qualität das Gesamtbild optional positiv oder negativ. Der Halo-Effekt korresponidert mit dem fundamentale Attributionsfehler, wenn der Handelnde seine Wahrnehmung nicht auf seine Eigenschaft, aber auf die Situation zuschreibt, die ihn stets entlastet. Bei dem Halo Effekt verzerrt eine einzelne Qualität das Gesamtbild optional positiv oder negativ.
Beispiel: Der Punker in dem Beispiel zum Attributionsfehler wird sagen: "Als ich in den Bus einstieg, bin ich gestolpert und habe eine alte Frau angerempelt, die im Weg rumstand".
Auflösung: Bewertungen einzeln prüfen
- Hochstapler-Syndrom
- Phänomen: Das Hochstapler-Syndrom, auf Englisch Impostor phenomenon genannt, beschreibt das Phänomen, dass besonders kompetente Menschen ihre Fähigkeiten ständig unterschätzen. Sie glauben nicht an den eigenen Erfolg. Ein Symptom könnte sein, dass sie den Erfolg ständig nach vorne stellen. Mehr um sich, als andere zu überzeugen.
Auflösung: Vorsichtiges Feedback, Coping-Fragen, Mäeutik
Siehe auch: Hochstapler-Syndrom
- Negativitätsbias
- Auch Negativitätsverzerrung genannt
Phänomen: Das menschliche Gehirn zeigt eine Neigung, negative Informationen stärker zu verarbeiten und zu speichern als positive. Dieser Mechanismus hat evolutionäre Vorteile, da er uns dazu veranlasst, auf potenzielle Gefahren oder Bedrohungen aufmerksam zu sein. Dieser Bias kann dazu führen, dass wir uns eher auf negative Nachrichten konzentrieren. Negative Nachrichten und Emotionen werden deshalb oft überbewertet und besser in der Erinnerung gesopeichert.
Auflösung: Fokus verändern
Siehe auch: Informationen, Optimismus
- Overconfidence-Effekt
- Phänomen: Der Overconfidence-Effekt besagt, dass Menschen ihre Fähigkeit um ein Vielfaches überschätzen, exakte Prognosen zu geben
Auflösung: Prognosen vermeiden oder zumindest deren Grundlagen hinterfragen
- Personalisieren
- Phänomen: Der Mensch neigt dazu, äußere Ereignisse auf sich selbst zu beziehen. Er höht den Appell, nicht die Ich-Botschaft.
Auflösung: Auf die Ich-Botschaften achten!
- Plentitudo-Effekt
- Phänomen: Der Plentitudo-Effekt beschreibt das Phänomen, dass Menschen dazu neigen, das Wahrgenommene als vollständig anzunehmen. Vielen Menschen ist deshalb nicht bewusst, dass das was sie wahrnehmen nur ein perspektivischer Teil der Wahrnehmbarkeit ist. Den Effekt beschreibt Trossen aus der Erfahrung mit Medianden, die immer wieder verblüfft sind, wenn ihnen bewusst wird, dass ihre Wahrnehmung nur einen kleinen Teil der Realität erfassen kann.
- Primäreffekt
- Phänomen: Der Primär- oder primacy effect bezeichnet den Eindruck, den man von einer Person gewinnt, wenn man sie zum ersten Mal sieht. Es handelt sich um ein psychologisches Gedächtnisphänomen. Der Primäreffekt besagt, dass man sich an früher eingehende Information besser erinnert wird als später eingehende Information.Wenn die Erstinformation nocht nicht mit anderen gespeicherten Informationen abgeglichen werden kann, geht sie besser ins Langzeitgedächtnis über und kann später nicht mehr so leicht überschrieben werden.3
- Projektion
- Phänomen: Darunter versteht man die Tendenz, Personen, die einem ähnlich sind, positiver einzuschätzen als andere Personen.4
In der Psychoanalyse wird darunter ein Abwehrmechanismus verstanden. Innerpsychische Inhalte oder ein innerpsychischer Konflikt wird durch die Abbildung eigener Emotionen, Affekte, Wünsche, Impulse und Eigenschaften aufg eine andere Person übertragen. Die Projektion vermeidet die Auseinandersetzung mit sich selbst.5
Der Primäreffekt ist vom Priming-Effekt zu unterscheiden.6
Auflösung: Der Gedanke "Was ich bei anderen nicht mag, kann ich selbst viel besser" hilft Projektionen zu erkennen.
- Rezenzeffekt
- Phänomen: Darunter versteht man die Tendenz, kürzlich stattgefunden Ereignissen ein stärkeres Gewicht zu verleihen, als weiter zurückliegende Ereignisse7
- Rollenzuschreibung
- Phänomen: Der Mensch wird an den Merkmalen gemessen, die seiner sozialen Rolle zugeschrieben werden.
- Schwarmdummheit
- Phänomen: Die Schwarmdummheit ist der konzeptionelle Gegensatz zur Schwarmintelligenz. In beiden Fällen wird der Einfluss des Kollektivs oder der Gruppe auf die Meinungsbildung des Individuums beschrieben. Der soziale Einfluss verändert die Meinungsbildung des Individuums, das sich der Mehrheitsmeinung anschließt, ohne zu hinterfragen, ob es die zielführende, richtige Meinung ist. Auslöser sind Phänomene wie der Herdentrieb oder der Gruppenzwang.
Auflösung: Anpassung der Organisationsstruktur (siehe Soziologie, Schwarmintelligenz, usw.).
- Selbstwertdienliche Verzerrung
- Phänomen: Die selbstwertdienliche Verzerrung wird auch self-serving bias genannt, beschreibt die Wahrnehmungsverzerrung, mit der Erfolge stets einem inneren Tatbestand oder einer eigenen Kompetenz zugeschrieben werden. Negative Ergebnisse werden hingegen einem äußeren Tatbestand oder Ereignis zugeschrieben.
Auflösung: Faktenrelativierung und Coping-Fragen
- Simplifizieren
- Phänomen: Die Simplifizierung Ist phänomenologisch mit der selektiven Wahrnehmung zu vergleichen. Beide Phänomene bewirken ein relatives Denken. Der Mensch neigt dazu, nach einfachen Lösungen für komplexe Probleme zu suchen, um den Alltag besser bewältigen zu können. Er orientiert seine Entscheidung an dem, was er als Konstante ausmacht. Die Entscheidung bezieht sich auf das, was man im Blick hat. Gleiches lässt sich besser mit Gleichem vergleichen, weshalb Ungleiches gerne ausgeblendet wird. Die Komplexität wird reduziert.
Auflösung: Sich der Komplexität stellen
- Social Loafing
- Phänomen: Das "soziale Faulenzen" erlaubt es Einzelnen in einer Gruppe nicht ihre beste Leistung zu bringen weil das nicht auffallen würde. Je größer die Gruppe ist desto mehr nimmt die Leistung des Einzelnen ab.
Auflösung: Arbeitsteilung mit spezifizierter Verantwortung (so dass es auffällt, wenn einer nicht die gewünschte Leistung erbringt)
- Social Proof
- Phänomen: Social Proof beschreibt das Phänomen, dass das Denken der Menschen nach Orientierung sucht. Es unterscheidet dabei nicht welcher Qualität die Orientierung ist. Ein Vorurteil genügt oder die Vorstellung, dass Millionen Menschen sich nicht irren können. Machen wir uns klar, dass bereits diese Annahme ein Irrtum ist? Wenn Viele etwas tun, wird es deshalb nicht richtiger.
- Überaktivität
- Phänomen: Menschen tun die bei irgendwas als nicht selbst wenn sie gar keine Ahnung haben.
Auflösung: Zurückhaltung bis die (ganze) Lage erkannt ist
- Verlustaversion
- Phänomen: Emotional verstanden wirkt ein Verlust 2 mal stärker als ein Gewinn.
Auflösung: Verluste akzeptieren, indem die Chancen gesehen werden
- Verantwortungsdiffusion
- Phänomen: Weil die Verantwortung in einer Gruppe geteilt wird, kann der Einzelne Verantwortung zurücknehmen. Andererseits wirkt das Risk Shift. Er wird in seinen Entscheidungen riskanter, weil er die Konsequenzen nicht alleine tragen muss.
Auflösung: Verantwortlichkeit festlegen
- WYSIATI-Effekt
- Phänomen: Das Akronym steht für "What you see is all there is". Es beschreibt das Phänomen, dass unser Gehirn bei der Entscheidungsfindung alles einbezieht, was wir positiv wissen. Aus diesem Wissen wird eine Geschichte konstruiert, aus der sich die Entscheidung herleiten lässt. Informationslücken bleiben außen vor und werden in die Entscheidung nicht einbezogen.8
Auflösung: Vorsichtiges Feedback, Fakten, Meinungen, Emotionen auseinanderhalten, Fragen, Mäeutik
- Zufriedenheitshamsterrad
- Phänomen: Das Hamsterrad beschreibt, dass man immer wieder einen neuen Impuls an Glück oder Unglück braucht, sonst verpufft jede Zufriedenheit oder Unzufriedenheit.
Auflösung: Routine vermeiden
Bearbeitungsstand: 2024-07-24 06:30 / Version 57.
Aliase: Wahrnehmungsfehler
Siehe auch: Denken, Wahrnehmung, Denkhindernisse, Lösungshindernisse
Prüfvermerk: -
1
Siehe Mai (Denkmuster und Denkfallen) - 2023-07-31
2
Gekeler (Dunning-Kruger-Effekt) - 2020-12-16
4
Hinz, Stockhausen, Treppmann (Wahrnehmungsfehler) - 2021-05-18
6
Siehe Priming-Effekt
8
Risse (Wirtschaftsmediation, 2022) - 2000-12-31, S. 81