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Die Methode des Verhandelns

Wissensmanagement » Diese Seite gehört zum Fachbuch Mediation in der Wiki-Abteilung Wissen. Sie befinden sich auf der Themenseite Verhandeln zum Titel des 5. Buchabschnitts Methodik der Mediation, dem folgende Kapitel zugeordnet sind:

Methodik Abgleich Bestandsaufnahme Verstehen Vermitteln Suchen Bewerten Verhandeln Manifestieren

Worum es geht: Die Beiträge zur Phasenübersicht und zur Phasenlogik ergeben die Zusammenhänge. Es ist wichtig, die Phasen als Teil eines umfassenden Prozesses zu verstehen und die dahinter verborgene Mediationslogik zu verwirklichen. Die Methoden verwirklichen die Phasen der Mediation. Sie orientieren sich am jeweiligen Phasenziel und -zweck und beschreiben ihre Vorgehensweisen. Die 4. Phase dient der Lösungsfindung. Die Phase hat drei Unterabschnitte, wobei das Verhandeln nur einen Teil der Phase abdeckt.

  Phasenabgleich
Die korrespondierende Phase zu dieser Herangehensweise betrifft die Phase vier. Sie beschreibt, wie die Methode in die Phasenlogik eingeordnet wird.

Einordnung als Methode

Dass die Mediation aus einem Konglomerat an Methoden besteht, die sich an den Phasen ausrichten, ist eine Konsequenz der kognitiven Mediationstheorie. Sie erlaubt die systematische Einordnung von Verfahren, Methoden und Techniken und beschreibt deren wechselseitige Abhängigkeit. Die Methoden der Mediation realisieren die mit den Phasen identischen Etappenziele. Der den Zweck der 4. Phase verwirklichende Auftrag ist die Lösungsfindung. Sie gibt der Mediation ihren Namen. Daraus lassen sich die Methoden der Lösungssuche, der Bewertung und der Verhandlung ableiten. Das Verhandeln ist also eine Methode der 4.Phase. Die Parteien sollen sich Angebote unterbreiten, die ihnen den größt möglichen Nutzen versprechen. Die zentrale Frage lautet: Wie kommen wir dorthin?

Verhandlungstheorie

Die Verhandlungstheorie unterscheidet die distributive und die integrative Verhandlung. In der Mediation kann es zu einem Mix kommen. Grundsätzlich bewegt sich die Mediation aber im kooperativen Verhandeln jenseits des Wettbewerbs mit einer ihr eigenen Verhandlungslogik. Die Mediation zielt darauf ab, Lösungen zu FINDEN. Schon darin unterscheidet sie sich von anderen Verhandlungen. Es kommt auch nicht darauf an das sich die eine Partei der anderen unterwirft, was ebenfalls häufig unter einer Verhandlung verstanden wird, wo jede Partei versucht die andere zu Übervorteilen. Der Prozess der Mediation ist so ausgelegt, dass es darauf nicht mehr ankommt.

Verhandlungstheorie Verhandlungslogik 

Die Lösungsmenge

Wie die Verhandlungen verlaufen, hängt maßgeblich davon ab, ob und inwieweit sich der Lösungskuchen, also die Menge möglicher Lösungen, vergrößern ließ. Diese Frage sollte bei der Lösungssuche im ersten Abschnitt der 4.Phase geklärt worden sein. Der Mediator kann anhand der gemachten Lösungsvorschläge erkennen, ob und wie sich der Lösungskuchen vergrößert hat und ob die Vorschläge tatsächlich zu einer Lösung führen können. Gegebenenfalls muss er nachbessern. Abhängig von der Erweiterbarkeit des Lösungskuchens sind für die weitere Vorgehensweise folgende Fälle zu unterscheiden:

Der Lösungskuchen lässt sich erweitern
wenn der Mediator den Eindruck hat, dass sich der Lösungskuchen durchaus erweitern lässt, die Parteien das aber nicht erkennen, muss er herausfinden, warum es den Parteien nicht möglich ist, konstruktive Lösungsangebote zu unterbreiten. Gegebenenfalls muss er die Phase drei nachbessern.
Beispiel 14946 - Es ging um eine Mediation in einer familienrechtlichen Angelegenheit, wo Fragen im Umgang miteinander mit dem Kind und Unterhaltszahlungen thematisiert wurden. Obwohl die Phase drei nach dem Eindruck des Mediators gut verlaufen war, konnte der Mann in der vierten Phase keine Vorschläge machen. Weil die Zeit ohnehin fortgeschritten war gab der Mediator dem Mann die Hausaufgabe auf, sich über Lösungen Gedanken zu machen. Als der Mann auch beim nächsten Termin keine Vorschläge unterbreitete, sprach der Mediator ihn darauf an: "Warum können Sie keine Vorschläge machen? Mein Eindruck war durchaus, dass Sie sich einander angenähert haben. Bitte erklären Sie mir das". Der Mann sagte daraufhin: "Ich trau dem Frieden nicht". Als er das sagte, nahm die Frau ihn in den Arm und sprach ihm zu: "Das schaffen wir schon!". Der Knoten war gelöst. Jetzt konnte der Mann auch konstruktive Vorschläge einbringen. Die Lösung wurde gefunden.

Der Lösungskuchen konnte vergrößert werden
Wenn die Parteien nach dem Brainstorming eine Auswahl an Möglichkeiten zusammengestellt haben, die durchaus erwarten lassen, dass daraus eine Lösung gebildet werden kann, geht es im Folgenden darum, die Vorsachläge auszuwerten, um daraus die passende Lösung zu entwickeln. Im Idealfall unterbreiten sich die Parteien Angebote. In der Praxis sind sie dazu oft jedoch noch nicht in der Lage. Der Mediator hilft ihnen, indem er aus den Lösungsvorschlägen die besten herauszufiltern lässt. Die einfachste Herangehensweise besteht darin, dass die Parteien die Vorschläge mit Schulnoten bewerten. Dabei ist darauf zu achten, dass sie alle Vorschläge bewerten, auch die eigenen. In diesem Vorgang verschiebt sich meistens das Bild, sodass selbst Vorschläge die eine Partei zuvor abgelehnt hat, plötzlich eine positive Bewertung bekommen. Das Phänomen lässt sich damit erklären, dass der Blick der Parteien jetzt auf die Summe der Lösungsvorschläge gerichtet wird, wo durchaus konstruktive und entgegenkommende Momente zu entdecken sind.
Beispiel 14947 - Es ging um eine Trennungsmediation. Die Eheleute waren lange verheiratet. Der Mann traf seine alte Liebe wieder, die sofort wieder aufgefrischt war, sodass er sich scheiden lassen wollte. Die Ehefrau war dagegen. Die Phase drei wurde erfolgreich durchgeführt. Im Brainstorming der Pahse vier entwickelten die Parteien Lösungsvorschläge. Der Mediator ließ sich die Vorschläge zurufen und notierte sie untereinander auf dem Flipchart. Spontan kam der Vorschlag, dass seine Frau Trauzeugin sein sollte. Der Mediator notierte auch diesen Vorschlag. Der Mann sagte daraufhin: "Das sollte doch nur ein Witz sein". Der Mediator sagte: "Dann machen Sie einen besseren Vorschlag. Als es darum ging, die Vorschläge (es kamen viele zustande) mit Schulnoten zu bewerten, vergab die Frau, die nicht geschieden werden wollte, dem Vorschlag die Note 3. Die Summe der Vorschläge deutete jedoch darauf hin, dass eine Trennung nicht mehr vom Mann erzwungen werden sollte.

Der Lösungskuchen kann nicht vergrößert werden
Wenn sich der Kuchen wider Erwarten nicht vergrößern lässt, gelten die Grundsätze für Verteilungskonflikte. In diesem Fall sollte zunächst (und wenn noch nicht in der 3.Phase geschehen) eine Regel aufgestellt werden, wie die Teilung erfolgt, bevor Vorschläge zur Teilung abgerufen werden.

Der Lösungskanal

Der Lösungskanal bildet die Summe an brauchbaren Lösungsvorschlägen, mit denen die Parteien grundsätzlich einverstanden sind. Die brauchbaren Vorschläge lassen sich aus der Summe an Vorschlägen herausfiltern, indem die Parteien ihre Vorschläge bewerten. Alle Vorschläge, die von beiden Seiten als zufriedenstellend bewertet wurden (wenn Sie das Schulnotensystem verwenden), kommen in Betracht. Die Summe der als so bewerteten Vorschläge bildet jetzt den Kanal von Vorschlägen, auf die sich der Mediator bzw. die Parteien konzentrieren. Es wäre zu optimistisch zu glauben, dass die Lösung in diesem Schritt bereits erreicht ist. Sie ist jedoch erkennbar. Und das ist der Vorteil dieser Herangehensweise. Falls jetzt noch Fragen streitig sind, werden sie nicht mehr im Kontext des Wunsches erörtert, die Gegenseite zu übervorteilen, sondern im Kontext der Vorstellung, wo die Lösung zu finden ist. D. h. mit anderen Worten, dass jetzt jeder Vorschlag genau daraufhin untersucht wird, ob und wie er realisiert werden kann, damit die sich die grob erkennbare Lösung herstellt.

Die Lösungsalternative

Es ist ein Leistungsmerkmal der Mediation, dass sie nicht nur die gefundene Lösung fokussiert, sondern dass sie die Lösung auch mit anderen möglichen Lösungen vergleicht. Die Vorgabe stammt aus dem Harvard Konzept, dass stets mehrere Lösungsoptionen zu suchen sind. Nach der kognitiven Mediationstheorie wird diese Anforderung nicht dadurch erfüllt, dass im Brainstorming mehrere Vorschläge unterbreitet wurden. Sie sind Teil der meditativen Lösungsfindung und bilden noch nicht den Abgleich der gefundenen Lösung mit anderen möglichen Lösungen. Dieser Abgleich erfolgt in der Regel in der WATNA/BATNA-Instanz. Die einfachste und naheliegendste Variante andere Lösungen zu untersuchen, besteht darin, dass die Parteien zu Beratern geschickt werden.

Vorgehensweise

Die in der Phase fünf anzuwendenden Techniken und die Vorgehensweise ergibt sich aus dem schematisierten Ablauf. Das Schema mag dazu beitragen, dass Sie die einzelnen Schritte besser einzuordnen. Es kann wie eine Checkliste benutzt werden, damit kein Schritt verloren geht. Erforderlich sind die Schritte, mit denen sich die Logik der Phase fünf verwirklicht. Die Reihenfolge ergibt sich aus der Phasenlogik. Die einzelnen Schritte sollten nur dann durchgeführt werden, wenn die Gedanken der Parteien dafür bereit sind.

Arbeitsschritt Hilfestellung siehe ...
Erläuterung der Phase Beschreibung der Phase 5
Gegebenenfalls: Lösung festlegen Entscheidung für eines der Lösungsmodelle, falls noch nicht in Phase vier erfolgt
Verifikation Prüfung der Überzeugung (dahinter stehen), Vollständigkeit und Nachhaltigkeit
Sicherung Prüfung der Verlässlichkeit (Was tun, wenn sich keiner daran hält?)
Finalbewertung Finale Lösungsbewertung. Prüfung der Übereinstimmung mit den Kriterien der Phase drei, also der Zufriedenheitsgarantie, sowie der Lösungssicherheit, der Nachhaltigkeit und Durchführbarkeit
Manifestation der gefundenen Lösung Prüfung der Form und des Zwecks. Vollstreckbarkeit, notarielle Beurkundung usw.
Abschlussvereinbarung Formulierung der Abschlussvereinbarung

Die Verhandlungswerkzeuge

Das folgende Verzeichnis ist ein Auszug aus der Enzyklopädie und dem Technikenverzeichnis.

 Aktionshinweis:

Die Enzyklopädie wird ständig um Techniken erweitert. Sie können helfen. Sollten Sie eine Technik vermissen oder anders definieren, geben Sie bitte einen Hinweis, wenn Sie die Änderung nicht selbst einbringen.

Bedeutung für die Mediation

Der Mediator ist verpflichtet, den Parteien die Möglichkeit zur Suche nach Alternativen und zur Überürfung der gefundenen Lösung einzuräumen.1 Nach hier vertretenen Auffassung stellen die anderen Lösungen kein Ausstiegsszenario dar. Falls die Beratuing ergibt, dass es eine andere (für die einzelne Partei) bessere Lösung gibt, ist das kein Ausstiegsszenario aus der Mediation, sondern ein Anlass, die andere Lösung ebenfalls in die Betrachtung aus der Metaebene und mithin in die Mediation einzubeziehen. Die Alternative ist somit in die Verhandlungen einzubinden, wenn sie nicht schon zuvor in der Mediation selbst erkannt worden war.

Es kommt darauf an, dass die Parteien sich wechselseitig ein Angebot unterbreiten können, von dem sie ausgehen, dass die andere Seite es annehmen mag. Die Kriterien ergeben sich aus den Motiven in der 3.Phase.

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen.
Bearbeitungsstand: 2024-03-24 15:00 / Version 56.

Alias: Verhandler
Siehe auch: Die Bedeutung der Metaebene, KognitionsprozessBearbeitungshinweis: Textvollendung und Programmvollendung erforderlich

1 Die Aufgabe wird im Aufgabenverzeichnis erfasst als Beratungshinweis (Relevanz: Pflicht)


Based on work by Arthur Trossen und anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Donnerstag März 28, 2024 23:27:45 CET.

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