Es wird immer deutlicher, dass die Spannungen in der Gesellschaft unter den Menschen und unter den Nationen zunehmen. Demzufolge ist auch immer öfter zu hören, dass nicht nur die Gesellschaft einen Diskurs benötigt. Der Diskurs meint die Auseinandersetzung und die Bereitschaft, über Meinungen zu sprechen und Gegenmeinungen zuzulassen. Die Forderung ist sehr niederschwellig und mehr als notwendig in einer Zeit, wo sich Bedeutungen ändern, wo sie mit Hilfe der Median leicht verdreht werden, wo Werte ignoriert oder geflissentlich übersehen werden und wo Verlustängste gezielt befeuert werden, nur um sie für eigene Vorteile zu instrumentalisieren. Wenn der Zweifel das Wissen des 21. Jahrhunderts ist, stimmen Sie sicherlich zu, dass die Mediation eine Möglichkeit wäre, diesen Trend umzukehren. Aber auch schon hier wird es ungenau, weil diese Aussage davon abhängt, was unter der Mediation verstanden wird. Zumindest ist die Mediation eine Möglichkeit. Darüber dürfte ein Konsens herzustellen sein. Wenn wir bei diesem Gedanken auf einer Linie sind, ist die nächste Frage, warum das nicht gesehen wird und warum die Mediation nicht in Anspruch genommen wird. Das ist die Thematik, mit der sich das Wiki mehr und mehr auseinander zusetzen hat. Der erste und naheliegende Grund ist natürlich, dass die Mediation nicht verstanden wird. Zu dieser Thematik soll es einen eigenen Artikel geben. Dass die Mediation nicht verstanden wird, mag mit dem zweiten Grund zusammenhängen, der den Titel dieses Artikels bildet. Die Mediation detoniert nicht. Das erklärt einerseits warum die Mediation erst gar nicht gesehen wird und andererseits, warum es möglich ist, sie als ein ungeeignetes Mittel abzulehnen. Das Titelbild dieses Artikels verdeutlicht das Problem: Was kann ein Engel gegen eine Pistole ausrichten. Möglicherweise sagen Sie, dass er das gar nicht braucht. Denn der Engel ist Schutz genug, weil man nicht auf Engel schießt. Was aber, wenn der Angreifer nicht den Engel, sondern den Dämon sieht, den er vielleicht sogar selbst mit der Bedrohung hervorgerufen hat. Um diesen Gedanken auf den Grund zu gehen, setzt sich dieser Beitrag mit der Frage auseinander, wie die Mediation in einer gewaltvollen Welt überleben kann.
Die Mediation in einer gewaltvollen Welt
Die direkte Bedrohung bildet den Ausgangsfall. Wir begegnen ihm bei hoch eskalierten Streitigkeiten, etwa bei häuslicher Gewalt, bei räuberischer Erpressung oder bei ähnlichen kriminellen Delikten. Sicherlich hängen die Einsatzmöglichkeiten der Mediation von der Situation ab. Soll sie vor, während oder nach der Tat zur Anwendung kommen? Dann spielen die Handlungsoptionen eine Rolle. Sie führen schließlich in die Auseinandersetzung mit möglichen Alternativen, gegen die die Mediation abzuwägen ist. In einer akuten Bedrohungslage ist der Spielraum entsprechend eng. Wer akut mit einer Waffe bedroht wird, kommt kaum auf die Idee, eine Mediation vorzuschlagen. Das wäre schon extrem cool. Wenn ein Mensch mit einer Waffe bedroht wird, werden reflexartige Reaktionen ausgelöst. Sie werden hauptsächlich durch das autonome Nervensystem gesteuert. Die davon ausgelösten Reaktionen sind Teil der evolutionär verankerten Kampf-, Flucht- oder Erstarrungsreaktion ("fight, flight, or freeze"), die in bedrohlichen Situationen aktiviert wird. Der rationale Teil des Gehirns ist ausgeschaltet. Diese Situation entsteht übrigens nicht nur bei einer akuten Bedrohung, sondern auch bei der sogenannten Kompetenzamnesie, die durch Stress ausgelöst werden kann. Den Stress stellen wir u.a. her durch die Vorstellungen, die mit der Gefahrenlage verknüpft sind.