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Lege Artis - Die Regeln der Mediationskunst

Wissensmanagement » Sie befinden sich auf einer Themenseite im Titel Vorschriften der Abteilung Werkzeuge.
Die Kunstregeln ergeben Handlungsanweisungen, an denen sich der Mediator zu halten hat.

Vorschriften Grundsätze Haftung Kunstregeln Wesen Prinzipien Konsistenz Relevanz Kognition Information

Abstract: Gesetze und Standards geben Regeln vor, an denen sich die Mediation orientiert. Sie lassen noch immer Fragen offen, wenn es um die Entscheidung geht, wie ein Fall zu behandeln ist und wann ein vorwerfbarer Fehler vorliegt. Diese Lücke soll mit den Kunst- oder Behandlungsregeln geschlossen werden.

Einführung und Inhalt: Der lateinische Audruck "Lege artis" heißt "nach den Regeln der Kunst". Im Englischen ist vom "state of the art" die Rede. Dabei handelt es sich um einen Rechtsgrundsatz, wonach eine vertragliche Leistungspflicht entsprechend dem Stand der Wissenschaft, den anerkannten Regeln der Technik, den gesellschaftlichen Normen oder den Rechtsnormen sowie unter Einsatz der körperlichen und geistigen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse zu erfüllen ist.1 Für die Mediation sind solche Kunst- oder Behandlungsregeln noch nicht verbindlich festgelegt. Umso wichtiger ist es, sich damit auseinanderzusetzen.

Alles richtig gemacht?

Kunstregeln haben auch in der Mediation durchaus eine juristiche Bedeutung, weil sie dazu beitragen, die Leistungsinhalte verbindlich festzuschreiben. Sie sagen, was zu tun ist. Das ist gar nicht so einfach in einem informellen Verfahren, bei dem die Verfahrensregeln im Verfahrensritual immer wieder neu abgestimmt und neu verhandelt werden. Woran sollen sich Mediatorinnen und Mediatoren orientieren?

Eckdaten dessen, was ein korrektes Verhalten in der Mediation ist und was nicht, ergeben sich zunächst aus den Vorschriften und Standards. Sie werden im Pflichtenverzeichnis zuammengefasst. Wenn Sie sich die dort enthaltenen Regulierungen genauer anschauen, bekommen Sie zwar eine Vorstellung von dem was ein mediativ korrektes Verhalten ausmacht. Im Detail geben Ihnen diese Vorschriften aber keine Anleitung, was zu tun ist. Viele Anwender retten sich deshalb in irgendwelche Leitsätze, die aber mit Vorsicht zu genießen sind, weil sie sich schnell als falsche Mythen herausstellen.

Mediationskunst

Der Begriff Kunst bezeichnet laut Wikipedia im weitesten Sinne jede entwickelte Tätigkeit von Menschen, die auf Wissen, Übung, Wahrnehmung, Vorstellung und Intuition gegründet ist. Im engeren Sinne werden damit Ergebnisse gezielter menschlicher Tätigkeit benannt, die nicht eindeutig durch Funktionen festgelegt sind.2 Die Mediation wäre somit allenfalls im weitesten Sinne als eine Kunst zu verstehen, wenn dort noch die Kommunikation als künsterisches Element hinzugefügt wird. Eine Kunst im engen Sinne kann sie nicht sein, weil ihre Ausübung durchaus funktional determiniert ist. Das gilt zumindest für Mediationen, die auf eine Theorie zurückgeführt werden.3 Zutreffender ist es deshalb, von einer Kunstfertigkeit zu sprechen. Damit wird das geschickte, handwerkliche Umgehen mit der Mediation angesprochen. Weil die Mediation kein Handwerk im engen Sinne sein kann, mag der Begriff handwerklich durch den Begriff methodisch ersetzt werden. Mithin beschreiben die Regeln der Kunst eine methodisch korrekte, an der Fertigkeit im Umgang mit der Mediation ausgerichtete, Behandlung.

Kunstregeln

Ausgangspunkt aller Überlegungen ist das Wesen der Mediation, mithin ihr Charakter. Selbst die Prinzipien müssen sich an ihm messen lassen. Die hier aufgeführten Kunstregeln sind grundsätzliche Gebote, die der Mediator oder die Mediatorin zu beachten haben. Sie fassen die Pflichten zusammen und beziehen die Aufgaben mit ein. Die Kunstregeln zielen darauf ab, das Wesen der Mediation zu verwirklichen. Bei der folgenden Aufstellung wurde versucht, die Regeln der Kunst so konzentriert wie möglich zu fassen. Nicht ohne Grund werden sie im Verzeichnis der Vorschiften erfasst und nicht ohne Grund werden Sie wie die Paragraphen des Mediationsgesetzes auf eigenen Seiten besprochen. Diese Vorgehensweise erlaubt es, bei der Fehlerbesprechung auf einschlägige Rechtsgrundlagen zu verweisen. Folgende Kunstregeln können zusammengestellt werden:

KürzelKurzbezeichnungBeschreibung
KR 01WesensgebotDas Wesensgebot erwartet, dass jede Maßnahme in der Mediation ihrem Wesen entspricht. Das Wesen ergibt sich aus dem Mediationsverständnis. Es stellt einen Behandlungsfehler dar, wenn die Tätigkeit des Mediators oder der Mediatorin nicht dem Wesen der Mediation entspricht
KR 02InitialisierungsgebotDer Mediator muss das Wesen der Mediation deutlich machen, so dass die Parteien "das richtige Spiel spielen können". Er muss alles unterlassen, was den Eindruck schüren könnte, als befände man sich in einem anderen Verfahren als die Mediation. Ihre Andersartigkeit muss herausgestellt werden. Zur korrekten Initialisierung des Verfahrens gehört die Zielfestlegung (Finden einer Lösung) und die Festlegung der Spielregeln, also dessen, was das Spiel ausmacht. Das sind nicht die Gesprächsregeln!
KR 03KonsistenzgebotUm den Verstehensprozess in der Mediation sicherzustellen, ist ein folgerichtiges Handeln erforderlich. Dabei spielt die Phasenlogik eine wichtige Rolle. Die Phasen beschreiben die Erkenntnisschritte und geben dem Mediator und den Parteien den jeweiligen Arbeitsauftrag. Die jeweiligen Arbeitsaufträge müssen zusammenpassen und ein in sich stimmiges Bild abliefern. Darauf ist besonders zu achten.
KR 04PrinzipiengebotDas Prinzipiengebot erinnert den Mediator oder die Mediatorin stets daran, die Grundsätze zu beachten. Die Grundsätze oder Prinzipien sind wie Wegmarken. Sie sollen sicherstellen, dass der Weg der Mediation nicht verlassen wird.
KR 05RelevanzgebotDas Relevanzgebot stellt sicher, dass alle Maßnahmen in der Mediation eine Relevanz zur Konfliktlösung haben. Die Konfliktanalyse ist der Schlüssel. Mittels Konfliktlandkarten ermittelt der Mediator, wer mit wem welchen Konflikt hat. Er achtet darauf, dass sich die Konflikte in den Themen wiederfinden.
KR 06KognitionsgebotWenn die Mediation als ein kognitiver Prozess verstanden wird, wo die Entscheidungen der Parteien auf zu erarbeitenden Erkenntnissen basieren, kommt es darauf an, dass die den Gedankengang der Mediation verwirklichenden Erkenntnisse ermöglicht werden. Die Fähigkeit, die Erkenntnisse auf den Weg zu bringen, ist ein Qualitätsmerkmal. Die Anforderung die Mediation danach auszurichten, ist eine ungeschriebene Regel der Mediation.
KR 07InformationsgebotEs gibt Offenbarungs-, Hinweis- und Belehrungspflichten. Darüber hinaus gibt es allgemeine Informationspflichten. Allen gemeinsam ist, die Beachtung des Transparentgrundsatzes. Von den Parteien kann nur dann erwartet werden, dass sie die richtigen Entscheidungen treffen, wenn sie die dazu erforderlichen Informationen haben.

Verbindlichkeit

Bitte beachten Sie die Parallele zum Fazit aus der Mediationstour. Auch dort reduziert sich die Beschreibung der Mediation auf nur 7 Leitsätze. Bei den Kunstregeln geht es aber nicht um eine Beschreibung, sondern um die korrekte Anwendung der Mediation. Den Kunstregeln kommt deshalb ein Richtliniencharakter zu. Die Richtlinien ergeben sich im Wesentlichen aus dem Mediationsverständnis. Daraus ergibt sich eine Unsicherheit, weil das Mediationsverständnis nicht eindeutig ist. Damit die Richtlinien verbindlich werden, müssen sie in den Mediationsvertrag einbezogen werden. Das kann z.B. mit folgender Formulierung geschehen:4

Die Mediation wird nach den Standards gemäß dem Kunstregelverzeichnis durchgeführt


Wenn Sie sich auf eine solche Klausel einlassen, vergessen Sie bitte nicht, die Fundstelle https://www.wiki-to-yes.org/Kunstregelverzeichnis und das Downloaddatum anzugeben. Der Vorteil der Verwendung dieser Klausel ist die allgemeine Verfügbarkeit und die durch interne Verlinkung im Wiki herzustellende Klarheit, an der sich Dienstleister und Kunden orientieren können.

Wegen ihrer Verbindlichkeit und weil die Kunstregeln mit anderen Vorschriften in Beziehung stehen, wurden sie in der Vorschriftendatenbank erfasst und unter dem Kürzel KR-XX5 abgespeichert. Wegen dieses Datenformates können Sie also auch die Vorschriftenrecherche nutzen, wenn Sie auf eine tiefergehende Suche angewiesen sind.

Bedeutung für die Mediation

Viele meinen, die Mediation sei so eine Art Small talk. Manche denken auch, die Mediation erschöpfe sich in der gekonnten Kommunikation. Wer so denkt, sollte sich mit dem Mediationsverständnis auseinandersetzen. Zumindest unter professionellen Gesichtspunkten ist die Mediation ein intelligentes Konzept, das den Parteien hilft, selbst eine Lösung des Konfliktes herbeizuführen. Der Weg dorthin ist kein Zufall.

  Aktionshinweis

Helfen Sie bei der Gestaltung, der Verbesserung und der Entwicklung von Regeln zur korrekten Behandlung der Mediation mit. Sie helfen sich und der Mediation auf die Sprünge.

Die Reglementierung der Mediation ist schwierig, weil sie einen Weg beschreibt, der sich dem Fall, den Bedürfnissen und den Fähigkeiten der Parteien anpassen muss. Die Einführung von Kunstregeln gibt Mediatoren und Parteien eine verbindliche Orientierung. Sie macht das Produkt , sind als ein Vorschlag zu verstehen. Es wäre gut, wenn sich die Welt der Mediation darauf verständigen kann. Ihre Einführung hat Auswirkungen auf die Qualität der Durchführung und mithin auch der Ausbildung.

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen.
Bearbeitungsstand: 2023-09-10 12:51 / Version 104.

Alias: Kunstregel, Regeln der Kunst, Kunstfehler, Regeln-der-Kunst, Regeln, Mediationskunst
Siehe auch: Kunstregelverzeichnis, Kunstregeln, Fehlerverzeichnis, Haftung, Vorschriftendatenbank
Include: Kunstregelverzeichnis
Literaturhinweis: Trossen (un-geregelt) über die Bedeutung der Kunstregeln
Diskussion (Foren): Siehe Über Kunst- und Behandlungsregeln
Bemerkung: Aktionshinweis
Geprüft:

5 Das Kürzel setzt sich zusammen aus: KR für Kunstregel und einer Ordnungsziffer


Based on work by anonymous contributor und Bernard Sfez . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Dienstag März 19, 2024 04:53:56 CET.

Durchschnittliche Lesedauer: 5 Minuten