Denkhindernisse
Wissensmanagement » Sie befinden sich auf einer Archivseite.
Das Denken spielt in der Mediation eine wichtige Rolle, somit auch die Frage, was ihm im Wege steht. Bitte beachten Sie auch:
Das Wesen der Mediation mediatives Denken Gedankengang Denkhindernisse Denken
Es geht um die Frage, warum die Parteien nicht selbst die Lösung finden können. Um diese Frage zu beantworten, müssen der Mediator oder die Mediatorin wissen, was das Denken der Parteien einschränkt. Nur dann kann es gelingen, den gedanklichen Weg in eine konstruktive Lösung frei zu räumen.
Beeinträchtigungen des Denkens ergeben sich zum einen aus den sogenannten Denk- und Wahrnehmungsfehlern und zum anderen aus den Denkhindernissen, die der Lösung im Wege stehen.
Das Denken erfolgt vornehmlich in nur zwei entscheidungsrelevanten Kategorien: ja oder nein, richtig oder falsch, Gewinner oder Verlierer. Grautöne werden unterdrückt, Zwischenlösungen werden ausgeblendet.
Auflösung: Widerspruch akzeptieren und Grauzonen (andere Lösungen) ausloten
Aspirin-Logik: Eine statistische Erhebung hat gezeigt, dass Menschen, die kein Aspirin nehmen, häufiger an Kopfschmerzen leiden. Der Umkehrschluss jedoch, dass jemand der kein Aspirin nimmt, deshalb notwendigerweise Kopfschmerzen hat, ist nicht logisch. Die Aspirin Logik beschreibt ein Phänomen des Denkens, bei dem wir die Tatsache durch das nicht Vorhandsensein eines korrelierenden Ereignisses (oder des vermeintlichen Gegenteils) zu beweisen versuchen.
Auflösung: Wer etwas beweisen oder belegen will, konzentriert sich auf den Beweisgegenstand nicht den Beweis des Gegenteils. Die Negation des Gegenteils ergibt nicht zwingend den Beleg für das Behauptete. D. h.: Wenn ich belege, dass der andere böse ist, ist die Schlussfolgerung, dass ich gut bin, keine logische Konsequenz.
Assoziationenfalle: Das menschliche Gehirn verknüpft auch unzusammenhängende Informationen miteinander (eben mit Assoziationen)
Auflösung: Kriterien für eine Beurteilung hinterfragen und zusammenstellen
Dunning-Kruger-Effekt: Der Dunning-Kruger-Effekt beschreibt, wie inkompetente Menschen gerade wegen ihrer Inkompetenz nicht in der Lage sind, ihre Inkompetenz zu begreifen.1
Auflösung: Vorsichtiges Feedback, Coping-Fragen, Mäeutik
Der Mensch neigt zu negativen Prognosen (dass etwas ganz Schlimmes passieren wird), auch wenn es dafür keinen Anhaltspunkt gibt. Man will ja Schaden verhindern, also wird die Gefahr fokussiert und manchmal auch herbeigedacht.
Auflösung: Vorsicht mit Prognosen (Woher wissen Sie das?)
fundamentaler Attributionsfehler: Der fundamentale Attributionsfehler beschreibt das Phänomen, dass der Beobachtende das was er beobachtet der Person oder dem Objekt stets als Eigenschaft zuschreibt.
Viele Menschen neigen dazu, in den Köpfen anderer zu Denken. Sie können zwar nicht Gedanken lesen. Trotzdem agieren sie in der Erwartung einer Reaktion, die sie anderen zutrauen, ohne wirklich zu wissen, was den anderen Menschen bewegt, der möglicherweise auch nur auf das Verhalten seines Gegenübers reagiert.
Auflösung: Im eigenen Kopf denken
Beim Gefühlsdenken neigen Menschen dazu, Gefühle als Beweis und Meinungen als Fakten anzunehmen
Auflösung: Unterscheidung Fakten, Meinungen, Emotionen
Der Halo-Effekt (von englisch halo, Heiligenschein) bewirkt eine kognitive Verzerrung, indem von bekannten Eigenschaften einer Person auf unbekannte Eigenschaften geschlossen wird. Bei dem Halo Effekt verzerrt eine einzelne Qualität das Gesamtbild optional positiv oder negativ. Der Halo-Effekt korresponidert mit dem fundamentale Attributionsfehler, wenn der Handelnde seine Wahrnehmung nicht auf seine Eigenschaft, aber auf die Situation zuschreibt, die ihn stets entlastet.
Bei dem Halo Effekt verzerrt eine einzelne Qualität das Gesamtbild optional positiv oder negativ.
Auflösung: Bewertungen einzeln prüfen
Das Hochstapler-Syndrom beschreibt das Phänomen, dass besonders kompetente Menschen ihre Fähigkeiten ständig unterschätzen. Sie glauben nicht an den eigenen Erfolg. Ein Symptom könnte sein, dass sie den Erfolg ständig nach vorne stellen. Mehr um sich, als andere zu überzeugen.
Auflösung: Vorsichtiges Feedback, Coping-Fragen, Mäeutik
der Overconfidence-Effekt besagt, dass Menschen ihre Fähigkeit um ein Vielfaches überschätzen, exakte Prognosen zu geben
Auflösung: Prognosen vermeiden oder zumindest deren Grundlagen hinterfragen
Der Mensch neigt dazu, äußere Ereignisse auf sich selbst zu beziehen. Er höht den Appell, nicht die Ich-Botschaft.
Auflösung: Auf die Ich-Botschaften achten!
Darunter versteht man die Tendenz, Personen, die einem ähnlich sind, positiver einzuschätzen als andere Personen.1
In der Psychoanalyse wird darunter ein Abwehrmechanismus verstanden. Innerpsychische Inhalte oder ein innerpsychischer Konflikt wird durch die Abbildung eigener Emotionen, Affekte, Wünsche, Impulse und Eigenschaften aufg eine andere Person übertragen. Die Projektion vermeidet die Auseinandersetzung mit sich selbst.2
Der Primäreffekt ist vom Priming-Effekt zu unterscheiden.3
Auflösung: Der Gedanke "Was ich bei anderen nicht mag, kann ich selbst viel besser" hilft Projektionen zu erkennen.
Die Schwarmdummheit ist der konzeptionelle Gegensatz zur Schwarmintelligenz. In beiden Fällen wird der Einfluss des Kollektivs oder der Gruppe auf die Meinungsbildung des Individuums beschrieben. Der soziale Einfluss verändert die Meinungsbildung des Individuums, das sich der Mehrheitsmeinung anschließt, ohne zu hinterfragen, ob es die zielführende, richtige Meinung ist. Auslöser sind Phänomene wie der Herdentrieb oder der Gruppenzwang.
Auflösung: Anpassung der Organisationsstruktur (siehe Soziologie, Schwarmintelligenz, usw.).
Die selbstwertdienliche Verzerrung wird auch self-serving bias genannt, beschreibt die Wahrnehmungsverzerrung, mit der Erfolge stets einem inneren Tatbestand oder einer eigenen Kompetenz zugeschrieben werden. Negative Ergebnisse werden hingegen einem äußeren Tatbestand oder Ereignis zugeschrieben.
Auflösung: Faktenrelativierung und Coping-Fragen
Die Simplifizierung Ist phänomenologisch mit der selektiven Wahrnehmung zu vergleichen. Beide Phänomene bewirken ein relatives Denken. Der Mensch neigt dazu, nach einfachen Lösungen für komplexe Probleme zu suchen, um den Alltag besser bewältigen zu können. Er orientiert seine Entscheidung an dem, was er als Konstante ausmacht. Die Entscheidung bezieht sich auf das, was man im Blick hat. Gleiches lässt sich besser mit Gleichem vergleichen, weshalb Ungleiches gerne ausgeblendet wird. Die Komplexität wird reduziert.
Auflösung: Sich der Komplexität stellen
Das "soziale Faulenzen" erlaubt es Einzelnen in einer Gruppe nicht ihre beste Leistung zu bringen weil das nicht auffallen würde. Je größer die Gruppe ist desto mehr nimmt die Leistung des Einzelnen ab.
Auflösung: Arbeitsteilung mit spezifizierter Verantwortung (so dass es auffällt, wenn einer nicht die gewünschte Leistung erbringt)
Social Proof beschreibt das Phänomen, dass das Denken der Menschen nach Orientierung sucht. Es unterscheidet dabei nicht welcher Qualität die Orientierung ist. Ein Vorurteil genügt oder die Vorstellung, dass Millionen Menschen sich nicht irren können. Machen wir uns klar, dass bereits diese Annahme ein Irrtum ist? Wenn Viele etwas tun, wird es deshalb nicht richtiger.
Auflösung:
Menschen tun die bei irgendwas als nicht selbst wenn sie gar keine Ahnung haben.
Auflösung: Zurückhaltung bis die (ganze) Lage erkannt ist
Emotional verstanden wirkt ein Verlust 2 mal stärker als ein Gewinn.
Auflösung: Verluste akzeptieren, indem die Chancen gesehen werden
Weil die Verantwortung in einer Gruppe geteilt wird, kann der Einzelne Verantwortung zurücknehmen. Andererseits wirkt das Risk Shift. Er wird in seinen Entscheidungen riskanter, weil er die Konsequenzen nicht alleine tragen muss.
Auflösung: Verantwortlichkeit festlegen
Das Akronym steht für "What you see is all there is". Es beschreibt das Phänomen, dass unser Gehirn bei der Entscheidungsfindung alles einbezieht, was wir positiv wissen. Aus diesem Wissen wird eine Geschichte konstruiert, aus der sich die Entscheidung herleiten lässt. Informationslücken bleiben außen vor und werden in die Entscheidung nicht einbezogen.1
Auflösung: Vorsichtiges Feedback, Fakten, Meinungen, Emotionen auseinanderhalten, Fragen, Mäeutik
Das Hamsterrad beschreibt, dass man immer wieder einen neuen Impuls an Glück oder Unglück braucht, sonst verpufft jede Zufriedenheit oder Unzufriedenheit.
Auflösung: Routine vermeiden
Bezeichnung | Beschreibung |
---|---|
Unsicherheit | Die Unsicherheit auf der Seite der Parteien oder aber auch auf der Seite der Mediatoren kann zu einem Hindernis werden. Der Mediator sollte die Unsicherheit akzeptieren und als Hinweis für eine zu klärende Frage ansehen. |
Vertretungsdefizite | Die Partei fühlt sich nicht gut vertreten |
Konfliktstrategie | Die Strategie dominiert das Denken |
Komplexität | Komplexität schreckt ab. Es kommt zu einem schwarz-weiß Denken. Oft ist es den Parteien gar nicht bewusst, was nicht gesehen wird. |
Selektionen | Die Komplexität erlaubt Selektionen. Schon die Wahrnehmung und die Kommunikation führen in eine Reduktion der Komplexität, das Denken tut sein Übriges. Der Mensch neigt dazu, Komplexität zu reduzieren. Das Denken wird selektiv und verliert den Kontext aus dem Blick. Was wie eine Vereinfachung wirkt, ist zugleich eine Erschwernis, weil der Blick auf die Lösung verloren geht, je mehr man sich anstrengt, an die Lösung zu denken. Die Mediation stellt verschiedene Hilfen zur Verfügung, um die Komplexität zu bewältigen. Sie trennt die Verfahrensebenen von. der Streitebene. Sie untergliedert den Prozess in verschiedene nach Phasen ausgerichtete und aufeinander abgestimmte gedankliche Schritte (Phasenlogik). Sie ordnet die Konflikte nach Themen. Sie unterbricht die Begründungssemantik und führt verschiedene Denkmuster sequenziell zusammen. |
Kontextverlust | Der Kontext geht verloren |
Fokussierung | Es wird ein falscher Fokus gewählt |
Problemtrance | Das Denken wird in das Problem gelenkt |
Fixierung | Das Denken der Partei wird auf die Position fixiert |
Dissonanz | Das Phänomen wird als die kognitive Dissonanz beschrieben. Sie macht sich bemerkbar, indem das Denken der Partei jeden Widerspruch ablehnt. |
Kontroversität | Das Denken wird kontrovers geführt und auf gegensätzliche Ziele ausgerichtet. |
Emotionen | Emotionen können das kritische Denken verhindern (oder emotional beeinflussen). Wenn sie im Vordergrund stehen, verdrängen sie den Verstand. |
Wahrnehmungsfehler | Wahrnehmungsfehler beeinträchtigen das Denken. Was ich weiß, muss ich nicht überdenken. Ich weiß doch was ich sehe! |
Interaktionen | Interaktionen bestimmen den Gedankengang. Sie lenken in die falsche Richtung. |
Kompetenz-Amnesie | Stress führt zur Kompetenz-Amnesie |
Fremdeinflüsse | Sonstige Einflüsse verhindern die Lösungen. |
Komplexität | Die Komplexität wird nicht gesehen. Komplexität schreckt ab. Der Mensch versucht sic h die Dinge auf einfache Weise zu erklären. Die Komplexität steht dabei im Wege. Deshalb wird sie gerne geleugnet oder ignoriert. Es kommt zu einem schwarz-weiß Denken. Die Mediation bewältigt diese Hürde, indem sie das Denken für die Komplexität öffnet. Sie trennt die Ebenen (Verfahrensebene, Fallebene). sie strukturiert den Denkvorgang, indem sie die Konflikte nach Themen unterteilt und griffiger macht. Sie ordnet die Informationen Dimensionen zu, die sich in der Logik der Mediation wiederfinden lassen. |
Reflexionsmängel | Die Reflexionsfähigkeit wird eingeschränkt. Die Partei ist nicht in der Lage, das Streitsystem als solches zu betrachten. Sie sieht nur den Gegner. Die Reflexionsebene geht im Konflikt auch deshalb verloren, weil die Parteien emotional denken, weil sie positionsorientiert denken, weil sie gar nicht denken usw. |
Umdenken | Die Parteien lassen sich nicht auf den Gedankengang der Mediation ein. Sie verweigern das Umdenken. |
You do not have permission to insert an item
Während sich die meisten Denkfehler mit der Anwendung von Mediationstechniken beheben lassen, muss das Verfahren unterstützend herangezogen werden, um die Lösungshindernisse zu überwinden.
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Siehe auch: Verfahrenshindernis, Denken, Lösungshindernisse
Included: Lösungshindernisseverzeichnis, Denkfehler-Wahrnehmungsfehler