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Die Verbitterungsstörung

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Die Verbitterung kann krankhafte Züge annehmen, wenn sie von chronischer Dauer ist und die negativen Emotionen über einen langen Zeitraum anhalten. Der Zeitraum kann viele Monate oder sogar Jahre umfassen. Ein weiteres Indiz für eine Erkrankung ist die Unfähigkeit, das erlebte Unrecht loszulassen und sich von den negativen Gefühlen zu befreien. Die Verbitterung wird zu einem zentralen Bestandteil der Gedankenwelt. Ein weiteres Anzeichen für eine krankhafte Verbitterung ist das Denken, das vom Grübeln und von Rachegedanken dominiert wird und wenn sich eine stark negative Sicht auf die Welt einstellt. Schließlich können schwere psychosoziale Beeinträchtigungen auftreten, die zum Rückzug aus sozialen Aktivitäten, Konflikten mit anderen oder einem Verlust der Arbeitsfähigkeit führen. Betroffene sind oft unfähig, angemessene Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Statt das Ereignis zu verarbeiten, vertiefen sie sich in ihren negativen Gedanken und bauen ein starkes Grollgefühl auf. Wenn diese Symptome vorliegen, kann von einer Verbitterungsstörung gesprochen werden.

Die posttraumatische Verbitterungsstörung

Die Verbitterungsstörung, die auch als „posttraumatische Verbitterungsstörung“ (PTED) bezeichnet wird, ist eine psychische Erkrankung, die in den letzten Jahrzehnten zunehmend Beachtung in der wissenschaftlichen und klinischen Psychologie gefunden hat. Sie unterscheidet sich von anderen Störungen durch ihre zentrale emotionale Reaktion: eine tief sitzende Verbitterung, die durch spezifische, als ungerecht empfundene Lebensereignisse ausgelöst wird. Die Störung ist charakterisiert durch chronische negative Emotionen und die Unfähigkeit, das erlebte Unrecht zu verarbeiten, was zu erheblichen psychosozialen Beeinträchtigungen führen kann.

Abgrenzung zum Michael Kohlhaas Syndrom

Das Michael-Kohlhaas-Syndrom und die Verbitterungsstörung haben einige Gemeinsamkeiten, insbesondere in Bezug auf das Gefühl, ungerecht behandelt worden zu sein, und die daraus resultierenden emotionalen Reaktionen. Dennoch gibt es klare Unterschiede zwischen beiden Konzepten, insbesondere in ihrer psychologischen Dynamik und dem Verhalten der betroffenen Personen. Während die Verbitterungsstörung durch passive, innerlich gerichtete Emotionen und den Rückzug aus sozialen Aktivitäten gekennzeichnet ist, äußert sich das Michael-Kohlhaas-Syndrom in aktivem, kompromisslosem und destruktivem Verhalten zur Erreichung von Gerechtigkeit. Bei der Verbitterungsstörung leiden die Betroffenen hauptsächlich an ihren Emotionen, während Menschen mit dem Michael-Kohlhaas-Syndrom eine obsessive und oft schädliche Handlungsbereitschaft zeigen, um das erlebte Unrecht zu korrigieren.

Querulantenwahn und Michael Kohlhaas Syndrom

Ursprünge und Entstehung der Verbitterungsstörung

Die Entstehung der Verbitterungsstörung ist eng mit traumatischen Lebensereignissen verbunden, die als „unerträgliche Kränkungen“ erlebt werden. Diese Ereignisse können vielfältiger Natur sein, wie der Verlust des Arbeitsplatzes, Scheidungen, Mobbing, oder auch finanzielle Ruin. Entscheidend ist nicht das objektive Ausmaß des Ereignisses, sondern wie es von der betroffenen Person subjektiv als ungerecht und unkontrollierbar wahrgenommen wird. Die zentrale Rolle spielt hier das Konzept des „moralischen Traumas“, bei dem die betroffene Person das Gefühl hat, in einem tiefgreifenden Sinne betrogen oder ungerecht behandelt worden zu sein. Die Verbitterung tritt auf, wenn die Person das Ereignis nicht nur als belastend, sondern als direkte Verletzung ihrer moralischen oder ethischen Überzeugungen empfindet. Dieses Gefühl der Machtlosigkeit und des Unrechts, kombiniert mit der Unfähigkeit, die Situation zu bewältigen, bildet den Nährboden für die Entwicklung der Verbitterungsstörung.

Diagnose und Erkennbarkeit der Verbitterungsstörung

Die Diagnose der Verbitterungsstörung wurde erstmals vom Psychiater Michael Linden in den frühen 2000er Jahren als eigenständige Störung beschrieben. Sie unterscheidet sich von anderen posttraumatischen Störungen, wie der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), durch die Art der emotionalen Reaktion auf ein Lebensereignis. Statt Angst oder Trauer steht die Verbitterung im Vordergrund, begleitet von Zorn, Rachegedanken und Rückzug aus dem sozialen Leben. Die diagnostischen Kriterien umfassen:

  1. Auslösendes Ereignis: Ein belastendes Lebensereignis, das als schwerwiegend ungerecht empfunden wird.
  2. Anhaltende Verbitterung: Chronische Gefühle von Verbitterung, die über mindestens sechs Monate anhalten.
  3. Rückzug: Rückzug aus sozialen und beruflichen Aktivitäten, oft verbunden mit depressiven Symptomen.
  4. Dysfunktionale Bewältigungsstrategien: Starke gedankliche Beschäftigung mit dem erlittenen Unrecht, oft verbunden mit Grübeln und einer Vermeidung der tatsächlichen Auseinandersetzung mit dem Ereignis.
  5. Soziale und berufliche Beeinträchtigungen: Deutliche Beeinträchtigungen im Alltag, die durch die Verbitterung hervorgerufen werden.

Unterschiede zu anderen psychischen Störungen

Die Verbitterungsstörung kann leicht mit anderen psychischen Störungen, insbesondere Depressionen und Anpassungsstörungen, verwechselt werden. Im Gegensatz zu einer Depression steht bei der Verbitterungsstörung nicht die allgemeine Niedergeschlagenheit im Vordergrund, sondern das spezifische Gefühl, Opfer eines Unrechts zu sein. Zudem unterscheiden sich die Bewältigungsmechanismen: Während depressive Menschen oft Hilflosigkeit und Passivität zeigen, neigen Menschen mit einer Verbitterungsstörung zu Zorn und aggressiven Gedanken gegenüber der als ungerecht empfundenen Umwelt.

Therapieansätze bei der Verbitterungsstörung

Die Behandlung der Verbitterungsstörung stellt eine Herausforderung dar, da die Betroffenen oft in ihren negativen Emotionen und Gedankenkreisen gefangen sind. Konventionelle Therapien, wie die kognitive Verhaltenstherapie (KVT), zeigen häufig nur begrenzte Erfolge, da die kognitive Umstrukturierung bei tiefsitzender Verbitterung oft auf Widerstand stößt. Eine spezielle Form der Therapie, die „Weisheitstherapie“, wurde von Linden entwickelt, um gezielt bei dieser Störung anzusetzen.

Weisheitstherapie
Ansatz: Die Weisheitstherapie zielt darauf ab, die Fähigkeit der Betroffenen zu fördern, Ereignisse aus einer übergeordneten Perspektive zu betrachten, sie als Teil des Lebens anzunehmen und den Fokus auf Akzeptanz und Vergebung zu legen.

Techniken: Diese Therapieform nutzt narrative Techniken, bei denen der Betroffene angeleitet wird, seine Geschichte neu zu erzählen und aus einer distanzierteren Perspektive zu betrachten. Ziel ist es, den emotionalen Druck und die negativen Gedankenschleifen zu durchbrechen, indem die Betroffenen lernen, ihre Lebensereignisse mit einem Gefühl von Weisheit und Gelassenheit zu bewerten.

Konfrontation und Akzeptanz
Eine weitere Strategie besteht darin, die Betroffenen aktiv mit dem erlebten Unrecht zu konfrontieren und ihnen zu helfen, es als Teil ihrer Lebensgeschichte anzunehmen, ohne den Fokus auf Vergeltung zu legen. Akzeptanzbasierte Ansätze, wie sie auch in der Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) angewendet werden, haben gezeigt, dass sie bei der Behandlung von Verbitterung hilfreich sein können, indem sie den Betroffenen helfen, das Erlebte zu akzeptieren und ihr Leben wieder aktiver zu gestalten.

Umgang mit der Verbitterungsstörung

Für das Umfeld von Betroffenen stellt die Verbitterungsstörung eine erhebliche Herausforderung dar. Der Umgang mit Menschen, die ständig ihre Verbitterung ausdrücken, kann für Angehörige und Freunde belastend sein. Es ist wichtig, dem Betroffenen Empathie entgegenzubringen, jedoch ohne seine negativen Gedankenschleifen zu verstärken.

Praktische Tipps für den Umgang:

  1. Geduld und Verständnis: Angehörige sollten die Emotionen des Betroffenen ernst nehmen, ohne jedoch in die negativen Erzählungen einzusteigen.
  2. Förderung von Distanz: Helfen Sie dem Betroffenen, das belastende Ereignis aus einer distanzierteren Perspektive zu betrachten.
  3. Professionelle Unterstützung: Ermutigen Sie den Betroffenen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, da eine fachgerechte Therapie der Schlüssel zur Überwindung der Störung ist.

Fazit

Die Verbitterungsstörung ist eine ernstzunehmende psychische Störung, die durch tiefes Empfinden von Ungerechtigkeit und Machtlosigkeit gekennzeichnet ist. Sie kann zu erheblichen psychosozialen Beeinträchtigungen führen, wenn sie unbehandelt bleibt. Die Diagnose der Verbitterungsstörung erfordert eine präzise Erfassung des Ausmaßes der Verbitterung und eine Differenzierung von anderen psychischen Erkrankungen. Therapeutisch sind Ansätze wie die Weisheitstherapie und Akzeptanzstrategien besonders vielversprechend, um den Betroffenen zu helfen, ihre Verbitterung zu überwinden und eine neue Perspektive auf das Leben zu entwickeln. Ein sensibler Umgang im sozialen Umfeld sowie eine frühzeitige Intervention können wesentlich dazu beitragen, den Teufelskreis aus negativen Emotionen und sozialem Rückzug zu durchbrechen.

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Hinweise und Fußnoten
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Bearbeitungsstand: 2024-09-13 07:23 / Version 5.

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Siehe auch: Wut Verfahrensverzeichnis
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Seite zuletzt geändert am Montag November 4, 2024 21:00:55 CET.

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