Sind wir wirklich schon am Ende bevor wir begonnen haben`
Der Beitrag von Hein Westerouen van Meeteren erschien im Forum auf LinkedIn. Er soll unter den Mediatoren Unruhe stiften und eine Diskussion in Gang bringen. Der Autor führt aus1

Ich weiß, dass die gerichtliche Berufswelt schwierige Zeiten durchmacht. Der Anwalt wird obsolet, da die Klienten unabhängiger, selbständiger und selbststeuernder werden. Das Internet liefert das juristische Wissen, die Gesetzbücher sind online, und das Anwaltsmonopol verschwindet Schritt für Schritt.


Wenn die wachsende Kompetenz der Klienten die Ursache für einen Rückgang der Nachfrage nach der anwaltlichen Dienstleistung ist, sind sicher auch die Mediatoren betroffen. Wenn der Klient seine Probleme selber lösen kann, braucht er keinen Dienstleister. Auch die Statistik stellt diese Behauptung in Frage. Die Justiz ist völlig überbelastet. Die Zahl der Gerichtsverfahren steigt. Lediglich das Verhältnis von Angebot und Nachfrage verschiebt sich. Weil die Zahl der Anbieter sowohl unter den Juristen wie den Mediatoren steigt. Der Autor führt weiter aus:

Jetzt müssen die Anwälte nach einem neuen Verdienstmodell suchen, und Mediation ist die glückliche Beute


So glücklich ist die Beute nicht, macht die Nachfrage nach Mediation durch nur 1% der Fälle aus. Es ist auch nicht der Anfang vom Ende, wie der Autor weiterhin befürchtet. Der Autor sieht in der Mediation zu Recht eine geistige und professionelle Revolution und ein völlig neues Paradigma2 . Ihre Wurzel sei die vollständige und kompromisslose Loslösung vom Content-steering (gemeint ist die Lösungsorientierung). Sie bedeute eine prinzipielle Autonomie für den Kunden ohne "The Hero Professional", der die Fachleute steuert und manipuliert. Der Autor meint, dass die Anwälte für dieses Heldentum bezahlt werden.

Was der Autor aufzeichnet ist ein anderes Produkt, das durchaus eine Nachfrage findet. Die Unkenntnis über die Unterschiedlichkeit der Produkte (Dienstleistungen) scheint eher die Ursache zu sein, warum die Mediation so wenig nachgefragt wird.

Mediation ist ein Beruf, bei dem sich Kunden wiedersehen. ...


Also doch Hero Professional. Genau betrachtet ist die Mediation kein Beruf, sondern ein Verfahren. Gewollt oder nicht ist die Mediation zu einem konkurrierenden Verfahren geworden. Sie steht allerdings nicht nur im Wettbewerb zu den Gerichtsverfahren. Die Mediation konkurriert auch mit der Therapie und dem Coaching. Allerdings verläuft der Wettbewerb dort etwas unauffälliger.

Auch wenn die Anwaltschaft meint, es sei ein Segen, dass es sie Mediation gibt, sehen die Anwälte auch deren nicht eingestandenen Fluch. Tatsächlich würde nicht nur der Anwaltsmarkt schrumpfen, wenn die Mediation erfolgreich ist. Die Mediation kannibalisiert sich in gewisser Weise auch selbst. Eine endgültige und erfolgreiche Konfliktbeilegung verhindert nicht nur Folgesachen. Sie führt bei den Parteien auch zu einer Kompetenzsteigerung, die ihnen in Zukunft hilft, viele Konflikte zu vermeiden. Das ist gut für die Idee, ob es gut für das Geschäft ist wäre noch zu evaluieren.

Der Beitrag von Hein Westerouen van Meeteren wirft Fragen auf. Das war auch die Absicht des Autors. Der Beitrag sollte provozieren. Deshalb müssen wir nicht hinterfragen wer "Wir" ist und wer wem was zu erlauben hat. Letztlich entscheidet der Kunde was er nachfragt. Wenn der Kunde die eigenständige Bedeutung der Mediation als Dienstleistung erkennt, beantworten sich alle Fragen. Solange sich die Mediation aber als Konkurrenz begreift, die wegnehmen oder ein Wegnahmen verhindern muss, konterkariert sie diese Erwartung.