Der Grundsatz der Neutralität
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Worum es geht: Die Neutralität wird oft mit der Allparteilichkeit gleichgesetzt. Es ist eine Eigenschaft des Mediators, die eine ausschlaggebende Rolle für das Gelingen der Mediation darstellt.
Einführung und Inhalt: Kann ein Mediator eine Mediation durchführen, wenn er mit einer der Parteien bekannt ist? Darf er sie noch durchführen, wenn er mit ihr verwandt oder verschägert ist? Was geschieht, wenn er se trotzdem macht? Solche und ähnliche Fragen kommen im Zusammenhang mit der Neutralität auf. Dabei geht es um etwas völlig anderes.
Was ist Neutralität?
Das Wort kommt aus dem Lateinischen ne uter und bedeutet so viel wie keiner von beiden. In der praktischen Auswirkung steht der Begriff dür die Nichteinmischung. Für keine Seite wird Partei ergriffen. Keine Seite wird bevorzugt. Die Neutralität bedingt eine objektive Haltung, die alle beteiligten Parteien gleich behandelt. Sie erwartet, dass die neutrale Person die gleiche Distanz zu allen Parteien wahrnimmt. Die Neutralität ist ein Prinzip der Mediation.1 Sie ist erforderlich, obwohl der Mediator keine Entscheidung zu treffen hat. Die Neutralität grenzt sich von der Allparteilichkeit ab. Die Allparteilichkeit steht der Neutralität nicht im Wege. Sie weist lediglich darauf hin, dass die Neutralität der unparteilichen Unterstützung der Medianden nicht im Wege steht. Warum ist die Neutralität so wichtig, wenn doch der Mediator kein Entscheider ist?
Brückenfunktion des Mediators
Die Neutralität korrespondiert mit der Technik der triadischen Brückenfunktion. Neutralität bedeutet in der Mediation die Vermittlung des Verstandenen ohne eigene Bewertungen. Das Verstehen und Vermitteln des Verstandenen wird nicht mehr möglich sein, sobald einer der Medianden das Gefühl hat, der Mediator sei nicht neutral. Sieht er ihn als parteiisch, dann empfindet er ein Ungleichgewicht und sieht sich kaum noch in der Lage, auf gleicher Augenhöhe zu verhandeln. Des Weiteren wird er den Ausführungen des Mediators nicht mehr unbefangen zuhören können. Die für die Lösungsfindung oft notwendige Korrektur von Sichtweisen und Gedanken kann nicht mehr gelingen.
Hinweispflicht des Mediators
Um die Neutralität zu schützen, verpflichtet der Gesetzgeber den Mediator in § 3 Abs. 1 Mediationsgesetz alle denkbaren Gründe, die der Neutralität im Wege stehen könnten, offen zu legen. Solche Gründe können alle Tatumstände und Hintergründe sein, die den Mediator als dem einen Medianden näher stehend ansehen lassen.
Fraglich ist, ob der Mediator auch darauf hinweisen muss, dass er bereits im Vorfeld eine Mediation mit einer der Parteien in einer anderen Sache durchgeführt hat. Dieser Hinweis könnte mit dem Grundsatz der Vertraulichkeit kollidieren.2
Die Perspektive(n) der Neutralität
Die Neutralität ist aus unterschiedlichen Perspektiven zu bewerten:
- Die Sicht des Mediators
- Die Neutralität ist nicht nur aus der Sicht des Mediators zu beurteilen. Fühlt er sich befangen, dann hat er die Mediation abzubrechen. Das Gefühl der Befangenheit geht in der Mediation weiter als in einem Gerichtsverfahren. Während dort die sachliche Unbefangenheit genügt, kann es in der Mediation auch auf emotionalen Umstände ankommen. Es wird dem Mediator kaum gelingen, die Frage einer ehelichen Schuld etwa beim Fremdgehen neutral zu bewerten, wenn er selbst gerade in einer solchen Frage emotional betroffen ist.
- Die Sicht der Parteien
- Außer der Selbstsicht des Mediators ist die Sicht der Parteien maßgeblich. Es kommt nicht darauf an, ob sich der Mediator objektiv neutral verhalten hat oder nicht. Es genügt, wenn die Partei den subjektiven Eindruck gewonnen hat und es dem Mediator nicht möglich ist, diesen Eindruck zu korrigieren. Zu Recht konnte der Gesetzgeber hier auf eingehende Regulierungen, vergleichbar etwa mit der Besorgnis der Befangenheit, verzichten. Anders als im Gerichtsverfahren hat die Partei jederzeit die Möglichkeit, ihre Konsequenzen durch Beendigung der Mediation zu ziehen.
Die Grenzen der Dispositionsbefugnis
Gerade wegen der unterschiedlichen Sichten und Bewertungsmöglichkeiten, zählt die Neutralität grundsätzlich zu den disponiblen Prinzipien der Mediation. Das ergibt sich aus §3 Abs. 1 Mediationsgesetz. Wenn der Mediator oder eine Partei Fakten offenlegt, aus denen sich Bedenken gegen die Neutralität des Mediators ergeben, steht es in der Macht der Parteien, die Bedenken auszuräumen oder die eingeschränkte Neutralität zu akzeptieren. Das Prinzip der Neutralität korrespondiert mit der Eigenschaft des Metaprozesses. Das bedeutet, die Neutralität steht nicht mehr zur Disposition, wenn die Wahrnehmung der Metaebene nicht mehr möglich ist.:
In dem vorstehenden Beispiel hat der Mediator auf seine Rolle hingewiesen. Er hat die Beziehungen geklärt und das Problem der Freundschaft thematisiert. Er selbst traut sich die Neutralität zu. Die Parteien akzeptieren seine professionelle Rolle und gehen ebenfalls davon aus, dass er eine neutrale Rolle einnehmen und zu beiden Parteien die gleiche Distanz aufbauen kann. Eine entscheidende Rolle spielt dabei, dass er zuvor für keinen seiner Freunde beratend tätig war. Der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz zum Gesetz zur Förderung der Mediation führt aus:3
In dem Fall erreicht die Verhandelbarkeit der Neutralität eine objektive Grenze. Wenn sie verhandelbar ist, hängt alles davon ab, dass der Mediator tatsächlich in seiner Rolle bleiben kann. Es ist geschickt, wenn er Sicherungen einbaut, wie etwa die Ermächtigung der Parteien, Bedenken zu äußern, wenn sie die Neutralität in Frage gestellt sehen. Im konkreten Fall kam dem Mediator entgegen, dass er mit beiden Parteien befreundet war. Ob er bei einem einseitigen Näheverhältnis noch die Rolle des Mediators übernehmen kann, ist eine Frage des Einzelfalls und ob sich die Parteien darauf einlassen. Die Frage, ob eine Mediation bei Bekannten oder Freunden in Betracht kommt, spielt häufig bei Ausbildungsmediationen eine Rolle. Sie stellt erhöhte Anforderungen an den Mediator.
Die Allparteilichkeit
In der Mediation wird die Neutralität oft mit dem Prinzip der Allparteilichkeit in Verbindung gebracht. Mit der Allparteilichkeit wird die Balance zwischen den Medianden (gleiche Augenhöhe) hergestellt. Auch die Allparteilichkeit ist ein Prinzip der Mediation. Sie macht jedoch deutlich, dass der Mediator sich ressourcenabhängig verhalten darf, kann und soll. Die Allparteilichkeit kommt in § 2 Abs. 3 Mediationsgesetz zur Geltung. Die Ausübung der Allparteilichkeit erfolgt für die Parteien meist unbemerkt durch die Übersetzungsleistungen des Mediators. Er übersetzt die Kopfsprache in die Sprache des Herzens, die Eloquenz in die einfache Sprache usw. Die Grenze der Allparteilichkeit ist stets die Neutralität in keinem Fall darf die Partei den Eindruck bekommen, der Mediator unterstütze die Gegenseite aus sachfremden Erwägungen. Gegebenenfalls mag der Mediator seine Unterstützungsleistungen offenlegen und von den Parteien genehmigen lassen. Er kann auch vorschlagen, dass für die schwächere Partei ein Beistand hinzugezogen wird. Nähere Ausführungen dazu finden Sie im Beitrag über die Allparteilichkeit.
Die Unparteilichkeit
Man mag hinterfragen, ob der Mediator Partei ist oder nicht. In englischen Texten wird er als neutral party bezeichnet. Weil es im Englischen auch so schöne Worte wie Allparteilichkeit nicht gibt, wird dort von der impartality gesprochen, was mit Unparteilichkeit oder Objektivität übersetrzt werden kann.
Im Grunde umschreiben alle diese Begriffe das Prinzip der Neutralität.
Was tun wenn ...
- Die Partei sagt, sie könne nicht offen reden
- Zwischen den Parteien besteht ein Machgefälle
- Der Mediator legt die Allparteilichkeit nicht offen
- Mediation wird trotz eingeschränkter Neutralität durchgeführt
- Unterlassener Hinweis auf mangelnde Neutralität
- Der Mediator legt seine Neutralität und Unabhängigkeit nicht offen
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Ratgeber
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Alias: Neutralität, Unparteilichkeit
Siehe auch: Trossen (un-geregelt)
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