Der Werdegang
Die GAMA wird seit etwa 2015 auf den Weg gebracht. Sie ist aus dem „Qualitätsverbund Mediation (QVM)“ entstanden. Die Verbände - genauer gesagt diejenigen Verbände, die sich selbst gerne als "die großen" Verbände bezeichnen - arbeiten an der Frage, wie sie nicht nur ihre Zertifikate, sondern auch den sogenannten zertifizierten Mediator behandeln sollen. Der zertifizierte Mediator ist ein Zertifikat, das eigentlich von den Verbänden abgelehnt wird. Die Ausbildungsdauer und die Ausbildungsinhalte stellen - wenn überhaupt - nur Mindestanforderungen dar und liegen unter dem erklärten Ausbildungsniveau der Verbände. In die Gründungsverhandlungen zur GAMA sind die sogenannten B- und D-Verbände eingebunden. Anderen Mediatorenverbänden wie z.B. die Integrierte Mediation oder der Verband der Baumediatoren, der Verband der Patentmediatoren, der FMöB usw. waren bisher nicht und wenn, dann nur mittelbar über das DFfM involviert. Bereits hier setzt die Frage an, ob ein breiter Konsens über alle Verbände hinweg überhaupt gewünscht ist.
Es wird behauptet, die GAMA sei notwendig, um dem gesetzgeberischen Auftrag zu genügen. Der Gesetzgeber und damit auch das Justizministerium erwarten, dass der freie Markt eine Selbstverwaltung organisieren kann, die eine Entlastung der ansonsten für erforderlich gehaltenen staatlichen Kontrolle darstellen soll. Die betroffenen Institutionen (Verbände und Kammern) waren aufgefordert, die Selbstverwaltung ins Leben zu rufen. Spätestens mit dem Erlass der ZMediatAusbV wird ein akuter Handlungsbedarf unterstellt. Tatsächlich vertreten sowohl die Politik wie das Parlament (das BMJ) eine abwartende Haltung. Man will sehen, ob und wie die Mediatoren selbst in der Lage sind, den politischen Auftrag einer größeren Zuverlässigkeit der Mediatorenausbildung zu erfüllen. Ein Konzept, wie dies zu ermöglichen ist, war damit jedoch nicht vorgegeben worden.
(K)eine Chance für die Mediation?
Es gibt ganz unterschiedliche Erwartungen an die Politik, die mit dem Mediationsgesetz - gewollt oder nicht - die Verantwortung über die Frage der Implementierung der Mediation übernommen hat. Das zuständige Bundesjustizministerium kann aus der Verantwortung erst wieder entlassen werden, wenn die private Wirtschaft ein Konzept vorstellt, das eine Selbstverwaltung der Mediation (und nicht nur der Ausbildung) im rechtsstaatlichen Verständnis möglich macht. Dazu gehört sicher mehr als nur die Überwachung einer Ausbilderqualität nach der Vorgabe der ZMediatAusbV. Dazu gehört z.B. ein Konzept für den Dienstleistungsbereich, an dem sich die Ausbildung orientieren kann. Von diesem Ziel ist die Mediatorenlandschaft in Deutschland noch weit entfernt. Auch haben die Verbände noch nicht zusammengefunden.
Kann eine GAMA diese Chance wahrnehmen?
Anders formuliert lautet die Frage: Kann sie die Implementierung der Mediation fördern, wenn sich schon ihre Gründung über die Mediation hinwegsetzt?
Die Kritik bezieht sich in erster Linie auf die Art und Weise ihrer Entstehung. Es ist von einem intransparenten, closed Shop die Rede, an dem - entgegen der ministeriellen Vorgabe - lange nicht jeder interessierte Verband oder jede Kammer teilnehmen konnten. Die nicht beteiligten Verbände und Institutionen werden vor vollendete Entscheidungen gestellt, bei denen am Ende nur noch eine Ja oder Nein Abstimmung möglich ist. Üblicherweise kennen Mediatoren andere Methoden, um einen Konsens herzustellen. Dem Mediator drängt sich die Frage auf, warum nicht die, die über die Ausbildungsqualität entscheiden wollen, selbst diese Methoden anwenden?
Offiziell soll die GAMA die Ausbildungsinstitute akkreditieren. Rechtlich gesehen ist die Teilnahme der Institute an der Akkreditierung durch die GAMA freiwillig - zumindest so lange, bis der Gesetzgeber sie mit den entsprechenden Hoheitsrechten beleiht, die für eine effiziente Kontrolle der Ausbildungen notwendig ist. Wir sind uns im Klaren darüber, dass mit der Akkreditierung der Ausbildungsinstitute noch lange nicht die Dienstleistung des Mediators geregelt, geschweige denn kontrolliert werden kann. Ein Konzept das sich mit diesen Fragen auseinandersetzt gibt es bisher noch nicht oder wurde zumindest - trotz mehrfacher Anfragen und Aufforderungen - noch nicht offen gelegt.
Stattdessen fällt auf, dass der Stiftungszweck bewusst überschießend formuliert wird. Manche sehen darin einen weiteren, wenig vertrauenserweckenden Schritt bei der GAMA-Gründung. Zur Begründung wird angeführt, dass ein Stiftungszweck im Nachhinein nicht mehr verändert werden könne. Der Verdacht, dass die GAMA langfristig mehr will als nur die Ausbildung zum zertifizierten Mediator kontrollieren, liegt nahe. Er wird dadurch geschürt, dass Überlegungen der GAMA auch einen politischen Auftrage geben wollen.
Organisatorisch bleibt die GAMA in den Händen der Gründungsverbände. Es ist eine selektive Auswahl, die zeigt, wer das Heft in der Hand haben will. Sie setzt sich dem Verdacht aus, ein Instrument der Machtpolitik zu sein. Es deutet sich eine zentralistische Kompetenz mit den Feldern Qualität, Förderung und Professionalisierung an, die praktisch alles abgedeckt.
Ausbilder fragen sich, warum sie neben der GAMA noch einem Verband abgeschlossen sein sollten. Die Kammern fragen sich, ob und wie ihre Pflicht zur Berufskontrolle (etwa bei Rechtsanwälten) in die Hand einer selektiv gebildeten Institution gegeben werden darf und kann. Hier entstehen Kollisionen mit den beruflichen Überwachungspflichten den Kammern, die die Mediation im Vorfeld oft als ihre eigene Angelegenheit definiert hatten (siehe z.B. § 18 BORA). Sicherlich wären sie interessiert, lästige Prüfungspflichten abzugeben. Das aktuelle Konzept der GAMA und ihre rechtlichen Möglichkeiten griffen dafür aber nicht nur zu kurz, sie könnten sogar Einfluss auf die Leistungsverpflichtungen der Kammern nehmen.
Verbände fragen sich, was ihre Funktion ist, wenn ihre wesentlichen Funktionen ausgelagert werden, ohne dass hierüber ein Konsens hergestellt wurde und ihre Beteiligungsmöglichkeiten nach Gründung der GAMA eher nur teuer als konstitutiv sein kann.
Ausbilder erschrecken sich, dass die GAMA nicht nur Ausbildungen anerkennen will. Sie überprüft auch die Eignung der Ausbildungsträger, Ausbildungsleiter, Fortbildungen und Supervisoren. Sie erkennen ein von Mitbewerbern initialisiertes Instrument, das ohne weiteres geeignet ist, den Markt zu kontrollieren und unliebsame Mitbewerbern das Leben schwer zu machen. Der Gründungsprozess der GAMA hat es nicht geschafft, sich als ein neutrales, überparteiliches und verbandsübergreifendes Konstrukt zu etablieren und alle ins Boot zu holen.
All das sind Befürchtungen, die auf einem vermeidbaren Misstrauen beruhen und der Sorge unterworfen sind, dass die für die Mediation zu fordernde Eigenständigkeit, Vielfalt und Markttransparenz verloren gehen. Das sieht wie das Gegenteil von dem aus, was die Politik von den Mediatoren erwartet. Es ist also fraglich, ob die GAMA die politischen Segen bekommt, den sie benötigt um ihre Ziele zu erreichen.
Kann sonst jemand diese Chance wahrnehmen?
Ja, natürlich. Jeder Mediator ist gefragt und jeder, der die Mediation ernsthaft fördern will. Was fehlt ist ein Konzept, das überhaupt einmal klarstellt, was "Stärkung der Mediation" bedeutet. Auch der Gesetzgeber hat dazu keine Vorgaben gemacht. Deshalb ist die Stärkung der Mediation für viele nur die Stärkung ihrer Nachfrage. Wir erinnern uns an den Aufsatz von Mironi1 , der ähnliche Phänomene in Israel beobachtet hat und vom Untergang der Mediation spricht. Die Mediation kann leben, wenn ihr Wesen zur Geltung kommt. Die Kontrolle der Ausbilder setzt sich darüber hinweg. Sie zäumt das Pferd von hinten auf. Wichtig ist, dass der Implementierungsprozess der Mediation, mithin auch jede Form der Akkreditieren und Kontrolle, selbst an den Maßstäben der Mediation gemessen werden kann und ihr Wesen widerspiegelt. Wie kann eine kranke Geburt zu einem gesunden Kind führen? Der Gesetzgeber hat Raum gelassen. Der private Markt muss sich auseinandersetzen. Wenn das nicht mit Worten möglich ist, dann durch Fakten. Die Nachfrage ist gefordert. Sie reguliert das Angebot. Transparenz und die Offenlegung der Entscheidungskriterien macht es ihr möglich.
Die weitere Entwicklung
Inzwischen ist die GAMA gescheitert. Die offizielle Begründung lautet, dass die Anwaltskammer und der DAV ihre Mitwirkung aus wettbewerblichen Gründen abgelehnt haben. Die Realität ist, dass viele Berufsvertretungen sich der Mediation bereits angenommen haben. Ungewollt unterstützt der Gesetzgeber die Diversifikation, indem er für die Anwälte und die Notare beispielsweise und indirekt für die Richter Sonderrechte geschaffen hat. Es liegt auf der Hand, dass die Kammern diesen Status nicht ohne weiteres aufgeben wollen. Zumindest wollen sie die Kontrolle über ihre Mitglieder behalten. Die GAMA-Verbände wollen jetzt - wieder im closed Shop - über gemeinsame Standards verhandeln. Es ist kaum anzunehmen, dass sich die Kammern diesen Vorgaben unterwerfen werden. Zu unterschiedlich sind die Interessen und und die Sichtweisen auf die Mediation. Ein gemeinsames Forum wäre eine Lösung. Der Versuch, ein gemeinsames Forum zu gründen endete in der Gründung des DFfM, dem sich aber nicht alle Verbände anschließen konnten.