Der geschützte Mediationsraum
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Die Überschrift dieses Beitrages lautet: Der geschützte Raum. Sie könnte auch lauten: Wie die Mediation sich und die Parteien schützt. Die Assoziation eines Raumes impliziert schon die Antwort. Wenn die Worte Schutz und Raum zusammengenommen werden, ensteht Schutzraum. Die Aufgabe eines Schutzraumes besteht darin, Personen in Gefahrensituationen vor Bedrohungen zu schützen. Tatsächlich, und wie noch dazulegen ist, muss der geschützte Raum der Mediation sowohl den Raum selbst, also die Mediation, als auch die darin befindlichen Personen schützen.
Zwischen Narren und Rosen
Die naheliegende Funktion des geschützten Raumes bezieht sich auf das Gespräch. Es ist ein Wesensmerkmal der Mediation die Lösung in einem offenen Gespräch zu finden, bei dem alles angesprochen werden kann, was die Parteien betrifft und wo sie ihre Gedanken fliegen lassen können, ohne die Sorge haben zu müssen, dass ihnen daraus ein Strick gedreht wird. Die Metapher eines geschützten Raumes hilft neben den juristischen Absicherungen bei der Einführung der Vertraulichkeit und um die Atmosphäre für ein geschütztes Geapräch herzustellen.
Die Vertraulichkeit ist in der Mediation eine Bedingung für die Eigenschaft der Offenheit. Die Mediation ist darauf angewiesen, dass die Parteien offen miteinander sprechen. Das offene Gespräch ist ein Wesensmerkmal der Mediation. Um den Sinn und Zweck dieses Wesensmerkmals zu erkennen, mag die Burg Eltz eine Metapher dafür liefern, was unter einem geschützten Gesprächsraum zu verstehen ist.
In dem Video sehen Sie eine Burgführung. Sie gelangen in einen Rittersaal, der den Rittern als ein geschützter Raum diente. Der Besucher betritt den Rittersaal, indem er die Tür unter der Maske des Narren durchqueren muss. Die Narrenköpfe waren im Mittelalter das Zeichen dafür, dass jeder frei und offen sprechen kann. Das Symbol der Rose verlangte, die Diskretion zu wahren. Die Tür unter diesem Symbol wurde beim Verlassen des Saales durchquert. Die Masken bedeuten somit: "Hier herrscht Mundfreiheit, alles darf gesagt werden. Aber wer den Saal verlässt, muss Stillschweigen über das Gesagte bewahren".
Der geschützte (Gesprächs-)raum
Die Metapher der Burg Elz steht für Redefreiheit und Verschwiegenheit. Der geschützte Raum hat aber noch weitere Funktionen. Besonders dann, wenn er als ein Schutzraum begriffen wird. Das nachfolgende Bild soll diese Funktionen veranschaulichen:
Sie sehen einen Konflikt, dargestellt als das Inferno. Der Konflikt befindet sich im Hintergrund des Bildes. Im Vordergrund sehen Sie eine Blase, in der sich der Mediator und die Streitparteien aufhalten. Sie verhandeln friedlich miteinander. Das Inferno um sie herum kommt nicht in die Blase hinein. Das Bild sagt viel. Es veranschaulicht die Gründe, warum die Einrichtung eines geschützten Gesprächsraumes nur ein Teil des Schutzes ist, den die Parteien benötigen, um ihren Konflikt beizulegen. Wenn der geschützte Gesprächsraum ein Schutzraum ist, der die Personen vor bestimmten Bedrohungen schützen soll, sollte klar sein, vor welchen Bedrohungen der Raum überhaupt Schutz bieten kann und soll.
Die Schutzraumanforderungen
Letztlich geht es darum, dass die Parteien ihre Gedanken frei entwickeln können. Der Schutz ist also überall dort anzubringen, wo dieses Ziel in Frage gestellt werden kann. Es bedarf folgender Maßnahmen, um den Schutzraum einzurichten:
- Die Befreiung der Gedanken: Wenn davon die Rede ist, dass die Pasrteien offen und ungestraft über alles reden können sollen, was ihnen auf dem Herzen liegt, geht es weniger um das Reden als um die Freiheit der Gedanken. Man muss laut denekn können und den Gedanken wieder zurücknehmen können, ohne darauf festgenagelt zu werden. Wie sollen die Parteien Phantasien für eine konstrukltive Lösung finden, wenn sie nicht in der Lage sind, einmal laut zu denken?
- Die Einrichtung einer Metawelt: Die Parteien werden merken, dass der Konflikt trotz der laufenden Mediation nicht zu Ende ist. Die Parteien bewegen sich in zwei verschiedenen Welten. Die eine Welt ist die Welt der Mediation und die andere Welt ist die des Konfliktes. Es ist wichtig, diese beiden Welten auseinandergehalten werden. Die Unterscheidung wird in der Systemik der Mediation aufgegriffen, wo zwischen der Verfahrensebene und der Fallebene unterschieden wird. Die Blase ist das Symbol für die Metaebene. Die Parteien sollten wissen, dass sie in dieser Welt unangreifbar sind.
- Die Entschärfung des Konfliktes: Die Parteien sind insofern geschützt, als das Inferno, der Konflikt, nicht in die Blase eindringen kann. Die Mediation erlaubt eine Auseinandersetzung, aber keinen Streit. Die Parteien gehen über die Schlangengrube, sie müssen aber nicht hineintreten. Der Konflikt soll in dem geschützten Raum der Mediation lediglich analysiert und reflektiert aber nicht diagnostiziert oder praktiziert werden.
- Die strategische Exklave: Die Abgrenzung von der Mediation und der operativen Welt hat doch eine strategische Bedeutung. Sie erlaubt es, die Kooperation innerhalb der Blase anzuwenden, ohne dass konfrontative Gedanken aufkommen oder die Bedingungen der Konfrontation außerhalb der Blase verändert werden. Deshalb kann die Konfrontation unbehindert fortgeführt werden, wenn die Mediation scheitert oder neben der Mediation der Streit nicht zum Ruhen gebracht wurde. Wenn die Mediation erfolgreich ist, kann die Konfrontation beendet werden. Sie hat dann keine Grundlage mehr.
- Die neue Ausgangslage: Indem innerhalb der Blase alles auf Null gesetzt werden kann, wo die Hierarchie aufgelöst, Abhängigkeiten abgekoppelt werden und auf gleicher Augenhöhe verhandelt wird und wo die Gedanken von Problem und Lösungen entkoppelt werden, bildet sich die Genesis für eine konfliktferie Zukunft heraus.
Die Einrichtung des Mediationsraumes
Bei der Beschreibung des Ablaufs der Phase eins wurde die Einrichtung eines geschützten Raumes als ein optionaler Schritt zur Initialisierung der Mediation vorgeschlagen. Der Schritt ist außerordentlich hilfreich bei höher eskalierten Konflikten, wo es auf die Errichtung eines Schutzraumes ankommt. Bitte beachten Sie, dass die durch den geschützten Raum erzeugte Blase mehr ist, als nur eine Idee, die auf einer Abstraktion beruht. Der beabsichtigte Schutz und die Genesis gelingen nur, wenn die Parteien die andere Welt der Mediation erleben und den Raum betreten können. Das Erleben braucht eine irgendwie geartete Form der Wahrnehmung. Die Gestaltung des Mediationsraumes kann helfen. Der geschützte Raum kann seinen bestimmungsgemäßen Zweck aber erst dann erreichen, wenn der Raum als ein Schutzraum gewidmet wird. Dazu genügt eine Ansage, die wie folgend lauten könnte:
Die grundsätzliche Unterstützung
Die Ansage, dass es sich bei der Mediation um einen geschützten Raum handelt, genügt alleine nicht. Der Raum muss auch gelebt werden. Damit kommen Bezüge zu den Grundlagen auf, mit denen die Wegmarken und den Bedingungen der Mediation festgelegt werden. Sie sollen dazu beitragen, dass die Parteien den gedanklichen Weg heil überstehen. Um den geschützten Raum zu errichten und aufrecht zu erhalten, werden folgende Grundsätze benötigt:
- Vertraulichkeit: Der Grundsatz der Vertraulichkeit sorgt dafür, dass Informationen aus der Mediation nicht zum Streiten missbraucht werden können. Die Parteien sollen das Vertrauen entwickeln, alles sagen zu können, was ihnen auf dem Herzen liegt, ohne Angst vor Konsequenzen zu haben.
- Offenheit: Der Grundsatz der Offenheit Erinnert daran, dass es um die Suche nach einer Lösung geht. Es ermahnt auch dazu offen, über alles zu sprechen.
- Informiertheit: Der Grundsatz, der Informiertheit, stellt ebenfalls sicher das über alles gesprochen werden kann. Informiert erfordert, dass alle Informationen eingebracht werden, die für die Entscheidung irgendwie von Bedeutung sind.
- Transparenz: Der Grundsatz der Transparenz erzwingt den Konsens. Wenn es keine Hierarchie gibt, gibt es auch niemanden in der Meditation, der irgendwem zu sagen hat, was zu tun oder zu lassen ist. Alles muss im Konsens entschieden werden auch die Entscheidung, die das Verfahren betreffen. Die einzige Entscheidung, die keinen Konsens erfordert, ist die Entscheidung über den Abbruch der Mediation.
- Augenhöhe: Der Grundsatz der gleichen Augenhöhe sorgt dafür, dass sich jede Partei einbringen kann.
- Freiwilligkeit: Der Grundsatz der Freiwilligkeit stellt sicher, dass keine Entscheidung zu Stande kommt, ohne dass die betroffene Partei ihre Zustimmung erteilt.
- Allperteilichkeit: Der Grundsatz der Allparteilichkeit sichert die Augenhöhe.
- Konklave: Das Konklave-Prinzip beschreibt die sdtrategischen Anforderungen und Handlungsmöglichkeiten, um die Parteien in der Blase zu halten.
Um den geschützten Gesprächsraum herzustellen genügt es nicht, dass der Mediator darauf hinweist. Er muss sich selbst daran halten, um die Vision aufrecht zu erhalten und darauf achten, dass die zuvor genannten Prinzipien erfüllt werden.
Bedeutung für die Mediation
Die Parteien sollen "laut denken" dürfen, ohne dafür bestraft zu werden. Wenn die Lösung offen ist, müssen die Parteien in der Lage sein, Gedanken zu entwickeln und sich Lösungen vorzustellen, ohne darauf festgenagelt oder für ihr Denken bestraft zu werden. Der geschützte Raum sichert das Prinzip der Vertraulichkeit. Es wird durch die Verschwiegenheit des Mediators abgesichert, die durch Verschwiegenheitsabreden mit den Medianden ergänzt wird.
Was tun wenn ...
- Der Mediator verpflichtet die Partei nicht zur Vertraulichkeit
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Ratgeber
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Alias: Vertrauensschutz, Gesprächsraum, Schweigepflicht, Schweigerecht, geschützter Raum
Literaturhinweise: Trossen (un-geregelt)
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