Zumindest die kognitive Mediationstheorie und das darauf basierende Mediationskonzept stellen das Denken der Mediation in den Vordergrund. Der Verband Integrierte Mediation erkennt die Mediation sogar als eine (eigene) Art des Denkens an, wobei das Mediationsverfahren nicht mehr ist als eine Form der Anwendung. Wie dem auch sei, das Mediationsverfahren wird nachgefragt oder es sollte zumindest nachgefragt werden, damit die Probleme besser gelöst werden können. Das Denken spielt auch hierbei eine wichtige Rolle. Sowie das Denken Probleme herbei ruft, kann sie auch lösen folgen wir der Erkenntnis von Albert Einstein, dass das Denken das in ein Problem hinein führt nicht aus dem Problem herausführen kann, gibt es schon den ersten wichtigen Hinweis auf ein Umdenken. Das Umdenken besagt aber nur, dass anders gedacht werden soll und nicht wie.

Gängig ist ein lineares Denken. In fast allen Entscheidungsprozessen führt es in das Problem hinein. Schon die Frage wie man einen Streit beendet führt in den Streit hinein. Sie hält die Gedanken am Streit fest. Der Streit wird fokussiert. Der gedankliche Kontext ist vorgegeben. Es ist möglicherweise ein falscher Kontext, weil er eben die Möglichkeiten übersieht, die neben oder jenseits des Streites liegen. Auch de Bono hat das Phänomen erkannt. Er hat deswegen ein laterales Denken eingeführt. Der Begriff lateral geht auf das lateinische Wort zurück das mit Seite übersetzt werden kann. Das laterale Denken bekommt somit eine Richtung, die dem linearen Denken in die Quere kommt. Konsequent wurde das laterale Denken aus Querdenken bezeichnet. Es findet sich leider in den denken derer die sich als Querdenker bezeichnen nicht wieder. Das laterale Denken ist ein kreatives Denken und eine Kreativtechnik. Sie stellt Konventionen infrage, erlaubt unrealistische Zwischenlösungen und setzt sich über ein Ja-Nein-Denken hinweg. Seine Aufgabe besteht darin, die Kreativität zu fördern, nicht die Dummheit. Die Mediation kennt eine Kreativphase wo diese und andere Techniken zur Anwendung kommen. Das setzt aber voraus, dass man sich auf die Mediation eingelassen hat, wo die Kreativtechniken erst in einer vierten Phase zur Anwendung kommen.

Um Überhaupt dorthin zu gelangen, bietet die Mediation bereits eine andere Denkweise an. Jetzt kommt uns Watzlawick in den Sinn, der auf eindrucksvolle Weise nachgewiesen hat, warum das Problem immer Teil der Lösung ist. Auch das hat mit dem Denken zu tun und damit, dass die Gedanken in das Problem hinein geführt werden. Schauen wir uns jetzt den Gedankengang an, denn die kognitive Mediationstheorie der Mediation zugrunde legt, wird deutlich dass sie einen anderen Weg einschlägt. Je nach dem welchem Mediationskonzept Sie sich orientieren, es ist die Aufgabe der Mediation, bzw. des Mediators, den Parteien zu helfen selbst eine Lösung zu finden. Mithin sind es die Parteien die denken müssen, damit sie eine Lösung finden können. Der Mediator muss wissen, wie sie denken müssen damit das möglich wird. Das wird ihm klar, wenn er versteht, warum die Parteien selbst nicht in der Lage sind die Lösung zu finden. Die kognitive Mediationstheorie beschreibt alle Lösungshindernisse und wie die Mediation dieser Hindernisse überwindet. Sie für die Parteien in ein paralleles Denken, in dem der Fokus auf den Nutzen nicht auf die Lösung gesetzt wird. Sie lenkt die Gedanken der Parteien durch verschiedene Gedankenwelten, die das Problem hinter sich lassen können. Mithin ist der gedankliche Prozess wie die Mediation anders als das was wir gewohnt sind.

Der Gedankengang der Mediation führt zwangsläufig in ein Umdenken. Angeleitet durch den Mediator folgen die Parteien den Gedankengang und sind oft selbst überrascht, dass es ihnen plötzlich gelungen ist, eine Lösung zu finden. So gesehen, ist das Umdenken ein Segen. Indem die Mediation den Entscheidungsprozess rückwärts abwickelt, stellt sie einen Nutzen her, der sonst eher nur ein Zufallsprodukt ist. Die Mediation kann ihre volle Kompetenz entfalten.

Leider erfordert die Konfliktlage oft, dass die Parteien schon umdenken müssen bevor sie die Mediation überhaupt in Anspruch nehmen. Stellen Sie sich an hoch eskalierten Konflikt vor. Die Parteien befinden sich in einer Konfrontation. Sie meinen dass die Vernichtung des Gegners ihren Sieg bedeutet. Eine Mediation würde dem nur im Wege stehen. Dieses Verhalten entspricht der Konfliktevolutionstheorie von Schwarz. Schwarz hat festgestellt, dass die Parteien ihre Konfliktstrategie erst dann ändern, wenn Sie die eingeschlagene Strategie für aussichtslos halten oder wenn sie sich als unwirksam erweist. Die Hoffnung auf den Sieg steht deshalb einem Wechsel von der Konfrontation in eine Kooperation im Wege. Versuche die Partei von der Aussichtslosigkeit der Konfrontation zu überzeugen, gehen ins Leere. Selbst wenn überall sichtbar wird, dass die Parteien beide nur noch Verluste einfahren können, glauben beide an den Sieg. Das limbische System hat die Kontrolle über ihr Verhalten übernommen. Sie werden auf Dienstleister finden die diese Strategie unterstützen und daran verdienen. Die Emotionen verhindern ein Umdenken und nicht nur sie. Auch der Verstand ist nicht in der Lage, eine Alternative zu finden, solange er sich im Kontext des Null-Summen-Spiels bewegt.

Der Ausweg wäre ein anderes Spiel, dass kein Null-Summen-Spiel ist. Das wäre ein kooperatives Spiel. Leider ist dieses Spiel strategisch neben der Konfrontation nicht möglich. Wer in einer Konfrontation kooperiert, zieht immer den Kürzeren. Möglich wird das andere Spiel erst wenn man den gedanklichen Kontext ändert und außerhalb der Konfrontation oder darüber hinaus denkt. Jetzt ist wieder ein Umdenken erforderlich. Es ist schwierig das Umdenken herbeizuführen, wenn und solange die Mediation gar nicht nachgefragt wird. Die Mediation könnte das Umdenken herbeiführen. Jetzt wird deutlich, warum das Umdenken nicht nur ein Segen ist, sondern auch ein Fluch, der besagt, dass ein Umdenken erforderlich ist um ein Umdenken zu erwirken.

Hier scheint sich die Katze in den Schwanz zu beißen. Jeder Mediator kennt das Problem, dass im Wiki mit den Starthindernissen umschrieben wird. Nicht nur die Parteien entwickeln ein Widerstand gegen die Mediation, sondern auch das gesamte Umfeld einschließlich des Helfersystems. Hätte der Mediator jetzt also im Vorfeld der Mediationszugriff auf die Parteien, wird es ihm gelingen, sie gedanklich in die Mediation einzuführen. Leider hatte den Zugriff aber nicht, zumindest nicht auf beide Parteien. Eine verpflichtende Mediation wäre der naheliegende und unmeditativste Weg, die Parteien eines Besseren zu belehren. Es gibt jedoch einen anderen Ansatz, der durchaus zum gleichen Ergebnis führen kann.

Wenn davon ausgegangen wird, dass die Mediation die Mittel und Möglichkeiten hat das Umdenken herbeizuführen, wäre die logische Konsequenz die Kompetenz der Mediation schon im Vorfeld zur Anwendung zu bringen. Das ist das Konzept der integrierten Mediation. Sie geht davon aus, dass die Menschen, Dienstleister und Institutionen, die Einfluss auf die Parteien haben, die Lage versetzt werden die Weichen in eine Kooperation zu stellen. Die Mediation sagt wie es geht. Es ist ein Weg der Erkenntnis, den Nutzen nicht die Lösung oder das Problem in den Mittelpunkt des Denkens stellt.

 Bearbeitungshinweis:
Dieser Beitrag muss noch bearbeitet werden. Sie können daran mitwirken. Bitte informieren Sie sich im Beitrag Bearbeitungsbedarf. Die Bearbeitungsrückstände werden zur Textvollendung vorgemerkt


Arthur Trossen


Bild von lordsse_design auf Pixabay dl am 30.12.2022