Entscheidung


Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 22.04.2015 – 3 Ca 1268/14 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand


Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch Kündigung der Beklagten beendet ist.

Die 1961 geborene, ledige, keinem Kind unterhaltsverpflichtete Klägerin ist seit dem 01.08.2012 als hauptamtliche Lehrkraft (Planstelleninhaberin) für die Fächer Deutsch, Geschichte und Pädagogik am Berufskolleg der Beklagten tätig. Diese beschäftigt mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Ausbildung Beschäftigten. Im schulischen Bereich sind zwölf bis dreizehn Lehrkräfte eingesetzt.

Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Dienstvertrag vom 23.01.2012 (Bl. 4 – 6 d.A.) zugrunde. Nach Nr. 7 des Dienstvertrags kann die Klägerin das Vertragsverhältnis mit einer Frist von sechs Monaten zum 31.07. jeden Jahres kündigen. Die Beklagte kann es unter den Voraussetzungen des § 626 BGB außerordentlich ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wobei die Vertragspartner wichtige Kündigungsgründe beispielhaft in Nr. 7 a – d des Vertrages benannt haben. Im Übrigen kann sie den Vertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist entsprechend den Fristen nach § 34 Abs. 3, Abs. 4 LBG NW kündigen, wenn einer der Entlassungsgründe nach § 34 Abs. 1 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der jeweils gültigen Fassung vorliegt, der sinngemäß gilt.

Die Klägerin erzielte zuletzt ein Bruttomonatsgehalt von 5.311,01 €.

Mit Schreiben vom 14.06.2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos mit sofortiger Wirkung. Hilfsweise kündigte sie den Dienstvertrag insoweit mit sofortiger Wirkung, als der Klägerin die kommissarische Schulleitung übertragen war. Diese wendete sich gegen die Kündigungen in dem bei dem Arbeitsgericht Detmold unter dem Aktenzeichen 2 Ca 657/13 geführten Verfahren. Mit Urteil vom 30.10.2013 stellte dieses u.a. fest, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.06.2013, zugegangen am 14.06.2013, noch durch die außerordentliche Teilkündigung vom 14.06.2013, zugegangen am 14.06.2013, beendet wurde. Die beim Landesarbeitsgericht Hamm unter dem Aktenzeichen 17 Sa 1635/13 eingelegte Berufung wurde von der Beklagten mit Schriftsatz vom 21.01.2014 zurückgenommen.

Mit Schreiben vom 18.11.2013 (Bl. 74 d.A.), gerichtet an den vormaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagten Rechtsanwalt W1, erklärten zehn Beschäftigte der Beklagten und ihre Geschäftsführerin L, die Klägerin sei aus Gründen des Betriebsfriedens untragbar und ihre Wiedereingliederung in das Schulsystem könne nicht akzeptiert werden.

In dem vor dem Arbeitsgericht Detmold geführten Rechtsstreit 2 Ca 187/14 stritten die Parteien um den Anspruch der Klägerin auf Beschäftigung als kommissarische Schulleiterin. Der Rechtsstreit wurde übereinstimmend für erledigt erklärt.

Seit dem 01.02.2014 wird die Klägerin wieder beschäftigt. Seitdem erteilte die Beklagte ihr elf Abmahnungen, gegen die sie Gegendarstellungen erhob. In dem Rechtsstreit 2 Ca 301/14 griff sie eine Abmahnung vom 25.02.2014 an. Sie nahm die Klage zurück.

Im September 2014 trat die Schülerschaft der Beklagten in einen mehrtägigen Streik, indem sie nicht am Unterricht teilnahm. Mit Schreiben vom 12.09.2014 (Bl. 35 d.A.) lastete der Betriebsrat der Klägerin an, sie habe ehrenrührigen Aussagen der Schülerschaft gegen die Schule und das Kollegium nicht widersprochen, obwohl sie Kontakt zu vielen Schülern, insbesondere zu dem Anführer des Streiks gehabt habe. Sie habe ihre Position nicht genutzt, um mäßigend auf die Schülerschaft einzuwirken.

Mit Schreiben vom 19.09.2014 (Bl. 36 d.A.) übersandte die Lehrkraft C der Beklagten ein Schreiben vom 14.09.2014 (Bl. 37, 38 d.A.), dass sieben Lehrkräfte, die Schulsekretärin und der Hausmeister unterzeichnet hatten. Die Unterzeichner kündigten an, ihr Arbeitsverhältnis zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu beenden, sollte die Beklagte das zu der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis nicht spätestens bis zum 30.09.2014 gekündigt haben.

Mit E-Mail vom 26.09.2014 (Bl. 39 d.A.) bat die Geschäftsführerin L um eine Fristverschiebung bis zum 30.10.2014.

Mit Schreiben vom 22.09.2014 (Bl. 40 d.A.) überreichte die Beklagte der Klägerin das Schreiben der Beschäftigten vom 14.09.2014 zur Stellungnahme innerhalb einer Woche. Sie antwortete nicht.

Am 22.10.2014 fand ein Gespräch statt, an dem die Geschäftsführerin, die Klägerin und mehrere Lehrkräfte teilnahmen. Wegen des Inhaltes des Gespräches im Einzelnen wird auf das von der Beklagten mit Schriftsatz vom 06.02.2015 vorgelegte Protokoll (Bl. 41 bis 43 d.A.) Bezug genommen.

Am 07.11.2014 führte die Geschäftsführerin L ein weiteres Gespräch mit den Lehrkräften C1, C, C2, L1, C3, S und T. Die Lehrkräfte äußerten ausweislich der Protokolls vom 07.11.2014 (Bl. 44 d.A.) ihre Unzufriedenheit über das Gespräch vom 22.10.2014 und erklärten, bei ihrer Ankündigung zu verbleiben, ihr Arbeitsverhältnis zu kündigen, falls das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht gekündigt werde. Die Beschäftigten forderten den Ausspruch einer fristlosen Kündigung, da sie definitiv nicht mehr mit der Klägerin zusammenarbeiten wollten.

Mit Schreiben vom 07.11.2014 (Bl. 46, 47 d.A.) hörte die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat zu ihrer Absicht an, das Arbeitsverhältnis der Klägerin außerordentlich, fristlos, hilfsweise außerordentlich mit sozialer Auslauffrist, hilfsweise ordentlich kündigen zu wollen.

Mit Schreiben vom 10.11.2014 (Bl. 49 d.A.) erklärte der Betriebsrat abschließend, sich nicht äußern zu wollen.

Mit Schreiben vom 10.11.2014 (Bl. 7 d.A)., der Klägerin am 11.11.2014 zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos, hilfsweise außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 31.12.2014, hilfsweise ordentlich zum 31.12.2014.

Mit ihrer am 14.11.2014 bei dem Arbeitsgericht Detmold eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen diese Kündigung.

Sie hat behauptet:

Ende 2012 sei es zu ersten Differenzen zwischen der Beklagten und ihr gekommen. Die Geschäftsführerin und einige Lehrkräfte hegten eine persönliche Abneigung gegen sie. So sei auch der kommissarische Schulleiter O unter Druck gesetzt worden, weil er in dem Konflikt eine einvernehmliche Lösung gesucht habe. Er sei im Sommer 2014 ausgeschieden.

Die Geschäftsführerin habe nicht alles ihr Zumutbare versucht, um einen gemeinsamen Lösungsweg zu finden und die Arbeitnehmer von ihrer Androhung abzubringen, ihr Arbeitsverhältnis zu beenden. Sie habe sich nicht neutral verhalten, denn sie habe nicht nur das Schreiben vom 18.11.2013 unterzeichnet, sondern habe in einem Gespräch am 27.01.2014 mit dem Vorstand ihr – der Klägerin - gegenüber geäußert, sie wollten sie nicht hier haben; sie sei nur wegen eines Gerichtsurteils da.

Nach ihrer Rückkehr sei sie systematisch an der Wahrnehmung ihrer Aufgaben gehindert und ausgegrenzt worden.

Der Schülerstreik sei durch Defizite bei der Unterrichtsplanung entstanden. Die Lehrkraft W und sie hätten sich über die Mitarbeiterin des Sekretariats S1 an die Geschäftsführerin gewandt und um Weisung gebeten, wie sie sich während der Streiktage zu verhalten hätten. Zu einem Gespräch sei es nicht gekommen.

Frau W sei ursprünglich Mitglied des Vorstandes gewesen, habe dieses Amt jedoch nach ihrer Weigerung verloren, der Kündigung ihres – der Klägerin - Arbeitsverhältnisses zuzustimmen. Auch Frau W habe Abmahnungen erhalten.

Sie bestreite, dass die Unterzeichner des Schreibens vom 14.09.2014 ihre Ankündigung ernst gemeint hätten. Die Beschäftigten C4, C3 und C2 befänden sich bereits im Rentenalter.

In dem Gespräch vom 22.10.2014 habe sich die Geschäftsführerin nicht bemüht, eine gemeinsame Lösung herbeizuführen. Bei diesem Gespräch sei auf ihren – der Klägerin – Wunsch Pastor S2 anwesend gewesen. Er könne bezeugen, dass die Geschäftsführerin eindeutig Partei gegen sie ergriffen habe.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 10.11.2014 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ihre Kündigung als zulässige Druckkündigung verteidigt und vorgetragen:

Die Klägerin weise fachliche Defizite auf, die nicht nur zur Erteilung von Abmahnungen, sondern zu Schwierigkeiten im Lehrerkollegium geführt hätten. Auch die Schülerschaft habe sich gegen ihre Beschäftigung gewandt.

Sowohl nach Eingang des Schreibens vom 14.09.2014 also auch in dem Gespräch vom 22.10.2014 habe ihre Geschäftsführerin versucht, vermittelnd auf die Beteiligten einzuwirken, um eine konsensuale Lösung zu finden.

Ungeachtet dieser Vermittlungsversuche hätten jedoch die Unterzeichner des Schreibens vom 14.09.2014 am 07.11.2014 ausdrücklich erklärt, Eigenkündigungen aussprechen zu werden, sollte die Klägerin nicht fristlos entlassen werden. Diese Aussage habe auch die Mitarbeiterin M schriftlich getätigt.

Hätten die Lehrkräfte gekündigt, hätte sie den Schulbetrieb nicht aufrecht erhalten können. Deshalb habe sie sich zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses entschlossen, zumal der Vorstand des Fördervereins ihre Geschäftsführerin mit Schreiben vom 12.09.2014 (Bl 48 d.A.) aufgefordert habe, das Arbeitsverhältnis der Klägerin zu beenden.

Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt.

Mit Urteil vom 22.04.2015 hat das Arbeitsgericht Detmold festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 10.11.2014 aufgelöst worden ist.

Es hat ausgeführt:

Die Kündigung sei als sogenannte echte Druckkündigung zu prüfen und erfülle als solche nicht die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB. Es könne offen bleiben, inwieweit die Unterzeichner des Schreibens vom 14.09.2014 ihre Drohung ernst gemeint hätten.

Die Beklagte habe jedenfalls nicht alles ihr Zumutbare unternommen, um sich schützend vor die Klägerin zu stellen. Allein die Anberaumung von Gesprächsterminen reiche nicht aus. Den Protokollen lasse sich nicht entnehmen, dass die Geschäftsführerin sie in Schutz genommen und deeskalierend auf das Kollegium eingewirkt habe. In dem Gespräch am 22.10.2014 hätten die Mitarbeiter im Wesentlichen Vorwürfe gegen die Klägerin geäußert, die sich habe verteidigen müssen. Der Gesprächsanteil der Geschäftsführerin sei gering gewesen.

Gesteigerte Anforderungen an die Bemühungen der Beklagten, den Konflikt zu lösen, seien schon deshalb zu stellen, weil die Geschäftsführerin zu der Drucksituation beigetragen habe. Sie habe noch im Jahre 2013 eine Stellungnahme gegen die Beschäftigung der Klägerin unterzeichnet. Nach deren Weiterbeschäftigung habe sie sich nicht von ihrer früheren Äußerung distanziert.

Aus den dargestellten Gründen sei auch die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist unwirksam.

Das Arbeitsverhältnis werde auch nicht durch die ordentliche Kündigung beendet, da diese nicht im Sinne des § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt sei. Auch im Rahmen der ordentlichen Kündigung sei nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stets zu prüfen, ob mildere Mittel gegeben seien, um den Anlass für die beabsichtigte Kündigung zu beseitigen. Nach dem Gesagten habe die Beklagte jedoch nicht alle Mittel ausgeschöpft.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Urteils wird auf Blatt 102 bis 112 der Akte verwiesen.

Gegen das ihr am 15.05.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 19.05.2015 bei dem Landesarbeitsgericht eingehend Berufung eingelegt und diese am 15.07.2015 eingehend begründet.

Sie rügt das erstinstanzliche Urteil als fehlerhaft und führt aus:

Ihre Geschäftsführerin habe sich entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichtes bemüht, die Unterzeichner des Schreibens vom 14.09.2014 zur Aufgabe ihrer Kündigungsandrohung zu bewegen.

Sie habe am 22.09.2014 mit den Damen I, M, L1, C, S und C1 und mit Herrn C3 zunächst Einzelgespräche geführt. Lediglich mit Herrn C6 habe sie nur kurz, mit den Herren C2 und T gar nicht gesprochen, da sie gewusst habe, diese würden ihre Entscheidung nicht ändern.

Die Gespräche seien alle nahezu identisch verlaufen. Alle Beschäftigten hätten betont, sich um eine vernünftige Zusammenarbeit mit der Klägerin bemüht zu haben, die sie jedoch jedes Mal zurückgewiesen habe. Diese instrumentalisiere Schüler und hetze sie gegen Kollegen auf. Sie behaupte falsche Tatsachen und entscheide, ohne die Angelegenheit im Lehrerkollegium besprochen zu haben. Kein Mitarbeiter habe an eine zukünftige Verhaltensänderung der Klägerin geglaubt.

Diese habe bezeichnenderweise auf ihr Anhörungsschreiben vom 22.09.2014 nicht reagiert. Gleichwohl habe ihre Geschäftsführerin alle Möglichkeiten ausschöpfen wollen und habe zu einem Gespräch am 22.10.2014 eingeladen. Die Klägerin habe in diesem Gespräch vermittelt, ihre Arbeitsweise und ihr Verhalten seien tadellos, und habe die Probleme der Kolleginnen und Kollegen nicht ernst genommen, habe sich mit ihnen nicht auseinandergesetzt. Vor diesem Hintergrund hätten die Gesprächsteilnehmer erklärt, die Fortführung des Gespräches sei sinnlos.

Dennoch habe ihre Geschäftsführerin ein weiteres Gespräch mit den Damen L1, C und S sowie den Herren T1, C3 und C2 geführt. Trotz aller Vermittlungsversuche hätten die Beschäftigten an ihrer Kündigungsandrohung festgehalten.

Auch der Förderverein habe mit Schreiben vom 12.09.2014 die Auflösung des klägerischen Arbeitsverhältnisses gefordert.

Die Bemühungen ihrer Geschäftsführerin seien vergeblich gewesen. Deshalb habe die Kündigung ausgesprochen werden müssen.

Sie sei aus betrieblichen Gründen gerechtfertigt.

Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Detmold vom 22.04.2015 (Az.: 3 Ca 1268/14) die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend und führt aus:

Die Beklagte habe versucht, sie zu „zermürben“. Sie habe erst fünf Monate nach der erstinstanzlichen Entscheidung des Arbeitsgerichts in dem Kündigungsschutzverfahren ihre Arbeit wieder aufnehmen können.

Bereits am 17.12.2013 hätten Frau C und Frau M in einer Schülerversammlung erklärt, man müsse gemeinsam überlegen, wie man ihre Rückkehr in die Schule gegebenenfalls durch einen Streik oder ein Schreiben an die Bezirksregierung verhindern könne. Einige Schüler hätten danach die Versammlung aus Protest verlassen.

Die Geschäftsführerin habe sich nicht schützend vor sie gestellt, sondern sie aus unterschiedlichen Gründen abgemahnt.

Während des Schülerstreiks im September 2014 habe sie keinen Kontakt zu streikenden Schülern gehabt. Die Geschäftsführerin habe die erbetene Verhaltensanweisung nicht erteilt.

Zu Unrecht gehe die Beklagte davon aus, ihre Geschäftsführerin habe alles Zumutbare versucht, um den Konflikt zu lösen. Sie sei selbst in die Auseinandersetzungen involviert gewesen. Insbesondere habe sie sich von der Äußerung in dem Schreiben vom 18.11.2013, sie – die Klägerin – sei für die Schule untragbar, nicht distanziert.

Sie habe zusammen mit den Lehrkräften C und M mehrfach erklärt, sie – die Klägerin - nicht an ihrer Schule haben zu wollen und etwas unternehmen zu müssen. Das zeige sich auch in der Äußerung anlässlich des Vorstandsgesprächs am 27.01.2014, die sie nicht in der Schule haben zu wollen.

Die Geschäftsführerin selbst habe die Drucksituation forciert und vorangetrieben.

Sie – die Klägerin – habe sich um die Klärung der Konflikte z.B. am 04.08.2014 bemüht. Die Geschäftsführerin habe sie nur gefragt, warum sie noch nicht unter dem Verhalten der Beklagten zusammengebrochen sei, sie werde nichts unversucht lassen, eine weitere fristlose Kündigung auszusprechen.

Am 22.10.2014 sei sie lediglich mit Vorwürfen „bombardiert“ worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

In der Berufungsverhandlung vom 16.10.2015 ist mit den Parteien erörtert worden, ob ein Mediationsverfahren ein taugliches Mittel zur Auflösung der Drucksituation gewesen wäre.

Entscheidungsgründe


A.
Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 64 Abs. 2 c, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO an sich statthafte und form- sowie fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 22.04.2015 ist unbegründet. Zu Recht hat das erstinstanzliche Gericht dem zulässigen Kündigungsschutzantrag stattgegeben. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis hat durch die Kündigung der Beklagten vom 10.11.2014 weder außerordentlich und fristlos noch außerordentlich mit sozialer Auslauffrist noch ordentlich sein Ende gefunden.

I.
Die außerordentliche, fristlose Kündigung ist nicht durch Tatsachen gerechtfertigt, aufgrund derer ist der Beklagten unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile unzumutbar war, das Arbeitsverhältnis wenigstens für die Dauer einer sozialen Auslauffrist bzw. für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen, § 626 Abs.1 BGB.

Die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung ist in zwei Stufen zu prüfen. Zunächst müssen Tatsachen vorliegen, die an sich geeignet sind, einen wichtigen Grund zu bilden. Im weiteren Schritt ist festzustellen, ob unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls eine Weiterbeschäftigung zumutbar ist (BAG 10.06.2010 – 2 AZR 541/09 - Rdnr. 16, BAGE 134, 149).

Ein an sich zur fristlosen Kündigung berechtigender Grund ist nicht deshalb gegeben, weil sieben Lehrkräfte und zwei weitere Mitarbeiter der Beklagten von der Beklagten verlangt haben, das zu der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis zur Vermeidung von Eigenkündigungen dieser Beschäftigten außerordentlich zu kündigen.

Wie schon das erstinstanzliche Gericht ausgeführt hat, sind bei einer Druckkündigung zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden.

Das Verlangen des Dritten kann gegenüber dem Arbeitgeber durch ein Verhalten des Arbeitnehmers oder einen personenbedingten Grund objektiv gerechtfertigt sein. In diesem Fall liegt es im Ermessen des Arbeitgebers, ob er eine personen- oder verhaltensbedingte Kündigung erklärt. Eine solche Kündigung wird auch als unechte Druckkündigung bezeichnet. Die Kündigung wird nicht primär wegen des durch den Dritten erzeugten Drucks erklärt, sondern wegen des personen- oder verhaltensbedingten Kündigungsgrundes (BAG 18.07.2013 – 6 AZR 420/12 - Rdnr. 38, DB 2013, 2934; BAG 31.01.1996 – 2 AZR 158/95 - Rdnr. 29, BAGE 82, 124).

Fehlt es hingegen an einer solchen objektiven Rechtfertigung der Drohung, so kommt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen in Betracht. An die Zulässigkeit einer sogenannten echten Druckkündigung sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Der Arbeitgeber hat sich in diesem Fall zunächst schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer zu stellen. Nur wenn auf diese Weise die Drohung nicht abgewendet werden kann und bei Verwirklichung der Drohung schwere wirtschaftliche Schäden für den Arbeitgeber drohen, kann die Kündigung gerechtfertigt sein. Dabei ist jedoch Voraussetzung, dass sie das einzig praktisch in Betracht kommende Mittel ist, um die Schäden abzuwenden. Zu berücksichtigen ist hierbei, inwieweit der Arbeitgeber selbst die Drucksituation in vorwerfbarer Weise herbeigeführt hat. Typische Fälle einer echten Druckkündigung sind Drohungen der Belegschaft mit Streik oder Massenkündigungen oder die Androhung des Abbruchs von Geschäftsbeziehungen für den Fall der Weiterbeschäftigung eines bestimmten Arbeitnehmers (BAG 18.07.2013 a.a.O. Rdnr. 39; 31.01.1996 a.a.O. Rdnr. 29; 19.06.1986 – 2 AZR 563/85 - Rdnr. 29, NJW 1987, 211).

1. Die Beklagte hat die Kündigung nicht auf Gründe in dem Verhalten oder in der Person der Klägerin gestützt, auch wenn ihr Verhalten oder ihre Persönlichkeit ursächlich für den Druck der Beschäftigten sind. Sie hat sich in der Berufungsbegründung ausdrücklich auf die Grundsätze der sogenannten echten Druckkündigung berufen und weder Pflichtverletzungen der Klägerin noch Mängel in ihrer Person schlüssig dargelegt. Sie hat sich insbesondere nicht durch nachvollziehbaren Vortrag der Stellungnahme des Betriebsrats vom 12.09.2014 zu Eigen gemacht, die Klägerin habe die Pflicht gehabt, im Rahmen des Schülerstreiks mäßigend auf die Streikenden einzuwirken und die Kollegen in Schutz zu nehmen, und sie habe diese Verpflichtung verletzt.

2. Die außerordentliche Kündigung ist auch nicht aus betrieblichen Gründen gerechtfertigt.

a. Das Schreiben der Beschäftigten vom 14.09.2014 beinhaltet die Drohung, bei Weiterbeschäftigung der Klägerin ihr Arbeitsverhältnis zu kündigen. Zugunsten der Beklagten ist die Kammer davon ausgegangen, dass insbesondere die sieben Lehrkräfte die Drohung ernst gemeint haben, mag es auch ungewöhnlich sein, dass Lehrer an einer privaten Ersatzschule ihr Arbeitsverhältnis ohne gesicherte Alternativbeschäftigung aufgeben. Nach dem Protokoll über eine Besprechung am 07.11.2014 haben diese Lehrerinnen und Lehrer an ihrem Entschluss festgehalten, ihr Arbeitsverhältnis nur bei Entlassung der Klägerin fortzusetzen.

Durch diese Ankündigung ist ein erheblicher Druck auf die Beklagte ausgeübt worden. Auch wenn die Lehrkräfte ihr Arbeitsverhältnis erst zum 31.07.2014 hätten kündigen können, hätte die Beklagte innerhalb eines Zeitraums von etwa einem dreiviertel Jahr sieben von zwölf bis dreizehn Lehrpersonen ersetzen müssen. Ob ihr dies möglich gewesen wäre, ist offen. Jedenfalls wäre die erforderliche Kontinuität des Unterrichts und der Betreuung der Schülerschaft gestört worden, hätte u.U. der Ruf der Schule erheblich gelitten.

b. Die Beklagte ist jedoch dem Druck der Beschäftigten nicht in zumutbarem Umfang entgegengetreten. Die Kündigung des klägerischen Arbeitsverhältnisses war nicht das einzige Mittel, um den drohenden Schaden abzuwenden.

aa. Ihre Geschäftsführerin hat am 22.10.2014 ein Gespräch mit der Klägerin und den Unterzeichnern des Schreibens vom 14.09.2014 geführt, das sich jedoch in wechselseitigen Vorhalten erschöpft und zu keiner konstruktiven Lösung geführt hat. Die Klägerin ist mit massiven Vorwürfen anderer Lehrerinnen und Lehrer konfrontiert worden und hat diese durchgehend zurückgewiesen. Eine Annäherung der Konfliktparteien war nicht möglich. Auch in der Erörterung vom 07.11.2014 blieben die Lehrkräfte bei ihren Vorwürfen.

Gleichwohl konnte die Kammer nicht die Überzeugung gewinnen, dass weitere Bemühungen der Beklagten um eine Konfliktlösung zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs aussichtslos waren. Sie hätte den Konfliktparteien zuvor die Durchführung eines Mediationsverfahrens zumindest anbieten müssen.

Wie sich aus § 1 Abs. 1, Abs. 2 MediationsG ergibt, ist Mediation ein strukturiertes, freiwilliges Verfahren zur konstruktiven Beilegung eines Konfliktes, bei dem unabhängige Dritte die Konfliktparteien in ihrem Lösungsprozess begleiten. Diese versuchen dabei, zu einer gemeinsamen Vereinbarung zu gelangen, die ihren Bedürfnissen und Interessen entspricht. Der allparteiliche Mediator trifft keine eigenen Entscheidungen bezüglich des Konflikts, sondern ist lediglich für das Verfahren verantwortlich. Er ist gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 MediationsG allen Parteien gleichermaßen verpflichtet. Die Mediation ist ein anerkanntes Instrument, das geeignet sein kann, innerbetriebliche Konflikte dauerhaft zu lösen (Henkel/Göhler, AuA 2014, 703, 705; Hunold AuA 2015, 216, 217).

Es kann dabei offen bleiben, ob die Beklagte die Konfliktparteien durch Weisung hätte verpflichten können, an dem Mediationsverfahren teilzunehmen (verneinend LAG Nürnberg 27.08.2013 – 5 TaBV 22/12 – Rdnr.20; nachfolgend BAG 30.06.2015 – 1 ABR 71/13 – Rdnr. 25). Denkbar ist eine Verpflichtung der Arbeitnehmer, an Aufklärungsgesprächen über Sinn und Zweck der Mediation teilzunehmen (Henkel/Göhler, AuA 2014, 703; Hunold AuA 2015, 216, 217). Die Beklagte hat das Mediationsverfahren gar nicht erst angeboten.

Das vertrauliche und durch einen neutralen Dritten mit entsprechender Ausbildung strukturierte Mediationsverfahren war nicht schon deshalb aussichtslos, weil die Konfliktparteien in dem Gespräch unter Leitung der Geschäftsführerin der Beklagten vom 22.10.2014 zu keiner konstruktiven Haltung der jeweils anderen Konfliktpartei gegenüber gelangt sind. Die Geschäftsführerin war keine neutrale Person, denn sie war selbst entscheidend in die Auseinandersetzung involviert.

Sie mag zwar nicht die erste Kündigungserklärung vom 14.06.2013 unterzeichnet haben. Nachdem das Arbeitsgericht Detmold mit Urteil vom 30.10.2013 der Kündigungsschutzklage stattgegeben hatte, hat sie jedoch zusammen mit weiteren Beschäftigten am 18.11.2013 ein an den damaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagten gerichtetes Schreiben unterzeichnet, in dem darauf hingewiesen wurde, die Klägerin sei für die Schule untragbar und eine Wiedereingliederung könne nicht akzeptiert werden. Sie hat auch die von der Klägerin in dem Rechtsstreit Arbeitsgericht Detmold – 2 Ca 301/14 – angegriffene Abmahnung vom 25.02.2014 zu verantworten. Der Klägerin sind darüber hinaus nach Ausspruch der ersten Kündigung und vor Zugang der streitgegenständlichen Kündigung weitere zehn Abmahnungen erteilt worden, die die Geschäftsführerin als Organ der Beklagten ebenfalls zu verantworten hat.

Sie hatte demnach ein bedeutendes Eigeninteresse, das Arbeitsverhältnis der Klägerin endgültig zu beenden. Sie war diejenige, die auch aus dem Blickwinkel der Klägerin über den Bestand des Arbeitsverhältnisses zu entscheiden hatte. Entsprechend ist nicht auszuschließen, dass sich diese in dem Gespräch vom 22.10.2014 der Übermacht von Kritikern ausgesetzt fühlte, die Kritik nur zurückweisen konnte, zumal diese nicht immer sachlich und angemessen vorgetragen wurde („wenn du das abstreitest, ist das eine klare Lüge“).

Demgegenüber wäre ein Mediator als neutraler Dritter gemäß § 2 Abs. 3 MediationsG beiden Parteien gleichermaßen verpflichtet gewesen und hätte die Aufgabe gehabt, die Kommunikation der Konfliktparteien zu fördern und zu gewährleisten, dass sie in angemessener und fairer Weise in die Mediation eingebunden sind.

Der Beklagten war es auch zuzumuten, die durch das Mediationsverfahren ausgelösten Kosten zu tragen, da sie ihre Kostenübernahme auf einen angemessenen Betrag hätte begrenzen können.

II.
Mangels Vorliegens eines an sich geeigneten wichtigen Kündigungsgrundes im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB führt auch die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist zu keiner Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

III.
Die gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine ordentliche Kündigung gerichtete Kündigungsschutzklage ist ebenfalls unbegründet.

Gemäß Nr.7 des Arbeitsvertrags kann die Beklagte das Arbeitsverhältnis nur bei Vorliegen der Entlassungsgründe nach § 34 Abs.1 LBG NW unter Einhaltung einer Kündigungsfrist, also ordentlich kündigen. Diese Norm erfasst jedoch nur die beamtenrechtliche Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit. Eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung ist ausgeschlossen.

Im Übrigen wäre sie nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin entgegenstehen, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG. Auch die ordentliche, nicht objektiv gerechtfertigte Druckkündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber schützend vor den Arbeitnehmer gestellt und alles Zumutbare versucht hat, die Belegschaft von der Drohung abzubringen (BAG 18.07.2013 – 6 AZR 420/12 - Rdnr. 39, NZA 214, 109; 19.06.1986 – 2 AZR 563/85 - Rdnr. 29, NJW 1987, 211).

B.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision folgt aus § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.