Lade...
 

Die Ausbildungsverordnung

Wissensmanagement » Sie befinden sich auf einer Themenseite der Abteilung Werkzeuge mit einer Weiche in die Tour durch den Kommentar. Die Ausbildungsverordnung ist eine zentrale Rechtsvorschrift mit weitreichender Bedeutung, die tief im Thinktank verlinkt ist.

Kommentar
  Verwendungshinweis

Um die Bedeutung der Ausbildungsverordnung korrekt einschätzen zu können, ist es unbedingt erforderlich, sich mit dem Begriff und dem Berufsrecht des Mediators auseinanderzusetzen.

Worum es geht: Es geht um den sogenannten zertifizierten Mediator. Die Ausbildungsverordnung regelt, was erforderlich ist, um diesen Titel zu verwenden. Der offizielle Titel der Verordnung lautet: Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren (Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung – ZMediatAusbV).

Einführung und Inhalt: Die Verordnung datiert auf den 21. August 2016. Sie wurde bisher 2 mal geändert. Der Wortlaut der Verordnung und die Kommentierung betrifft den aktuellen Stand. Die Kommentierung het auf die aussagekräftigen Änderungen ein. Um den Titel zu erwerben ist lediglich die Teilnahme an einem Ausbildungskurs vorgeschrieben und einige nachgewiesene praktische Fälle. Worum geht es genau?

  Den Onlinekommentar durchblättern
Sie können den Onlinekommentar wie ein Buch benutzen. Indem Sie auf den Button Vertiefen neben der Übersicht klicken, öffnen Sie den Kommentar. Wenn Sie danach auf den Button Weiterlesen klicken, werden Sie wie in einem Buch durch die Seiten geführt.

Der zertifizierte Mediator

Der Begriff wird in §5 Mediationsgesetz verwendet. Danach ist ein zertifizierter Mediator ein Streitvermittler, der eine Ausbildung zum Mediator abgeschlossen hat, die den Anforderungen dieser Rechtsverordnung entspricht. Bemerkenswert ist in der Qualitätsdiskussion der Ausbildungsschwerpunkt, der den Tätigkeitsschwerpunkt verdrängt. Faktisch ist der zertifizierte Mediator ein Berufsmediator ohne die dazu erforderliche Qualifikation.1

Mediator Ausbildungszertifikate Zertifizierung Berufsmediator

Der rechtssystematische Hintergrund

Die ZMediatAusbV ist eine Verordnung, die auf ein Gesetz zurückzuführen ist, das deren Erlass ermächtigt hat. Rechtsgrundlage für die ZMediatAusbV ist § 5 MediationsG. Dort wurde ausgeführt:

Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates nähere Bestimmungen über die Ausbildung zum zertifizierten Mediator und über die Fortbildung des zertifizierten Mediators sowie Anforderungen an Aus- und Fortbildungseinrichtungen zu erlassen. In der Rechtsverordnung nach Satz 1 können insbesondere festgelegt werden:

  • nähere Bestimmungen über die Inhalte der Ausbildung, wobei eine Ausbildung zum zertifizierten Mediator die in § 5 Absatz 1 Satz 2 aufgeführten Ausbildungsinhalte zu vermitteln hat, und über die erforderliche Praxiserfahrung;
  • nähere Bestimmungen über die Inhalte der Fortbildung;
  • Mindeststundenzahlen für die Aus- und Fortbildung;
  • zeitliche Abstände, in denen eine Fortbildung zu erfolgen hat;
  • Anforderungen an die in den Aus- und Fortbildungseinrichtungen eingesetzten Lehrkräfte;
  • Bestimmungen darüber, dass und in welcher Weise eine Aus- und Fortbildungseinrichtung die Teilnahme an einer Aus- und Fortbildungsveranstaltung zu zertifizieren hat;
  • Regelungen über den Abschluss der Ausbildung;
  • Übergangsbestimmungen für Personen, die bereits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes als Mediatoren tätig sind.

Die Rechtsverordnung kommt dieser Ermächtigung nach.

Die Entwicklung der VO bis heute

Auch ein Gesetz oder eine Verordnung macht eine Entwicklung durch, die vom Entwurf bis zum Erlass geführt wird. Die Entwicklungszeit der ZMediatAusbV hat bis zu ihrem ersten Erlass etwa vier Jahre betragen. Der Entwurf kannte noch 10 Paragrafen. Aus 10 sind 8 geworden. Weggefallen sind die Vorschriften über die Grundqualifikationen (§ 2 des Entwurfs) und über die praktische Erfahrung (§ 5 des Entwurfs), mithin die Pflicht, Mediationen durchzuführen und die Pflicht zur Dokumentation. Der erste Änderungsentwurf im Jahr 2020 betrifft lediglich eine coronabedingte Aufweichung der Fristen. Der Entwurf zur 2. Änderung wurde am 14.3.2023 vorgelegt. Er zeigt den Regelungs- und Änderungsbedarf auf, der nach einem online geführten Austausch des Bundesministeriums der Justiz mit an der Mediation interessierten Praktikerinnen und Praktikern, Verbänden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zusammengestellt wurde. Die Änderungen betreffen im Wesentlichen die Ausbildungdauer, die auf 130 Stunden festgelegt werden, eine Vorschrift über die mögliche Onlinestudienzeit sowie die Durchführung aller Supervisionen vor der Zertifizierung.

Verordnungsentwurf Entwurf 1. Änderung Entwurf 2. Änderung Kommentar 2. Änderung alte Fassung

Sinn und Zweck der Ausbildungsverordnung

Nach den Ausführungen in der Begründung zum Entwurf der ZMediatAusbV-E2 soll die Einführung des „zertifizierten Mediators“ einen Anreiz für bereits tätige oder angehende Mediatoren schaffen, eine bestimmte Ausbildung und Fortbildung zu absolvieren. Dies wiederum soll zur Qualität der Mediation auf dem Markt beitragen und Transparenz für Bürgerinnen und Bürger herstellen. Retrospektiv wird das Ziel mit der Schaffung von Transparenz und einer dauerhaften Qualitätssicherung der Mediation und der Mediatoren angegeben.3

Bedenken bestehen insoweit, als die Qualität der Ausbildung besonders dann, wenn die Qualität des Produktes selbst nicht festgelegt ist,4 keinen großen Nutzen für den Bürger bringen kann. Sicherlich ist die Vereinheitlichung der Ausbildung eine Hilfe. Wie sich die Verordnung auf das Produkt niederschlagen soll, ist aber eine bisher nicht beantwortete Frage. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Weil der Titel nur die Mindestanforderungen abdeckt, wird es weitere Titel geben, wofür der zertifizierte Mediator ein Downgrade ist, das sich dem Bürger als Kunden lange nicht mehr erschließt und das er wohl auch kaum so wahrnehmen wird.

 Merke:
Leitsatz 4298 - Die Verordnungsermächtigung des § 6 MediationsG ermächtigt nicht dazu, ein behördliches Zulassungssystem oder eine behördliche Kontrolle der Ausbildung einzurichten. Bis dahin gibt es keine staatliche Ausbildung zum Mediator.

Die Begründung zum Verordnungsentwurf führt dazu aus, dass aus Kostengründen und Gründen der Entbürokratisierung auf keine unmittelbare oder mittelbare staatliche Stelle zurückgegriffen werden sollte, die die Einhaltung der Ausbildungsinhalte für den „zertifizierten Mediator“ kontrolliert.5

Die Sache mit der Qualität

Die Begründung im Entwurf zur Ausbildungsverordnung führt aus:6

Wesentliches Ziel der Rechtsverordnung ist es, aus Gründen der Qualitätssicherung und der Markttransparenz Mindeststandards für die Ausbildung von zertifizierten Mediatoren festzulegen, die für das Führen der Bezeichnung „zertifizierter Mediator“ erfüllt sein müssen.


Die Betonung liegt auf dem Wort Mindeststandards. Der Maßstab, aus dem sich der Mindeststandard ableitet, ist nicht definiert. Es sollte den Verbänden und Ausbildungsinstituten überlassen bleiben, höhere Standards selbst zu definieren. Der Verordnungsgeber legt Wert auf eine praktische Ausbildung. §2 Abs. 3 ZMediatAusbV führt aus

Der Ausbildungslehrgang muss die in der Anlage aufgeführten Inhalte vermitteln und auch praktische Übungen und Rollenspiele umfassen.


Was auffällt: Aus der im Entwurf genannten Dokumentation wird zwingend eine Einzelsupervision. Die Einzelsupervision tritt in der Verordnung stark in den Vordergrund. Sie wird insgesamt in 5 Fällen vorgeschrieben. Die ZMediatAusbV verwendet das Wort insgesamt 11 mal. Aus den Zeitstunden (§ 3 des Entwurfs) sind Präsenzzeitstunden (§ 2 Abs. 4) geworden. Ein Fernstudium ist damit beim zertifizierten Mediator jedenfalls nicht mehr möglich, solange es nicht 120 Präsenzstunden umfasst. Aus der Fortbildungsverpflichtung von 20 Zeitstunden innerhalb von zwei Jahren (§ 4 des Entwurfs) sind 40 Zeitstunden innerhalb von vier Jahren geworden (§ 3 der Ausbildungsverordnung).

Trotz der formalen Eckdaten überlässt es die Ausbildungsverordnung weiterhin den Instituten, die Ausbildungsqualität zu bestimmen. Damit erfüllt die Ausbildungsverordnung einerseits eine der freien Lehre entsprechende didaktische Anforderung. Andererseits sollte sie nicht darüber hinwegtäuschen, dass es nach wie vor einen großen Spielraum bei Qualitätsfragen gibt. Woran die Qualität einer Ausbildung letztlich zu messen ist, ergibt sich aus dem Beitrag zur Ausbildungsqualität.

Über die Qualität der Ausbildung

Über die Ausbildungsdauer

Die Dauer der Ausbildung zum zertifizierten Mediator ist nicht festgelegt. Lediglich der Stunden Aufwand wird genannt. Bestandteile der Ausbildung sind ein Ausbildungslehrgang und eine Supervision. Die Ausbildung gilt als beendet, wenn die Supervision bis spätestens innerhalb eines Jahres nach Abschluss des Ausbildungslehrganges durchgeführt wird. Nach dem Ende der Ausbildung bestehen Fortbildungspflichten, worunter auch viele weitere Supervisionen fallen, die innerhalb von zwei Jahren nach der Ausbildung durchzuführen sind.

Über die Dauer und die Fristen der Ausbildung

Begriffliche Abgrenzungen

Im professionellen Umfeld wird der Begriff Mediator wie ein Titel verwendet, obwohl es sich dabei nur um eine Funktions- und gegebenenfalls um eine Berufsbezeichnung handeln kann. Aktuell bilden sich vier verschiedene Qualifikationen heraus. Sie bilden folgende Stufen der Professionalität heraus und geraten zunehmend in Konkurrenz zueinander:

Mediator

einfacher Mediator
Das ist der Mediator gem. § 5 Abs. 1 Mediationsgesetz mit einer analogen Ausbildung.

zertifizierter Mediator
Das ist der Mediator, der gemäß §5 Abs. 2 Mediationsgesetz i.V.m. § 1 ZMediatAusbV die Mindestanforderungen einer Ausbildung nachweisen kann!

qualifizierter Mediator
Das ist der nach den, die Ausbildungsverordnung erweiternden Standards der Verbände qualifizierte oder lizenzierte Mediator.

Berufsmediator
Der Berufsmediator ist der fachlich erfahrene, praktizierende Mediator, der die Mediation in allen Aspekten unabhängig von seinem Grundberuf beherrscht.

Fachmediator
Der Fachmediator ist ein Mediator, der seine fachliche Ausrichtung zum Ausdruck bringt. Siehe Fachausbildung.

Die Bezeichnungen erlauben eine Systematik, mit der die unterschiedlichen Qualifikationen angedeutet werden. Lediglich der Begriff Zertifizierter Mediator ist eine gesetzliche Bezeichnung und dementsprechend geschützt.


Keinesfalls ist die Ausbildung zum zertifizierten Mediator staatlich anerkannt, wie auf manchen Webseiten fälschlicherweise zu lesen ist. Obwohl die Aus- únd Fortbildung in der ZMediatAusbV geregelt ist, gibt es (noch) keine staatlich vorgeschriebene oder anerkannte Ausbildung.7 Wer die Anforderungen der ZMediatAusbV nicht erfüllt, darf sich auch nicht so nennen. Wer sich trotzdem so nennt, riskiert eine ganz unmediative Abmahnung und zeigt, dass er die Anforderungen an den Beruf nicht kennt. Die Unterschiedlichkeit der Ausbildung ist bei der Kommentierung zu §5 ZMediatAusbV dargestellt. Eine Übersicht über die zu unterscheidenden Qualifikationsmerkmale enthält der Beitrag Mediator.

Übersicht der Qualifikationen

Die Politik zur Regelung der Ausbildung

Die Ausbildungsverordnung ist ein Politikum. Im internationalen Vergleich liegt sie mit der Festsetzung von 120 Ausbildungsstunden im mittleren Bereich. Trotzdem wird sie kritisiert. Von einer Selbstzertifizierung8 ist die Rede und davon, dass die Anforderungen nicht genügen. Die Diskussionen und Forderungen an den Gesetzgeber stehen in dem Verdacht, dass die betroffenen Gruppen und Institutionen mit den Regeln zur Ausbildung durchaus auch eigene Interessen verfolgen. Zugegebenermaßen stellt die Ausbildungsverordnung nur einen erklärten Mindeststandard dar. Die Diskrepanzen bei der Ausbildung zum Mediator oder gar zum Berufsmediator sind dementsprechend groß.9 Sie sind allerdings ausreichend, wenn es darum geht, die Verbreitung der Mediation zu fördern. Eine teure Ausbildung würde zu einer teuren Dienstleistung führen, die sich nur wenige leisten können. Das Angebot und die Nachfrage wären dementsprechend gering. Die politischen Fragen rund um die Ausbildungsverordnung werden in dem Beitrag Implementierung näher erläutert. Wenn die behauptete Qualität ein Maßstab sein soll, wird auf die Ausführungen in dem Beitrag Qualität verwiesen.

Bedeutung für die Mediation

Wer sich "zertifizierter Mediator" nennt wirft die Frage auf, ob er schon oder nur ein zertifizierter Mediator ist. Der Titel trägt zur Verwirrung bei. Weil die Ausbildungsinhalte in der ZMediatAusbV als eine Mindestanforderung festgelegt sind, kommt die Frage auf, wie sich der Mediator nennt, der eine höhere Ausbildung absolviert hat. Ist das dann ein Mediator i.S.d. §5 Abs. 1 Mediationsgesetz? Auch fällt auf, dass sich manche Mediatoren "zertifizierter Wirtschaftsmediator" nennen, obwohl dieser Titel nicht vorgesehen ist und obwohl die ZMediatAusbV keine fachliche Spezifizierung kennt.

Was tun wenn...

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen.
Bearbeitungsstand: 2024-06-02 18:06 / Version 140.

Aliase: zertifizierter Mediator, zertifizierter Mediator - Verordnung
Siehe auch: Mediator-Funktion, Mediator, Mediationsgesetz, Mediator, Mediator-Funktion
Diskussion (Foren): Siehe Ausbildungsforum

2 ZMediatAusbV-Entwurf Seite 1,11
4 Siehe Qualität
5 Antworten auf diese Frage findet sich bei Ausbildungszertifikate
6 Siehe ZMediatAusbV-E - 2019-10-17 S. 1
7 Mehr dazu unter Ausbildungszertifikate
8 Die "Selbstzertifizierung" ist nur möglich nach einem in der Ausbildungsverordnung vorgesehenen Ausbildungszertifikat. Das Zertifikat bescheinigt die erforderliche Ausbildung. Sie verzichtet lediglich darauf den Titel zu verleihen.


Based on work by Arthur Trossen und Bernard Sfez und anonymous contributor und Mediator . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Montag November 25, 2024 15:39:43 CET.

Durchschnittliche Lesedauer: 8 Minuten