Mediation im Anwendungsfeld Familie
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Anwendungsfelder Familie Paare Scheidung Kinder Rosenkriege Beziehung Partner
Worum es geht: Was oft als Familienmediation bezeichnet wird, ist präzise formuliert eine Mediation bei Streitigkeiten und Konflikten im Anwendungsfeld Familie. Die Beziehung ist kaputt. Die Familie ist zerbrochen. So fühlt es sich an. Ist das mäglich? Kann eine Familie überhaupt zerbrechen oder wird sie nur neu organisiert und anders zusammengesetzt? Es gibt im Anwendungsbereich Familie typische Konflikte und Phänomene, die ein Mediator kennen sollte, damit nicht nur die Familie davon profitiert.
als nur eine Versorgungsgemeinschaft
Inhalt Weiterlesen (Nachbarn) VertiefenEinführung und Inhalt: Familiensachen betreffen meist Beziehungskonflikte, mitunter Wertekonflikte und Sachkonflikte, die sich meist in Verteilungsfragen auflösen. Im Gegensatz zur Wirtschaftsmediation liegen die Emotionen oft blank. Es bestehen keinerlei Probleme, die Emotionen anzusprechen. Wie kaum auf einem anderen Gebiet kommen in der Familienmediation psychologische, soziologische, juristische, soziale und ökonomische Aspekte zum Tragen. Ihr zentraler Aspekt ist stets die Familie. Die Familie ist ein System, dem sich die Parteien zu stellen haben. Die Parteien reagieren ganz unterschiedlich, wenn sie darauf direkt angesprochen werden. Manchen ist gar nicht bewusst, was Familie bedeutet.
Was ist eine Familie?
Nicht immer kann man die Familie wählen, der man angehört. Sicher kann man eine Familie gründen. Kann man sie aber auch einfach auflösen? Ist eine einseitige Kündigung möglich? Eine einmal eingegangene Beziehung beispielsweise lässt sich nicht beenden. Sie lässt sich nur umgestalten in eine Ex-Beziehung. Eine Ex-Beziehung ist aber auch eine Beziehung. Wie geht die Familie damit um? Die Frage wird sehr unterschiedlich beantwortet. Wenn Sie zehn Menschen fragen, was Familie ist, bekommen Sie zehn verschiedene Antworten. Selbst wenn Sie die Angehörigen einer Familie befragen bekommen Sie unterschiedliche Antworten.
Obwohl es ein Familienrecht gibt, existiert keine legale Definition des Begriffs Familie. Vom historischen Ursprung her gesehen, handelt es sich bei dem aus dem lateinischen stammenden Begriff um eine Versorgungsgemeinschaft. Im alten Rom war zum Beispiel der Sklave durchaus ein Teil der Familie, obwohl er weder verwandt noch verschwägert war. Soziologisch betrachtet ist die Familie die kleinste Zelle im Staat mit selbstregulierenden Kräften. Liebe oder Verwandschaft sind keine Definitionsmerkmale.
Viele der familiären Versorgungsaufgaben sind heute verstaatlicht. Die Krankheitsvorsorge, die Altersvorsorge und die Sozialversorgung muss nicht mehr von der Familie selbst aufgewendet werden. Wenn jemand die Familie verlässt oder ausgestoßen wird, ist er zwar auf sich selbst gestellt aber nicht zwingend hilflos. Die Abhängigkeit der Familienmitglieder untereinander ist deshalb heute wesentlich geringer als in der Vergangenheit. Die damit einher gehende, soziale Veränderung hat Auswirkungen auf die Funktionalität der Familie und auf die Erwartungen an die Partner und Angehörigen. Auch die Sinnhaftigkeit und der Zweck von Familie kann heute ganz unterschiedlich eingeschätzt werden. Es ist weder eindeutig noch etwa durch die Religion, die Ethik oder die Kultur verbindlich vorgegeben, wer oder was Familie ist und wozu sie gebraucht wird. § 1353 BGB1
besagt beispielsweise:
Haben die Eheleute für den lebenslang gültigen Vertrag eine ebenso langfristig angelegte, gemeinsame Vision? Ist die Eheschließung bereits die Gründung einer Familie oder braucht es dazu ein Kind? Der Gesetzgeber überlässt solche Fragen den Parteien. Leider werden sie von den Parteien nicht immer klar und eindeutig beantwortet. Der Begriff Familie erscheint so geläufig, dass er nicht mehr hinterfragt wird. Hinzu kommt, dass die Vorstellung von dem, was Familie ist, bis tief in das Unterbewusste reicht und sich mit innersten Werten verknüpft, die von Mensch zu Mensch abweichen können.
Selbst das Vokabular diffundiert, wenn es um die Familie geht. Es behilft sich mit Spezifikationen. Deshalb gibt es eine Kernfamilie, eine Großfamilie, eine Patchworkfamilie, eine Restfamilie und sogar eine Lebenspartnerschaft, die sich gegebenenfalls auch als eine Familie begreift. Nicht immer sind sich die Familienmitglieder untereinander sicher, was gemeint ist, wenn sie von Familie sprechen und wer dazugehören soll oder nicht. Die Frage kommt nicht nur in den Familiensachen, sondern auch in den Erbschaftssachen auf und wird dort mitunter hoch emotionalisiert ausgetragen.
Die systemische Sicht
In der Familienmediation ist die Frage nach der Familie (auch im Falle der Trennung) immer ein den Konflikt bestimmender Faktor. Eine nicht geklärte Berziehungsebene ist eine häufige Ursache für Probleme auf der Sachebene.2 Nicht immer wird die Frage nach der Beziehung aufgeworfen. Interessanter Weise sieht auch § 135 FamVG lediglich eine Mediation über anhängige Folgesachen vor, nicht über die Frage der Trennung und Scheidung an und für sich, obwohl diese Frage oft im Mittelpunkt der familienrechtlichen Streitigkeiten steht. Der Mediator sollte sich stets vergewissern, wie die Parteien die Beziehung einschätzen und dafür sorgen, dass die Sichten auf die Beziehung geklärt werden. Dazu gehört auch die Frage, wie sich die Beziehung nach der Trennung gestaltet und welche Auswirkungen die Trennung auf die Familie hat. Ist die Familie aufgelöst, nur weil sich ein Ehegatte getrennt hat? Was ist die Familie nach der Trennung bei gemeinsamen Kindern? Der Begriff Patchworkfamilie deutet darauf hin, dass aus der einen Familie mehrere zusammengesetzte Familien entstehen, die immernoch unter einem Beghriff Familie zusammengefasst werden. In allen Fällen bestehen die Beziehungen auf die eine oder andere Weise fort. Auch dann, wenn von dem oder der Ex, der Ex-Schwiegermutter usw. die Rede ist. Die Frage ist, ob sich die Ex-Partner in der Rolle sehen, die ihnen zugeschrieben wird. Zu klären ist also, wie sich diese Ex-Beziehungen ausgestalten (sollen) und was sie bedeuten.
In der Mediation werden die unterschiedlichen Familienbilder zusammengeführt. Es lohnt sich also stets, die Parteien zu fragen: "Was ist Familie, wer gehört dazu und wer nicht?". In der Familienmediation ist es wichtig, die Konfliktrelevanz dieser Frage herauszuarbeiten. Sie wirken sich nicht nur in einem Beziehungskonflikt, sondern gegebenenfalls auch in einem Wertekonflikt aus und sollten besprochen sein.
Wenn sich Unklarheiten herausstellen, ist ihnen nachzugehen. Eine Familienlandkarte kann helfen, innerfamiliäre Spannungsfelder aufzudecken. Das Ziel besteht darin, ein visionäres Familienbild zu zeichnen, auf das sich alle Familienmitglieder verständigen können.
Möglicherweise wird sich eine Diskrepanz herausstellen zwischen dem, was die Parteien für richtig halten und dem, was sie für möglich halten. Und schon haben sie ein Kriterium für die Lösungsfindung in der Mediation erarbeitet.
Die Familienlandkarte
Die Familie ist ein komplexes Gebilde mit einem Netzwerk von Beziehungen unterschiedlichster Qualität. Eine Familienlandkarte kann helfen, das Beziehungsgefüge optisch zu veranschaulichen:
Die Grafik ergibt eine einfache Konstellation mit nur einem gemeinsamen Kind der Eheleute und einem neuen Partner, der ebenfalls ein Kind hat. Man mag sich vorstellen, wie komplex das Gefüge ist, wenn mehrere Kinder und mehrere neue Partner hinzukommen und wenn man bedenkt, dass die Kinder nicht nur Anspruch auf Kontakt zu den Eltern, sondern gegebenenfalls auch zu den Großeltern oder gar zu den Stiefeltern als soziale Eltern haben. Mitunter bedarf es einer Logistik um die Umgangerechte aller konfliktfrei miteinander zu regeln. Eine Familienlandkarte hilft, die Beziehungen zu identifizieren. Sie ist einem Stammbaum ähnlich aber grundsätzlich davon zu unterscheiden, weil es nicht (nur) auf Verwandtschaftsverhältnisse oder Schwägerschaften ankommt.
Erstellung von Familienlandkarten Stammbaum erstellen
Das Beziehungsgefüge
Die in der Familie aufkommenden Beziehungen haben unterschiedliche Beziehungsqualitäten. Sie begegnen sich auf gegeneinander abzugrenzenden Beziehungsebenen. Die Beziehungsebenen werden durch die Rollen ausgedrückt. Weil die Beziehungen an verschiedene Rollen anknüpfen, macht es Sinn, die Rollen und dcie damit einhergehenden Verantwortlichkeiten und Erwartungen zu klären und gegebenenfalls auch optisch, für die Parteien sichtbar zu unterscheiden. {DIV(class="row")}{DIV(class="col-md-6")}
Eine Konfliktlandkarte würde das Beziehungsgefüge zwischen Eheleuten, Eltern und Kindern wie in der Grafik dargestellt ausweisen. Dabei wird herausgearbeitet, dass die Ehegattenbeziehungen lediglich die Paarebene betreffen. Sie sind von den Elternbeziehungen zu unterscheiden, sodass sich unterschiedliche Rollen identifizieren lassen, wodurch die Beziehungsebenen durchaus ein eigenständiges Schicksal erlangen. Die Differenzierung erlaubt es auch unterschiedliche Beziehungsqualitäten zu identifizieren. Der durch intensive Bindungen geprägten Beziehung zwischen Eltern und Kind kann beispielsweise eine andere Qualität zugeschrieben werden, als der brüchigen Beziehung zwischen den Eheleuten.
Bei der Klärung der Beziehungen geht es um die jeweilige Bedeutungszuschreibung. Sie drückt sich in der Frage nach den Rollen, den damit einhergehenden, wechselseitigen Erwartungen und Verantwortlichkeiten auf. Diese Fragen sind in einer Familienmediation stets anzusprechen. Zumindest sollte sich der Mediator vergewissern, dass die Bedeutungszuschreibungen akzeptiert und im Idealfall abgestimmt sind. Die Fragen sind ebenso simpel wie verwirrend. Was bedeutet es Vater zu sein? Was bedeutet es Mutter zu sein? Welche Aufgaben und Verantwortungen ergeben sich daraus? Was ändert sich, wenn die Eheleute getrennt sind usw. Die Antworten fallen nicht leicht. Sie helfen jedoch, die sich aus den Divergenzen ergebenden Spannungsverhältnisse aufzudecken und geben Hinweise auf den (eigentlich zu klärenden) Konflikt und die Dimension, auf der dieser Konflikt zu lösen ist.
Was ist ein Familienkonflikt?
Ein Familienkonflikt behandelt Probleme innerhalb einer Familie oder eine oder mehrere Familien betreffend. Eine gute Übersicht über die typischen Konfliktgegenstände in Familiensachen ergibt die Aufstellung in §111 FamFG (siehe auch § 621 ZPO alte Fassung).
- Ehesachen3
- Kindschaftssachen
- Abstammungssachen
- Adoptionssachen
- Ehewohnungs- und Haushaltssachen
- Gewaltschutzsachen
- Versorgungsausgleichssachen
- Unterhaltssachen
- Güterrechtssachen
- sonstige Familiensachen
⇐ Hier kommen alle personalen Konflikdimensionen vor
Der Konfliktmotor
Auch wenn die Konfliktgegenstände thematisch zu unterscheiden sind, werden sie meist von nur einem grundlegenden Konflikt im Hintergrund ausgelöst. Grundlegend ist der Konflikt, der alle anderen Konflikte antriggert und in ihrer Ausprägung beeinflusst. Wegen seiner Dominanz, wird dieser Konflikt auch als Konfliktmotor bezeichnet.
In Familienangelegenheiten ist der Konfliktmotor meist mit dem zugrunde liegenden Beziehungskonflikt identisch. Auslöser sind oft nicht abgestimmte Vorstellungen und Rollen aus denen enttäuschte Erwartungen oder gar Verletzungen resultieren. Es kommt zu Spannungen, weil die Sichten der Eheleute auf die Beziehung und deren Bedeutung für sie selbst nicht (mehr) übereinstimmen.
Die Mediation kann und muss sich auf diese Fragen einlassen. Das dazu am besten geeignete Mediationsmodell ist die transformative Mediation. Mit ihr werden die Hintergründe des Beziehungskonfliktes am besten aufgedeckt und geklärt. Dabei stellt es sich für die Parteien oft heraus, dass es mehr Übereinstimmungen gibt, als sie subjektiv erleben. Wenn die Trennungsphase noch nicht vollständig abgeschlossen ist, hat die Mediation, die sich auf diese Fragen einlässt, durchaus auch in aussichtslos erscheinenden Fällen eine hohe Wiedervereinigungsquote. Sie liegt bei 33% der Fälle. Wo eine Wiedervereinigung4 nicht möglich ist, kommt es zur einvernehmlichen Trennung, mit der sich die Autonomie der Ex-Ehegatten herstellt.
Themenschwerpunkte
Bitte beachten Sie, dass die zuvor erwähnten Gegenstände in einem inneren Zusammenhang stehen können. Trotzdem bilden sich innerhalb der Familienangelegenheiten Themenschwerpunkte heraus.
Die Trennungs- und Scheidungskonflikte kommen am häufigsten vor. Hier steht die horizontale Beziehung der Eheleute im Vordergrund. Der zur Trennung führende Paarkonflikt zwischen den Eheleuten erfordert die Neugestaltung der Familie. Damit einher geht die zu klärende Frage, was Familie ist, was davon nach der Trennung überbleibt, wie sich die Beziehungen gestalten sollen und wer wie dazu gehört.
Konflikte im Verhältnis zu den Kindern werden Kindschaftskonflikte genannt. Sie betreffen die vertikale Eltern-Kind-Beziehung. Auch solche Konflikte können zwar auch im Zusammenhang mit der Scheidung vorkommen, müssen aber nicht notwendigerweise mit der Trennung der Eltern verbunden sein. Konflikte im Verhältnis zu den Kindern werden durchaus aus dem Paarkonflikt (also der Paarbeziehung der Eltern) oder einem Elternkonflikt (also der Elternbeziehung) gespeist, sodass sich der Konflikt im Verhältnis zu den Kindern auflöst, wenn unter den Eltern das Einvernehmen wieder hergestellt ist. Auch diese Beobachtung macht es unbedingt erforderlich, eine Konfliktanalyse durchzuführen, damit der Konfliktmotor herausgefiltert wird.
Familienkonflikte können schließlich auch zwischen Familien vorkommen oder im Verhältnis der erwachsenen Kinder zu ihren Eltern. Der Radius einer Familienmediation geht viel weiter als der des Gerichts. Die transformative Mediation wäre durchaus in der Lage, zerrüttete familiäre Beziehungen etwa auch zwischen Geschwistern oder Verwandten zu heilen.
Wie werden die Konflikte beigelegt?
Intakte Beziehungen sind selbst in der Lage, einen Streit einvernehmlich zu regeln. Die Eheleute können sich in die Lage des anderen Ehegatten versetzen. Sie können jeweils ihre eigenen Interessen bekunden und die Interessen des anderen nachvollziehen und vor allem akzeptieren. Sie sind deshalb in der Lage, die Interessen aufeinander abzustimmen. Aufeinander abgestimmte Interessen ergeben ein gemeinsames Ziel, das wiederum in einen gemeinsamen Weg führt.
Hilfe bei der Auseinandersetzung wird erforderlich, wenn die Ehegatten die Metaebene, also die Reflexionsebene, die alle Sichten vereinigen kann, selbst nicht mehr herstellen können. Die Emotionen könnten der Grund dafür sein. Je weiter sie in den Vordergrund rücken, umso weniger werden sie hinterfragt. Obwohl die Emotionen für sich sprechen wollen, werden sie als Vorwurf verstanden.
Falsch verstanden, haben Emotionen einen eskalierenden Einfluss. Die Parteien müssen lernen, einander wieder zuzuhören. Die Fähigkeit und Bereitschaft zuzuhören ist Teil der Beziehungsarbeit. Sie kann helfen, die verstehende Kommunikation wieder herzustellen.
Nicht immer sind die Selbstheilungsversuche der Eheleute erfolgreich. Solange die Emotionen nicht richtig verstanden werden, treiben sie in die Eskalation. Es ist ihr verzweifelter und oft untauglicher Versuch, wahrgenommen und verstanden zu werden. Im schlimmsten Fall eskaliert der Konflikt. Die höchste Eskalationsstufe wird als Rosenkrieg bezeichnet. Der Rosenkrieg belegt die Vernichtungskraft solcher Familienkonflikte. Er verursacht Schäden, die sich nicht nur auf die Betroffenen beschränken. Seine Bewältigung ist eine Herausforderung für alle, die davon betroffen werden.
hoch eskalierte Familienkonflikte
Zum Glück sind derart hoch eskalierte Konflikte in Familienangelegenheiten nicht die Regel. Obwohl die Mediation die Kompetenz zur Regulierung solcher Konflikte hat, bedarf es der Prüfung im Einzelfall, ob sie ein für hoch eskalierte Konflikte ausgelegtes Verfahren darstellen kann. Meist erfordert die Bearbeitung solcher Konflikte eine Autorität, die der Mediator nicht ohne Weiteres zur Verfügung stellen kann. Jedoch haben erfolgreiche Kombinationen der Mediation mit Gerichtsverfahren etwa in der Cochemer Praxis oder im AltenkirchenerModell unter Anwendung der Integrierten Mediation gezeigt, dass auch solche Konflikte mediativ und erfolgreich zu bewältigen sind.5
Was ist eine Familienmediation?
Zur generellen Problematik der Fachmediationen soll auf das Kapitel Fachmediationen und die Ausführungen über den Fachmediator verwiesen sein. Der Begriff Familienmediation ist eingeführt. Er benennt eine Mediation in einer Familiensache. Damit wird der rechtliche Bezug des Streitgegenstandes angesprochen. Gemeint sind die Familiensachen im Sinne des §111 FamFG. Um die Duchgängigkeit der Mediation und ihre Unabhängigkeit von rechtlichen Konflikttatbeständen herauszustellen, wäre es zutreffender, von einer Mediation in einer Familienangelegenheit zu sprechen. Der Familienmediator hat die Aufgabe, die Mediation in dieser Angelegenheit zu verwirklichen. Als Familienmediator ist deshalb ein Mediator zu bezeichnen, der eine verstehensbasierte Streitvermittlung im Anwendungsbereich Familie durchzuführen vermag. Der Konsument ist gut beraten, wenn er die interdisziplinäre Leistungsfähigkeit des Mediators hinterfragt und sich erkundigt, wie er psychologische, soziale, wirtschaftliche und rechtliche Fragen in Einklang bringen kann.
Wer glaubt, eine Familienmediation sei nur bei einer Trennung hilfreich, der irrt. Die Mediation kann auch wirksam zur Optimierung einer Ehe oder einer sonstigen familiären Beziehung oder zur Konfliktvermeidung eingesetzt werden. Die Mediation ist also nicht nur zur Regulierung der Trennung, sondern auch zu deren Vermeidung möglich. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie die Zukunft zu gestalten ist, damit alle Ehegatten, Ex-Ehegatten oder sonstige Familienmitglieder zufrieden sind. Der Mediator ermittelt mit den Parteien alle Aspekte, die dazu beitragen.
Eine reine Vergangenheitsbewältigung ist kein Gegenstand für die Mediation. Trotzdem spielt sie in der Mediation eine Rolle.
Fragen, wie etwa die Schuld, die die Vergangenheit betreffen, können durchaus angesprochen werden. Aber nur, soweit sie für die Gestaltung der Zukunft relevant sind. Die Mediation lässt sich stets und idealerweise auf die gesamte Komplexität des Falles ein. Es ist ein Leistungsmerkmal, das sie etwa von einem Gerichtsverfahren unterscheidet. Der Mediator wird deshalb versuchen, alle Konflikte zwischen den Familienmitgliedern oder Exmitgliedern anzusprechen und sichtbar zu machen. Ob und inwieweit die Konflike behandelt werden, bleibt jedoch der Entscheidung der Parteien vorbehalten. Je nachdem, wo der Konfliktschwerpunkt liegt, ergeben sich konfliktangepasste Vorgehensweisen. Wie mit den einzelnen Konflikten umzugehen ist, soll in dafür eigens ausgewiesenen Kapiteln beschrieben werden.
Beziehungsarbeit Paarkonflikte Trennungskonflikte Kindschaftskonflikte Rosenkriege
Wodurch zeichnet sich ein Familienmediator aus?
Als Familienmediator wird ein Mediator bezeichnet, der eine verstehensbasierte Streitvermittlung im Anwendungsbereich Familie durchzuführen vermag. Er muss alle Modelle der Mediation beherrschen und sollte eine systemische Sicht auf die Familie abbilden können. Die psychologischen Anforderungen treten ebenso in den Vordergrund wie das Wissen um die Rechtsverhältnisse in einer Familie und die rechtlichen Möglichkeiten und Begebenheiten etwa bei einer Trennung oder Scheidung.
Bedeutung für die Mediation
Die Mediation benutzt auch in Familienangelegenheiten die vorgestellten Konzepte, Modelle und Formate.6 Die Familienmediation ist deshalb keine andere Mediationsart. Um eine Familienmediation professionell abwickeln zu können, bedarf es jedoch eines erweiterten psychologischen, pädagogischen, ökonomischen und juristischen Wissens.
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen.Alias: Familie, Kernfamilie, Großfamilie, Patchworkfamilie, Restfamilie, Familienmediator
Siehe auch: Verzeichnis-Mediation, Paarkonflikte, Scheidung, Kindschaftssachen, Rosenkrieg
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