Das Eisbergmodell und das Eisbergprinzip
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Zunächst sei darauf hingewiesen, dass die Begriffe Eisbergmodell und Eisbergprinzip synonym verwendet werden. Das Eisbergmodell ist ein Konzept, das in verschiedenen Disziplinen, insbesondere in der Organisationsentwicklung und der Psychologie, Anwendung findet. Es dient dazu, die Komplexität von Problemen und Systemen zu veranschaulichen, indem es zeigt, dass nur ein kleiner Teil der Probleme oder Systeme sichtbar ist, während der größere Teil unter der Oberfläche verborgen bleibt. Hier wird das Eisbergmodell oder das Eisbergkonzept als ein Werkzeug eingestuft, weil es zur Veranschaulichung der sichtbaren und nicht sichtbaren Konfliktaspekte dient.
Ursprung des Eisbergmodells
Das Eisbergmodell ist eine nützliche Metapher, die entwickelt wurde, um Sigmund Freuds Theorien über das Bewusstsein und das Unbewusste zu veranschaulichen. Es hilft, die Idee zu vermitteln, dass der größte Teil unserer mentalen Prozesse unter der Oberfläche des Bewusstseins liegt und dennoch einen erheblichen Einfluss auf unser Verhalten und unsere Entscheidungen hat. Das Bewusstsein ist nur die Spitze des Eisbergs. Sie ist sichtbar und liegt oberhalb der Wasseroberfläche. Das Vorbewusstsein und das Unbewusste bilden den größeren, unter der Oberfläche liegenden Teil. Hier ist eine kurze Zusammenfassung von Freuds Konzepten, die später durch das Eisbergmodell veranschaulicht wurden:
- Bewusstsein: Dies umfasst die Gedanken, Gefühle und Wahrnehmungen, die einer Person unmittelbar zugänglich sind. Es ist der kleinste Teil der Psyche, ähnlich wie die Spitze eines Eisbergs.
- Vorbewusstsein: Dies umfasst Gedanken und Erinnerungen, die nicht bewusst sind, aber leicht ins Bewusstsein gerufen werden können. Es ist der Teil der Psyche, der zwischen dem Bewusstsein und dem Unbewussten liegt.
- Unbewusstes: Dies umfasst die tiefsten, oft unzugänglichen Gedanken, Gefühle und Erinnerungen, die das Verhalten und die Emotionen einer Person beeinflussen, ohne dass sie sich dessen bewusst ist. Es ist der größte Teil der Psyche, ähnlich wie der untergetauchte Teil eines Eisbergs.
Die Metapher wurde später in andere Bereiche übernommen, um die Komplexität und Tiefe von Problemen und Systemen zu veranschaulichen.
Sichtbare und unsichtbare Aspekte
Üblicherweise wird das Eisbergmodell verwendet, um zu zeigen, dass die sichtbaren Probleme oder Symptome oft nur die Spitze des Eisbergs sind. Das Verhältnis von den sichtbaren und den unsichtbaren Aspekten wird nach der 80/20-Regel eingeschätzt. Die Vorstellung, dass 20% der Aspekte der sichtbaren Sachebene und 80% der nicht sichtbaren Beziehungsebene zuzuordnen sind, orientiert sich am Pareto-Prinzip. Das Pareto-Prinzip besagt, dass nur ein kleiner Prozentsatz an Aufwand oder Ressourcen erforderlich ist, um einen Großteil des Erfolgs oder der Ergebnisse herbeizuführen. Wichtig ist, die Erkenntnis, dass die eigentlichen Ursachen und die tiefer liegenden Probleme häufig verborgen bleiben. Insofern soll und kann das Eisbergmodell dazu beitragen, die Aufmerksamkeit auf die weniger offensichtlichen Aspekte zu lenken, die eine wesentliche Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Problemen spielen.
Sichtbare Aspekte (Oberfläche des Eisbergs)
- Verhalten und Handlungen: Die beobachtbaren Aktionen und Reaktionen der Mitarbeiter.
- Kommunikation: Die Art und Weise, wie Informationen innerhalb der Organisation ausgetauscht werden.
- Strukturen und Prozesse: Die formellen Regeln, Richtlinien und Abläufe, die das tägliche Geschäft bestimmen.
Verborgene Aspekte (unter der Wasseroberfläche)
- Werte und Normen: Die grundlegenden Überzeugungen und Prinzipien, die das Verhalten und die Entscheidungen der Organisation leiten.
- Kultur: Die gemeinsamen Annahmen, Überzeugungen und Verhaltensweisen, die das kollektive Verhalten der Organisation prägen.
- Emotionen und Motivationen: Die Gefühle und Antriebe, die das Verhalten der Mitarbeiter beeinflussen.
- Machtstrukturen: Die informellen Hierarchien und Einflussnetzwerke, die oft nicht offen sichtbar sind.
Anwendung des Eisbergmodells
Das Eisbergmodell kann in verschiedenen Kontexten angewendet werden, um eine tiefere Analyse und ein besseres Verständnis von Problemen zu ermöglichen. Hier ein Darstellungsbeispiel:
Die hier gewählte Darstellung geht von einer Dreiteilung aus.1 In anderen Darstellungen wird lediglich zwischen der Sachebene und der Beziehungsebene unterschieden. Die Freud'sche Variante kennt noch die Unterscheidung nach dem Drei-Instanzen-Modell der menschlichen Psyche, die er in das Es einteilt, wo er das Lustprinzip (Triebe, Wünsche, Bedürfnisse) ansiedelt, in das Über-Ich, wo das Moralitätsprinzip (Normen, Werte, Moral) einordnet und das Ich, wo sich das Realitätsprinzip (Tatsächliches Handeln als Mittelmaß zwischen Verlangen des Es und dem vernünftigen Über-Ich) wiederfindet. Das Es und das Über-Ich liegen zum größten Teil im Unterbewusstsein. Es wäre also unter der Wasseroberfläche einzuzeichnen. Natürlich findet sich das Eisbergmodell auch bei der Konfliktarbeit wieder. Dort wird zwischen der Sachebene und der Beziehungsebene unterschieden. Die Konfliktdimensionen erlauben auch die Zuordnung von Konflikten auf der untersten Bewusstseinsebene, wo Werte und Identitätskonflikte angesiedelt werden. Nachfolgend einige Beispiele für die Verwendung des Eisbergmodells:
- Problemlösung in Organisationen
- Wenn eine Organisation mit einem wiederkehrenden Problem konfrontiert ist, kann das Eisbergmodell helfen, die zugrunde liegenden Ursachen zu identifizieren. Anstatt sich nur auf die sichtbaren Symptome zu konzentrieren, können Führungskräfte und Mitarbeiter die tiefer liegenden Faktoren untersuchen, die das Problem verursachen.
- Change Management
- Bei der Implementierung von Veränderungen in einer Organisation ist es wichtig, nicht nur die sichtbaren Strukturen und Prozesse zu berücksichtigen, sondern auch die verborgenen kulturellen und emotionalen Aspekte. Das Eisbergmodell hilft dabei, die Widerstände und Herausforderungen zu verstehen, die unter der Oberfläche liegen.
- Psychotherapie
- In der Psychotherapie wird das Eisbergmodell verwendet, um Patienten zu helfen, ihre tiefen, oft unbewussten Gefühle und Motivationen zu erkennen. Durch die Analyse der verborgenen Aspekte können Therapeuten und Patienten gemeinsam an der Lösung von Problemen arbeiten.
- Mediation
- In der Mediation dient das Eisbergmodell in erster Linie als eine Metapher für den notwenigen Tiefgang, sei es in der Kommunikation oder in der Konfliktarbeit. Das Eisbergprinzip wird als Kommunikationsmodell eingeschätzt2 und findet sich im U-Modell wieder, das den Phasenablauf beschreibt.3 Eine Nähe ergibt sich auch zu den Konfliktdimensionen, die letztlich eine dem Eisbergmodell vergleichbare 3-Teilung vornimmt und die Konflikte dementsprechend einordnet.
Die triadische Relevanz
Das Eisbergmodell wäre verkürzt dargestellt, wenn es nur auf die dyadische Sicht beschränkt wird, die lediglich das widergibt, was oberhalb und das was unterhalb der Wasseroberfläche liegt. Wer auf die Dreiteilung abstellt, kann wichtige Verknüpfungen herstellen. Sie werden im Zusammenhang mit den Konfliktdimensionen herausgestellt, weil die Zuordnung der Konflikte einen Hinweis auf deren Bearbeitung gibt.
Bedeutung für die Mediation
Das Eisbergmodell ist ein mächtiges Werkzeug, das in verschiedenen Disziplinen Anwendung findet, um die Komplexität von Problemen und Systemen zu veranschaulichen. Es zeigt, dass nur ein kleiner Teil der Probleme sichtbar ist, während der größere Teil unter der Oberfläche verborgen bleibt. Durch die Berücksichtigung der verborgenen Aspekte können tiefere Einblicke gewonnen und effektivere Lösungen entwickelt werden. Das Modell hilft dabei, die Aufmerksamkeit auf die weniger offensichtlichen, aber oft entscheidenden Faktoren zu lenken, die eine wesentliche Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Problemen spielen.
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