Die Pressemitteilung besagt, dass die Zahlen der neu eingegangenen Verfahren erster Instanz bei Amts- und Landgerichten seit Jahren rückläufig sind. Besonders betroffen sind die Amtsgerichte, also Fälle mit einem Streitwert bis zu 5.000 € oder Familiensachen. Von 1997 bis 2017 sind die Neuzugänge bei den Amtsgerichten um 44,4 % und bei den Landgerichten um 27,2 % zurückgegangen. Eine wissenschaftlich fundierte Erklärung für diese Entwicklung fehle bislang. Im Rahmen des Forschungsvorhabens sollen die Gründe dafür ermittelt werden. Dabei geht es u. a. um folgende Fragestellungen:
Inwiefern haben die Wirtschaftspraxis (z. B. Kulanzverhalten des Einzelhandels, Käuferschutzangebote im Online-Versandhandel) und Legal Tech-Angebote Auswirkungen auf den Rückgang der Eingangszahlen?
Inwiefern wirken sich das allgemeine wirtschaftliche Umfeld (Konjunktur) und wirtschaftliche Erwägungen der Verfahrensbeteiligten auf die Bereitschaft aus, einen Rechtsstreit gerichtlich klären zu lassen?
Inwiefern spielen justizorganisatorische Faktoren oder die anwaltliche Beratungspraxis eine Rolle? Welche Erwartungen haben Rechtsuchende an die Justiz und in welchem Umfang haben diese Erwartungen Einfluss auf das Klageverhalten?
Sind die Fälle, die nicht vor die staatliche Justiz gelangen, in andere Bereiche der Streitbeilegung (z. B. Schiedsgerichtsbarkeit, außergerichtliche Schlichtung) „abgewandert" und was sind ggf. die Gründe hierfür?
Ist mit einer Fortsetzung des Rückgangs der Eingangszahlen zu rechnen?
Die Untersuchung wird breit angelegt. Es werden nicht nur Statistiken und Gerichtsakten ausgewertet. Auch die Bevölkerung soll repräsentativ befragt werden, ebenso wie die Anwaltschaft, Verbraucherzentralen und sonstigen Interessensverbände. Von den Ergebnissen der Untersuchung werden insbesondere Erkenntnisse über die künftige Ausgestaltung des Zivilprozesses und etwaigen Handlungsbedarf für zivilprozessuale Änderungen erwartet.
Arthur Trossen