Die NIMBY-Strategie
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Das ist ein Werkzeug Werkzeugsystematik NIMBY-Strategie Strategie Gruppen
Es geht um die Arbeit mit Gruppen und speziell mit Aktivisten. Die zu erwartenden Widerstände werden als eine Herausforderung gesehen, die mit der NIMBY-Strategie zu bewältigen ist.1 NIMBY ist ein Akronym für Not in my BackYard. Im Deutschen ist diese Einstellung auch als St. Floriansprinzip bekannt. Das Phänomen beschreibt das Konfliktverhalten, Bedrohungen lieber auf andere abzuwälzen, als sich ihnen selbst zu stellen. Prägnant wird das Verhalten mit dem ironisch frommen Gebet an St. Florian, dem Schutzpatron für Feuer, ausgedrückt:
Heiliger Sankt Florian.
Verschon’ mein Haus.
Zünd’ and’re an!
Erscheinungsformen
NIMBY beschreibt eine egoistisch, ethische Haltung, die besonders in öffentlichen und politischen Kontexten zum Tragen kommt, aber auch bei Individualkonflikten anzutreffen ist. Im öffentlichen Bereich wird das Phänomen mit Wutbürgern und Trittbrettfahrern noch verstärkt. Das NIMBY Phänomen beschreibt eine Form des Widerstandes.2 Garcia unterscheidet drei Arten von NIMBYs bei Anwohnern und Aktivisten:3
- LULU ((Locally unpopular land use) NIMBYs sind vernünftige und gesprächsbereite Parteien.
- BANANA (Build absolutely nothing anywhere near anybody) NIMBYs agieren schon gegen einen Vorschlag, ehe er überhaupt zur Erörterung bekannt gegeben wurde. Wenn sie sich im Entscheidungsprozess befinden, bekämpfen sie sich gegenseitig.
- NOPE (Not On Planet Earth) NIMBYs sind nicht so vernünftig wie LULUs aber auch nicht so kategorisch ablehnend wie BANANAs.
Wikipedia führt eine weitere Liste ähnlicher, zum Teil wohl eher ironisch gemeinter Widerstandskategorien auf4 , worunter sich auch die CAVEs (Citizens against virtually everything), die Bürger, die gegen eigentlich alles sind, befinden.
Insgesamt zeigt sich das NIMBY Phänomen in einer mehr oder weniger aggressiven Ablehnung und einem zwar nachvollziehbaren aber eher unsachlichen Widerstand, der sich in einer Begründungssemantik erschöpft und immer wieder auf Parolen zurückgreift, die sachliche Auseinandersetzungen nur bedingt möglich machen, sodass sich das Phänomen zu einem Konflikthindernis auswirkt.
Bewältigung
Garcia empfiehlt Methoden und Wege, wie die NIMBYs konstruktiv in öffentliche Entscheidungsprozesse eingebunden werden können, um einen ehrlichen, offenen Dialog zu ermöglichen. Die Vorschläge gehen in Richtung einer Bürgebeteiligung. Sie gehen davon aus, dass eine Vertrauensbeziehung herzustellen ist, die Ängste beruhigt und sich auf die Anliegen der Betroffenen einlassen kann. Manchmal sei dazu eine pädagogische Komponente erforderlich, die die Ambitionen der Betriffenen erweitert und die sozialen, wirtschaftlichen und ethnischen Diversitätsziele anspricht. Notwendig sei eine höhere Dichte an themennahen Dialogen, die am besten mit kleineren Gruppen geführt werden.
Mit diesen Empfehlungen wird auch die öffentliche Verwaltung in die Pflicht genommen. Wenn noch nicht alle Aktivisten ein sachliches Interesse an einer Auseinandersetzung haben, nährt sich der Konflikt in der Widerstandsbewegung maßgeblich durch die Art und Weise der öffentlichen Kommunikation. In den Dialogen ist deshalb herauszuarbeiten, inwieweit die Bedenken der Aktivisten und Betroffenen berechtigt sind. Gegebenenfalls ist auch deren spirituelle, fürsorgliche Einstellung zu thematisieren und zunächst ein Konsens über grundlegendere Gemeininteressen herbeizuführen. Ziel sollte es sein, die Mitverantwortung jedes Einzelnen zu fördern und die Entscheidungsprozesse zu dezentralisieren.
Bedeutung für die Mediation
In den Vorschlägen, wie mit NIMBYs umzugehen ist, findet sich das Konzept der Mediation wieder. Wichtig ist es, die Komplexität zu erkennen und die Fragen nicht auf das zu lösende Problem zu beschränken. Werte sind anzusprechen und gegebenenfalls infrage zu stellen, um den Konsens für einen gemeinsamen Wert herauszuarbeiten. Dann sind die Lösungskriterien herauszuarbeiten, ehe konkret über die Lösung nachgedacht wird.
Besonders im öffentlichen und politischen Bereich geben die Fälle Anlass zur methodischen Anwendung der Mediation im Entscheidungsprozess. In diesem Verständnis zielt die Strategie nicht darauf ab, wie das Problem zu lösen ist oder wer recht hat oder nicht, sondern darauf, wie jeder einzelne auf allen Seiten des Konfliktes in eine Verhandlung geführt werden kann.
Was tun wenn ...
- Die Partei sagt: "Das geht mich nichts an!"
- Die Partei beschränkt sich auf Parolen
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Ratgeber
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Aliase: NIMBY, Floriansprinzip
Siehe auch: Allgemein, Konflikthindernis, Querulanten
Literaturhinweise: Garcia (NIMBY)
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