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Der Streit

Wissensmanagement » Diese Seite ist dem Archiv in der Wiki-Abteilung Wissen zugeordnet. Eine logische Verknüpfung erfolgt mit dem Buchabschnitt Konflikt. Es geht um die Frage, was ein Streit genau ist und wie er sich zu einem Konflikt verhält. Bitte beachten Sie auch:

Konflikt Streit Beweiserhebung Relationstechnik Themen Eskalation Eintrag Suche

Das Wort Streit kommt aus dem Mittelhochdeutschen strīt und bedeutet so viel wie Auseinandersetzung mit Waffen oder (gerichtlich) mit Worten. Althochdeutsch wurde strīt mit Wettkampf, Meinungsstreit, Rechtsstreit gleichgesetzt. Wenn Streit als heftiges Sichauseinandersetzen, Zanken, hitzige Wortwechsel, oft auch mit Handgreiflichkeiten beschrieben wird,1 scheint das Wort eher die Art der Auseinandersetzung beschreiben zu wollen. Dafür spricht, dass Streiten ein Verb kennt, Konflikt jedoch nicht. Was machen Sie, wenn Sie von Ihrem Gegenüber gefragt werden:

Wollen Sie etwa mit mir streiten?


Sagen Sie jetzt ja? Was erwarten Sie, soll jetzt passieren, schleifen Sie die Messer, rüsten sie sich mit Argumenten auf, stellen Sie sich auf Widerstand ein oder möchten Sie Widerstand leisten, geht es um einen Sieg oder was genau soll erreicht werden? Eine Auseinandersetzung jedenfalls kann auf einem anderem Weg sicher besser ermöglicht werden.

Abgrenzungsbedarf

Was juristisch als Streit begriffen wird und was im Alltag darunter verstanden wird, sind zwei verschiedene Paar Schuh'. Juristisch kann sich ein Streit nur um die Anwendung eines Gesetzes drehen. Der juristische Streit grenzt sich vom Streit im allgemeinen besser ab, wenn von einem Rechtsstreit gesprochen wird. Dabei geht es lediglich um den Nachweis, ob ein gesetzlicher Tatbestand vorliegt oder nicht. Wenn also über eine Frage gestritten wird, die keinem gesetzlichen Tatbestand entspricht, ist dieser Streit juristisch irrelevant. Den Hinweis des Richters, "Das gehört nicht hierhin!", bekommen Parteien in einem streitigen gerichtlichen Verfahren wohl recht häufig zu hören. Was so unempathisch klingt, ist juristisch jedoch durchaus korrekt.

Beispiel 15232 - In einer Familienangelegenheit streiten die Parteien über die Frage, dass und warum das Verhalten des Ehegatten so verletzlich war. Es habe Enttäuschungen ausgelöst, woraus der Trennungsgrund entstanden war. Die Parteien fangen an, vehement über die Gründe der Trennung zu streiten. Es geht um den Kindesunterhalt. Der ist in § 1601 ff. BGB geregelt. Der Richter erkennt nicht die Relevanz des Streites für die Regelung des Unterhaltes und fordert die Parteien mit der Begründung "Das gehört nicht hierhin" zur Ruhe auf.


Wenn die Parteien den Streit um die Zerrüttung ihrer Beziehung auch bei der Frage, wo es um Kindesunterhalt geht, als relevant ansehen, ist das nachvollziehbar. Solange es aber keinen juristischen Tatbestand gibt, für den dieser Streit eine Relevanz besitzt, kann er vor Gericht nicht ausgetragen werden.

Intensität des Streites

Bei der Unterscheidung der verschiedenen Arten des Streitens spielen nicht nur der Anlass und der Gegenstand, sondern auch die Intensität eine wichtige Rolle. Die Intensität wird im Sprachgebrauch mit folgender Steigerung aufgegriffen:

  1. Auseinandersetzung = eingehende Beschäftigung mit etwas
  2. Streit = erbitterte, hitzige Auseinandersetzung bis zur Tätlichkeit
  3. Krieg = Auseinandersetzung mit Waffen

Jenseits der Irritation, dass ein Krieg eine Form der Auseinandersetzung sei, stellt er die am meisten verletzende Form der streitigen Auseinandersetzung dar. Er verlässt sogar die Ebene des Streits. In der Mediation wird die Frage der Intensität mit der Eskalation gleichgesetzt. Diese wiederum korreliert mit der Emotion, sodass die Eskalation Rückschlüsse auf den Konflikt und die persönliche Betroffenheit erlaubt. Die Auseinandersetzung in der Form einer eingehenden Beschäftigung mit einem Problem wird erschwert, wenn sie erbittert und hitzig wird. Sie wird umnöglich gemacht, wenn sie mit Waffen statt mit worten ausgeführt wird. Auf der Sprachgebrauch sollte darauf achten, dass der Ruf nach Streit eine Auseinandersetzung verhindert. Demzufolge kann es nicht die Aufgabe der Mediation sein, einen Streit zu befördern oder die Streitkultur zu verbessern. Die Meditation ist erfolgreich, wenn es ihr gelingt, den Streit überflüssig zu machen.

 Merke:
Leitsatz 16702 - Es ist nicht die Aufgabe der Mediation, einen Streit zu unterdrücken oder einen Streit zu verbessern, indem noch besser gestritten wird. Ihre Aufgabe ist es, den Streit überflüssig zu machen und in eine Auseinandersetzung ohne Streit zu überführen. Wie sehr ihr das gelingt zeigt sich daran, dass es den Parteien in einer Mediation nicht gelingt, zu streiten.

Was hilft, ist nicht der Streit, sondern die Auseinandersetzung. Diese Vorgabe entspricht auch dem Harvard-Konzept, das sich selbst als Methode des sachbezogenen Verhandelns beschreibt.

Relevanz des Streites

Die Relevanz des Streites spielt eine wichtige Rolle für seine Beilegung. Auch in der Mediation kommt nicht jeder Streit zum Tragen. Hier muss es einen Bezug zum Konflikt geben. Des weiteren muss der Streit in ein Thema überführt werden können, dass in der Mediation besprochen werden kann. Das nachfolgende Beispiel zeigt, wie ein Mediator den Streit in eine Mediation hineinnehmen kann.

Beispiel 11937 - Der Mann sagt in einer Familienmediation: "Es ist bekannt, dass die Ursache für Probleme in den Herkunftsfamilien zu suchen ist. Was ist dann also meine Schuld?". Der Mediator fragt in Phase zwei: "Ist Schuld ein Thema über das wir reden sollten?". Der Mediand, der die Schuld seiner Frau an der Trennung herausstellen möchte antwotet mit "Ja". Weil die Klärung der Schuldfrage (für sich gesehen) kein Thema der Mediation sein kann, fragt der Mediator: "Was haben Sie davon, wenn die Frage geklärt ist?". Der Mediand antwortet: "Dann kann ich trotz der Trennung besser mit meiner Frau umgehen". "Also ist der Umgang mit Ihrer Frau ein Thema über das wir reden sollten", stellt der Mediator heraus und führt im Einverständnis mit dem Mann das Thema in der Liste auf dem Flipchart auf.


Der Streit hat in der Mediation also zwei Berührungspunkte. Der eine ist die Konfliktanalyse, der andere die Themenbildung. Mithin muss sich der Mediator auch dann einem Streit stellen, wenn er auf den ersten Blick gar nicht in das zu besprechende Thema passt. Die Aufgabe der Mediation ist es den Streit in eine Auseinandersetzung zu überführen. Also steht hier die Frage im Vordergrund, worüber sich die Parteien auseinandersetzen müssen, um den Konflikt beizulegen. Ob der Streit einen Rechtsstreit darstellt oder nicht, ist dabei irrelevant.

Was den Streit so schwer macht

In einer erfolgreich verlaufenden Mediation wird es den Parteien außerordentlich schwer fallen, miteinander zu streiten. Das liegt nicht daran, dass der Mediator ihnen zu Beginn der Mediation untersagt hat, einander zu Beleidigen und dass er sie aufgefordert hat sich ausreden zu lassen und fair miteinander umzugehen. In einer hitzigen Auseinandersetzung vergißt man solche Anleitungen gerne. Die Mediation verhindert den Streit zum einen durch ihren logischen Aufbau. Das Gespräch beginnt nicht mit dem Streitthema. Selbst wenn die Streitthemen gesammelt werden, wird die Debatte verhindert. Die Gedanken werden nicht in das Problem hinein, sondern dahinter geführt. Angriffe werden mit Hilfe der Windows-Technik auf den Angreifer zurück gelenkt. Beleidigungen werden in seine Ich-Botschaften übersetzt. Kommt es dennoch zum Streit, wird er nicht ausgelebt. Stattdessen wird seine Bedeutung sofort auf der Metaebene hinterfragt. Eine Auseinandersetzung und ein verhandeln findet erst statt, wenn sich die Wogen geglättet haben und eine sachliche Auseinandersetzung möglich ist.

Bedeutung für die Mediation

Es macht Sinn, in der Mediation die Begriffe Auseinandersetzung Streit und Konflikt zu unterscheiden. Wenn es um die Konfliktbeilegung geht ist der Konflikt im Fokus. Der Streit beschreibt nur seine Ausprägung. Der Mediator kann an der Art des Streitens und an der Intensität Rückschlüsse auf den Konflikt ziehen. Grundsätzlich ist die Mediation immer ein geeignetes Mittel den Streit in eine vernünftig Auseinandersetzungen einzuführen. Es wird die Auffassung vertreten dass eine Mediation bei hoch eskalierten Konflikten nicht mehr möglich sei. Dazu gibt es jedoch verschiedene Meinungen,2 sodass hier davon ausgegangen wird dass die Mediation stets geeignet ist, einen Streit beizulegen.

Hinweise und Fußnoten
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Bearbeitungsstand: 2024-10-06 04:25 / Version 13.

Aliase: streiten, Rechtsstreit
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