Lade...
 

Mediationen bei mehreren Beteiligten
Es gibt mehrere Mediationsvarianten, die sich mit der Frage auseinandersetzen, wie vorzugehen ist, wenn der Streit über einen Zweipersonenkonflikt hinausgeht. Hier werden Abgrenzungen erforderlich. Auch kommt es zu Überscheidungen, weshalb in dem Zusammenhang auch folgende Beiträge zu beachten sind. Ausgangspunkt ist die Frage, wer als Partei oder als Teilnehmer in der Mediation überhaupt auftreten kann:

Parteien: Mehrparteienmediation Gruppenmediation Unternehmensmediation Großmediation

Mehrparteienmediation

Eigentlich ist die Mediation stets eine Mehrparteienmediation, weil sie bei einem sozialen Konflikt immer mehr als eine Partei betrifft. Wenn demgegenüber eigens ein Begriff Mehrparteienmediation eingeführt wird, spricht dies dafür, dass es in der Mehrparteienmediation um mehr als nur zwei Parteien geht. Offenbar ist der Begriff der Partei auch nicht im juristischen Sinne zu verstehen, wo eine Partei als Anspruchsstellerin (die auch aus mehreren Personen bestehen kann) gegen eine andere Partei als Antragsgegnerin (die auch aus mehreren Personen bestehen kann) vorgeht. Besser wäre es deshalb, gegebenenfalls von einer Mehrpersonenmediation zu sprechen.

Klarstellung

Wenn schon der Begriff der Mediation mit Hinweisen auf die Personenzahl kombiniert wird, ist folgende Unterscheidung angebracht:

Bezeichnung Personenzahl Anmerkung
Mediation zwei Parteien angenommener Standardfall
Mehrpersonenmediation mehrere Personen Parteien als Personenmehrheiten oder weitere Beteiligte in unterschiedlichen Rollen
Mehrparteienmediation mehrere Parteien Wird oft synonym mit Gruppenmediation gebraucht
Gruppenmediation eine oder mehrere Gruppen gruppendynamische Phänomene stehen im Vordergrund
Einzelmediation eine einzelne Partei (Person) keine Mediation i.S.d. Mediationsgesetzes

Abgrenzung zur Gruppenmediation

Wer im Internet nach dem Begriff Mehrparteienmediation sucht, stößt auf viele Beiträge, in der die Mehrparteienmediation als eine Mediation mit Gruppen beschrieben wird. Als Gruppen werden z.B. Familien oder Teams genannt.1 Die Terminologie ist irreführend. Trotzdem verwenden auch die QVM-Standards den Begriff der Mehrparteienmediation im 10. Abschnitt, wo in Fortführung zur Ausbildungsverordnung Mediationen angesprochen werden, die ein besonderes Setting erfordern. Der 10. Abschnitt der Ausbildungsinhalte befasst sich mit dem Themenkomplex der Bearbeitung von Mehrparteienkonflikten. Es wird herausgestellt, dass Mehrparteienmediation Eigenheiten hätten und besonders hohe Ansprüche an das Mediationsverfahren stellen. Erläuternd wird darauf hingewiesen, dass die unterschiedliche Zusammensetzung und Dynamik einer Gruppe zu berücksichtigen sei.2

Auch wenn die Begriffe Gruppenmediation und Mehrparteienmediation synonym verwendet werden, besteht ein Unterschied. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass eine Mehrparteienmediation mehr als nur ein Zweipersonenkonflikt ist. Dass die vielen Parteien aber zwingend einer Gruppe (also etwa einer Familie oder einem Team) angehören, ist kein Merkmal der Mehrparteienmediation. Deshalb trägt es zur Präzisierung bei, wenn statt von der Mehrparteienmediation von einer Mehrpersonenmediation gesprochen wird. Diese Bezeichnuing würde auch Teilnehmer einbeziehen, die keine Parteien sind.3 Eine Mehrpersonenmediation läge dann zum Beispiel vor, wenn mehrere Geschädigte, die nichts miteinander zu tun haben, mit einem Schädiger verhandeln. Eine derartige Konstellation käme z.B. bei Personenschäden auf oder bei WEG-Sachen, wenn die Eigentümer keine formelle Gruppe darstellen.

Die Differenzierung zwischen einer Gruppenmediation, und einer Mehrparteienmediation ergibt sich deshalb aus dem unterschiedlichen Gegenstand.

 Merke:
Leitsatz 14560 - Bei einer Mehrparteienmediation handelt es sich um eine Mediation mit mehreren an der Mediation teilnehmenden Personen Gegenstand des Verfahrens ist nicht der Konflikt innerhalb der Gruppe. Bei einer Gruppenmediation handelt es sich ebenfalls um eine Mediation mit mehreren an der Mediation teilnehmenden Personen. Hier wird allerdings der Konflikt innerhalb der Streitgruppe zum Gegenstand des Verfahrens.

Es gibt also zwei voneinander zu unterscheidende Gruppen, die sinnvollerweise strikt gegeneinander abzugrenzen sind:

  1. Mediationsgruppe: Das ist einfach nur die Gruppe der an einer Mediation teilnehmenden Personen. Die Gruppe der Teilnehmer kann (auf die Mediation bezogen) als eine formelle Gruppe angesehen werden, weil deren Ziele, Regeln und Rollen zweckgebunden von der Gruppe selbst festgelegt werden.
  2. Streitgruppe: Das sind die Mitglieder der auch außerhalb der Mediation bestehenden formellen Gruppe, wo sich der Streit in oder wegen der Gruppe bemerkbar macht und dessen Beilegung Gegenstand des Verfahrens ist.

Besonderheiten

Unabhängig von dem sich aus dem Konflikthintergrund ergebenden Gegenstand erfordert die Mediation mit mehreren Personen stets eine besondere Herangehensweise. Abweichungen und Besonderheiten ergeben sich im Folgenden:

  1. Setting: Die Zahl der Parteien (Medianden) erfordert eine Co- oder Teammediation. Die Platzwahl kann Ausdruck von Beziehung sein (Berater setzt sich zwischen die Parteien, Parteien wählen einen großen Abstand, setzen sich gegenüber usw.) sie sollte gegebenenfalls angesprochen werden. Sitzplatprivilegien (Sitz am Tischkopf, bequemerer Stuhl) sollten vermieden oder zumindest geklärt werden. Wenn auf der Gegnerseite (rein numerisch) mehr Personen sitzen als auf der Parteiseite ist die Balance anszusprechen.
  2. Phase 1: Die Rolle und Funktion des Teilnehmers (Streitpartei, Konfliktparttei, Beistand, Berater usw.) muss unbedingt geklärt werden. Weil die Fähigkeit von Menschen, sich in größeren Gruppen zu äußern, ganz unterschiedlich ausgeprägt ist, empfielt sich eine Vorstellungsrunde. Sie kann auch der Sachverhaltsermittlung dienen, indem Fragen vorgegeben werden.
  3. Phase 2:Die Bestandsaufnahme ist in Gruppen kaum durchführbar. Sie würde dazu führen, dass der Sachverhalt immer wieder erneut geschildert wird. Vorwürfe würden deshalb verstärkt, wenn es viele Gegner gibt. Bei Gruppen bietet sich die Technik der Themensammlung an. Wenn Bedenken bestehen, dass die Teilnehmer die Themen in der Gruppe frei ansprechen können, kommt die Kärtc henmethode in Betracht.
  4. Phase 3:Die Ping-pong-Technik versagt, wenn mit Gruppen gearbeitet werden muss. Dann würde aus dem Ping-pong ein Ping.-ping-ping-pong. Auch wird es schwierig, bei vielen Beteiligten für jede Partei auf dem Flipchart eine Spalte anzulegen. In diesen Fällen ist die Technik des Mindmappings besser zu gebrauchen.

Bitte beachten Sie die Ausführungen zur Gruppenmediation oder zur Unternehmensmediation, wenn es um die Bearbeitung von Gruppenkonflikten geht.

Bedeutung für die Mediation

Jede Person und jeder Teilnehmer, der in der Mediation hinzugenommen wird, expotenziert die Komplexität. Der Mediator ist also gut beraten, wenn er die Zahl der Teilnehmer gering hält. Gegegebenfalls kann er Sequenzen einführen, indem er Einzelgespräche mit kleineren Gruppen führt.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten

Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen. Zitiervorgabe im ©-Hinweis.

Bearbeitungsstand: 2022-12-02 05:31 / Version 23.

Aliase: Mehrpersonenmediation
Siehe auch: Inhaltsverzeichnis, Gruppenmediation
Prüfvermerk: -
Siehe auch: Mehrparteienmediation, Großmediation

1 Siehe z.B. http://www.altersmediationszentrum.de/ dl am 9.6.2022 oder https://www.grin.com/document/359347 dl am 9.6.2022
3 Siehe Parteien. Es gibt auch sogenannte Dritte (Anwälte, Berater usw), die an der Mediation teilnehmen.


Based on work by anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Montag November 18, 2024 10:53:58 CET.

Durchschnittliche Lesedauer: 4 Minuten