Praxisforum

Folgender Fall: Es geht um eine graue Scheidung. Der Ehemann, der krankheitsbedingt zum Frührentner wurde, möchte die Mediation. Sein Anwalt hat ihm die Mediation auch empfohlen. Seine getrennt lebende Frau ist skeptisch. Sie ist auch bei einer Anwältin, die ihr gesagt hat, dass die Anwälte sich auch außergerichtlich einigen könnten, weshalb eine Mediation nicht erforderlich sei. Darauf angesprochen, bestätigte der Mediator, dass Anwälte eine friedliche und außergerichtliche Konfliktbeilegung durchaus hinbekommen. Er wies jedoch darauf hin, dass der anwaltliche Fokus in der Regel ein anderer sei, ganz abgesehen von der Herangehensweise und dass der Vorschlag der Anwältin auch erfordere, dass beide Parteien anwaltlich vertreten seien und das ganze Paket zum Geschäftsgegenstand gemacht werde, was sich alles auf die Kosten niederschlagen kann. Der Mediator empfahl der Frau dies alles mit der Anwältin abzuklären und sie auf die Unterschiede hinzuweisen. Er bot der Ehefrau auch an, dass sich die Anwältin bei ihm melden könne, wenn die Unterschiede nicht ganz klar geworden sind. Das geschah natürlich nicht und offenbar hatte die Anwältin der Ehefrau die Mediation auch komplett ausgeredet. Etwa 3 Wochen später meldete sich der Ehemann und beklagte erstens den Ton im Schreiben der Anwältin und zweitens die Vorgehensweise. Er habe den Eindruck, sie wolle ihn ausziehen und ihm alles nehmen. Gerade würde man über 26 € streiten. Der Mediator verkniff sich den "Sehen Sie, das war vorherzusehen" Hinweis und empfahl, dass sich der Mann mit der Frau direkt in Verbindung setzen solle, um mit ihr gemeinsam zu überlegen, wohin es führt, wenn dieses Spiel von Aktion und Reaktion so weiter betrieben wird. Er solle mit seiner Frau besprechen, ob noch immer die im Infotermin zur Mediation avisierte Zielsetzung, dass die Eheleute auch nach der Scheidung Freunde bleiben wollen, angestrebt werde. Ganz abgesehen von den Honorarinteressen ist offenbar noch immer vielen Anwälten nicht klar, was die Mediation auszeichnet.