§ 2 Mediationsgesetz
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Mediationsgesetz Wortlaut §1 §2 §3 §4 §5 §6 §7 §8 §9 Evaluierung Buch
§ 2 Verfahren; Aufgaben des Mediators
(1) Die Parteien wählen den Mediator aus.
(2) Der Mediator vergewissert sich, dass die Parteien die Grundsätze und den Ablauf des Mediationsverfahrens verstanden haben und freiwillig an der Mediation teilnehmen.
(3) Der Mediator ist allen Parteien gleichermaßen verpflichtet. Er fördert die Kommunikation der Parteien und gewährleistet, dass die Parteien in angemessener und fairer Weise in die Mediation eingebunden sind. Er kann im allseitigen Einverständnis getrennte Gespräche mit den Parteien führen.
(4) Dritte können nur mit Zustimmung aller Parteien in die Mediation einbezogen werden.
(5) Die Parteien können die Mediation jederzeit beenden. Der Mediator kann die Mediation beenden, insbesondere wenn er der Auffassung ist, dass eine eigenverantwortliche Kommunikation oder eine Einigung der Parteien nicht zu erwarten ist.
(6) Der Mediator wirkt im Falle einer Einigung darauf hin, dass die Parteien die Vereinbarung in Kenntnis der Sachlage treffen und ihren Inhalt verstehen. Er hat die Parteien, die ohne fachliche Beratung an der Mediation teilnehmen, auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Vereinbarung bei Bedarf durch externe Berater überprüfen zu lassen. Mit Zustimmung der Parteien kann die erzielte Einigung in einer Abschlussvereinbarung dokumentiert werden.
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§ 2 Mediationsgesetz enthält einige Regeln, die in der Mediation zu beachten sind. Mit diesen Regeln korrespondieren auch einige Aufgaben des Mediators. Grundsätzlich ist § 2 Mediationsgesetz wie folgt zu verstehen:
Verständnis der Vorschrift
- Es ist ein Privileg der Privatautonomie und des Privatrechts, dass die Parteien sich ihren Vertragspartner auswählen dürfen. Wenn der Gesetzgeber trotzdem hervorhebt, dass sich die Medianden ihren Mediator auswählen dürfen, bedeutet das, dass die Rechtsbeziehung zwischen Mediatoren und Medianden wohl auch außerhalb des Mediationsvertrages liegen kann. Diese Annahme ist zutreffend. Es gibt verschiedene Fallkonstellationen bei denen der Mediationsvertrag mit anderen Parteien geschlossen wird als die Teilnehmer an der Mediation, mit denen eine separate Mediationsdurchführungsvereinbarung verhandelt wird.
- Auch die Tatsache, dass sich der Mediator vergewissern soll, dass die Parteien die Grundsätze des Verfahrens verstanden haben, deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber die Mediation auch außerhalb von Vertragsverhandlungen mit den Vertragsparteien des Mediationsvertrages für möglich hält. Wenn man auf die möglichen Beteiligten und Akteure schaut, ist diese Annahme korrekt.
- Schließlich deutet auch der Hinweis, dass der Mediator allen Parteien gleichmäßig verpflichtet ist daraufhin, dass der Mediationsvertrag wohl nicht mit allen Parteien geschlossen wird. Sonst wäre diese Bestimmung ebenfalls überflüssig. Das Gleiche gilt für Abs. 3, 4 und 5.
- Die Pflicht zur Förderung der Kommunikation wird in der Begründung zum Gesetzesentwurf zu einer Übernahme der Verantwortung für das Gelingen der Kommunikation ausweitet.1 So viel Verantwortung kann der Mediator jedoch nicht tragen. Er hat genug damit zu tun, dafür verantwortlich zu sein, alles Erdenkliche zu tun, damit eine Kommunikation möglich wird. Das Gelingen der Kommunikation hängt indes von Bedingungen ab auf die der Mediator unter Umständen keinen Einfluss hat.2 .
- Wenn die Durchführung der Mediation auf der vertraglichen Basis erfolgt und Rechtshandlungen vorgenommen werden ist es wieder eine Selbstverständlichkeit das dritte nur im Einverständnis teilnehmen können. Es gibt mitunter gewisse Abgrenzungsschwierigkeiten, wer Dritter ist, denn der Begriff des Dritten grenzt sich zudem der Partei ab.3 Hier hat der Gesetzgeber jedoch an die Beistände, die Rechtsanwälte gedacht. Es macht Sinn, deren Anwesenheit vom Einverständnis der Parteien abhängig zu machen schon alleine, um ein Verhandlungsungleichgewicht zu vermeiden. Was eine Zustimmung ist und wie sie zu erklären ist, ergibt sich übrigens aus § 182 BGB.
- Bemerkenswert ist in dem Zusammenhang, dass der Gesetzgeber die Einzelgespräche (getrennte Gespräche) nicht von einer Zustimmung, sondern nur von einem Einverständnis abhängig gemacht hat. Ein Einverständnis ist kein juristischer Begriff, er setzt keine Willenserklärung voraus, sondern kann auf irgend eine Weise zum Ausdruck gebracht werden.4
§2 Abs. 1: Mediatorenwahl
Mit Parteien sind die Medianden gemeint. Es genügt also nicht, wenn die Vertragsparteien des MV den Mediator bestimmen. Die verhandelnden Parteien, mithin die Medianden müssen ebenfalls die Möglichkeit haben, den Mediator abzulehnen. Faktisch können sie die Wahl durch die Ausübung der Freiwilligkeit ausüben. So gesehen hat § 2 Abs. 1 nur eine klarstellende Bedeutung und ist für die Mediation eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Das Recht zur Auswahl des Mediators kommt im VSBG übrigens nicht zum Tragen.
§2 Abs. 2: Verfahrensverständnis
Geht man davon aus, dass die Mediation zwischen den Akteuren mit dem Mediationsvertrag bzw. der Mediation Durchführungsvereinbarung vereinbart wird, fragt es sich, wozu die Vergewisserung nach §2 Abs. 2 überhaupt gut sein soll. Unterstellt das Gesetz, dass die Partei nicht wissen worauf sie sich einlassen? Das Gesetz verlangt ja auch nicht, dass sich beispielsweise ein Werkunternehmer zu vergewissern habe, dass der Auftraggeber die Grundsätze und den Ablauf des Herstellungsprozesses verstanden hat. Im Privatrecht wird unterstellt, dass die Parteien verstanden haben, worauf sie sich einassen. Es wird unterstellt, dass sie wissen, was sie erwerben und wofür sie Geld bezahlen. Falls sich die Parteien für Details interessieren, werden sie sich regelmäßig selbst im Rahmen der Vertragsverhandlungen und sinnvoller Weise vor Vertragsabschluss informieren.
Es fragt sich also, warum der Gesetzgeber im Falle der Mediation explizit auf das Verständnis des Vertragsinhaltes eingeht. Möglicherweise misstraute der Mediator. Möglicherweise geht er auch davon aus, dass es Mediationen gibt, die nicht explizit vereinbart werden (dann wäre allerdings das Mediationsgesetz nicht anwendbar). Die Vorschrift macht nur Sinn, wenn sie die Mefdiationsstandards festschreiben will und wenn die Mediation im Sinn der kognitiven Mediationstheorie als ein Gedankengang verstanden wird. Die Parteien haben diesen Gedankengang selbst zurückzulegen. Dann sollten sie wissen, welches der Weg ist und was sie zu beachten haben, um nicht vom Weg abzukommen. Immerhin ist ihre aktive Mitwirkung im Verfahren eine Voraussetzung für sein Gelingen. Im Ergebnis ist dem Gesetzgeber also zuzustimmen, dass die Parteien als die Hauptakteure im Prozess verstanden haben sollten, worum es geht und wie das Verfahren abläuft.
Zum Verfahrensverständnis im Sinn dieser Vorschrift gehören die Grundsätze. Der Verfahrensablauf meint die Phasen. Die Parteien wären überfordert, wenn Ihnen der Mediator gleich zu Beginn alle Grundsätze und alle Details des Mediationsverfahrens offenbart und langatmig über Phasen und Prinzipien doziert. Es genügt, wenn er mit den Parteien das Ziel den Weg und einige Rahmenbedingungen abstimmt. Welche das sind und wie er dabei vorgeht wird im Beitrag über die Methode der Rahmenbildung beschrieben.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass das Gesetz keinen Zeitpunkt nennt, wann diese Vergewisserung zu erfolgen hat. Somit entscheidet die Logik. Demnach sollten die Parteien am Anfang ihres Weges zumindest eine grobe Vorstellung von dem zurückzulegenden weg haben. Die Phasen selbst sind sinnvollerweise dann zu beschreiben, wenn sie zur Geltung kommen. Die Phasen ergeben einen Arbeitsauftrag an die Parteien. Der Arbeitsauftrag entfaltet die größte Wirkung, wenn er in dem Moment erläutert wird, wenn er konkret durchzuführen ist.
Merkwürdig mutet auch die Frage an, ob die Parteien freiwillig an der Mediation teilnehmen. Hier gilt das zuvor Gesagte. Ein Vertrag impliziert stets seinen freiwilligen Abschluss. Kommt er durch Drohung oder Täuschung zustande ist er anfechtbar. Das gilt natürlich auch für die Mediation. Die Frage, ob die Parteien freiwillig teilnehmen, ist in der Gesetzessystematik bei einem Vertragsabschluss (wie dem des Mediationsvertrages) untypisch und zielt also ins Leere. In einem rechtssystematischen und zum Konzept der Mediation passenden Kontext, kann nur der Hinweis gemeint sein, dass die Parteien freiwillig an der Mediation teilnehmen. Der Mediator muss das Prinzip der Freiwilligkeit herausstellen, weil die Freiwilligkeit zu den Selbstregulierungskräften der Mediation gehört. Es ist also keine Frage ob sie freiwillig an der Mediation teilnehmen, sondern ein Fakt dass sie freiwillig teilnehmen und die Mediation jederzeit ohne Angabe von Gründen verlassen können. Die Freiwilligkeit ist somit eine Rechtshinweis.
§2 Abs. 3: Pflichten des Mediators
Abs. 3 führt nur einige Pflichten auf. Weitere Pflichten ergeben sich aus den Kunstregeln oder den einschlägigen Rechtsquellen. Wiki to Yes fast alle Pflichten des Mediators in einem Pflichten- und Aufgabenverzeichnis zusammen.
Das Gesetz stellt die Neutralität heraus und formuliert die Allparteilichkeit als eine gleiche Verpflichtung allen Parteien gegenüber.
Die Gewährleistung, dass die Parteien in angemessener und fairer Weise in die Mediation eingebunden werden, kann der Mediator übernehmen. Dass die Parteien sich einander gegenüber jedoch fair verhalten, kann er nicht garantieren. Wohl kann er die Erwartung und die Möglichkeit herausstellen, dass und wie die Payrteien fair miteinander umgehen. Man kann § 2 Abs.3 auch als eine Verpflichtung des Mediators begreifen, sich fair zu verhandeln.
§2 Abs. 4: Einzelgespräche
Der Mediator kann im allseitigen Einverständnis getrennte Gespräche mit den Parteien führen. Positiv anzumerken ist, dass der Gesetzgeber getrennte Gespräche, nicht Einzelgespräche erwähnt. Der Begriff getrennte Gespräche ist präziser. Das allseitige Einverständnis ist eine irgendwie zum Ausdruck gekommene Einwilligung. Der Gesetzgeber hat (wohl bewusst) nicht die für Willenserklärungen üblichen Begriffe "Einwilligung", "Zustimmung" und "Genehmigung" verwendet. Daraus ist zu folgern, dass die Einwilligung keine (explizite) Willenserklärung sein muss und sowohl vorher opder nachher eingeholt werden kann.
§2 Abs. 6: Abschlussvereinbarung
§2 Abs. 6 S.1 beschreibt das Prinzip der Informiertheit - allerdings unvollständig. Die Informiertheit wird nur auf Fakten bezögen. Ein Mediator weiß, dass zum Verstehen mehr gehört als nur die Kenntnis der Faktenlage. Abs. 6 S. 1 ist deshalb weilt auszulegen und auf "alle Informationen die zur Abgabe eines Angebotes notwendig sind" zu beziehen.5
Bedeutung für die Mediation
Die Formulierung in § 2 nimmt wesentliche Grundsätze der Mediation auf. Es sind Regeln, die sich auf bedeutungsvolle Hintergründe im Kognitionsprozess zurückführen lassen. Das Prinzip der Freiwilligkeit wird gleich mehrfach exponiert, ohne dass definiert wird, was eine freiwillige Teilnahme bedeutet. Die Freiwilligkeit ist ein wichtiges Merkmal der Mediation. Juristisch betrachtet manifestiert sie das jederzeigtige fristlose Kündigungsrecht, das allerdings in Abs. 5 erwähnt wird. Offenbar ist die Freiwilligkeit im Verständnis des Gesetzgebers mehr ist als nur die Kündigungsmöglichkeit. Abs. 2 Satz 2 unterstreicht die Allparteilichkeit und die Neutralität. Dem Gesetzgeber war es wohl nicht genug, diese Prinzipien als Definitionsmerkmale in §1 zu benennen. Man könnte sagen, §2 betrifft ihre Umsetzung. Allerdings wird nicht beschrieben, wie der Mediatoren die Prinzipien sicherzustellen hat.
Was tun wenn?
- Der Mediator hat gegen eine Aufgabe des § 2 Mediationsgesetz verstoßen
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Ratgeber
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Siehe auch: Wesen
Diskussion: Erfahrungen mit dem Mediationsgesetz
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