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Die Information und das Informationshandling

Wissensmanagement » Sie befinden sich auf einer Seite zum Thema Verstehen.
Hier geht es um die Informationsverarbeitung in der Mediation. Es ist ein komplexes Thema, das mit folgenden Beiträgen im Zusammenhang steht.

Verstehen Information Metainformation Dimensionieren Informationsverarbeitung Informationsmanagement

Die Information ist ein gedanklicher Baustein, der nur dann ein stimmiges Bild ergibt, wenn er, wie in einem Puzzle, korrekt zusammengesetzt wird. Der bewusste und sorgfältige Umgang mit Informationen ist deshalb (nicht nur in der Mediation) von essentieller Wichtigkeit. Informationen sind die Basis des Verstehens. Sie bilden den kleinsten Baustein in der Mediation. Um das Wissen und den Wissenszuwachs sicherzustellen, müssen die anzueignenden oder auszutauschenden Informationen so angelegt sein, dass sich die Gedanken der Parteien in einen lösungsführenden Gedankengang einbeziehen lassen. Es ist die Aufgabe des Mediators oder der Mediatorin, dies zu bewerkstelligen.1

 Merke:
Leitsatz 14671 - Nicht der Streit, sondern die zu suchende Lösung entscheidet, auf welche Informationen es ankommt. Der Streit grenzt das Informationsaufkommen jedoch ein, in dem nur streit- oder konfliktrelevante Informationen erfasst werden.

Puzzle Zusammen
Eine Information hat viele Gesichter. Sie spiegeln sich in dementsprechend vielen Definitionen wider. Eine Übersicht der Definitionen finden Sie in Wikipedia.2 Danach ist eine Information im Sinne der Informationstheorie das Wissen, das ein Absender einem Empfänger über einen Informationskanal vermittelt. Dort wird die Information als die Teilmenge von Wissen definiert, die von einer bestimmten Person oder Gruppe in einer konkreten Situation benötigt wird und häufig nicht explizit vorhanden ist. Eine andere Definition bezeichnet die Information als den geglückten Transfer von Wissen.

Wenn die Mediation als ein kognitiver Prozess verstanden wird,3 verknüpft sich die Information eng mit dem Gedanken. Für die Mediation ist deshalb folgende Definition einschlägig:

 Merke:
Leitsatz 14431 - In der Mediation stellt die Information einen Wissensbaustein dar, der den Parteien Erkenntnisse ermöglicht, aus denen sich die Lösung herleiten lässt.

Informationshiererachie und Informationskontrolle

Die Macht in einer modernen Gesellschaft ist an die Information geknüpft. Wer die Kontrolle über die Information hat, hat die Macht. Die Kriegspropaganda, die wir aktuell in allen Nachrichten vorfinden, zeigt ihre Wirkung. Der Begriff der Informationshiererachie hat damit jedoch nur wenig zu tun. Der Begriff kommt aus der Informatik. Er wird zusammen mit dem Begriff der Informationsarchitektur verwendet. Es geht um die Organisation und die Strukturierung von Inhalten. Indem die Informationen in eine hierarchische Struktur eingeordnet wird, erleichtert sich der Zugang und ihre Auffindbarkeit. Die Gliederung eines Textes lässt die Struktur erkennen4 Die Informationsarchitektur wird in der Mediation mit dem Begriff der Mediationsarchitektur erfasst. Auch die Mediation bedient sich der Informationshiererachie. Die Hierarchie rgibt sich aus der Struktur des Verfahrens und der Strukturierung der Inhalte.

Die Frage der Informationsmacht wird mit dem Begriff der Informationshoheit angesprochen. Die Informationshoheit besagt, wer die Kontrolle über die Informationen hat.5 In einem sozialen System geht die Informationshoheit oft mit der sozialen Struktur (etwa in einem Unternehmen) einher. Informationen kommen nicht dort an, wo sie hingehören. Es gibt aber noch weitere Einflüsse die sich aus dem Gruppenverhalten der Komplexität des menschlichen Lebens ergeben. Grundsätzlich können Informationen von Außenseitern leicht überhört und ignoriert werden. Was können sie tun, um dennoch Gehör zu finden, wenn sie das, was sie zu sagen haben, für ganz wichtig halten?

Die Mediation stellt den dafür erforderlichen Rahmen zur Verfügung. Sie gewährt jedem Teilnehmer in gleicher Weise Gehör.6 In der Mediation gibt es keine Hierarchie. Die Informationen werden in den Gedankengang der Mediation eingeführt, wodurch sich ihre Struktur herstellt, die ihre Verarbeitung im Sinne einer Lösungsfindung ermöglicht. Die Informationshoheit wird somit dem Verfahren übertragen.

Informationshandling

Informationen sind relativ. Es gibt Informationen, die in der Mediation weiterhelfen und solche, die sie zunichte machen können. Für die Mediation kommt es also entscheidend darauf an, dass die hilfreichen Informationen erkannt und so herausgestellt werden, dass die Parteien darauf basierend die Lösung finden. Damit sie dieses Ziel erreichen, kommt es entscheidend auf einen präzisen Umgang mit den Informationen an. In dem Kapitel Sichtweisen finden Sie Beispiele, wie ungenau wir generell mit Informationen umgehen und welche Auswirkungen sich daraus ergeben. Ein sorgfältiger Umgang mit Informationen ist also nicht nur in der Mediation angebracht. Spätestens aber für die Mediation gilt die Grundregel:

 Merke:
Leitsatz 14435 - Je sorgfältiger die Informationen erfasst, verarbeitet und weitergegeben werden, umso besser gelingt der Verstehensprozess und umso leichter lässt sich Verstehen vermitteln. Auch würden sich Streitanlässe vermeiden lassen.

Das sogenannte Informationshandling bietet eine Hilfestellung, um den sorgfältigen Umgang mit Informationen in der Mediation sicherzustellen. Es setzt sich aus folgenden Schritten zusammen:

  1. Informationsaufnahme
  2. Informationsverarbeitung
  3. Informationsweitergabe

Die drei Schritte im Umgang mit Informationen gehen ineinander über. Die Verarbeitung hängt davon ab, was wie aufgenommen wurde. Die Weitergabe wiederum hängt davon ab, wie sich die Information in den Prozess der Mediation einfügt und zu kommunizieren ist. Es fällt auf, dass die drei Schritte im Ungang mit Informationen der Kognition entspricht.

Die Problematik der Informationsaufnahme und ihrer Weitergabe sind bereits mit den Kapiteln Wahrnehmung und Kommunikation angesprochen worden. Die Technik des präzisen Zuhörens ist dafür ein wichtiges Hilfsmittel. Um die zielführenden Informationen zu erkennen und gegebenenfalls anpassen zu können, muss der Verarbeitungszweck verstanden sein. Er ergibt sich aus der Zielsetzung der Mediation und ihrer Logik. Das Ziel ist eine Verstehensvermittlung. die Logik ist so aufgebaut, dass Lösungshindernisse aus dem Weg geräumt werden, die die Parteien davon abhalten, selbst die Lösung zu finden. Positiv formuliert achtet der Mediator also besonders darauf, welche Informationen wie zum wechselseitigen Verstehen beitragen können. Lesen Sie dazu bitte die folgenden Beiträge:

Die Mediationslogik Das präzise Zuhören

Hier soll die Frage im Vordergrund stehen, wie der Mediator mit der Information umzugehen hat, damit sie sich optimal in den Prozess der Mediation einfügen lässt. Nur so kann die Mediation ihre Wirkung entfalten. Jede Informationsaufnahme beginnt damit, dass sich der Mediator im Klaren ist, welche Information er braucht und welche er bekommen hat. Es geht also schon bei der Entgegennahme der Information darum, die Information dementsprechend zu qualifizieren.

Qualifikation

Einfach ausgedrückt ist die Information die schlichte Weitergabe von Wissen. Eine Desinformation ist die Weitergabe von Unwissen. Mithin gibt es weiterführende und irreleitende Informationen. Ob die Information die Weitergabe von Wissen oder Unwissen enthält, ist der Information selbst meist nicht zu entnehmen. Allerdings gibt die nicht explizit mitgelieferte Metainformation einen Hinweis auf den Informationsgehalt. Bei der Metainformation handelt es sich um eine Information über die Information. Die Metainformation besagt also, um welche Art Information es sich handelt. In manchen Fällen ist die Metainformation aufzudecken:

Beispiel 14212 - Das presserechtliches Trennungsgebot verlangt, dass eine Werbung, die wie ein redaktioneller Beitrag aufgemacht worden ist, als „Anzeige“ überschrieben sein muss.


In den meisten Fällen bleibt die Metainformation vedeckt. Anders ausgedrückt: Es bleibt dem Empfänger der Information überlassen, wie er damit umgehen will. Warum es wichtig ist, die Metainformation zu kennen, erschließtg sich am besten mit einem Beispiel aus der Informatik:

Beispiel 14432 - Stellen Sie sich vor, Sie lesen in einem Computertext auf dem Bildschirm folgendes: "Heute ist der 1. Januar 2020. Ich habe einen Bestand von zehn Münzen. Jeden Monat bekomme ich zwei Münzen dazu. Wie viele Münzen habe ich am 27. Oktober 2021?". Computer heißt auf Deutsch Rechner. Man sollte also annehmen, dass der Computer diese Frage selbst beantworten kann. Das kann er allerdings nicht ohne weiteres. Für den Computer stellt sich die Aussage zunächst lediglich als ein Text dar. Der Computer hat den Befehl umgesetzt, Textzeichen auf dem Bildschirm anzuzeigen. Mit Text kann er nicht rechnen. Dazu bedarf es der Zahlen. Dass der Textzahlen enthält, kann der Computer nicht wissen. Ebenso wenig weiß er, dass der Text Daten enthält. Diese Information muss im erst vermittelt werden. Es handelt sich um eine Metainformation, die dem Computer ansagt, dass zehn und zwei Zahlen sind und dass der 1. Januar 2020 oder der 27. Oktober 2021 ein Datum ist. Bei HTML wird die Metainformation als Tag im Text versteckt, so als wollte man dem Computer sagen: "jetzt kommt eine Zahl" und hier ist die Zahl zu Ende. Erst mit dieser Information kann der Computer Zahlen und Daten extrahieren und in Rechenprozesse einbeziehen.


So wie der Computer wissen muss, um welche Art Information es sich handelt, sollte auch der Mensch wissen, was er überhaupt für eine Information bekommen hat, ehe er sich auf deren Inhalt einlässt. Das Beispiel mit der Annonce verdeutlicht die Notwenigkeit, die Metainformation zu kennen und die Information zu identifizieren. Wenn der Leser weiß, dass es sich bei dem Text um eine Annonce handelt, wird er ihn anders bewerten, als das Ergebnis einer wissenschaftlichen Herleitung. Wenn ich weiß, dass die Information, die ich gerade bekommen habe, nur die Meinung einer anderen Person ist, gehe ich damit anders um, als wenn es sich um ein Fakt handelt. Mit der als Technik hinterlegten Unterscheidung zwischen Fakten, Meinungen und Emotionen, haben wir also Zugriff auf die ersten, grundlegenden Informationsqualitäten. Mit Meinungen kann und sollte man anders umgehen als mit Fakten.

Die Beispiele belegen, dass es viele unterschiedliche Arten von Informationen gibt. In der Mediation bezeichnen wir sie als Informationsdimensionen. Die Zuordnung der Informationsdimension entscheidet über ihre weitere Verwendung und Verarbeitung.

Zuordnung

Alle erforderlichen Informationen werden in den Prozess eingeführt, damit die Parteien voll informiert sind,7 bevor sie die Entscheidung treffen. Wie die Informationen in der Mediation erfasst und zusammengeführt werden ergibt sichaus der Mediationslogik. Das Konzept ist mit einem Puzzlespiel zu vergleichen, wo die Informationen Puzzlesteine einsortiert und angedockt werden, bis sich ein vollständiges Bild in den Köpfen der Parteien herstellt. Die folgende Grafik ergibt das Schema:

Erkenntnislandkarte

Die Informationen werden anhand der Metainformationen dimensioniert, sodass ihre Qualität sowohl auf der Fallebene wie auf der Sachebene identifiziert werden kann. Die Informationsdimensionen erlauben es nicht nur, die Mediation korrekt in den Prozess einzuordnen. Sie ermöglichen auch ihre dementsprechende Zuordnung. Entnehmen Sie Einzelheiten bitte den Beiträgen über die Metainformation und den Erkenntnisprozess der Mediation, der anhand der kognitiven Mediationstheorie näher beschrieben wird.

Die kognitive Mediationstheorie

Informationslücken

Informationslücken sind Informationen über fehlende Informationen. Um die Informationsdefizite zu erkennen, wird zunächst die Heuristik der Parteien transparent gemacht. Bedeutungen werden hinterfragt. Wahrnehmungs- und Denkfehler werden korrigiert. Sachverhalte werden ergänzt. Widersprüche werden aufgedeckt, usw.. Selbst bei sorgfältigstem Umgang mit Informationen können Lücken zurückbleiben. Jetzt gehört es zur Informiertheit, die Lücken und ihre Entscheidungsrelevanz aufzudecken. Dann wird mit den Parteien gemeinsam entschieden, wie damit umzugehen ist. Streitige Fakten können im Wege der Tatsachenklärung evaluiert werden. Es zählt zu den Aufgaben des Mediators oder der Mediatorin, auf Informationslücken hinzuweisen. Es ist nicht seine oder ihre originäre Aufgabe sie zu schließen. Die Informationsbeschaffung obliegt der Verantwortung der Parteien.8

Die Tatsachenklärung in der Mediation

Verbreitung

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Informationen zu verbreiten. Menge und Qualität spielen dabei ebenso eine Rolle, wie die Art und Weise ihrer Verbreitung. Bei einer interaktiven Informationsweitergabe wird die Information zum Bestandteil einer Kommunikation. Dort beschränkt sie sich nicht nur auf das gesprochene oder das geschriebene Wort. Sie erfasst auch sinnlich wahrnehmbare Informationen, die sich beispielsweise aus der Körpersprache ableiten lassen. Das Ziel der Kommunikation ist eine Informationsvermittlung mit einer möglichst geringen Fehleranfälligkeit. Die Mediation beschreibt, wie die zur Konfliktbeilegung erforderlichen Informationen in den zur Lösung führenden Gedanken zusammenzuführen sind.

Hinweise und Fußnoten

Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen

Bearbeitungsstand: 2022-09-12 18:55 / Version 23.

Aliase: Informationshandling
Siehe auch: Mediationstheorie, Metainformation

 
1 Die Aufgabe wird im Aufgabenverzeichnis erfasst als Informationen korrekt erfassen und zuordnen (Relevanz: erforderlich)
5 Siehe Nye (Informationshoheit) - 2023-02-03
6 Siehe Augenhöhe
8 Die Aufgabe wird im Aufgabenverzeichnis erfasst als Informationslücken aufdecken (Relevanz: erforderlich)


Based on work by Arthur Trossen
Page last modified on Monday June 5, 2023 04:40:56 CEST.