Lösungen in der Mediation
Es ist wichtig, dass der Mediator erkennt, wann und wie von Lösungen die Rede ist. Die Lösungen werden erst in der 4.Phase erarbeitet. Sie werden zurückgestellt, bis die Interessen offengelegt wurden. Die Interessen beschreiben den erwarteten Nutzen und bilden die Kriterien für die gefundene Lösung.
Wie geht das denn?
Lösungen beschreiben das Wie.
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Definition
Der Begriff der Lösung hat unterschiedliche Konnotationen1 , aus denen sich unterschiedliche Lösungswege ergeben. In der Mediation beschreibt die Lösung den Weg, wie ein Interesse umzusetzen ist. Sie sollte niemals mit dem Interesse selbst verwechselt werden. Es ist nicht immer leicht, die Lösung von Argumenten, Positionen, Themen und Interessen abzugrenzen. Als Faustformel mögen die Frage Formen helfen:
- Position → "Was willst du haben?"
- Interesse → "Wozu brauchst du das?"
- Lösung → "Wie kommen wir dorthin?"
Die Lösung (i.S.d. Mediation) beschreibt also immer den Weg, wie eine Befriedigung (der vorgestellte Nutzen) zu realisieren ist.
Beispiele
Das Interesse ist immer das Motiv, etwas zu bekommen. Die Lösung betrifft die Frage, wie man es bekommt.
Interesse | Lösungsbeispiel |
---|---|
Altersvorsorge | Versorgungsausgleich durchführen |
Kinderbetreuung | Umgang regeln |
Beziehung verbessern | Kommunikation regeln |
Geborgenheit | Wohungszuweisung |
Ruhe | Partyverbot |
Natürlich können die in den Beispielen angerissenen Lösungsvorschläge auch ganz anders aussehen. Werden ein oder mehrere Vorschläge akzeptiert, müssen sie in konkrete Vereinbarungen übersetzt werden. Die Vereinbarungen gehen darauf ein, wie sich die Lösung konkret und verbindlich darstellt und wie ihre Umsetzung vorzunehmen und sicherzustellen ist.
Die Lösung als Problem
Wie Watzlawick eindrucksvoll belegt,2 kann das Fakussieren der Lösung (die sich in der Position verwirklicht) den gedanklichen Fokus so stark einengen, dass die (manchmal naheliegende) nachhaltige Lösung nicht gesehen wird. Die Mediation führt die Gedanken also nicht in das mit der Lösung verknüpfte Problem hinein, sondern um das Problem herum, sodass den Parteien plötzlich Lösungen in den Sinn kommen, an die vorher niemand gedacht hat.
Die Gedankenwelten der Mediation
Lösungskriterien
Die Suche nach einer Lösung beginnt, nachdem die Phase drei abgeschlossen ist. Die zuvor herausgearbeiteten Interessen (Motive) bilden jetzt die Kriterien, an denen die gefundene Lösung zu messen ist. Die Suche selbst fällt in die Kreativphase der Mediation. Es kommt darauf an, möglichst viele Ideen zu sammeln, aus denen sich eine Lösung herausarbeiten lässt. Die Ideen werden als Lösungsoptionen bezeichnet.
Lösungsoptionen
Die Lösung wird aus Vorschlägen gebildet, die die Parteien zu Beginn der 4.Phase angesammelt haben. Es kommt darauf an, möglichst viele Lösungsideen zu entwickeln. Das Denken soll zugunsten der Kreativität unterdrückt werden. Auch sollen Diskussionen über einzelne Vorschläge zurückgestellt werden. Sie hindern den kreativen Prozess und verleiten zum Streit.
Kreativität. Notwendigkeit und Grenzen
Die Lösungsoptionen sind nur Vorschläge und noch völlig unverbindlich. Im Idealfall sind es Angebote, die an die Gegenseite gerichtet werden und die sie bereit ist anzunehmen. Sobald hinreichend brauchbare Lösungsvorschläge gesammelt wurden, beginnt die eigentliche Verhandlung. Die Vorschläge werden bewertet und austariert, bis sich eine brauchbare (umsetzbare) Lösung herausbildet.
Lösungsalternativen
Die Parteien sollen zwischen mehreren Lösungen entscheiden können, um die für sie beste Lösung herauszufinden. Diese Anforderung geht auf das Harvard-Konzept zurück. Dabei wird die beste der Mediation gegenüberzustellende Lösung als Ausstiegsszenario beschrieben3 . Wo keine parteiliche Beratung erforderlich ist, kann der Mediator mit den Parteien Lösungsalternativen erarbeiten. Wenn eine parteiliche Beratung eingeholt wird, sollten die Parteien das Beratungsergebnis in die Mediation zurückbringen und als Alternative vorschlagen.
Lösungsbewertungen
Die Gegenüberstellung von Alternativlösungen stellt bereits eine Lösungsbewertung dar. Sie geht aber nicht weit genug, weil sie die Verwertbarkeit der gefundenen Lösung nicht bewertet. Insgesamt ist die Bewertung der Lösung an folgenden Kriterien zu messen:
- Alternative: Siehe oben unter Lösungsaltrenativen. Es wird festgestellt, dass es keine bessere Alternative für eine der Parteien gibt.
- Umsetzbarkeit: Es wird geprüft, ob und inwieweit die Lösung zu realisieren ist. Hier geht es um Fragen ihrer Verwirklichung. Gegebenenfalls ist die Vollstreckung anzusprechen oder die Frage.
- Nachhaltigkeit: Prüfung der Wireksamkeit, der Bestandskraft und der Änderungsanfälligkeit
- Zielerreichung: Prüfung, ob die Lösung den in der 3.Phase erarbeiteten Kriterien entspricht.
Bedeutung für die Mediation
Dass die Lösungen in der strikt zu separierenden 4.Phase gesammelt werden, erklärt sich aus dem Kognitionsprozess, der im Hintergrund zur Mediation läuft und dem Streitverhalten.
- Kognition: Sie kennen das Phänomen, dass Sie erst das Gesuchte finden, wenn Sie aufhören, daran zu denken. Ähnlich ist es in der Mediation, wo es auch darum geht, etwas zu finden. Dass die Lösung, also das was zu finden ist, aus dem Blick genommen wird, erweitert den gedanklichen Radius und die Wahrnehmung.
- Streitverhalten: Sie können beobachten, dass eine zu früh eingebrachte Lösung sofort zur Eskalation führt.
Die korrekte Positionierung der Lösungssuche im Verfahren ist deshalb ein wesentlicher Schritt für das Gelingen der Mediation. Die Lösung ist vom Ergebnis der Mediation, also ihrer Umsetzung zu unterscheiden. Die Abschlussvereinbarung ist deshalb von der Lösung zu unterscheiden. Sie ist nicht das der Zielvereinbatung entsprechende Ziel der Mediation, sondern bereits der erste Schritt in die Umsetzung der gefundenen Lösung.
Was tun wenn ...
- Thema und Lösung werden verwechselt
- Die Partei will eine Lösung durchsetzen (erzwingen)
- Der Mediator unterscheidet nicht zwischen Interesse und Lösung
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Interventionenverzeichnis
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Alias: Lösung
Siehe auch: Lösungsweg, Ausstiegsszenario
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