Lade...
 

Rechtsanwälte

Wissensmanagement » Sie befinden sich auf einer Themenseite zum Titel Parteien im Abschnitt Verfahren des Mediationshandbuchs in der Abteilung Wissen. Die Stellung der Rechtsanwälte spielt in der Mediation eine wichtige Rolle, die einer Auseinandersetzung bedarf. Beachten Sie bitte auch:

Recht Parteien Dritte Rechtsanwälte Anwaltsmediator Beratung Kooperative Praxis Abgrenzung zum Recht 

Anwälte, damit sind Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gemeint, können im Zusammenhang mit der Mediation ganz unterschiedliche Rollen einnehmen. Möglich sind:

  • Anwalt als Parteivertreter
  • Anwalt als Beistand
  • Anwalt als Berater
  • Anwalt als Mediator
  • Anwalt als Vermittler

Wenn der Anwalt als Berater oder Beistand an der Mediation teilnimmt, ist er Dritter i.S.d. Mediationsgesetzes. In diesem Beitrag soll auf die unterschiedlichen Rollen des Anwalts in oder bei der Mediation eingegangen werden.

 Merke:
Leitsatz 4289 - Der Mediator ist stets verpflichtet, die Rolle eventuell zu beteiligender Anwälte zu klären!

Berufsrechtliche Grundlagen für Rechtsanwälte

Das Berufsrecht der Anwälte ist in Deutschland im Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) geregelt. Die BRAO ist das grundlegende Gesetz für die Anwaltschaft und enthält Bestimmungen über die Zulassung zur Anwaltschaft, die Aufgaben und Pflichten von Anwälten sowie die Organisation der Anwaltschaft. Daneben gibt es noch weitere wichtige Vorschriften wie die Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA), die Fachanwaltsordnung (FAO), das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG), das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Grundlage anwaltlichen Handelns ist §1 Abs. 3 BORA. Dort wird ausgeführt:

Als unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten hat der Rechtsanwalt seine Mandanten vor Rechtsverlusten zu schützen, rechtsgestaltend, konfliktvermeidend und streitschlichtend zu begleiten, vor Fehlentscheidungen durch Gerichte und Behörden zu bewahren und gegen verfassungswidrige Beeinträchtigung und staatliche Machtüberschreitung zu sichern.

Der Anwalt als Parteivertreter

Grundsätzlich soll die Partei für sich selbst auftreten. Der Anwalt hat also in der Mediation originär nicht die Rolle eines Parteivertreters. Die Parteien sollen für sich selbst sprechen und nicht durch ein "Mietmaul".

Allerdings geschieht es beispielsweise in der Wirtschaftsmediation aus gutem Grund des Öfteren, dass der Anwalt (etwa als Justiziar eines Unternehmens) als Vertreter in der Mediation auftritt. Eine juristische Person kann ohnehin nur durch einen Vertreter handeln. Wenn der Anwalt mit den nötigen Vollmachten ausgestattet ist, kann er zumindest formal für die Streitpartei auftreten. Bedenklich ist die Vertreterrolle, wenn die Partei (bzw. der originäre Vertreter einer juristischen Person) ebenfalls anwesend ist. In dem Fall muss der Mediator fragen, warum eine weitere Person bevollmächtigt werden soll und ob die Organschaft der Partei oder die Partei selbst nicht in der Lage ist, die notwendigen Entscheidungen zu treffen. Der Mediator sollte auch die Eigenverantwortlichkeit der Partei thematisieren und prüfen, inwieweit sie gewahrt ist.

In jedem Fall muss der Mediator klären, ob die Parteirolle, die der Anwalt gegebenenfalls in der Mediation einnimmt, ihm eine ausreichende Vertretungsbefugnis einräumt und ob eine Vertretung in der Mediation überhaupt opportun ist. Anwälte verstehen sich als Interessenvertreter. Der Mediator sollte bedenken, dass Anwälte den Begriff Interessen gerne, anders als in der Mediation, als Synonym für den Begriff der Position verwenden. Er sollte sich also in jedem Fall ein Bild davon machen, ob und inwieweit ein anstelle der Partei erscheinender Parteivertreter in die Motivlage der Partei involviert ist und über diese Auskunft geben kann. Auch ist zwischen der Abschluss- und der Verhandlungsvollmacht unterscheiden. In jedem Fall ist eine Abstimmung mit allen Beteiligten erforderlich, um zu prüfen, ob in der personellen Konstellation eine Verhandlungsbereitschaft (eine Bereitschaft die Mediation fortzusetzen) besteht.

Der Anwalt als Beistand

Parteien, die sich verhandlungsschwach oder dem Gegner unterlegen fühlen, können sich besser in die Mediation einbringen, wenn sie in Begleitung eines Beistandes erscheinen. Eigentlich wäre es die Aufgabe des Mediators mithilfe seiner Allparteilichkeit, eine Balance zwischen den Parteien herzustellen, sodass diese auf gleicher Augenhöhe verhandeln können. Die Anwesenheit eines Beistandes kann ihm diese Aufgabe jedoch erleichtern, sodass die Anwesenheit eines Beistandes durchaus im Sinne der Mediation ist. In jedem Fall zu prüfen, ob durch die Anwesenheit des Beistandes eine I innbalance in der Verhandlung entsteht oder nicht. das bloße numerische Ungleichgewicht (auf der einen Seite ist eine Person auf der anderen sind zwei) muss nicht zwingend eine Inbalance bedeuten. Im Gegenteil kann sie auch Balance herstellen.

Der Beistand ist „dritte Person" im Sinne des Mediationsgesetzes (vgl. § 2 Abs. 4 Mediationsgesetz). Die Anwesenheit einer dritten Person ist nur im Einvernehmen mit allen Beteiligten möglich.

 Merke:
Leitsatz 4290 - Es ist wichtig darauf zu achten, dass der Gesetzgeber die Parteien und die Teilnehmer in einer Mediation NICHT unter Schweigepflicht gesetzt hat. Dies hat der Mediator gegebenenfalls mit dem Mediationsvertrag oder der Mediationsdurchführungsvereinbarung nachzuholen

Der Anwalt als Berater

Der Anwalt kann in seiner Funktion als Berater vor, während, neben, in und jenseits der Mediation tätig werden. Die unterschiedlichen Rollen werden nachfolgend als Berater außerhalb der Mediation und Berater im Zusammenhang mit der Mediation unterschieden.

Berater außerhalb der Mediation
Der Anwalt muss nur über das materielle Recht, sondern auch über die Möglichkeiten der Rechtsverfolgung beraten. Diese Beratungspflicht erweitert sich zunehmend auf die Konfliktbeilegung und die Konfliktvermeidung. Konflikt und Recht unterscheiden sich. Auch die Herangehensweise bei einer Konfliktlösung und der Lösung eines Rechtsproblems sollten deutlich voneinander unterschieden werden. Um sicherzustellen, dass der Anwalt vor einer Klageerhebung darüber beraten hat, verlangt § 253 ZPO beispielsweise, die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen. Mithin ist ein Clearing durchzuführen, ehe eine Klage erhoben wird.
Berater im Zusammenhang mit der Mediation
Im Zusammenhang mit der Mediation kann der Anwalt als Berater im HIntergrund auftreten, ohne dass die Beratung aufgedeckt wird. Er kann im Hintergrund auftreten als nicht präsenter Pateiberater und er kann aktiv als Berater in die Mediation eingebunden werden. In allen Fällen wird die Rechtsberatung bedeutsam, weil die Mediation, auch nicht von einem Anwaltsmediator, den Bedarf einer parteilichen Beratung abdecken kann. Die Hinzuziehung eines Beraters ist deshalb zwingend zu gewähren. §2 Abs. 6 Mediationsgesetz verpflichtet den Mediator sogar über den Beratungsbedarf zu informieren. Wie der Berater in die Mediation eingebunden wird hängt davon ab, ob und wie das Verfahren dadurch gefördert wird. Die Präsenz des Beraters hat den Vorteil, dass die Mediation nicht unterbrochen werden muss, wenn ein Beratungsbedarf aufkommt. Aber auch hier kann es zu einer Inbalance kommen, wenn nur eine Partei einen Berater hat. Der Mediator sollte diese Frage thematisieren und mit den Parteien abstimmen, wie der Berater gegebenenfalls hinzuzuziehen ist. Wenn der Anwalt als präsenter Berater in die Mediation eingebunden wird, fungiert er als sogenannte „dritte Person" im Sinne des Mediationsgesetzes. Seine Anwesenheit ist deshalb nur im Einvernehmen mit allen Beteiligten möglich. Glichgültig in welcher Rolle der Mediator in die Mediation eingebunden ist, sollte stets darauf geachtet werden, dass er in die Schweigeverpflichtung über die Mediation eingebunden wird. Geschieht dies nicht, mag er in seiner Rolle als Parteivertreter Informationen im späteren Gerichtsprozess verwerten, die er dann gegebenenfalls sogar zeugenschaftlich selbst bekunden kann.

Der Anwalt als Mediator

Anwälte bezeichnen sich gerne als Anwaltsmediator, wenn sie in der Rolle als Mediator auftreten. Auch hier gilt über §2 Abs. 1 Mediationsgesetz, dass die Parteien mit der Wahl des Mediators einverstanden sein müssen. Der Anwalt muss seine Rolle als Mediator besonders deutlich gegen die Rolle, die er üblicherweise als Anwalt einnimmt, abgrenzen.1 Zwar wird die Tätigkeit als Mediator dann, wenn sie von einem Rechtsanwalt vorgenommen wird, als Teilbereich der anwaltlichen Berufstätigkeit angesehen.2 Andererseits ist die Mediation nach §2 RDG keine Rechtsdienstleistung, "sofern die Tätigkeit des Mediators nicht durch rechtliche Regelungsvorschläge in die Gespräche der Beteiligten eingreift".3

Wenn der Anwalt als Mediator tätig wird, ergeben sich seine Rolle und die dienstvertraglichen Pflichten aus dem Mediationsgesetz. Das Mediationsgesetz ist in dem Fall ein vorrangiges Spezialgesetz. Zwar besagt §18 BORA, dass der Anwalt, der als Vermittler, Schlichter oder Mediator tätig wird, den Regeln des anwaltlichen Berufsrechts unterläge. Zu bedenken ist jedoch, dass die BORA lediglich eine Satzung darstellt, die ein Gesetz nicht verdrängen kann. In der Mediation ist der Anwalt weder Berater noch Vertreter der Parteien. Wenn der aus §18 BORA dem Anwalt als Mediator Rechtsberatungsverpflichtungen unterstellt, entsteht eine Kollision mit dem Mediationsverständnis. Daran gemessen sind sowohl das BGH-Urteil wie auch §18 BORA außerordentlich problematisch. Ganz abgesehen von der Frage, ob §18 BORA überhaupt verfassungskonform ist.4

Anwaltsmediator

Der Anwalt als Vermittler

Die oben zitierte BORA beschreibt die Tätigkeit des Anwalts als Als unabhängiger Berater und Vertreter. Schon die Tatsache, dass er auch als Mediator fungieren kann, geht über diese Funktionen hinaus. Der Mediator wird dann als Vermittler tätig. Die Mediation ist nicht die einzige Form der Vermittlung und der außergerichtlichen Streitbeilegung, die sich auf das Dienstleistungsangebot der Anwälte auswirkt. Umso wichtiger ist es, die Möglichkeiten der Konfliktbeilegung auseinander zu halten. Ein Grundproblem ist das juristische Denken. Juristen neigen dazu, die Welt aus einer juristischen Sicht zu beschreiben und wahrzunehmen. Damit einher geht jedoch eine Reduktion der Komplexität, die dem Konflikt nicht immer gerecht wird. Das nachfolgende Beispiel soll das Problem verdeutlichen:

Beispiel 11929 - Ein Betrunkener sucht auf eine Straße unterhalb einer Laterne etwas. Der Streifenpolizist begegnet diesem Mann auf seiner Streife, die genau an der Laterne vorbeiführt. Er erkundigt sich, was er denn da mache. Der Betrunkene sagt: "Ich suche meinen Schlüssel". Der Polizist wünscht viel Glück bei der Suche und setzt seine Streife fort. Nach etwa einer halben Stunde kommt er wieder an die Stelle und beobachtet, dass der Betrunkene noch immer nach seinem Schlüssel sucht. Der Polizist fragt: "Na, haben sie ihren Schlüssel noch nicht gefunden?". Der Betrunkene antwortet "Nein". Der Polizist fragt, um zu helfen: "Wo haben Sie den Schlüssel dann genau verloren?". Zu seiner Überraschung antwortet der Betrunkene: "Da hinten im Busch" und zeigt auf ein Gestrüpp, dass einige Meter von dem Ort entfernt war, wo er sucht. Der Polizist fragt neugierig: "Warum suchen Sie hier unter der Laterne, wenn Sie den Schlüssel da hinten verloren haben?". Der Betrunkene antwortet: "Da hinten ist kein Licht!".


Die Suche unter der Laterne wäre mit dem juristischen Denken zu vergleichen. Dort sieht man zwar alles, aber niemand hat dort etwas verloren. Der dunkle Busch wäre mit dem konflikbezogenen, psychologischen Denken zu vergleichen. Man weiß gar nicht so recht wonach zu suchen ist, aber da findet man was verloren wurde. Auch das Berufsbild des Anwaltes unterliegt einem Paradigmenwechsel. Je mehr er über die Mediation lernt, umso größer wird sein Verständnis für das konflikthafte Verhalten und die beschränkten Möglichkeiten der Rechtsanwendung, wenn es um die Konflikltbeilöegung geht. Daraus ergeben sich unterschiedliche Anwendungen:

  1. Mediative Beratung: Dass eine Beratung mit mediativen Techniken angereichert wird, ist auch in der Rechtsberatung durchaus sinnvoll. Mit Blick auf den eingangs zitierten § 1 Abs. 3 BORA ist die Anreicherung sogar geboten.
  2. Doppelberatung: Die Auffassung, dass eine gemeinsame Beratung der Eheleute mit dem Ziel einer einvernehmlichen Scheidung im Grundsatz möglich sei, setzt sich mehr und mehr durch.5 Dieses Beratungsmodell wäre allerdings eine Alternative und kein Ersatz für Mediation.
  3. Integrierte Mediation: Bei diesem Konzept werden Methoden, Techniken und Anforderungen der Mediation wo weit in die Beratungsleistung integriert, dass sich methodisch eine vollwertige Mediation abbildet.6
  4. Kooperative Praxis: Kooperative Praxis – auch „Cooperative Praxis“ oder „CP-Verfahren“ genannt – ist ein Konzept, das Rechtsvertretung und die Methodik der Mediation in einen Auftrag integriert. Das Verfahren ist in den USA sehr erfolgreich und seit einigen Jahren auch in Deutschland präsent. Hier wird das Verfahren kurz vorgestellt. Siehe Kooperative Praxis

Bedeutung für die Mediation

Der Anwalt kann einen konstruktiven Beitrag zur Mediation leisten. Er kann die Mediation aber auch behindern, wenn er sich mit dem Verfahren nicht auskennt oder andere Interessen verfolgt. Eine konstruktive Strategie besteht darin, den Anwalt in die Mitverantwortung für das Gelingen der Stategie einzubeziehen. Ein Merkblatt für Anwaltsberater kann ihn dazu einladen, wenn er nicht aktiv in die Mediation eingebunden wird.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten

Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen

Bearbeitungsstand: 2023-04-24 18:08 / Version 29.

Alias: Rechtsanwalt, Rechtsanwältin
Siehe auch: Anwaltsmediator, Parallelprozesse
Prüfvermerk:


Based on work by Bernard Sfez und anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Donnerstag März 28, 2024 19:25:40 CET.

Durchschnittliche Lesedauer: 9 Minuten