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Regeln und Grundsätze der Mediation

Wissensmanagement » Diese Seite gehört zum Fachbuch Mediation in der Wiki-Abteilung Wissen. Sie befinden sich auf der Themenseite Grundsätze zum Titel des 4. Buchabschnitts Prozess. Eine logische Zuordnung ergibt sich auch zum Thema Prägung im Abschnitt Mediationen

Prozess Prägung Eigenschaften Rollen Grundsätze Freiwilligkeit Offenheit Eigenverantwortlichkeit

Worum es geht: Es ist gar nicht so einfach Regeln für ein flexibles Verfahren festzulegen. Die Vorschriften, an denen sich die Mediation orientiert finden sich im Mediationsrecht. Aber auch sie sind nicht wirklich eindeutig. Deshalb sollen die Grundsätze dazu beitragen, um eine Orientierung zu geben. § 2 Mediationsgesetz erwartet vom Mediator, sich zu vergewissern, dass die Parteien die Grundsätze und den Ablauf des Mediationsverfahrens verstanden haben. Was ist damit gemeint? Genügt das Wissen über den Ablauf und die Grundsätze, um die Mediation auch zu verstehen?

Einführung und Inhalt: Die Grundsätze der Mediation werden auch Prinzipien genannt. Sie geben eine Orientierung und helfen bei der korrekten Umsetzung der Mediation. Wenn die Mediation als ein Weg beschrieben wird, wären die Grundsätze mit den Leitplanken zu vergleichen, die den Weg eingrenzen. Sie sind mehr als nur eine Orientierungshilfe. Sie legen auch die Pflichten des Mediators fest. Die Grundsätze spielen deshalb auch bei der Frage der Haftung eine entscheidende Rolle. Der Mediator sollte sie im Einzelnen kennen und genau verstehen, welche Anweisungen sich aus ihnen ableiten.

Was ist mit Grundsätzen der Mediation gemeint?

Der Gesetzgeber verwendet den Begriff in § 2 Mediationsgesetz. Er unterscheidet die Grundsätze vom Ablauf und bezieht beides auf das Verfahren, nicht auf die Mediation schlechthin! Ein Begriff, den das Gesetz nicht explizit erwähnt, obwohl er zur Abgrenzung notwendig ist, sind die Eigenschaften. Nur die Eigenschaftsmerkmale sind in der Lage, den Charakter des Definiendums zu beschreiben. Somit können nur sie das Wesen der Mediation zum Ausdruck bringen, was wiederum zum Verständnis ihrer Andersartigkeit unerlässlich ist. .

 Merke:
Leitsatz 9664 - Es ist unbedingt erforderlich, die Eigenschaften von den Prinzipien zu unterscheiden. Die Eigenschaften definieren den Charakter der Mediation, die Grundsätze sollen die Eigenschaften verwirklichen!

Um zu verstehen, was mit den Grundsätzen gemeint ist, sind die im Gesetz verwendeten Begriffe Grundsätze und Ablauf gegeneinander abzugrenzen. Offensichtlich ist der Ablauf der Mediation kein Grundsatz und auch keine Eigenschaft. Und dennoch steht er damit im Zusammenhang, zumindest wird er von den Grundsätzen beeinflusst.

Ablauf (Phasen)
Der Ablauf betrifft das Verfahren, also den Vorgang des Mediierens. Er vollzieht sich mit der Phasenkonsistenz und orientiert sich an dem Zweck bzw. der Zielausrichtung der Mediation. Der Ablauf unterliegt grundsätzlichen Regeln. Sie werden als Grundsätze bezeichnet und sollen den korrekten Ablauf der Mediation gewährleisten. Der Ablauf wird durch die Phasen bestimmt. Die Phasen geben dem Mediator den Arbeitsauftrag, der in eine Methodik zu übersetzen ist. Weder die Grundsätze noch der Ablauf sind in der Lage, die Vorgehensweise in der Mediation hinreichend zu bestimmen. Sie nehmen zwar Einfluss auf die Methodik, sind wie die Methodik aber nur Bauteile, die zur Konstruktion der Mediation eine wenn auch wichtige Rolle spielen.
Grundsätze (Regeln)
Ein Grundsatz ist nichts anderes als eine Regel. Im Fall des §2 Mediationsgesetz ist es eine Regel für die Durchführung der Mediation. Der Mediator kennt die Regeln als die Prinzipien der Mediation. Sie sind für ihn eine wichtige Orientierungshilfe. Juristisch kann allerdings nur verbindlich sein, wozu der Mediator verpflichtet ist. Die Verpflichtung muss sich aus einer Rechtsgrundlage herleiten lassen. Es gibt unterschiedliche Rechtsquellen, die als Rechtsgrundlage für die Grundsätze der Mediation in Betracht kommen.

Woher kommen die Grundsätze?

Bevor das Mediationsgesetz in Kraft getreten war, hatten die Verbände über Selbstverpflichtungen und Standards darauf hingewirkt, die Prinzipien der Mediation als verbindlich zu etablieren. Seit dem Mediationsgesetz sind die tragenden Grundsätze im Gesetz geregelt und allgemein verbindlich geworden.

 Merke:
Leitsatz 4607 - Ein Verstoß gegen (verbindliche) Prinzipien stellt zugleich eine (mögliche) Pflichtverletzung dar.

Die Pflichten des Mediators gehen über die Beachtung der Grundsätze hinaus. Sie sind im Pflichtenverzeichnis im Einzelnen aufgeführt.
Die Prinzipien beschreiben die grundsätzlichen Regeln. Sie werden aus folgenden Rechtsquellen hergeleitet:

Mediationsgesetz
Der Gesetzgeber legt in § 2 Abs. 2 MediationsG besonderen Wert darauf, dass die Grundsätze der Mediation von den Parteien verstanden werden. Mit den Grundsätzen sind die Prinzipien gemeint. Die Prinzipien werden im Gesetz als solche nicht ausdrücklich aufgeführt. Das Gesetz trifft deshalb keine Aussage darüber, ob die unzusammenhängend und verstreut erwähnten Prinzipien enumerativ und abschließend sind. Weil die Mediation ein informelles, mit den Parteien verhandeltes Verfahren ist, können die Prinzipien natürlich erweitert werden.
Standards
Neben dem Mediationsgesetz haben die Verbände Standards zur Mediation festgelegt. Das Mediationsgesetz hat sich an diesen Standards orientiert und die wesentlichen Grundsätze im Gesetz übernommen. Es gibt also eine große Schnittmenge.
Vereinbarung
Es steht den Parteien frei, mit dem Mediator weitere Grundsätze zu vereinbaren oder bestehende Grundsätze zu konkretisieren, um den individuellen Verfahrensstil herauszustellen. Die Vereinbarungen dürfen nicht den gesetzlichen Grundsätzen widersprechen. Die Regeln des Verfahrens werden in der Mediationsdurchführungsvereinbarung festgelegt.
 Merke:
Leitsatz 16698 - Einige Grundsätze sind zwar ein logischer Bestandteil des Verfahrens. Wenn sie jedoch Handlungs- oder Unterlassungsverpflichtungen begründen sollen, müssen sie vertraglich (am besten in der Mediationsdurchführungsvereinbarung) festgelegt werden. Ihre explizite Vereinbarung hilft auch bei der Festlegung, welche Grundsätze anzuwenden sind und welche nicht.

Mediationsgesetz Standards Durchführungsvereinbarung Phasenlogik Pflichtenverzeichnis 

Welche Grundsätze gibt es?

Ohne an dieser Stelle darauf einzugehen, ob es die Big Five oder die 7 Reiter der Mediation sind, mit denen die prägenden Prinzipien aufgezählt werden, endet die Zählung aktuell bei 31 Grundsätzen. Sie werden in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellt. Soweit sie im Gesetz erwähnt sind, wird die Rechtsquelle (im Popup-Fenster) angezeigt. Die römischen Ziffern betreffen die Absätze.

  Das Verzeichnis der Grundsätze

Das Grundsatzverzeichnis wird ständig aktualisiert. Sie können helfen. Sollten Sie einen Grundsatz vermissen oder anders definieren, geben Sie bitte einen Hinweis, wenn Sie die Änderung nicht selbst einbringen.

Legende: Sie können die Fundstelle des angezeigten Grundsatzes öffnen, wenn Sie mit der Maus über den Link des Eintragses fahren. Dann öffnet sich ein Popup-Fenster, wo Sie nur auf Anzeigen klicken müssen, um den Beitrag zu öffnen. Sie können die Grundsaätze auch nach den Adressaten sortieren, sodass Sie auf einen Blick erkennen können welche Beteiligten betroffen sind. Sie ändern die Sortierung, wenn Sie auf den Eintrag der Spaltenüberschrift klicken.

Müssen alle Grundsätze beachtet werden?

Ja und nein. Beachtet werden müssen sie schon. Das ist eine Aufgabe des Mediators.1 Die Frage ist nur, ob man sich mit jedem Grundsatz explizit auseinandersetzen und jeden Grundsatz in die Mediation einführen muss. Um sich dieser Frage zu nähern, sollten Sie sich im Klaren sein, dass die vorstehende Zusammenstellung auf verschiedenen Quellen und Praktiken basiert. Es kann also durchaus sein, dass Sie einzelnen Prinzipien hier zum ersten Mal begegnen. Wenn bei anderen Quellen nicht alle Prinzipien aufgeführt werden, kann das damit zusammenhängen, dass manche Prinzipien in anderen aufgehen.

Beispiel 15840 - Manche Mediatoren weisen explizit darauf hin, dass die Parteien kooperieren müssten. Manche führen auch den Grundsatz der Kooperation als ein beachtenswertes Prinzip ein. Wenn sie jedoch die Mediation als ein Suchprozess gestalten, ist die Kooperation eine automatische Folge und die dominante Strategie. Das Prinzip muss nicht explizit genannt werden. Trotzdem muss es beachtet werden. Auch sollten die Parteien es verstanden haben.


Es würde die Parteien überfordern, wenn der Mediator alle Grundsätze einführt und darüber in der ersten Phase doziert, was das Gesetz zu erwarten scheint. Wie das Beispiel belegt, gehen viele Grundsätze in anderen auf. Der Grundsatz der Transparenz ist beispielsweise eine Bedingung für den Grundsatz der Informiertheit. Das Konsensprinzip ist eine Folge der fehlenden Entscheidungsbefugnis usw. Umgekehrt kann es sein, dass ein Prinzip erwähnt wird, das hier (noch) nicht aufgeführt wurde. Prinzipien lassen sich leicht kreieren. So könnte auch das Prinzip des Zuhörens eingeführt werden, um die Bedeutung des Zuhörens im Rahmen des Verstehensprozesses herauszustellen und um beispielweise darauf hinzuwirken, dass ein Mediator eine Rückmeldung abgibt, bevor er eine Frage stellt. Das Gesetz verlangt zwar im §2 Mediationsgesetz, dass der Mediator sich vergewissert, dass die Parteien den Ablauf und die Grundsätze der Mediation verstanden haben. Er muss dafür eine Auswahl treffen und wissen, welche Grundsätze zum Verständnis des Prozesses zu beachten sind.

 Merke:
Leitsatz 15841 - Es kommt darauf an die Informationen an die Parteien so zu bündeln, dass sie den andersartigen Prozess der Mediation verstehen und sich aktiv in diesem Prozess bewegen können.

Natürlich müssen in einem Mediationsverfahren alle Grundsätze beachtet werden, die im Gesetz erwähnt sind. Das sind die folgenden:

Die Auffassung von Lindemann/Maer/Osterfeld, dass die Mediation (lediglich) durch zwei Prinzipien geprägt werde, die Freiwilligkeit und die Unabhängigkeit, würde schon dem Gesetz widersprechen.2 Das Gesetz nennt insgesamt 8 Prinzipien. Seine Aufzählung ist allerdings unvollständig. Es fehlen beispielsweise die essenziell wichtige Lösungs- und die Gesprächsoffenheit. Auch die Informiertheit kommt zu kurz. Die Freiwilligkeit wird dafür mehrfach erwähnt.

Kennen, benennen und verstehen der Grundsätze

Ohne sich auf eine Zahl festzulegen, verlangt das Gesetz ganz allgemein, dass die Grundsätze des Verfahrens verstanden wurden. Damit können nur die prägenden Grundsätze gemeint sein. Das sind diejenigen Grundsätze, die den inneren Zusammenhang der Mediation erschließen und ihre Besonderheit herausstellen. Alle anderen Grundsätze können bei Bedarf während des Prozesses nach vorne gestellt werden. Den Zeitpunkt bestimmt der Mediator. §2 Mediationsgesetz besagt nicht, wann die Parteien welche Grundsätze des Mediationsverfahrens verstanden haben sollen. Der Mediator sollte sie aber kennen und wissen, wann er sie einführt. Auch bei der Information über die Grundsätze kommt es entscheidend darauf an, dass er sie in die Logik der Mediation einbinden kann.

Auf der Suche nach den prägenden Grundsätzen löst sich die scheinbare Willkürlichkeit auf, wenn die Prinzipien nach ihrem Bezug eingeordnet werden. Nach Trossen sind die Grundsätze der Mediation "lediglich" Bedingungen. Ihre Aufgabe besteht darin, die Eigenschaften der Mediation zu verwirklichen.3 Keinesfalls sind die Grundsätze isoliert zu betrachten, wenn sie insgesamt dazu beitragen sollen, die korrekte Ausführung der Mediation sicherzustellen. Um die Grundsätze korrekt zu verstehen, muss also bekannt sein, welche Eigenschaft verwirklicht werden soll. Unter Zugrundelegung dieser Logik kann festgestellt werden, dass die Eigenverantwortlichkeit das Kommunikationsmodell verwirklicht. Die Offenheit verwirklicht das gedankliche Konzept. Die Freiwilligkeit unterstützt wiederum die Eigenverantwortlichkeit. Die Grundsätze fügen sich in die Mediationslogik ein und stehen durchaus in einem dynamischen Zusammenhang. Deshalb genügt es, die 7 Reiter der Mediation zu kennen und zu verinnerlichen:

  1. Freiwilligkeit: Die Freiwilligkeit beispielsweise führt zu der Erwartung an den Gegner, sich so zu verhalten, dass niemand veranlasst wird, die Mediation abzubrechen.
  2. Informiertheit : Die Informiertheit führt zu der Erwartung, offen miteinander umzugehen.
  3. Offenheit : Die Offenheit betrifft zum einen das Gespräch. Dann führt sie zu der Erwartung, dass die Informationen vertraulich behandelt und nicht zum Streit missbraucht werden. Die Offenheit betrifft aber auch die Lösungsoffenheit. Dann unterstützt sie den Charakter der Mediation als ein Suchprozess.
  4. Vertraulichkeit : Die Vertraulichkeit sichert die Gesprächsoffenheit.
  5. Eigenverantwortlichkeit : Die Eigenverantwortlichkeit führt zu der Erwartung, nicht im Kopf des Anderen zu denken und selbst nach der Lösung zu suchen.
  6. Neutralität : Die Neutralität führt zu der Erwartung korrekt verstanden zu werden und alle Informationen zugänglich zu machen.
  7. Indetermination: Die Indetermination stellt sicher, dass die Mediation in dem ihr zugeschriebenen Kommunikationsmodell abläuft

Auf der Suche nach einer sich aus den Prinzipien ergebenden Handlungsanleitung schreibt Keydel den Prinzipen Handlungsspielräume zu, die sie aus der dialektischen Wechselbeziehung mit ihrem Gegenteil herleitet.4 Weil sie nur fünf grundlegende Prinzipien identifizert spricht sie von den Big Five der Mediation. Für sie ergeben sich die Handlungssprielräume aus dem Gegensatz von:

  1. Vertraulichkeit und Transparenz
  2. Freiwilligkeit und Zwang
  3. Neutralität und Parteilichkeit
  4. Selbstverantwortlichkeit und Fremdbestimmung sowie
  5. Wertschätzung und Ablehnung

Auffällig ist, dass in beiden Fällen nur eine Auswahl der Prinzipien herangezogen wird, um die Mediation zu beschreiben. Nach beiden Auffassungen ergeben sich die weiteren Prinzipien aus der Subsumtion darunter. Ihre Spezifikation ist nicht für das Verständnis der Mediation erforderlich, sondern bei der Fehlerermittlung und zur Fehlervermeidung. Ihre Kenntnis beugt somit einer Haftung vor. Der Mediator sollte also eine klare Vorstellung davon haben, was sich hinter den Grundsätzen verbirgt. Zur Erläuterung gegenüber den Parteien genügen diejenigen Grundsätze, die den inneren Zusammenhang ergeben und mit dem Ablauf im Zusammenhang stehen.

 Merke:
Leitsatz 15842 - Dass Gesetz verlangt die Abstimmung der Grundsätze in §2 Mediationsgesetz. Zu nennen sind (zunächst nur) die (unverzichtbaren) Grundsätze, die der Verhandlungslogik der Mediation entsprechen und diese ergeben.

Die Verhandlungslogik und die Grundsätze der Mediation

Was müssen die Parteien verstanden haben?

Der eingangs zitierte § 2 Mediationsgesetz erwartet vom Mediator, sich zu vergewissern, dass die Parteien "die Grundsätze des Mediationsverfahrens" verstanden haben. Es wäre zutreffender, davon zu sprechen, dass die Grundsätze zu vereinbaren sind. Diese Forderung geht darauf ein, dass die Medianden nicht zwingend mit den Mediationsvertragsparteien identisch sind. Eine Vereinbarung setzt das Verstehen dessen voraus, was vereinbart wird.

Nicht nur die Parteien sind in der Pflicht
Das Gesetz spricht davon, dass die Parteien die Grundsätze des Verfahrens verstanden haben sollen. Die Formulierung greift zu kurz. Natürlich müssen auch alle übrigen Beteiligten die Grundsätze verstehen, soweit sie davon betroffen sind. Anwälte und Beistände, die das Gesetz nicht als Parteien, sondern als Dritte klassifiziert, müssen sich in das Verfahren einfügen und deshalb ebenso mit den Grundsätzen vertraut sein. Selbst Zuschauer müssen die Vertraulichkeit beachten und deshalb dementsprechend in die Pflicht genommen werden.
Zeitpunkt und Dosierung
Bleibt die Frage, welche Prinzipien die Beteiligten, insbesondere die Medianden verstanden haben müssen. Soll der Mediator wirklich eine Vorlesung halten und alle Prinzipien abfragen oder gar darüber lektorieren? Die Parteien wären damit sicherlich überfordert. Es macht also Sinn, nur diejenigen Prinzipien herauszustellen, die das Wesen der Mediation am besten vermitteln. Unverzichtbar ist die Information über den Grundsatz der Offenheit, der Freiwilligkeit, die Eigenverantwortlichkeit und die Indetermination bzw. das sich daraus ergebende Kommunikationsmodell. Gesprächsregeln sind übrigens keine Prinzipien der Mediation. Sie sind von den Mediationsregeln zu unterscheiden.
Die Mediation ist ein Weg
Damit die Parteien diesen Weg als gemeinsamen Weg der eigenständigen Suche nach einer Lösung gehen können, brauchen Sie eine Bescheribung des Weges und einer Anleitung, wie sie den Weg begehen können. Die Darlegungf des Ablaufs alleine genügt dafür nicht. Wichtige Wegkennzeichnungen sind die Zielfestlegung, das Einvernehmen über den Zweck und die Rollen der Wegbegleiter. Auch hier wird empfohlen, die Parteien nicht zu überfordern. Es genügt, die Eckdaten anzugeben und die einzelnen Etappen des Weges (die Phasen) im Detail zu erläutern, wenn sie anstehen. Mehr dazu lesen Sie bei der Beschreibung der Phase eins.

Ablauf der Initialisierungsphase 

Was muss der Mediator verstanden haben?

Zuvor wurde bereits darauf hingewiesen, dass der Mediator eine klare Vorstellung davon haben sollte, was sich hinter den Grundsätzen verbirgt. Wenn er diese Vorstellung hat, macht er sich das Leben leichter. Auch der Gesetzgeber unterstellt, dass der Mediator die Grundsätze kennt und verstanden hat. Entscheidend ist, dass er die Sinnhaftigkeit der Grundsätze versteht. Die dafür erforderliche Kenntnis wird in den Beiträgen über die Grundsätze, die über die Grundsatzdatenbank abzurufen sind, im Einzelnen dargestellt und besprochen. Noch wichtiger als die Kenntnis der einzelnen Grundsätze ist das Wissen über ihr Zusammenspiel. Nur wenn die Grundsätze dementsprechend verstanden und eingesetzt werden, können sie die Kräfte der mediativen Selbstregulierung wecken. Wenn Sie sich die Grundsätze der Mediation genauer anschauen, werden Sie auf Widersprüche und daraus resultierende Spannungsfelder stoßen. Die Auswahl der Big five hat einige der Spannungsfelder vorgestellt, die sich bereits aus den begrifflichen Gegensätzen ergeben. Mit den 7 Reitern werden Grundsätze aufgeführt, die sich zugleich befeuern und beschränken. Die Mediation kann und muss die sich daraus ergebenden Spannungen auffangen, um sie in eine stabile Balance zu bringen. Nur so können sich die Selbstregulierungskräfte entfalten. Die auszubalancierenden Grundsätze sind:

Freiwilligkeit und Eigenverantwortlichkeit
Die Freiwilligkeit kann nur dann sinnvoll ausgeübt werden, wenn die Eigenverantwortlichkeit demenstprechend stark ausgeprägt ist. So wie die Eigenverantwortlichkeit eine bedingung der Freiwlligkeit ist, stellt sie zugleich ihre Grenze dar, die Verhindert, dass die Freiwlligkeit nicht sachgemäß ausgeübt wird.
Allparteilichkeit und Indetermination
Der Mediator muss eine neutrale Position einnehmen, weil er die Metaebene abbildet. Andererseits muss er den Parteien helfen, auf gleicher Augenhöhe zu verhandeln. Letzteres wird mit dem Grundsatz der Indetermination sichergestellt. Das Spannungsverhältnis der beiden Grundsätze findet sich in dem Grad wieder, der die Eigenverantwortlichkeit fördert aber nicht fremtbestimmt.
Augenhöhe und Freiwilligkeit
Der Grundsatz der gleichen Augenhöhe sichert die Verhandlung. Der Grundsatz der Freiwilligkeit sichert die Win-Win-Lösung.
Vertraulichkeit und Offenheit
Vertrauen bedingt die Offenheit und führt dazu. Die Vertrauklichkeit zeigt, wo die Grenzen sind. Ein Vertrauen kann sich kaum entwickeln, wo die Offenbarung nicht vertraulich behandelt wird.
Informiertheit und Erkenntnis
In diesem Spannungsverhältnis zeigt sich, wieviel Informationen eingefordert werden, wie viele preisgegeben werden und wie mit fehlenden Informationen umgegangen wird.

Natürlich muss der Mediator auch verstanden haben, welche Grundsätze wie abgeändert oder erweitert werden können und wie sie rechtsverbindlich werden.

Wie werden die Grundsätze verbindlich?

Die Prinzipien dienen nicht nur als eine Anleitung der Parteien. Sie sind stets heranzuziehen, wenn es um die Frage geht, welche Maßnahmen und Handlungen in der Mediation zulässig sind oder nicht. Der Mediator muss die Prinzipien im Schlaf kennen, weil sie eine wichtige Handlungsorientierung geben. Ihre Aufgabe ist es, die Mediation zu sichern. Deshalb ist es wichtig, dass sie auch im Verhältnis zu den Parteien als verbindlich angesehen werden.

Die gesetzlich festgelegten Prinzipien sind aus sich selbst heraus verbindlich. Sie werden mit der Vereinbarung einer Mediation iSd Mediationsgesetzes wirksam, ohne dass sie einer Erwähnung bedürfen. Prinzipien, die nicht im Gesetz aufgeführt sind, müssen im Mediationsvertrag (MV) oder In der Mediationsdurchführungsvereinbarung (MDV) explizit vereinbart werden, damit sie verbindlich werden. Das kann durch Einbeziehung von Standards geschehen oder durch direkte Benennung, wie die nachfolgende Klausel, die in einer Mediationsvereinbarung unter der Überschrift Verhandlungsstil entdeckt wurde:

Beispiel 16697 - Die Medianden verpflichten sich, die Mediation durch einen von Fairness, Offenheit und gegenseitigem Respekt geprägten Verhandlungsstil zu fördern. Dazu gehört insbesondere die Bereitschaft, der Medianden die Informationen offen zu legen, die die Einigungschancen erhöhen können.


Indirekt werden Prinzipien auch über die Kunstregeln eingeführt. Sie sollen helfen, Behandlungsfehler zu erkennen und mit Leben zu füllen. Das ist erforderlich, weil Verhaltensanforderungen und Prinzipien oft nur mit einem vielsagenden Wort benannt werden, ohne dass geklärt wird, was darunter zu verstehen ist. In vielen Fällen bedarf es der Auslegung. Neben den individuellen, über die Datenbankeinträge zu errreichenden Erläuterungen, gibt es einen generellen Maßstab, an dem die, wie unbestimmte Rechtsbegriffe zu behandelnden, Grundsätze zu messen sind.

Kunstregeln Fehlerverzeichnis Haftung 

An welchem Maßstab werden die Grundsätze gemessen?

Es ist leicht vorstellbar, dass die hypothetische Einführung eines Grundsatzes der Gegnervernichtung nicht zur Mediation passt und deshalb unwirksam sein muss. Aus diesem Grunde müssen alle Grundsätze dem Charakter der Mediation entsprechen. Sie sind deshalb an ihrem Wesen zu messen. Die Wesenhaftigkeit der Mediation ist ein Auslegungskriterium, wenn es darum geht, die Prinzipien korrekt anzuwenden. Unstreitig können die Vertraulichkeit und die Neutralität den Anforderungen des Falles angepasst werden. Der Gesetzgeber erlaubt die Disposition ausdrücklich in § 3 Abs. 1 Mediationsgesetz hinsichtlich der Neutralität und der Unabhängigkeit. Aus der gesetzlichen Handhabung lässt sich also die grundsätzliche Disposition der Prinzipien ableiten. Nach den Vorstellungen der auf der kogntiven Mediationstheorie basierenden integrierten Mediation kann sogar das Prinzip der fehlenden Entscheidungsbefugnis an die Anforderungen der Mediation angepasst werden. Im Einzelfall entscheidet das Wesen der Mediation, in welchem Umfang Anpassungen möglich sind. Um das Wesen zu bestimmen, sind die Eigenschaften, also die Wesensmerkmale herauszuarbeiten und von den Prinzipien zu unterscheiden.

So wichtig und grundlegend die Prinzipien sind, so verfolgen sie doch keinen Selbstzweck. Ihre Aufgabe besteht darin, die Mediation zu sichern, so wie Markierungen an einem Weg sicherstellen, dass der Weg nicht verlassen wird. Die für Prinzipien geltende Regel lautet deshalb:

 Merke:
Leitsatz 9665 - Die Prinzipien erfüllen keinen Selbstzweck. Sie müssen sich an den Eigenschaften orientieren, für deren Verwirklichung sie einstehen.

Wenn die Prinzipien zur Sicherstellung der Mediation aufgestellt wurden, bedarf es einer Regel, die erkennen lässt, wann die Prinzipien die Mediation sichern und wann sie ihr entgegenwirken. Die Regel lässt sich aus der Unterscheidung von Eigenschaften und Prinzipien ableiten. Während die Eigenschaften den Charakter einer Sache (oder in diesem Fall eines Verfahrens), also die Identität beschreiben, benennen die Prinzipien die Bedingungen zu ihrer Verwirklichung oder ihrer Durchführung. Wenn also die Bedingungen die Eigenschaften verwirklichen sollen, müssen sie sich an den Eigenschaftsmerkmalen der Mediation orientieren und nicht umgekehrt. Würden sich die Eigenschaften an den Bedingungen orientieren, könnten die Bedingungen unerkannt eine Veränderung der Identität der zu sichernden Mediation bewirken.

Bei der Suche nach den Eigenschaftsmerkmalen ist die gesetzliche Definition die erste Adresse. § 1 Mediationsgesetz gibt die Eckdaten als Tatbestandsmerkmale vor, aus denen die Eigenschaften der Mediation wie folgt herzuleiten sind:

Definitionsmerkmal Eigenschaft Prinzip
vertrauliches Verfahren gesprächsoffen Vertraulichkeit
strukturiertes Verfahren komplex Informiertheit
Verfahren dynamisch -
Parteien streben an ergebnisoffen Ergebnisoffenheit
freiwillig selbstregulierend Freiwilligkeit
eigenverantwortlich verantwortlich Eigenverantwortlichkeit
einvernehmlich Konsensabhängigkeit Konsensprinzip
Konfliktbeilegung Nutzenorientierung
mit Hilfe einer Person Vermittlung Indetermination
unabhängig Metaebene Unabhängigkeit
neutral allparteilich Neutralität
ohne Entscheidungsbefugnis Kommunikationsmodell Indetermination
die Parteien durch die Mediation führt Vereinbarungen Indetermination

Einzelheiten über die Herleitung und Vorstellung der Eigenschaften entnehmen Sie bitte dem Beitrag über die Mediationseigenschaften.

Mediationseigenschaften

Die Einklagbarkeit von Grundsätzen

Es ist wichtig, zu verstehen, dass die Grundsätze in erster Linie zu Verpflichtungen des Mediators festlegen. §2 Abs. 5 Mediationsgesetz beispielsweise verpflichtet den Mediator, darauf hinzuwirken, dass die Parteien die Vereinbarung in Kenntnis der Sachlage treffen. Das Gesetz nimmt somit den Mediator, nicht die Parteien in die Pflicht, die erforderlichen Informationen beizubringen. Für eine Verpflichtung der Parteien besteht kein Anlass, weil deren Fehlverhalten jederzeit über den Grundsatz der Freiwilligkeit eingefordert oder geahndet werden kann. Der Mediator muss nur darauf hinweisen.

Beispiel 11769 - Der Mediator stellt gegenüber der einen Partei fest: "Ihnen wird vorgeworfen, ständig zu lügen. Wir haben die Fakten herausgearbeitet und uns darauf verständigt, dass ... Bitte beachten Sie den Grundsatz der Freiwilligkeit und verhandeln Sie so, dass die Gegenseite sich weiter an den Gesprächen beteiligen kann".


Sowohl der Mediator wie die Parteien können das mediationsschädliche Verhalten einer Partei stets zum Anlass nehmen, den Abbruch der Mediation anzudrohen und gegebenenfalls sogar herbeizuführen. Auf diese Weise kann die Einhaltung eines jeden Grundsatzes eingefordert werden. Der Mediator und die Parteien könnten den Gegner also beispielsweise auch unter Berufung auf den gleichen Grundsatz dazu anhalten, erforderliche Informationen einzubringen, wenn die Mediation anders nicht zu Ende gebracht werden kann. Mithin schützen die Grundsätze sowohl die Parteien wie auch das Verfahren, ohne dass ein direkt einklagbarer Anspruch darauf besteht. Ändert sich diese Einschätzung durch Klauseln wie dieser?

Beispiel 16697 - Die Medianden verpflichten sich, die Mediation durch einen von Fairness, Offenheit und gegenseitigem Respekt geprägten Verhandlungsstil zu fördern. Dazu gehört insbesondere die Bereitschaft, der Medianden die Informationen offen zu legen, die die Einigungschancen erhöhen können.


Verpflichtungen müssen klar zum Ausdruck bringen, was zu tun oder unterlassen ist. Die Vereinbarung der Vertraulichkeit kann zum Beispiel eine sinnvolle und notwendige Ergänzung der gesetzlichen Regelungen darstellen, indem sie auch die Parteien oder teilnehmende Dritte explizit zur Verschwiegenheit verpflichtet. Zu beachten ist, dass sich eine Verfahrensvereinbarung zwischen den Parteien nicht automatisch auch auf deren Beistände oder Anwälte erstreckt.5 Sie sind wie Dritte zu behandeln und gegebenenfalls selbst in die Pflicht zu nehmen. Mit anderen Worten müssen Rechte an Grundsätzen, die eine Verhaltenspflicht auslösen, so konkret formuliert sein, dass klar wird, wer was zu tun oder zu unterlassen hat und welche Konsequenzen (Rechtsfolgen) sich bei einem Verstoß jenseits des möglichen Verfahrensabbruchs ergeben. Verfahrensbezogene Verpflichtungen haben deshalb nur dann einen Sinn, wenn sie íhre Wirkung über das Verfahren hinaus entfalten. Daran ist zu denklen, wenn wegen des Verstoßes gegen einen Grundsatz ein fehlerhaftes Ergebnis zustande gekommen ist. Wenn durch den Verstoß gegen einen pflichtenbegründenden Grundsatz ein Schaden entstanden ist, kann es zur Haftung des Verursachers kommen. Weil das Zusammenspiel der Grundsätze auf eine Selbstregulierung angelegt ist, muss auch geprüft werden, warum die Eigenverantwortlichkeit nicht den Grundsatz der Freiwilligkeit ausgelöst hat, um ein ungewolltes Ergebnis zu verhindern.

Beschwerden und Rechtsbehelfe der Mediation Zur Frage der Haftung Pflichten des Mediators

Bedeutung für die Mediation

Die Mediation ist ein informelles, flexibles Verfahren, in dem die Parteien ihren Weg zur Lösung finden müssen. Die Basis dafür ist das Verstehen. Die Unterstützung des Mediators ist die Vermittlung. Wenn Regeln zum Prinzip werden, gefährden Sie diesen Prozess. Damit sie den Prozess unterstützen, müssen sie sich dem Wesen der Mediation anpassen und helfen, ihre Eigenart zu verwirklichen.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Bearbeitungsstand: 2024-10-06 15:57 / Version 120.

Alias: Prinzipien und Eigenschaften, Prinzip, Grundsätze, Grundsatz
Siehe auch: Eigenschaften, Pflichtenverzeichnis
Included: Eigenschaften, Selbstregulierung
Die Seite wird im Aufgabenverzeichnis erfasst, weil es die Pflicht des Mediators ist, die Einhaltung der Prinzipien sicherzustellen.
Diskussion (Foren): Siehe Das Wesen der Mediation

1 Die Aufgabe wird im Aufgabenverzeichnis erfasst als Vergewisserung über Ablauf und Grundsätze (Relevanz: Pflicht)


Based on work by Arthur Trossen und Bernard Sfez und anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Montag November 25, 2024 14:01:36 CET.

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