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Rollenzuschreibung im Verfahren

Wissensmanagement » Sie befinden sich auf einer Unterseite zum Thema Verfahrenseigenschaften im Abschnitt Systematik des Mediationshandbuchs.
Hier geht es um die Rollenzuschreibung. Sie definiert, wer was im Verfahren zu tun hat. Beachten Sie bitte auch die folgenden Beiträge:

Verfahrenseigenschaften Rollen Rollenzuschreibung Container Verantwortung Kommunikationsmodell

Üblicherweise sind an einem Verfahren mehrere Personen und Parteien beteiligt, die in Verhandlungen einander gegenübertreten. Dabei stellen sich verschiedene Rollen heraus, die mit der Struktur des Verfahrens einhergehen.

Verfahrenskriterium
Die Rollenzuschreibungen unterscheiden sich so stark voneinander, dass sie als ein Verfahrenskriterium aufgeführt werden, mit dem sich der Verfahrenscharakter bestimmen lässt. Die Rollenzuschreibung ist ein sekundäres Verfahrenskriterium, das aus dem Verfahrensrahmen abgeleitet wird.

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Warum seid Ihr hier und was erwartet Ihr von mir und voneinander?

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Ein Schauspieler verkörpert eine Rolle, wenn er auf der Bühne steht.
Spielen der Mediator und die anderen Beteiligten auch nur eine Rolle und gegebenenfalls welche?

Über Rollen und Funktionen

Die Rolle im hier verstandenen Sinne entspricht dem Verständnis der Soziologie, die den Begriff aus dem Theaterwesen übernommen hat. Definitionsgemäß ist die soziale Rolle die Gesamtheit der einer Person zugewiesenen Aufgaben und Verantwortungen, die sich in ihrem Status (z. B. Mutter, Vorgesetzter, Priester etc.) verwirklichen und als „kulturelle Modelle“ zugeschriebenen werden.1 Im Verfahren der Konfliktbeilegung wird die Rolle nicht "nur" durch ein kulturelles Modell, sondern (auch) durch ein Verfahrensmodell definiert.

Besonders der Status des sogenannten Dritten weist dem Rolleninhaber eine das Verfahren prägende Rolle zu. Sie wirkt sich auf das Kommunikationsmodell und auf die Verteilung der Verantwortlichkeiten aus. Die Rollenzuschreibung und der damit verbundene Status werden aus der Rahmensetzung des Verfahrens abgeleitet.

Rollenverteilung

Die Rollenverteilung unterscheidet sich wie folgt in den jeweiligen Verfahrenskategorien:

Gericht

Gericht und Schiedsgericht

Der Richter und der Schiedsrichter sind Entscheider. Sie tragen die Verantwortung für das Verfahren und dafür, dass sie eine dem Recht entsprechende Entscheidung herbeiführen können. Die Rollenverteilung ergibt eine Hierarchie zugunsten der Entscheider.

Schlichtung

Schlichtung

Der Schlichter soll die Parteien zu einer Einigung führen. Er hat die Rolle eines Lösungsvermittlers. Er ist zwar kein Entscheider, hat aber trotzdem maßgeblichen Einfluss auf die herbeizuführende Lösung. Man könnte den Schlichter als einen Bewerter ansehen. Er hat zwar keine Macht, seine Bewertung durchzusetzen. Er hat aber dennoch einen erheblichen Einfluss auf das Verfahren und die Meinungsbildung, weil sich die Parteien an seiner Einschätzung orientieren. Auch wenn er einen starken Einfluss auf die Meinungsbildung der Partei nehmen kann, steht ihm eine formelle Macht nicht zu. Er ist letztlich darauf angewiesen, dass die Parteien seinem Lösungsvorschlag folgen. Es gibt eine Dominanz aber keine Hierarchie.

Kommunikationsmodell Mediator

Mediation

Die Rolle des Mediators ist die eines Verstehensvermittlers. Er ist im Idealfall eine personifizierte Metaebene, die den Parteien nicht auf der operativen Ebene begegnet. Diese Systemik macht Ihnen zu einer Person, die weder eine Entscheidungs-, noch eine Bewertungsmacht besitzt. Es gibt keine Hierarchie. Die Mediatorenparteien begegnen sich und dem Mediator auf gleicher Augenhöhe.

Konsequenzen

Der Status des Dritten hat insofern eine Dominanz im Verfahren, weil sich die Parteien an seiner Rolle orientieren. Wenn der Dritte seine Rolle nicht wahrnimmt, könnte er das prozessuale Gefüge und das damit verbundene Kommunikationsmodell verändern. Der prozessuale Rahmen zwingt ihn jedoch dazu, sich in seiner Rolle zu bewegen.

Rollenhäufung

Nicht immer ist die Rolle des neutralen Dritten in Stein gemeißelt. Ein richter ist neben der Amtsperson beispielsweise auch ein Mensch. Darüber hinaus hat er den ausdrücklichen Auftrag, eine einvernehmliche Lösung unter den Parteien herbeizuführen. §278 Abs. 1 ZPO besagt, dass das Gericht in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein soll. Es entspricht also durchaus dem richterlichen Auftrag, wenn er indirekt auch als ein Schlichter auftritt. Auch im alltäglichen Leben kommt es vor, dass eine Person mehrere Rollen inne hat. Die Mutter vereinigt beispielsweise die Rollen Ehefrau, Mutter, Partnerin, usw. in ein und derselben Person. Auch ein Richter, ein Schlichter oder ein Mediator vereinigt mehrere Rollen in sich. Anders als der Richter haben sie keine Amtstracht, die ihnen hilft, die professionelle Rolle zu isolieren und ausschließlich in dieser Rolle gesehen zu werden. Weder dem Schlichter noch der Mediator stehen derartige Insignien zur Verfügung. Sie müssen also andere Wege finden, damit die Parteien sie in seiner Verfahrensrolle wahrnehmen.

Rollenzuschreibung

In welcher Rolle wird der Richter gesehen, wenn er versucht, einen Vergleich herbeizuführen und in welche Rolle begibt er sich? Wer entscheidet, welche seiner Rollen, ob Mensch, Richter oder Schlichter nach vorne kommt? Die Auseinandersetzung mit den Rollen und ihre Auswirkungen geht näher auf die Irritationen ein, die entstehen, wenn Menschen in unterschiedlichen Rollen miteinander kommunizieren. Dort wird herausgestellt, wie wichtig es Für eine gelingende Kommunikation ist, die Rolle aus der heraus gehandelt und die adressiert wird, offen zu legen. Das gleiche gilt für die neutrale dritte Person. Formal betrachtet scheint ihre Rolle klar zu sein. Aber was stellen sich die Parteien darunter vor? §2 Abs. 2 Mediationsgesetz verlangt vom Mediator, sich zu vergewissern, dass die Parteien die Grundsätze und den Ablauf des Mediationsverfahrens verstanden haben. Dazu gehört auch die Einführung seiner Rolle. Ohne seine Rolle zu verstehen, würden die Parteien (was häufig in der Praxis geschieht) weiterhin versuchen, ihn dahingehend zu manipulieren, zu ihren Gunsten meinungsbildend oder gar entscheidend tätig zu werden. Die Fasuregel lautet:

 Merke:
Leitsatz 15756 - Die Rolle bestimmt das Verhalten. Je klarer die Rolle definiert ist und je besser sie verstanden wird umso eindeutiger sind die Erwartungen die an die Rolle (oder den Rolleninhaber) gerichtet werden.

Rollenwechsel

Grundsätzlich ist es möglich, die Rollen zu wechseln, solange die eingnommene Rolle nicht mit dem Verfahrenskonzept und der damit einhergehenden Rollenzuschreibung kollidiert. Ein Mediator beispielsweise, der sich wie ein Schlichter benimmt, würde die Mediation durch sein Verhalten in eine Schlichtung verwandeln. Ob es ihm möglich ist, temporär und mit Ansage in die Haut eines Schlichters oder Richters zu schlüpfen, hängt davon ab, ob und inwieweit der Rollenswitch mit dem Wesen des Verfahrens in Einklang zu bringen ist. Wichtig ist stets, dass der Rollenwechsel (wie bei einem Schauspieler) angesagt wird und dass die übernommene Rolle konstant eingelöst wird, bis sie wieder beendet wird.

Beispiel 15757 - Anwälte stellen oft heraus, dass sie Parteivertreter sind, weshalb sie nicht neutral sein dürften. Wenn dass stimmen würde, wären sie nicht in der Lage, den Gerichtsprozess zu antezipieren, was Teil ihrer Beratung ist. Der Anwalt kann ohne Weiteres und leicht in die neutrale Ebene wechseln und temporär die Rolle des Richters einnehmen. Er könnte den Rollenwechsel ankündigen: "Stellen Sie sich vor, ich wäre jetzt der Richter ....". Wenn er will, kann er den Rollenswitch verstärken und sich auf einen anderen Stuhl setzen, um das Setting dem Gerichtsverfahren nachzubilden und den ganzen Prozess zu simulieren.

Bedeutung für die Mediation

Die Möglichkeit, die Rolle des neutralen Dritten zu wechseln und beispielsweise die Berater- oder Entscheiderrolle zu verlassen, ist eine wichtige Erkenntnis und Erfahrung der Integrierten Mediation, wo beispeilsweise der Richter temporätr in die Rolle eines Mediators schlüpft. Sie hat dazu geführt, dass der Grundsatz der fehlenden Entscheidungsbefugtnis in den Grundsatz der Indetermination geändert wurde.

Die Mediation ist dadurch gekennzeichnet, dass der Mediator die Metaebene abbildet und sich operativ nicht an der Lösungsfindung beteiligt. Die Funktionalität seiner Rolle wird maßgeblich durch die Anforderungen einer Reflexionsebene geprägt. Die Reflexionsebene liegt über der operativen Ebene. Wie in keinem anderen Verfahren verursacht der Mediator eine Rollenkonfusion, wenn er sich auf die operative Ebene (also die Lösungsebene) begibt.

Hinweise und Fußnoten

Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen

Bearbeitungsstand: 2023-07-04 05:36 / Version 19.

Siehe auch: Verfahrenscharakter,
Prüfvermerk: -


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