Die Phasenlogik und Konsistenz
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Worum es geht: Der Beitrag wird auch der Mediationslogik zugeordnet. Die Phasenlogik ist ein Teil der Mediationslogik. Sie beschreibt die Folgerichtigkeit des prozessualen Handelns in der Mediation. Die Phasenlogik setzt sich mit den Zusammenhängen auseinander, die dazu beitragen, den Phasenablauf erkennbar zu machen und ihren folgerichtigen Einfluss auf den Erkenntnisprozesses der Mediation besser zu verstehen. Wenn die Mediation als ein Weg der Erkenntnis beschrieben wird, stellen die Phasen die Wegabschnitte dar, die erforderlich sind, um die zur Lösung führenden Gedanken zu ermöglichen.
Die Phasen haben einen tiefergehenden Sinn.
Es geht darum, ihn zu verwirklichen
Die Wahrung der Phasenkonsistenz ist ein Bestandteil der Mediationslogik, über die der Gedankengang der Mediation sichergestellt wird.
Einführung und Inhalt: Für Anfänger scheint es so, als stünden die Phasen in keinem inneren Zusammenhang. "Wie komme ich nur in Phase drei?", ist eine der häufigsten Fragen in der Ausbildung. Die Frage ist völlig berechtigt. Denn es gibt logische Brüche im linearen Phasenablauf. Bei genauem Hinschauen wird jedoch klar, dass es einen logischen Zusammenhang gibt, der für die Funktionalität der Phasen sicherstellt.
Die Struktur
Die Phasen ergeben die horizontale Struktur der Mediation. Sie verlaufen aber nicht flach. Die nachfolgende Grafik zeigt, dass die Phasen eins und fünf wir ein Rahmen um die zweite, dritte und vierte Phase gelegt wird.
Die mit der Strukturierung der Phasen einhergehenden gedanklichen Brüche sind durchaus gewollt. Sie leiten sich aus der Mediationstheorie ab. Es gibt also eine innere Logik, die sich bei einem fünfphasigen Modell wie in der vorstehenden Grafik herstellt. Der eigentliche kognitive Prozess (Phasen zwei, drei und vier) findet innerhalb des Rahmens der Phasen eins und fünf statt. Bereits aus dieser Erkenntnis ergibt sich eine Arbeitsanleitung.
Der innere Zusammenhang
Die Phasen haben eine innere Logik, wenn sie sich an dem Erkenntnisprozess orientieren. Die Logik erschließt sich nicht ohne weiteres, weil sie gedankliche Zäsuren beinhaltet. Anfänger spüren die Gedankenwechsel, wenn ihnen der Übergang von Phase zwei auf drei oder von Phase drei auf vier schwer fällt. Der logische Zusammenhang lässt sich wie folgt abbilden:
Phase | Auftrag | Verknüpfung |
---|---|---|
Vorphase | Konfliktanalyse | Vorgabe |
Phase 1 | Metaebene herstellen | Systemik (Trennung Verfahrensebene / Fallebene) |
Phase 2 | Themenzusammenstellung | Bezug auf Hypothesen (Vorphase) Entsprechen die Themen den Hypothesen? Falls nicht, muss der Mediator dies ansprechen und fragen warum Themen nicht genannt wurden oder seine Hypothese anpassen |
Phase 3 | Motiverhellung | Bezug auf Themen (Phase 2) Wurden die den Hypothesen entsprechenden Themen in Interessen umgesetzt? Wenn nicht muss nachgebessert werden |
Phase 4 | Angebote | Bezug auf Interessen Wurden ALLE Interessen aufgegriffen? Wurden nicht lediglich die Positionen wiederholt? |
Phase 5 | Einigung | Erfasst die Einigung alle Angebote? |
Jede Phase fühlt sich anders an und gibt dem Mediator einen anderen Arbeitsauftrag. Eine detailllierte Beschreibung der Phasen und der damit verbundenen Arbeitsaufträge finden Sie in der Darstellung der einzelnen Phasen.
Die Erkenntnisschritte
Die Phasen vollziehen den mediativen Erkenntnisprozess, indem sie den phasenbezogene Erkenntnisbedarf aufdecken. Folgende Erkenntnisse werden den Phasen als Bedingung oder Konsequenz zugeordnet:
Phase | Erkenntnisbedarf | Erkenntnisgewinn |
---|---|---|
Phase 1 | Damit die Parteien nach einer Lösung suchen, müssen sie wissen, dass die von ihnen angestrebte Lösung nicht existiert, nicht möglich oder nicht optimal ist. Die Mediation ist ein Weg, die Lösung zu finden | Wir müssen nach einer Lösúng suchen. |
Phase 2 | Damit sich die Parteien dem Streit stellen können, müssen sie die dem Konflikt entsprechenden Themen kennen. Um sich den in Fragen ausformulierten Themen stellen zu können, müssen sie den dahinter verborgenen Widerspruch akzeptieren. Sie müssen bereit sein, über den Widerspruch zu verhandeln. | Wir müssen uns den Fragen stellen, um den Konflikt beizulegen. |
Phase 3 | Damit die Parteien einander verstehen können, müssen sie die unterschiedlichen Sichten und Motive nachvollziehen. Um aufeinander zugehen zu können, müssen sie Gemeinsamkeiten kennen. Damit sie Wissen, was sie zufriedenstellt, müssen sie die jeweilige Nutzenerwartung kennen. | Wir kennen den zu erzielenden Nutzen. |
Phase 4 | Damit sich die Parteien ein Angebot für eine Lösung unterbreiten können, müssen sie die Interessen des Gegners kennen. Damit sie eine gute Lösung finden können, müssen sie die Kriterien kennen, an denen die Lösung zu messen ist. Sie ergeben sich aus der Nutzenerwartung. | Wir wissen, wie der Nutzen zu realisieren ist. |
Phase 5 | Damit die Lösung nachhaltig werden kann, müssen die Parteien wissen, welche Schwierigkeiten bei der Umsetzung auftreten können. | Wir wissen, wie die Nachhaltigkeit erreicht werden kann. |
Der durch die Medition abgebildete Erkenntnisweg lenkt die Gedanken nicht in das Problem hinein, sondern führt sie um das Problem herum.1 So wird sichergestellt, dass sich die Gedanken nicht in dem Problem verlieren können oder vom Problem gefangengehalten werden. Mit den Phasen öffnet die Mediation verschiedene Gedankenwelten, die den Fokus auf den zu erwartenden Nutzen lenken.
Der Weg durch die Gedankenwelten
Das Phasenhandling
Jede Phase hat eine spezifische Bedeutung, die dem Mediator bzw. den Medianden einen konkreten Arbeitsauftrag vermitteln. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie der Mediator diesen Auftrag entgegennimmt:
Mechanistik
Natürlich kann der Mediator den sich aus den Phasen ergebenden Auftrag aus der Mechanik des Verfahrens ableiten und das Verfahren so steuern, dass er Äußerungen der Parteien, die nicht in die aktuelle Phase passen, verbietet.
Die mechanische Einhaltung der Phasen hat Vor und Nachteile. Der Vorteil ist die dadurch hergestellte Strukturierung. Der Nachteil ist, dass sich die Gedanken mitunter nicht im Sinne des Kognitionsprozesses bearbeiten lassen. Möglicherweise wäre es geschickt gewesen wenn der Mediator in dem vorstehenden Beispiel die Mutter gefragt hätte, warum ihr das wichtig sei. Er hätte aus ihrer Antwort ableiten können, welche Erwartungen die Partei an die Mediation hat. Vor allen Dingen hätte er den Gedanken neutralisieren können in dem man darauf hinweist, dass der Vater sicherlich auch eine Vorstellung über das Sorgerecht hat und dass die Parteien ja angetreten seien, eine allseits zu akzeptierende Lösung erst noch zu suchen. Bei der Gelegenheit kann er die Ergebnisoffenheit der Parteien hinterfragen. allerdings muss er die Logik der Phase eines kurz verlassen und einen Abstecher in die Phase zwei oder gar die Phase drei erlauben. In keinem Fall dafür sich aber in einer dieser Phasen verlieren. Wenn sich der Mediator für diesen Stil entscheidet, muss er sich mit der Systematik der Mediation auseinandersetzen.
Systemik
Bei einem systemischen Verständnis der Mediation orientiert sich der Mediator natürlich auch an den Phasen. Er erlaubt den Parteien jedoch auch Äußerungen, die nicht in die aktuelle Phase passen. Methodisch prüft er in einem solchen Fall, zu welcher Phase die Äußerung passen würde. Seine Subsumtion erlaubt es ihm, den Phasenauftrag zu erkennen und die Äußerung entweder zu hinterfragen oder der richtigen Phase zuzuordnen.
Der Mediator verfolgt den Fall ebenso wie die Mediation aus der Metaebene, die es ihm erlaubt, die Informationen im Sinne der Mediation zu qualifizieren und korrekt einzuordnen.
Die Phasendynamik
Die systemische Sicht erkennt die Elemente und deren Zusammenspiel. Ein herausragendes Merkmal der Mediation ist ihre Fähigkeit, ganz unterschiedliche, sich eigentlich widersprechende Denkkonzepte zusammenzuführen (psychologisches Denken, juristisches Denken, logisches Denken, dialektisches Denken). Die Gegensätzlichkeit wird dadurch aufgefangen, dass die Denkweisen sequenziell (also nicht gleichzeitig) zur Anwendung kommen. Gegensätze ergeben sich nicht nur im Denken. Sie zu kennen ist wichtig, um die Dynamik zu begreifen, die sich aus dem Zusammenspiel der Elemente ergibt. Sie erzeugt ein Spannungsverhältnis, aus dem sich das Potenzial der Mediation herleitet, das sich als der Flow der Mediation bemerkbar macht. Das Zusammenspiel der Elemente und die Zuordnung zu den Phasen ergibt sich aus dem Mediationsschema.
Der Phasenauftrag
Mit der Phasenlogik bewirkt die Mediation nicht nur eine Strukturierung des Verfahrens, sondern auch des Denkens. Die Phasenlogik entspricht Kognitionschritten (|Erkenntnissen), die es den Parteien in der Summe erlauben, selbst eine Lösung zu finden. Die Navigation durch diesen Erkenntnisprozess ergibt sich aus den Phasenaufträgen:
- Phase 1: Rahmenbildung, Herstellung der Metaebene, Verfahrensritual
- Phase 2: Festlegung der Positionen, die im Thema neutralisiert werden. Gedanklich beschreibt der Widerspruch zwischen den Positionen den Streit. Das ist, wenn man so will, die kaputte Welt, die sich aus dem Streit definiert.
- Phase 3: Ermittlung der Kriterien für die Lösung, die auf Motive und gegebenenfalls Bedürfnisse zurückgeführt werden, aus denen sich der erwartete Nutzen ergibt. Gedanklich umschreiben sie die heile Welt, also der Zustand der sich realisieren soll, wenn der Streit beigelegt ist.
- Phase 4: Zusammenstellung und Bewertung der Lösungsvorschläge, die den zuvor ermittelten Kriterien entsprechen. Gedanklich bewegen wir uns zurück in die reale Welt und überlegen, ob und wie die heile Welt wiederhergestellt werden kann.
- Phase 5: der Rahmen wird geschlossen, in dem die Abschlussvereinbarung das gefundene Ergebnis festschreibt und manifestiert.
Navigation anhand der Phasen
Die Phasenaufträge erlauben eine gedankliche Strukturierung, über die der Mediator im Verfahren navigieren kann. Die Navigation erfolgt durch die Qualifikation der Informationen. Ein Vorgang, der mit Respekt auf die Komplexität der Mediation als Dimensionieren bezeichnet wird. Bei der Dimensionierung werden die eingehenden Informationen (Bedeutungsinhalte der Parteiaussagen) entsprechend den Verfahrensdimensionen qualifiziert. Dabei erlangt die Unterscheidung von Positionen, Interessen und Lösungen eine ausschlaggebende Bedeutung. Sie lassen sich der Mediationslandkarte zuordnen. Sie hilft dem Mediator, seine Orientierung nicht zu verlieren.
Mediationslandkarte Dimensionierung
- Positionen: Positionen sind die Forderungen / Erwartungen an den Gegner. Sie werden in der Phase zwei herausgearbeitet und betreffen die Frage nach dem WAS zu regeln ist. Sie legen zugleich den Mediationsgegenstand fest. Die Positionen sind von den Themen, den Argumenten und den Motiven zu unterscheiden.
- Interessen: Die Interessen ergeben den erwarteten Nutzen. Sie werden in der Phase drei herausgearbeitet. In keinem Fall sind sie mit den Lösungen zu verwechseln. Die Interessen ergeben sich aus den Motiven oder tiefgreifender, den Bedürfnissen. Die Interessen betreffen die Frage nach dem WOZU.
- Lösungen: Lösungen sind die Optionen (realöen Möglichkeiten), wie die in der 3.Phase zusammengestelten Nutzenerwartungen zu erreichen sind. Sie werden in der Phase vier herausgearbeitet. Die Lösungen entsprechen der Frage nach dem WIE.
Positionen Interessen Lösungen
Damit der Mediator optimal durch die Mediation navigieren kann, ist es unerlässlich, dass er zwischen Positionen Interessen und Lösungen zu unterscheiden vermag. Unglücklicherweise gibt es keine grammatikalische Regel, die ihm helfen könnte. Auch die Frageworte werden nicht immer so verwendet. Was Interesse Position oder Lösung ist, ergibt sich oft aus dem Zusammenhang. Wichtig ist, dass der Mediator die Äußerung der passenden Phase zuordnen kann. Nur so weiß er, wie mit Positionen Interessen oder Lösungen umzugehen ist. Das Navigieren kann erlernt werden. Die Online-Mediationsausbildung bietet dafür Übungen an.
Qualitätskontrolle mit Hilfe der Phasen
Wer auf die hinter den Phasen verborgene Erkenntnislogik abstellt, profitiert auch von einer immanenten Qualitätskontrolle. Wurden die Phasen korrekt und vollständig ausgeführt, lässt sich die Stimmigkeit der jeweiligen Etappenziele miteinander vergleichen. Die folgende Grafik gibt einen Eindruck von der Methode.
Einzelheiten werden im Beitrag Qualitätskontrolle erläutert.
Was tun wenn ...
- Der Mediator verwechselt die Phasen
- Der Mediator legt die Phasen nicht offen
- Der Mediator ignoriert die Phasen
- Der Mediator insistiert auf Phaseneinhaltung
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Interventionenfinder
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Alias: Phasennavigation, Phasenauftrag, Phasenhandling, Mechanistik
Siehe auch: Ablauf, Struktur, Wegmarken, Phasenlogik, Themenlogik, Konfliktdynamik, Mediationslogik, Erkenntnislogik
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