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Dimensionen liefern den Schlüssel zur Information

Wissensmanagement » Diese Seite gehört zum Fachbuch Mediation in der Wiki-Abteilung Wissen. Sie befinden sich auf der Themenseite Dimensionen, die dem Kapitel Steuerung des 5. Buchabschnitts Methodik zugeordnet wird.

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Worum es geht: Dimensionen beschreiben üblicherweise die Abmessungen, die Ausrichtung, das Ausmaß und den Zusammenhang von Merkmalen. In der Mediation sind Dimensionen Größen zur Parametrisierung der mediationsrelevanten Informationen. Sie helfen, die Dynamik eines Vorgangs zu beschreiben und die Komplexität zu bewältigen.

Einführung und Inhalt: Wenn Sie die Mediation im Verständnis der kognitiven Mediationstheorie begreifen, kann die Mediation sowohl als ein Erkenntnisprozess wie ein Prozess der präzisen Informationsverarbeitung gesehen werden. Sie gibt eine Handhabe, um die Komplexität (so weit wie möglich) zu bewältigen. Die Dimensionen spielen dabei eine ausschlaggebende Rolle.

Was sind Dimensionen?

In der Physik bezeichnen Dimensionen die Ausdehnung von Körpern. Sie ergeben ihre Abmessung Länge, Breite und Höhe. Im allgemeinen Verständis bezeichnet der Begeiff Dimension das Ausmaß und Umfang.1 Im hier verstandenen Sinne beschreiben Dimensionen in gewisser Weise die Ausdehung der Information. Anhand der Informationsdimensionen lassen sich die als Metainformation zu erfassenden Merkmale der Informationen kennzeichnen. Anhand dieser Kennzeichnung (Dimensionierung) können alle Informationen, die für die Mediation in irgendeiner Art und Weise von Bedeutung sind, erfasst, qualifiziert und zugeordnet werden. Dimensionen sind erforderlich, weil die Information erst über ihre Parameter (Dimensionen) korrekt eingeschätzt und verarbeitet werden kann.


Bedeutung der Metainformationen für die Mediation 

Sobald die Information identifiziert werden kann, ist es möglich, die Variablen der Komplexität in der Mediation zu benennen und einer Struktur zuzuordnen. Die dadurch mögliche Strukturierung trägt zur Bewältigung der Komplexität bei.

 Merke:
Leitsatz 6255 - Dimensionen sind Variablen und Merkmale, die zur korrekten Einordnung der Information benötigt werden um die Information einerseits innerhalb der durch den Prozess vorgegebenen Struktur zu verwenden und andererseits, um die Information in der Komplexität des Falles korrekt einordnen zu können. Die Dimensionierung beschreibt den Vorgang, wie welche Dimensionen herausgebildet werden.

Sie sind dem Begriff der Dimension bereits im Zusammenhang mit den Konfliktdimensionen und dem Streitkontinuum begegnet. Diese Dimensionen decken allerdings nur einen Teil der zu beachtenden Parameter in der Mediation ab. Es gibt noch weitere Dimensionen. Sie lassen sich sowohl auf die Verfahrensebene wie auf die Fallebene beziehen.

Der Umgang mit der Komplexität

Es gibt verschiedene Herangehensweisen, wenn die Komplexität eine Rolle spielt. Die verführerichste ist, sie einfach zu ignorieren. Die Komplexität erlaubt es, einzelne Informationen bewusst oder unbewusst herauszupicken und andere auszublenden.

Beispiel 11589 - Juristen sagt man nach, sie könnten die Komplexität gut bewältigen. Ihr strukturiertes Denken ist dabei sicher sehr nützlich. Das juristische Denken fokussiert allerdings lediglich den Sachverhalt (Fakten), welches der Jurist unter das Gesetz subsumiert. Genau betrachtet bewältigt der Jurist die Komplexität also dadurch, dass er selektiert und Einflüsse ausschaltet, die jenseits von Fakten und Rechtsfolgen liegen.


Die Mediation ist ein Verfahren, das mit der gesamten Komplexität des Falles umgehen kann. Dieser Anspruch klingt für Menschen, die einfache und schnelle Lösungen suchen, wie eine echte Herausforderung. Die Beachtung der Komplexität irritiert. Sie könnte die naheliegende Lösung in Frage stellen. Zu viele Perspektiven sind möglich und zu viele Parameter sind zu beachten. Komplexität verkompliziert und relativiert die Informationen. Verzerrungen sind möglich. Die unterschiedlichen Sichtweisen müssen nicht einmal stimmig sein.

Auch Widersprüche sind denkbar, wenn sie durch die Beachtung der Komplexität nicht sogar hervorrufen werden. Sie kann Dissonanzen auslösen und zur Orientierungslosigkeit führen. Die Auseinandersetzung mit der Komplexität hat gezeigt, dass ihre Bewältigung einer Struktur bedarf, der Kenntnis ihrer Variablen und der sich daraus ergebenden Wechselwirkungen.

 Merke:
Leitsatz 6256 - Der erste Schritt zur Bewältigung der Komplexität ist ihre Akzeptanz!

Die Variablen der Komplexität lassen sich mit den Dimensionen abbilden. Die Struktur auf der Verfahrensebene wird durch die Mediation vorgegeben. Auf der Fallebene muss die Struktur noch hergestellt werden.2 Die Dimensionen liefern dafür den Schlüssel. Das Zusammenspiel der Variablen ergibt sich aus der die Wechselwirkungen beschreibenden Mediationslogik.

Dimensionen bringen Licht ins Chaos

Im Beitrag Mediationsmetaphern wurde die Mediation bereits mit zwei zu legenden Puzzles verglichen. Das eine Puzzle betraf den Prozess, das andere den Fall. Die Puzzlesteine wurden als Symbol für die verfahrens- oder fallbezogenen Informationen angesehen. Wie bei einem Puzzle kommt es darauf an, die Puzzlesteine so zusammenzusetzen, dass sie ein Bild ergeben. In der Mediation ist das auf das Verfahren bezogene Bild als der Weg durch den Prozess vorgegeben. Das für den Fall zu lösende Bild hat keine Vorlage.

Puzzle

Mediation als Puzzle 

Es gibt verschiedene Puzzlesteine. Es gibt große, kleine einfarbige, bunte. Manche haben 2, manche 3 oder mehr Laschen, die ineinandergreifen müssen. Nur wenn die zueinander passenden Steine gefunden werden, lassen sie sich zu einem Bild zusammensetzen. Für die richtige Positionierung der Puzzlesteine sind das Bildmotiv und die Form des Steines ausschlaggebend. In dieser Methapher entsprechen die verschiedenen Arten der Puzzlesteine den unterschiedlichen Qualitäten der eingebrachten oder der einzubringenden Information. Die Qualität der Information ergibt sich aus der Metainformation.

Beispiel 11590 - Die Aussage, "Das ist ein schönes Auto", betrifft ein Fakt (das ist ein Auto) und eine Bewertung (schön). Fakt und Bewertung sind Dimensionen der Information, die der Information als Metainformation mitgegeben werden.


Anhand der Dimensionen wird erkennbar, wie die Informationen zusammenpassen und wie sie sich in die Mediation einfügen (also wo sie in dem jeweiligen Puzzle zu legen sind). Wie bei einem Puzzle ergibt die korrekte Zusammenstellung das fertige Bild. Wie die Infromationen zusammenpassen (also wie die Laschen der Puzzlesteine ineinandergreifen) ergibt sich aus der Mediationslogik.

Die Dimensionen der Information

Jede Information besitzt eine Metainformation, also eine Information über die Information. Die möglichen Informationsarten werden den Dimensionen zugeordnet, sodass sie sich optimal in die Mediation einordnen lassen können.

Metainformation

Die Dimensionen der Mediation

Die Mediation ist ein mehrdimensionales Verfahren.

 Merke:
Leitsatz 6257 - Die Dimensionen sind die Parameter einer Information. Sie repräsentieren die gedanklichen Eckpunkte, die in ihrer Summe den Prozess einerseits und die Fallrealität andererseits abbilden.

Die Dimensionen stellen Bezüge dar, denen die jeweilige Information zugeordnet wird. Sie können diese Parameter wie imaginäre Schubladen betrachten, in welche die Information hineingelegt wird. Die Schubladen für das Procedere3 sind vorgegeben. Die Schubladen für den zu lösenden Fall4 werden für jeden Fall neu gebildet. Nur einige fallbezogene Dimensionen sind stets anzutreffen. Wichtig ist, dass die Schubladen für jede Partei identisch angelegt werden. Sie stellen Gedankenbrücken her und erlauben den Informationstransfer. Die Schubladen sind Teil des Konstrukes der Mediation und nicht real. Sie helfen aber sehr gut dabei, die Dimensionen der Komplexität zu erfassen, zu verwalten und zu bewältigen. Folgende Klassen sind zu unterscheiden:

Systembezogene Dimensionen
Die systembezogenen Dimensionen kennzeichnen und vermessen das System und die Systeme, in denen sich der Mediator und die Parteien bewegen. Folgende Zuordnungen sind hilfreich:
  1. Systeme → Mediationssystem, Streitsystem
  2. Ebenen → Verfahrensebene, Fallebene
  3. Metaebene → verfahrensbezogene Metaebene, fallbezogene Metaebene, Metakommunikation, Metainformation

Streitbezogene Dimensionen
Die streitbezogenen Dimensionen finden sich im Streitkontinuum wieder. Sie betreffen
  1. Fakten → Fakten, Sachverhalt
  2. Emotionen / Beziehungen → Emotionen
  3. Positionen (Forderungen) → 2.Phase
  4. Interessen / Bedürfnisse → 3.Phase
  5. evtl. auch zeitliche Aspekte (Dynamik)

Verfahrensbezogene Dimensionen
Die verfahrensbezogenen Dimensionen kennzeichnen abgrenzbare Einheiten, die im Zusammenspiel erkennen lassen, ob und inwieweit sich das Wesen des jeweiligen Verfahrens verwirklichen lässt. In diesem Bereich sind folgende Zuordnungen hilfreich:
  1. Bearbeitungsebenen → Streitkontinuum, Verfahrensebene, Fallebene
  2. Ausrichtung → Ziel, Nutzen
  3. Strategie → Kooperation, Konfrontation
  4. Einordnung zum Verfahren → Container
  5. Einordnung im Prozess der Mediation → Positionen, Interessen, Lösungen, Einigung
Personenbezogene Dimensionen
Die personenbezogenen Dimensionen lenken den gedanklichen Schwerpunkt einerseits auf die Individuen, andererseits aber auf deren Interaktion miteinander und die Bezugnahme aufeinander. In diesem Bereich sind folgende Zuordnungen hilfreich:
  1. Identifikation → Parteien
  2. Qualifikation → Konfliktparteien, Streitparteien, Vertragsparteien
  3. Einbeziehung → Verhandlungsfähigkeit
  4. Konzentration → Windows 1, Windows 2
Verstehensbezogene Dimensionen
Die verstehensbezogenen Dimensionen greifen die gedanklichen Ebenen und Einheiten auf, in denen sich der Mediator als Verstehensvermittler bewegen muss. Die Zuordnungen in diesem Bereich ergeben Hinweise auf die Informationsverarbeitung:
  1. Qualifikation → Fakten, Meinungen, Emotionen
  2. Zugang → Kopf, Herz, Bauch
Konfliktbezogene Dimensionen
Die konfliktbezogenen Dimensionen helfen den Konflikt und die Konflikte in ihrer Gesamtheit zu erfassen, in dem alle Aspekte in Betracht gezogen werden.
  1. Konflikte → Konfliktdimensionen
  2. Identifikation → Konfliktanalyse
  3. Orientierung → Nutzen, Streit
  4. Sonstiges → nach Bedarf
Themenbezogene Dimensionen
Die auf das in der zweiten Phase herausgearbeitete Thema gerichteten Dimensionen entsprechen den Tatbestandsmerkmalen im Gesetz. Sie spiegeln die Eigenschaften und Aspekte, die das Thema mit Leben füllen.
  1. Inhaltl. Gliederung → Strukturierung des Themas

 Merke:
Leitsatz 16271 - Wenn Sie die Informationen den Dimensionen der Informationsmetaebene zuordnen, wissen Sie erstens, wo sie hingehören und zweitens, wie damit umzugehen ist. Ordnen Sie die Information also zunächst einer Dimension zu. Positionieren Sie die Information an die Stelle im Verfahren, wo die Dimension eingeordnet wird. Bearbeiten Sie die Information erst dann, wenn der Schritt an der Reihe ist.

Die Arbeit mit den Dimensionen

Die Dimensionen ließen sich erweitern, weil die Mediation noch andere Bezüge herstellen kann. Um jedoch den Zugang zu erleichtern, genügt es, die Dimensionen in zwei (oder je nach Sichtweise auch drei oder vier) grundlegende Kategorien zu unterteilen, unter denen sich die Dimensionen der Komplexität subsummieren lassen:

Dimensionen der Mediation


Die Zuordnung zu einer der grundlegenden Kategorien gibt einen Hinweis auf die Verwendung der Information innerhalb der Struktur des Verfahrens, des Falles oder gegebenenfalls des Rechts. Das Arbeitsprinzip lässt sich in nur drei Schritte einteilen:

Dimensionen

  1. Entgegennahme der Information: Informationen werden eingebracht oder erhoben. Auch Nicht-Informationen sind Informationen.
  2. Zuordnung der Information: Die Information wird als relevant für den Verfahrensfortgang (Verfahrensebene), den Fall (Fallebene) und die jeweilige Partei erkannt und dementsprechend zugeordnet.
  3. Kennzeichnung der Information: Mit der Dimensionierung wird der Information auf der Verfahrensebene eine vorgegebene Eigenschaft zugeschrieben. Der Information auf der Fallebene wird eine übliche oder noch herauszustellende Eigenschaft zugeschrieben.

Wenn der Mediator eine Information entgegennimmt, entscheidet er, zu welcher Dimension diese Information gehört. Kann er die Zuordnung vornehmen, weiß er wie mit der Information zu verfahren ist.

Beispiel 11591 - Wenn die Information als ein Faktum qualifiziert wird, lohnt es sich nicht weiter darüber zu streiten. Es genügt zu klären, wie das Fakt verifiziert wird. Wenn die Information als Lösung qualifiziert wird, sollte sie zurückgestellt werden, bis Lösungen in der vierten Phase gesucht werden.


Die Dimensionen, nach denen die Information qualifiziert wird, entsprechen den Variablen, die sich in die Mediationslogik einbinden lassen. Durch diese Einbindung werden die Zusammenhänge zwischen den Informationen und Variablen hergestellt. Das Wissen um die Wechselwirkung der Variablen erfüllt eine weitere Anforderung an die Komplexitätsbewältigung.

Informationshäufung als Ausgangssituation

Die Entgegennahme der Information entspricht der Ausgangslage. Der Mediator findet eine Fülle an Informationen vor. Alle Informationen besitzen Eigenschaften. Sie sind ihnen aber noch nicht zugeordnet, sodass die Informationen noch völlig ungeordnet sind. Metaphorisch gesprochen liegen die Informationen wie die noch nicht in das Bild eingelegten Puzzlesteine auf einem Haufen.

Dimensionen-3

Manche der Dimensionen werden durch die Mediation vorgegeben (siehe zum Beispiel: Positionen, Interessen, Lösungen); andere ergeben sich aus der Fallarbeit (z.B. Fakten, Meinungen und Emotionen). Wieder andere Dimensionen werden fallabhängig gebildet (z.B. Beziehung).
Die Dimensionierung verfolgt drei wesentliche Zwecke:

  1. Qualifikation der Information
  2. Strukturierung der Information
  3. Verarbeitung der Information

Qualifikation der Information

Im Konflikt – oder Streitgespräch geht es oft drunter und drüber. Die Parteien wechseln die Denk- und Kommunikationsebenen,5 verkaufen Meinungen als Fakten und tun alles, um möglichst nicht zusammenzukommen. Das Muster lässt sich durch eine Strukturierung verhindern und dadurch, dass die Informationen im System der Mediation geordnet werden.

Beispiel 11592 - In einer Mediation werfen sich die Kollegen A und B gegenseitig vor, sich bei der Arbeit zu behindern. A begründet den Vorwurf damit, dass B ihn vor den Kollegen schlecht rede. Er behauptet sogar, dass B ihm falsche Informationen zuspiele, damit er Fehler mache. Er meint, B sei neidisch auf ihn und missgönne seinen Erfolg. A verlangt von B, dass er die Abteilung verlässt.


Das Beispiel enthält eine Menge an Informationen, die ganz unterschiedliche Merkmale aufweisen. Darunter befinden sich Informationen, die sowohl die A und die Partei B betreffen. Weiterhin gibt es Informationen, die sich auf das Verfahren, ebenso wie auf den Fall an und für sich beziehen lassen. Die Informationen lassen sich wie folgt ordnen:

Beispiel 11593 - Die Information schlecht reden, falsche Informationen zuspielen beziehen sich auf B. Sie ergegen aber auch nicht offengelegte Informationen über den A. Der Vorwurf ist als Argument einem Verfahrensschritt zuzuorden, ebenso wie die sich daraus ergebende Forderung, also die Position, dass B die Abteilung verlassen solle. Der Neid ist ein Motiv, das B unterstellt wird. Das Motiv von A wird nicht offenbart.


Bereits mit dieser Einschätzung lassen sich die Informationen einer Landkarte zuordnen, die dem Erkenntnisprozess entspricht. Die Erkenntnislandkarte verdeutlicht, welche Informationen bereits erfasst sind und welche noch nicht. Sie lässt auch erkennen, ob die Informationen einer Dimension vollständig, einvernehmlich oder streitig sind und wie sie sich in die Struktur einbeziehen lassen. Das Grundmodell einer Erkenntnislandkarte könnte wie folgt aussehen:

Erkenntnislandkarte

Strukturelle Einbeziehung der Information

Um den Erkenntnisprozess der Mediation zu verwirklichen, müssen die Informationen in eine Beziehung zueinander gestellt werden. Die dafür erforderliche Architektur wird in der nachfolgenden Grafik erkennbar:

Dimensionen 1

Die Zuordnung zeigt, wie mit der Information umzugehen ist.

Dimensionen 1

Die Grafik macht deutlich, dass die Dimensionen in einer logischen Beziehung zueinander stehen. Es kommt zu einer Vernetzung, die sich wie folgt darstellen lässt:

Dimensionen 2

Der logische Zusammenhang der Dimensionen erlaubt die Bildung von Hierarchien, Prioritäten oder Gewichtungen und deckt ihre Wechselwirkungen auf. Die Linien in der vorstehenden Grafik sollen verdeutlichen, dass die Informationen keinen isolierten Standort im Mediationssystem haben, sondern miteinander vernetzt sind. Die Linien sind unvollständig und nur dazu gedacht, einen Eindruck zu hinterlassen.

Verarbeitung der Information

Es wird deutlich, dass Bezüge zwischen der Verfahrensebene und der Fallebene herstellen lassen. Auch kann gezeigt werden, dass und wie sich die Ebenen des Streitkontinuums beispielsweise mit den Intelligenzzentren verknüpfen. Diese wiederum stehen mit den Konfliktdimensionen im Beziehung und koppeln sich in das Mediationsmodell zurück. Die Qualifikation als Fakten, Meinungen und Emotionen erlaubt eine Rückkopplung mit den Interessen und dem unstreitig zu stellenden Sachverhalt. Diese Verknüpfung wiederum weist den Weg in das parallele Denken nach und ermöglicht die Einordnung der Information in die Phasenkonsistenz. Allein diese exemplarische Auflistung soll zeigen, dass die Dimensionen wie gedankliche Bausteine anzusehen sind, die nach einer vorgegebenen Architektur zusammengeführt, das Lösungsgebäude erstellen. Mithin macht die Zusammenführung dieser und noch weiterer Dimensionen (Elemente, Bausteine) die Mediation zu einem Prozess der komplexen Erkenntnisgewinnung und der Erkenntnissteuerung. Über die Strukturierung können sogenannte funktionaleEinheiten als eine Art Informationsknoten herausgebildet werden, mit denen sich die Dimensionen in den Prozess einbeziehen lassen.

Die Bausteine der Mediation haben nicht nur eine statische, sondern auch eine funktionale Bedeutung. Deshalb werden einige Elemente als sogenannte funktionale Einheiten oder functional Units zusammengefasst. Sie stellen die Schlüsselelemente der Mediation heraus, anhand derer sich die Zusammenhänge innerhalb der Mediation erklären lassen. Es handelt sich um diejenigen Elemente, die in ihrem Zusammenpiel, wie beim Zusammentreffen chemischer Elemente, eine dynamische Wirkung entfalten. Das Zusammenspiel ergibt sich aus der Mediationslogik. Im Grunde steht jedes Element mit jedem in einem Zusammenhang, sodass kein (oder kaum ein) Element hinweggelassen werden kann, ohne dass die Mediation darunter leidet. Ausgangspunkt, um die functional Units herauszuarbeiten, sind die grundlegenden Elemente:

funktionale Einheitenbox

  1. Ziel: Die Zielfestlegung ist zunächst lediglich darauf gerichtet, eine Lösung zu finden, die den maximalen Nutzen verspricht.
  2. Rahmen: Aus der Zielfestlegung ergibt sich der Weg. Weil es um die Suche geht, ist die Kooperation die naheliegende Strategie.
  3. Konflikt: Der Konflikt bildet den Bezug. Er muss sich also in den Themen wiederfinden und in dem Mediationmodell, das die dazu erforderliche Bearbeitungstiefe festsetzt.
  4. Verstehen: Die Klärung des Konfliktes und der zur Beseitgung erforderlichen Anforderungen steht im Mittelpunkt.
  5. Lösung: Das Ziel ict erreicht, wenn eine den Anforderungen entsprechende Lösung gefunden wurde.

Die funktionalen Einheiten erfassen die Bausteine, die in ihrer Interaktion für das Funktionieren der Mediation verantwortlich sind. Sie beschreiben die Funktion der Bausteine und stellen Verbindungen zwischen den Navigations- oder Montagepunkten her, indem sie den inneren Zusammenhang des Mediierens oder dessen beschreiben, was eine Mediation ausmacht. Die Montagepunkte, zwischen denen sich funktionale Beziehungen herstellen lassen, sind:

Navigationspunkt Verknüpfung Erkenntnis
Zielabstimmung 1.Phase Es gibt keine verwertbare Lösung. Eine Suche ist erforderlich
Rahmen 1.Phase Errichtung der Metaebene. Gedankenfreiheit (Offenheit) wird ermöglicht. Kontrollfähigkeit wird eingerichtet (Freiwilligkeit). Der Weg wird markiert (Prinzipien).
Streit 2.Phase Widerspruch wird akzeptiert. Parteien stellen sich der kognitiven Dissonanz, Streitbekenntnis. Das Thema neutralisiert die Positionen und wandelt sie in eine Frage um.
Themen 2.Phase Was zu regeln ist, damit der Konflikt beigelegt werden kann.
Fokus 1.Phase, 3.Phase Wird auf die Nutzenerwartung gesetzt
Dimension 1.Phase, 3.Phase, Kontinuum, Mediationsmodell Welche Dimensionen des Streitkontinuums und der Komplexität sind zu erfassen, damit eine ganzheitliche Lösung möglich wird
Reichweite Konfliktkongruenz Wie weit reicht der Konflikt?
Nutzen 3.Phase Orientiert am Nutzen werden die Kriterien für die Lösung erarbeitet.
Verstehen alle Phasen Es wird ein Gedankengang produziert, der alle Lösungshindernisse aus dem Weg räumt. Die Gedanken der Parteien können sich ungehindert in eine Lösung entwickeln.

Indem die Gedanken Dimensionen zugeordnet werden, lassen Sie sich nicht nur besser in die Logik der Mediation einbeziehen. Sie können jetzt auch besser miteinander verglichen werden. Diese Möglichkeit hilft besonders im Streitgespräch mit mehreren Parteien. Sie verhindert beispielsweise, dass Fakten mit Meinungen gleichgesetzt werden oder Lösungen mit Motiven. Der Vergleich der Information erfolgt gesondert innerhalb der jeweiligen Dimension.

Beispiel 11594 - Die Partei sagt in der Mediation: „Es ist wichtig, dass das Kind nach der Trennung seine Ruhe findet". Ruhe ist ein unterstelltes Kindesinteresse. Wenn es darauf ankommt, kann der Mediator das Interesse des Kindes hinterfragen und mit den Vorstellungen des Vaters vom Kindesintersse vergleichen. Möglicherweise wird der Vater des Kindes Interesse unterstreichen. Wahrscheinlich haben Vater und Mutter hinsichtlich der Lösung, wie sich Ruhe herstellen lässt, unterschiedliche Ideen. Dann sollten die Ideen unter der Dimension "Lösung" erörtert werden, nachdem festgehalten wurde, dass die Interessen in die gleiche Richtung gehen.


Mediation als Kognitionsprozess 

Die Mediation als Informationsverarbeitungsprozess

Die kognitive Mediationstheorie sieht in der Mediation ein Konstukt, in dem mehrere Prozesse integriert sind; unter anderem auch ein Prozess der Informationsverarbeitung. Die Informationen werden durch die Technik des Dimensionierens in die Mediation eingearbeitet. Wenn die Information als ein Puzzlestein gesehen wird wenn und die Mediation aus verschiedenen Puzzlebildern besteht, an denen die Puzzlesteine angelegt werden, dann geben die korrekt angelegten Puzzlesteine nicht nur die Teile des Bildes wieder, das zu legen ist. Sie zeigen auch, wo welche Steine bzw. Informationen noch fehlen. Der Informationsvorrat wird ebenso aufgedeckt wie der Informationsbedarf. Dieser Effekt unterstützt den Grundsatz der Informiertheit. Auch das Gesetz besagt in §2 Abs. 6 Mediationsgesetz, dass der Mediator darauf hinzuwirken hat, dass die Parteien die Vereinbarung in Kenntnis der Sachlage treffen und ihren Inhalt verstehen. Das Erkennen, wann Informationen vollständig sind, ist also eine Leistung, die die Mediation ebenso wie die Möglichkeit zur vollständigen Informationsbeschaffung zu erbringen hat.

Der Informationsverarbeitungsprozess der Mediation reguliert nicht nur die Informationsaufnahme und die Entscheidung über die Identität der Information und ihre Zuordnung im Prozess. Er bestimmt auch, wie die Information zu bewerten ist. Eine wertlose oder irreführende Information sollte keine Grundlage für die zu findende Lösung werden.

Beispiel 16573 - In einem arbeitsrechtlichen Streit wird der Mitarbeiterin in einer Mediation von ihrem Vorgesetzten vorgeworfen, dass sie den Arbeitgeber denunziert hätte. Die Mitarbeiterin bestreitet den Vorwurf. Der Vorgesetzte entgegnet, dass er das deutliche Gefühl habe, dass die Mitarbeiterin die Denunziantin sei. Schließlich hätte sich die Berufsgenossenschaft in der Folge bei dem Arbeitgeber gemeldet, um der Anzeige nachzukommen. Der Vorgesetzte wisse um das politische Engagement der Kollegin. Deshalb habe er das sichere Gefühl, dass sie die Täterin gewesen sei. Gefühle dürfte man nicht in Frage stellen. Behauptete er dann noch, um seinen Standpunkt zu bekräftigen. Im weiteren Verlauf der Mediation streiten die Parteien darum, ob die Mitarbeiterin die Anzeige erstattet habe und warum sie dem Arbeitgeber so illoyal gegenüber eingestellt sei. Der Mediator hat nicht eingegriffen. Er hätte den Argumentationsfehler erkennen können. Er hängt mit der fehlerhaften Identifikation der Information zusammen. Es handelt sich bei dem Vorwurf nicht um ein Gefühl, sondern um eine Behauptung, die auf einer Meinung beruht, die nicht belegt werden kann. Das Gefühl wäre gegebenenfalls die Sorge, dass die Mitarbeiterin den Betriebsfrieden mit ihrer feindlichen Einstellung gefährden könnte oder ähnliches. Würde darüber gesprochen werden, käme ein anderes Ergebnis zu Stande, und das Gespräch wurde anders verlaufen.


Den Schlüssel für die Informationsverarbeitung in der Mediation bilden die Informationsdimension. Sie identifizieren die Information und entscheiden, wo die Information in die Mediation einzuordnen und sie zu behandeln ist.

Beispiel 16574 - Die Information wird als ein Motiv identifiziert obwohl die Mediation erst noch in der zweiten Phase steckt. Anstatt den nicht zum Verfahren stand, passende Informationen zu überhören, nimmt der Mediator die Information entgegen, identifiziert sie als ein Ziel und verspricht später darauf zurückzukommen.


Dass sich die Verwertung der Information, also die Frage, wie die Informationen zu behandeln ist, aus dem Prozess der Mediation ergibt, bezieht die Informationsverarbeitung in den Gedankengang der Mediation ein. Die Informationsverarbeitung ist somit ein Teil des Erkenntnisprozesses. Sie hat stets sicherzustellen, dass keine erkenntnisfördernde Information unter den Tisch fällt und dass die Information andererseits erst dann angesprochen wird, wenn die Zeit reif dafür ist. Bei der Weitergabe der Information wird sichergestellt, dass alle Parteien dasselbe verstehen.

Mediation als Informationsverarbeitung

Bedeutung für die Mediation

Die Dimensionierung ist eine Technik, die aus der kognitiven Mediationstheorie herzuleiten ist. Sie erlaubt es der Mediation, die Komplexität vollständig zu erschließen und macht aus ihr nicht nur ein strukturiertes, sondern auch ein strukturierendes Verfahren. Die Dimensionen sind der Schlüssel, der alles zusammenhält.

Dimensionen

Die Skizze zeigt die universelle Bedeutung der Dimensionen. Indem sie mit den Variablen der Komplexität gleich gesetzt werden, sind Dimensionen in der Lage, jede Information in den passenden Kontext zu setzen, sodass eine optimale Informationsverarbeitung sichergestellt wird.

Hinweise und Fußnoten
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Bearbeitungsstand: 2024-08-27 03:22 / Version 129.

Aliase: Dimension, Informationsdimension
Siehe auch: Loopen, Komplexität, Mediationstheorie, funktionaleEinheiten, Metainformation.
Prüfvermerk:

2 Das ist der Grund, warum die Mediation hier als ein strukturiertes UND strukturierendes Verfahren beschrieben wird.
3 Gemeint ist die Verfahrensebene der Mediation, also die Mediation an und für sich.
4 also die Fallebene


Based on work by Arthur Trossen und anonymous contributor und Bernard Sfez . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Freitag November 1, 2024 00:00:24 CET.

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