Lade...
 

Protokolle in der Mediation

Wissensmanagement » Diese Seite gehört zum Fachbuch Mediation in der Wiki-Abteilung Wissen. Sie befinden sich auf der Themenseite Mediationsklauseln, die dem Kapitel Absicherung des 7. Buchabschnitts Recht zugeordnet wird. Beachten Sie bitte auch:

Absicherung Abgrenzung Protokolle Qualitätsdokumentation Falldokumentation Mediationsklauseln

Worum es geht: Die Begriffe Protokoll, Mitschrift, Niederschrift und Dokumentation werden oft synonym verwendet, haben aber unterschiedliche Bedeutungen. Auch werden sie in der Praxis ganz unterschiedlich verwendet. Besonders in der Mediation sind die bedeutsamen Unterschiede zu beachten.

Einführung und Inhalt: Das Wort Dokumentation bildet den Oberbegriff. Es umfasst alle Arten von Aufzeichnungen oder Informationen, die in verschiedenen Kontexten erstellt werden, um Informationen zu speichern, zu teilen und zu überprüfen. Um der Frage nachzugehen, ob und inwieweit der Prozess der Mediation zu protokollieren ist, sollen zunächst die unterschiedlichen Dokumentationsweisen vorgestellt werden.

Abgrenzung der Dokumentationsweisen

Zunächst fällt auf, dass das Mediationsgesetz keine Angaben über eine Protokollierung enthält. Ein Hinweis auf die Protokollierung ergibt sich lediglich aus der ZPO im Zusammenhang mit dem Güterichterverfahren. §159 Abs. 2 ZPO besagt, dass ein Protokoll über eine Güteverhandlung oder weitere Güteversuche vor einem Güterichter nach § 278 Absatz 5 ZPO nur nach einem übereinstimmenden Antrag der Parteien__ aufgenommen werden darf. Für die Güterichterverhandlung wird also ein Protokoll für möglich gehalten, auch wenn die Verhandlung mit Methoden der Mediation durchgeführt wird.

Güterichterverfahren

Das Mediationsgesetz erwähnt lediglich eine Dokumentation. §2 Abs. 6 Mediationsgesetz besagt, dass die erzielte Einigung in einer Abschlussvereinbarung mit Zustimmung der Parteien dokumentiert werden kann. Das Gesetz enthält keine Aussage über die Dokumentaion der Verhandlung oder das Zustandekommen der Abschlussvereinbarung. Es enthält auch keine Angaben über die Ausgestaltung der Dokumentation. Auch der Inhalt der Bescheinigung über die Teilnahme an einem Informationsgespräch gem. §135 FamFG wird nicht explizit geregelt. Sie betrifft nur die Bestätigung der Teilnahme, nicht den Verlauf des Gesprächs oder sein Ergebnis.

Abschlussvereinbarung Abschlussdokumentation Bescheinigungen

Die Dokumentation des Verfahrens war im Entwurf der Ausbildungsverordnung erwähnt. § 5 des Entwurfs der ZMediatAusbV verlangte vom zertifizierten Mediator, dass "die Mediationsverfahren ... " zu dokumentieren seien. Diese Dokumentation war aber lediglich als Ausbildungsnachweis gedacht und wurde auch nicht generell vorgeschrieben. Es gibt also unterschiedliche Gegenstände, die einer Dokumentation bedürfen. Zur besseren begrifflichen Unterscheidung sind die Dokumentationen nach ihrer Verwendung als Dokumentation der Abschlussvereinbarung und als Falldokumentation zu bezeichnen. Schließlich hat die Dokumentation noch eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für das Qualitätsmanagement.

Falldokumentation Qualitätsdokumentation 

Auch wenn Notizen weit davon entfernt sind, als Protokoll verstanden zu werden, sind einige Regeln zu beachten, die den Umgang mit Notizen in Abrenzung zu Protokollen beschreiben. Notizen haben keine Protokollfunktion. Wenn Notizen angefertigt werden, sollte darauf geachtet werden, dass sie nicht zur Datenarchivierung genutzt werden. Sie werden hauptsächlich nur angefertigt, um die Parteien ausreden zu lassen oder um Gedanken festzuhalten, auf die noch einzugebnen ist.

Notizen 

Was ist ein Protokoll?

Laut Duden bezeichnet ein Protokoll zum Einen die wortgetreue oder auf die wesentlichen Punkte beschränkte Niederschrift über eine Sitzung oder eine Verhandlung. Zum Anderen kann es sich um den genauen Bericht über den Verlauf eines Verfahrens handeln1 Protokolle und Niederschriften werden oft in geschäftlichen oder formellen Besprechungen, Sitzungen von Gremien und anderen Organisationen verwendet. Es gibt noch weitere Bedeutungen, die im Zusammenhang mit der Mediation oder dem Nachweis über den Verlauf eines Verfahrens keinen Zusammenhang ergeben.

Unter Dokumentation versteht man hingegen allgemein die Nutzbarmachung von Informationen zur weiteren Verwendung.2 Bei einer Dokumentation steht also die Verwendbarkeit der Information im Vordergrund, nicht, wie sie zustandegekommen ist. Eine Dokumentation kann erforderlich sein, um die wesentlichen Gedanken in einem Prouzess oder über sein Ergebnis zusammenzufassen.

Hintergrund und Zweck des Protokolls

Ein Protokoll verfolgt ganz unterschiedliche Zwecke. Zum Einen dient es als Gedächtnisstütze, zum Anderen als Nachweis von Gesagtem oder Geschehenem. Das Protokoll stellt eine Verbindlichkeit her. Deshalb werden Protokolle unterschrieben oder genehmigt. Die Mediation ist ein informelles Verfahren, bei dem die Parteien offen (und gefahrlos) Ihre Sichten und Ideen entwickeln sollen. Ein rpOtokoll könnte dem Charakter zuwiderlaufen. Den Parteien ist das nicht immer bewusst. Oft gehen sie wie selbstverständlich davon aus, dass die Mediation protokolliert wird. Manche Parteien fordern den Mediator sogar auf:

Sagen Sie doch mal was ... (der Gegner) in der Sitzung am ... geäußert hat.


Die Gegenseite soll auf eine Äußerung festgenagelt werden. Ein solches Verhalten passt in eine Konfrontation und führt in ein Argumentieren. Beides ist mit dem Charakter der Mediation aber nicht zu vereinbaren. Ein Protokoll formalisiert. Wenn Äußerungen festgehalten werden, sind die Parteien bedacht über das was sie sagen. Sie werden vorsichtig, wenn sie befürchten, dass ihre Äußerungen gegen sie verwendet werden können. Genau das will die Mediation verhindern. Die Offenheit und die damit korrespondierende Verschwiegenheit würden ad absurdum geführt, wenn das Protokoll als ein verwertbares Beweismittel verwendet werden kann.

 Merke:
Leitsatz 7218 - Die Anfertigung von Protokollen ist mit der Mediation nicht kompatibel, wenn sie zum Streiten benutzt werden können.

Mit den Grenzen der Verschwiegenheit, ihrer Bedeutung und die Verwertung von Dokumenten befasst sich der Beitrag Vertraulichkeit, der auf die Notwendigkeit und Abfassung einer Verschwiegenheitsvereinbarung verweist.

Vertraulichkeit Verschwiegenheitsvereinbarung 

Bedarf für eine Protokollierung

Andererseits gibt es auch in der Mediation genügend Anlässe, vorgenommene Rechtshandlungen nachzuweisen. Die Dokumentation der Abschlussvereinbarung ist ein im Gesetz erwähnter Fall. Der Mediator hat darüber hinaus ein eigenes Interesse, die Erfüllung der Mediationspflichten (wie z.B. die Informations- und Offenbarungspflichten, Zustimmungen der Parteien usw.) nachweisen zu können. Ein Protokoll wäre dafür sicherlich das naheliegende Format. Ein weiterer Bedarf, Handlungen, Prozessabschnitte und Gedanken festzuhalten ergibt sich aus der Transparenz und dem Orientierungsbedarf der Parteien. Wie sollen sie sich am Ende ein Angebot unterbreiten, wenn die Komplexität des Falles zu groß ist, um sich an die für ein Angebot erforderlichen Eckdaten zu erinnern?

Vorgehensweise der visualisierten Protokollierung

Die Mediation bietet für alle Fälle geeignete Tools an. Im Vordergrund stehen die Vereinbarungen im MV bzw. in der MDV. Hier sollten Zustimmungen und Informationen abgebildet sein. Wenn die Verträge von allen Beteiligten unterzeichnet sind, ist der Nachweis erbracht, dass Zustimmungen (etwa für Einzelgespräche) und Informationen (etwa zur Neutralität) und Hinweise (etwa zum Beratungsbedarf) geleistet wurden.Wie aber ist damit umzugehen, wenn der Mediator einen Nachweis für die Erfüllung von Hinweisprlichten, die Entgegennahme von Urkunden usw. schaffen will. Es würde Misstrauen säen, wenn er Wert darauf legt, dass seine Handlungen protokolliert werden, nicht aber die der Parteien. Wie kann er Mediationsabsprachen festhalten, die nicht im MV bzw. in der MDV enthalten sind? Hier bietet sich das Flipchart als ein geeignetes und unauffälliges Medium zur Protokollierung an. Wenn nach der Sitzung ein Foto mit Datumsstempel vom Flipchart genommen wird, kann die dort vermerkte Handlung oder Vereinbarung nachgewiesen werden.

Mediationsvertrag Mediationsdurchführungsvereinbarung Mediationsabreden Visualisierung Aktenführung 

Beispiel für die Gestaltung des Flipcharts mit Protokollfunktion
Das Flipchart wird genutzt, um die Schritte im Verfahren transparent zu machen und die wesentlichen Gedanken festzuhalten. Die Visualisierung macht auch deutlich, wo Übereinstimmungen sind und wo nicht. Weil die Parteien die festgehaltenen Informationen zur Lösungsfindung verwerten sollen, sind positive Botschaften zu vermerken. Auch wichtige Verfahrensschritte, Zwischenvereinbarungen, Informationen und Vorgänge können einfach auf dem Flipchart für alle sichtbar protokolliert werden. Die folgenden Grafiken geben ein Beispiel, wie das Flichart gestaltet werden kann:


flipchart-1

Phase 1: Das Flipchart markiert die Phase, auf die sich die Ausführungen beziehen in der Überschrift. Die Phase wird als römische Ziffer dargestellt. Die wichtigsten Vereinbarungen können auf dem Flipchart festgehalten werden. Das erste Flipchart könnte also auch die Vereinbarungen erfassen, die als Mediationsabrede die Mediationsdurchführungsvereinbarung erweitern und protokollarisch festzuhalten sind. Dann wäre ein Kapitel: "Ergänzende Vereinbarungen" denkbar mit den darunter zu fassenden Absprachen und dem Datum der Vereinbarung. Wenn das Flipchart so genutzt wird, erfüllt es auch eine Protokollfunktion.

flipchart-2

Phase 2: Das Flipchart markiert die Phase, auf die sich die Ausführungen beziehen in der Überschrift. Die Phase wird als römische Ziffer dargestellt. In der Phase sollten die Themen getrennt nach den Vorschlägen der Parteien aufgelistet werden. Wenn Parteien über eion Thema einig sind, finden sich entsprechende Eintzräge in beiden Spalten wieder. Wenn sie zwar einig siond über ein Thema, darüber aber nicht sprechen wollen, wird das ausgeklammerte Thema markiert (etwa in Klammern gesetzt).

flipchart-3

Phase 3: In der Phase drei werden die Interessen (Motive) aufgeführt
In der Phase vier werden die Lösungsoptionen aufgeführt, ohne dass sie nach den Parteien unterschieden werden, usw.

Bedeutung für die Mediation

Die Abschlussvereinbarung beendet den Streit. Es gibt deshalb grundsätzlich keine Bedenken, sie zu dokumentieren. Trotzdem bedarf die Dokumentation der Einwilligung. Viele Prozesshandlungen, wie z.B. die Belehrungspflicht zur Beratung, können in der Mediationsdurchführungsvereinbarung festgehalten werden. Der Prozessgang kann im übrigen auf dem Flipchart visualisiert werden. Wenn der Mediator das Flichart mit Datumsstempel fotografiert und als Datei speichert, kann er gegebenenfalls die Vornahme von Prozesshandlungen nachweisen. Wie er die Dateien verwahrt, wird im Beitrag Aktenführung beschrieben.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Bearbeitungsstand: 2024-03-25 09:38 / Version 52.

Alias: Protokollierung, Protokoll
Siehe auch: Aktenführung
Included: Visualisierung
Prüfvermerk:


Based on work by Arthur Trossen und Bernard Sfez und anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Donnerstag November 14, 2024 20:17:27 CET.

Durchschnittliche Lesedauer: 6 Minuten