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Zusammenstellung und Herleitung der Mediationspflichten

Wissensmanagement » Sie befinden sich auf einer Archivseite, die dem Kapitel Pflichten m Abschnnitt Recht des Mediationshandbuchs zugeordnet werden kann. Es geht um die konzentrierte Zusammenstelliung der Pflichten des Mediators in der Mediation. Beachten Sie bitte auch:

Pflichten Pflichtenverzeichnis Verantwortung Fürsorgepflicht Pflichtverletzung Aufgabenverzeichnis Haftung

Das Pflichtenverzeichnis ergänzt den Mediatorenkoffer und den Beitrag über die Pflichten des Mediators. Die Kenntnis der Pflichten ist eine wichtige Hilfe zur rechtssicheren Durchführung der Mediation. Sie soll dazu beitragen, die Werkzeuge korrekt im Sinne der Mediation zu verwenden. Pflichtverletzungen führen zu Mediationsfehlern, so wie Fehler zu einer Pflichtverletzung führen können. Die Unterscheidung ist wichtig für die Frage der Haftung des Mediators. Bitte beachten Sie den Grundsatz:

 Merke:
Leitsatz 4392 - Nicht jeder Fehler führt zur Haftung. Nur Fehler, die als Pflichtverletzungen einzustufen sind, lösen einen Anspruch aus!

Mit diesem Merksatz wird die Bedeutung eines Verzeichnisses herausgestellt, in dem die Pflichten des Mediators zusammengeführt werden. Die Aufstellung ergänzt das Fehlerverzeichnis. Sie mag dazu beitragen, Fehler zu vermeiden und Fehler zu erkennen. Um die Pflichten systematisch zu erfassen, wird nach ihrer Herkunft, der Rechtsquelle und ihrer Art unterschieden.

Einteilung nach Rechtsvorschriften

Pflichten werden durch Rechtsvorschriften auferlegt. Rechtsquellen finden sich im Gesetz, in den Standards, im Mediationsvertrag und indirekt auch in den anerkannten Regeln der Kunst.

Mediationsgesetz

Natürlich ergeben sich die Pflichten zur Durchführung einer Mediation in erster Linie aus der Mediation selbst, mithin aus § 1 Mediationsgesetz. Sie fließen in die Regeln der Kunst ein, die bei Wiki to Yes in einem eigenen Verzeichnis zusammengestellt sind. Das Gesetz beschreibt aber auch ganz konkrete Pflichten, die der Mediator zu beachten hat:

§ 1 Abs. 2 Mediationspflicht
Die Vorschrift enthält die indirekt formulierte Verpflichtung, eine Mediation (nach den Regeln der Kunst) durchzuführen. Das Gesetz erwartet eine "sachgerechte" Durchführung der Mediation. Welche Regeln dazu beitragen, dass die Mediation sachgerecht durchgeführt werden kann und was darunter (genau) zu verstehen ist, bleibt unklar. Der Beitrag Kunstregeln setzt sich mit dieser Problematik auseinander. Dort werden die Kunstfehler zusammengestellt.
§ 2 Abs. 2 Informationspflicht
Der Mediator vergewissert sich, dass die Parteien die Grundsätze und den Ablauf des Mediationsverfahrens verstanden haben und freiwillig an der Mediation teilnehmen.
§2 Abs. 3 Allparteilichkeit
Der Mediator gewährleistet, dass die Parteien in angemessener und fairer Weise in die Mediation eingebunden sind. Darüber hinaus hat er die Pflicht, die Kommunikation zwischen den Parteien zu fördern.
§2 Abs. 6 Informiertheit
Der Mediator wirkt im Falle einer Einigung darauf hin, dass die Parteien die Vereinbarung in Kenntnis der Sachlage treffen und ihren Inhalt verstehen
§2 Abs. 6 Beratungshinweis
Der Mediator hat die Parteien, die ohne fachliche Beratung an der Mediation teilnehmen, auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Vereinbarung bei Bedarf durch externe Berater überprüfen zu lassen.
§3 Abs. 1 Offenbarungspflicht
Der Mediator hat den Parteien alle Umstände offenzulegen, die seine Unabhängigkeit und Neutralität beeinträchtigen können.
§3 Abs. 5 Kompetenznachweis
Der Mediator ist verpflichtet, die Parteien auf deren Verlangen über seinen fachlichen Hintergrund, seine Ausbildung und seine Erfahrung auf dem Gebiet der Mediation zu informieren.
§4 Verschwiegenheitspflicht
Der Mediator ist zur Verschwiegenheit verpflichtet

Sonstige Vorschriften

Gesetze und Verordnungen
Über das Mediationsgesetz hinaus können sich Pflichten ergeben wie z.B.:
  1. Informationspflichten für Dienstleistungserbringer nach der Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung (DL-InfoV).
  2. Die Pflicht zur Widerrufsbelehrung nach §312g BGB
  3. Die Pflicht zur Schriftlichkeit bei Notaren gem. § 126 Abs. 2 GNotKG usw.
Standards zur Mediation
Sofern sich aus den Standards der institutionellen Mediation Pflichten ergeben, die über das Gesetz hinausgehen, bedürfen sie der vertraglichen Einbeziehung. Meist fassen die Standards die Prinzipien zusammen und konkretisieren die Haltungsmerkmale.
Individuell
Auch der Mediationsvertrag oder die Mediationsdurchführungsvereinbarung können dem Mediator zusätzliche Pflichten (Haupt- und Nebenpflichten) auferlegen.
Kunstregeln
Bei den Kunstregeln handelt es sich um einen Rechtsgrundsatz, wonach eine vertragliche Leistungspflicht entsprechend dem Stand der Wissenschaft, den anerkannten Regeln der Technik, den gesellschaftlichen Normen oder den Rechtsnormen sowie unter Einsatz der körperlichen und geistigen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse zu erfüllen ist.1 Für die Mediation sind solche Regeln der Kunst noch nicht festgelegt. Um sich einer Festlegung zu nähern, werden die Regeln der Kunst im Beitrag Kunstregeln zusammengestellt und ermittelt.

Einteilung nach Arten

Manche der Pflichten sind eindeutig und in Rechtsvorschriften geregelt, andere sind durch Interpretation zu ermitteln. Das nachfolgende Verzeichnis ist lediglich eine Übersicht. Eine tiefergehende Auseinandersetzung mit den Pflichten finden Sie im Zusammenhang mit den Ausführungen zum Mediationsrecht. Zur besseren Auffindbarkeit lassen sich die Pflichten nach folgenden Schwerpunkten unterscheiden:

Hauptpflichten

Die Hauptpflichten stehen im direkten Leistungsaustausch. Sie orientieren sich grundsätzlich an dem Mediationsgesetz und den Kunstregeln.2 Die Hauptpflichten ergeben sich aus dem Dienstleistungsversprechen. Sie lassen sich in folgende Kategorien einteilen:

Verfahrenswahl
  1. Clearing (optionale Beratungspflicht, wenn es um die Wahl des am besten geeigneten Verfahrens geht)
  2. Prüfung der Geeignetheit
Konfliktarbeit
  1. Konfliktanalyse und Themensammlung (Identifikation der Konflikte und Themen)
  2. Festlegung der Bearbeitungstiefe (Auswahl des Mediationsmodells)
  3. Vermittlung (Herausarbeiten der Motive und Bedeutungsinhalte)
  4. Dimensionierung (Je nach Schule und Mediationskonzept)3
  5. Auswahl geeigneter Interventionen (Unterstütztung der Parteien)
  6. Herausarbeiten der Sachlage gem. § 2 Abs. 5 Mediationsgesetz und der Hintergründe, die eine Entscheidung ermöglichen.
Verfahren
  1. Zielausrichtung und Wegbeschreibung
  2. Mediationsmanagement (Effiziente Durchführung der Mediation)
  3. Beachtung der Prinzipien (Grundsätze der Mediation, §2 Abs.2 Mediationsgesetz)
  4. Beachtung der Phasenlogik (Ablauf der Mediation, §2 Abs.2 Mediationsgesetz)
  5. Zustimmung bei Beteiligung Dritter einholen gem. §2 Abs.4 Mediationsgesetz
  6. Einverständnis für Eimnzelgespräche einholen gem. §2 Abs.3 Mediationsgesetz
Abschluss
  1. Inhaltskontrolle (Prüfung der Formbedürftigkeit der Vereinbarung und der Umsetzbarkeit der gefundenen Lösung)

Informations- und Offenbarungspflichten

Es genügt nicht, wenn der Mediator auf Eigenschaften und Prinzipien der Mediation hinzuweist, ohne die korrespondierenden Konsequenzen herauszustellen, die sich für die Medianden außerhalb des Verfahrens ergeben. Somit unterscheiden wir zwischen gebotenen Hinweisen sowie zwischen direkten und indirekten Informations- und Offenbarungspflichten4 .

Hinweise (empfohlen)
  1. Fristenüberwachung
  2. Außerprozessuales Verhalten
  3. Vertraulichkeitslücken.
  4. Realitätscheck
Indirekte Informationspflichten
  1. § 2 Abs. 1 Mediationsgesetz: Möglichkeit zur freien Mediatorwahl.
  2. § 2 Abs. 2 Mediationsgesetz: Grundzüge und Ablauf des Verfahrens
  3. § 2 Abs. 2 Mediationsgesetz: Freiwilligkeit sowie nach § 2 Abs. 5 die Möglichkeit der jederzeitigen Beendigung des Verfahrens.
  4. § 2 Abs. 3 Mediationsgesetz: Möglichkeit und Zustimmungsbedarf für Einzelgespräche.
  5. § 2 Abs. 4 Mediationsgesetz: Möglichkeit und Zustimmungsbedarf bei Beteiligung Dritter.
  6. § 2 Abs. 6 Mediationsgesetz: Hinweis auf Dokumentation
Direkte Informationspflichten
  1. §§ 2 Abs. 6 Mediationsgesetz: Hinweis auf Beratungsbedarf durch externe Berater.
  2. § 4 Mediationsgesetz: Auskunftspflicht über den Umfang der Vertraulichkeit /Verschwiegenheitspflicht.
  3. DL-InfoV: Informationspflichten über die Dienstleistung5 .
Offenbarungspflichten

Offenbaren bedeutet die Eröffnung von etwas Ver-borgenem . Der Begriff der Offenbarungspflicht wird mit der Titulierung des § 3 vom Gesetzgeber selbst einge-führt. Es handelt sich um eine Informationspflicht, die gegebenenfalls unaufgefordert abzuliefern ist. Die so be-zeichneten Offenbarungspflichten sind:

  1. § 3 Abs. 1 Mediationsgesetz verlangt die Offenbarung über Tatsachen, falls die Neutralität und Unabhängigkeit in Frage gestellt werden könnte.
  2. § 3 Abs. 5 Mediationsgesetz verpflichtet (nur auf Verlangen) zur Auskunft über die Qualifikation.

Nebenpflichten

Es zählt zu den Aufgaben des Mediators, die Medianden bei der Konfliktbeilegung zu schützen. Zu diesem Zweck hat er bei Fragen über das Verfahren, seine Reichweite und Effizienz in Abgrenzung zu Verfahrensalternativen, zu Kostenfragen, Fragen der Vollstreckbarkeit, der Fristenkontrolle usw. zu beraten. Fraglich ist, wie weit die Fürsorgepflicht gegenüber den Parteien reicht und ob es eine Haupt- oder Nebenpflicht ist.

Berufspflichten

Explizite Berufspflichten gibt es (noch) nicht, mit folgender Ausnahme:

  1. Pflicht zur Aus- und Fortbildung:
    a) §5 Abs. 1 Mediationsgesetz besagt, dass der Mediator in eigener Verantwortung durch eine geeignete Ausbildung und eine regelmäßige Fortbildung sicherzustellen hat, dass er über theoretische Kenntnisse sowie praktische Erfahrungen verfügt, um die Parteien in sachkundiger Weise durch die Mediation führen zu können.
    b) §5 Abs. 3 Mediationsgesetz verweist für die Aus- und Fortbildungsverpflichtung auf die Verordnung.
  2. Siehe die berufsspezifischen Pflichten unter der Einteilung nach Berufsgruppen.

Einteilung nach Berufsgruppen

Leider werden für manche Berufe spezifische Regelungen zur Mediation herangezogen, die wiederum berufsspezifische Pflichten nach sich ziehen. § 18 BORA ist dafür ein Beispiel. Die berufsständische Satzung besagt: "Wird der Rechtsanwalt als ... Mediator tätig, so unterliegt er den Regeln des anwaltlichen Berufsrechts". Der BGH hat daraus hergeleitet, dass ein Anwaltsmediator rechtliche Lösungsvorschläge als zulässige Rechtsdienstleistung entwickeln kann.6

Einteilung nach Einsatzzeiten

Die Pflichten gelten nicht zwingend nur während der Laufzeit des Vertrages. Davon ausgehend, dass der Mediator eine grundsätzliche Verpflichtung hat, eine fehlerfreie Mediation durchzuführen, muss er auch verpflichtet sein Fehler, die im Vorfeld der Vertragsunterzeichnung stattgefunden haben zu korrigieren. Eine Ausstrahlungswirkung ergibt sich beispielsweise hinsichtlich der Vertraulichkeit über das Ende der Vertragsbeziehung hinaus. Schließlich kann sich aus der sogenannten Schutzwirkung zugunsten Dritter eine Verpflichtung für Personen ergeben, die nicht auf den Mediationsvertrag direkt berechtigt oder verpflichtet werden.

Einteilung nach Aufgaben

Die Aufgaben sind von den Pflichten zu unterscheiden. Grundsätzlich ergegen sich die Aufgaben aus dem Phasenauftrag. Wiki to Yes setzt sich mit der Frage auseinander, welche Aufgaben der Mediator konkret zu erfüllen hat. Die Aufgaben werden aus den fall- und themenbezogenen Darstellungen abgeleitet. Jeder Beitrag, der auf spezifische Aufgaben hinweist erhält eine Markierung, die in einem Verzeichnis der Aufgaben zusammengestellt werden. Die Aufgaben sind nicht mit den (einklagbaren) Pflichten zu verwechseln. Die Aufgaben werden im Aufgabenverzeichnis zusammengestellt.

 Merke:
Leitsatz 3376 - Die Verletzung von Informations- und Offenbarungspflichten stellt einen Mediationsfehler dar

Hinweise und Fußnoten

Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen

Bearbeitungsstand: 2023-08-06 09:06 / Version 111.

Aliase: Informationspflicht, Informationspflichten, Offenbarungspflicht, Offenbarungspflichten
Siehe auch: Beratungshinweis, Dienstleistungsversprechen, Pflichten, Haftung, Pflichtverletzung, Pflichtenverzeichnis, Qualitätsmanagement, Fehlerverzeichnis, Schadenersatz, Aufgabenverzeichnis

1 Siehe {trackerautoritem trackerId="16" fieldId="103" fieldId2="622" itemId="5820"}. Genau: https://de.wikipedia.org/wiki/Lege_artis
4 Trossen (un-geregelt) Rdnr. 790 ff.


Based on work by anonymous contributor und Bernard Sfez . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Donnerstag November 14, 2024 02:30:05 CET.

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