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Die Auswirkungen der Verjährung auf die Mediation

Wissensmanagement » Diese Seite gehört zum Fachbuch Mediation in der Wiki-Abteilung Wissen. Sie befinden sich auf der Themenseite Mediationsklauseln, die dem Kapitel Absicherung des 7. Buchabschnitts Recht zugeordnet wird. Beachten Sie bitte auch:

Fristen Verjährung Wirksamkeit Pflichten Haftung

Worum es geht: Die Verjährung bezeichnet das Erlöschen von Rechten aufgrund eines Zeitablaufs. Wie sie einzuwenden und zu berechnen ist und welche Auswirkungen sich auf die Mediation ergeben, soll in diesem Beitrag dargestellt werden. Die wichtigsten Regelungen zur Verjährung im BGB finden sich in den §§ 194 bis 218 BGB.

Einführung und Inhalt: Nach § 194 BGB unterliegt das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (Anspruch) der Verjährung. Lediglich Ansprüche aus einem nicht verjährbaren Verbrechen und Ansprüche aus einem familienrechtlichen Verhältnis, soweit sie auf die Herstellung des dem Verhältnis entsprechenden Zustands für die Zukunft oder auf die Einwilligung in die genetische Untersuchung zur Klärung der leiblichen Abstammung gerichtet sind, werden von der Verjährung ausgenommen.

Wirkung der Verjährung

Die Wirkung der Verjährung beschreibt § 214 BGB. Die Vorschrift besagt, dass der Schuldner nach Eintritt der Verjährung lediglich berechtigt ist, die Leistung zu verweigern. Der Anspruch erlischt also nicht automatisch. Die Einrede der Verjährung muss geltend gemacht werden. Ohne die Einrede würde der Richter dem Anspruch statt geben. Wenn die Einrede der Verjährung erhoben wird, kann das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete nicht zurückgefordert werden, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden ist.

Berechnung der Verjährungsfrist

Bei der Berechnung der Verjährungsfrist ist zu beachten, dass sie in der Regel mit dem Ende des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger davon Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Die Verjährungsfrist kann durch bestimmte Handlungen gehemmt oder unterbrochen werden.

Hemmung der Verjährung

Eine Hemmung bedeutet, dass die Verjährungsfrist vorübergehend stillsteht. Die für die Mediation wohl wichtigste Regelung enthält §203 BGB. Sie betrifft die Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen. Die Vorschrift besagt;

Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.


Der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz vom 04.08.2010 führt aus,1 stellt heraus, dass die Mediation als eine schwebende Verhandlung zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger anzusehen ist. Um die Hemmung in Gang zu bringen muss also der Beginn und das Ende der einvernehmlichen Verhandlung bestimmbar sein. Wenn es auf den Tag ankommt, ist das nicht immer klar. Wie zur Frage der Beendigung der Mediation bereits ausgeführt, genügt das Verlassen einer Partei der Mediation noch nicht zwingend, den Abbruch der Mediation anzunehmen.2

Unklar ist, ob und inwieweit sich die Verjährungshemmung auf Ausschlussfristen auswirkt. Anders als Verjahrungsfristen, die durch Einrede zu erheben sind, werden Ausschlussfristen von Amts wegen beachtet. Das BAG hat in seinem Urteil vom 20. Juni 2018 (5 AZR 262/17) zumindest für eine einzelvertragliche Ausschlussfrist, die zur Vermeidung des Verfalls eines Anspruchs seine gerichtliche Geltendmachung verlangt, § 203 Satz 1 BGB für entsprechend anwendbar erklärt.3

Unterbrechung der Verjährung

Eine Unterbrechung der Verjährung führt dazu, dass die Verjährungsfrist von neuem zu laufen beginnt. Die Unterbrechung tritt beispielsweise nach § 212 BGB bei einer schriftlichen Mahnung zur Zahlung einer Forderung ein. Das gleiche gilt bei der Anerkennung der Schuld, der Klageerhebung oder gemäß § 240 InsO (Insolvenzordnung) bei der Anmeldung der Forderung im Insolvenzverfahren.

Auflistung der Verjährungsfristen

Frist Fristdauer Gegenstand Rechtsvorschrift
Verjährungsfrist 3 Jahre regelmäßige Verjährung § 195 BGB
Verjährungsfrist 2 Jahre Gewährleistungsansprüche Sachen §§ 438, 634a BGB
Verjährungsfrist 5 Jahre Gewährleistungsansprüche Bauwerke §§ 438, 634a BGB
Verjährungsfrist 10 Jahre Rechte an Grundstücken § 196 BGB
Verjährungsfrist 30 Jahre Herausgabe, vollstreckbare Titel § 197 BGB

Verjährung und die Neutralität

Es ist schon fraglich, ob der Mediator überhaupt auf den Lauf von Fristen hinweisen muss oder nicht. Anders als der Anwalt ist der Mediator nicht verpflichtet, die Parteien vor Rechtsverlusten zu schützen.4 Es ist aber durchaus seine Pflicht, die Mediation zu schützen und zu verhindern, dass sie zum Streiten missbraucht werden kann. Ein solcher Missbrauch läge zum Beispiel vor wendigen Mediationsbereitschaft vorgetäuscht wird, nur um zu verhindern, dass die Gegenseite ein Rechtsmittel eingelegt. Es ist grundsätzlich die Aufgabe der Parteien, den Lauf von Fristen selbst zu beachten. Zur Sicherheit mag der Mediator im Vertrag darauf hinweisen und klarstellen, dass er keine Pflicht übernimmt, den Lauf von Rechtsfristen zu beachten oder zu überwachen.

Der Hinweis auf den Ablauf einer Rechtsmittelfrist kann durchaus zum Schutz der Mediation veranlasst sein. Bei der Verjährungsfrist ist die Rechtslage jedoch etwa komplizierter. Der Grund liegt darin, dass die Verjährungsfrist nicht zwingend dazu führt, Ansprüche zu vereiteln. Die Frist wird nur ausgelöst, wenn die Einrede der Verjährung erhoben wird.

Beispiel 15606 - Es geht um einen Streit über Nebenkosten. Die 75-jährige Mutter und der 50-jährige Sohne wohnen im gleichen Haus (wie ein Reihenhaus) wo die Mutter ein lebenslanges Wohnrecht hat. Aus irgendwelchen Gründen macht der Sohn rückwirkend für 10 Jahre die Nebenkosten geltend. Bisher hatte er sie nie abgerechnet. Nebenkosten sind die reinen Verbrauchskosten iHv ca 1.000 EUR/Jahr. Es geht also um einen streitigen Betrag iHv 10.000 EUR. Neben der Höhe der Rückzahlung geht es auch um die Frage, ob sich die Mutter trotz ihres Wohnrechts an den Verbrauchskosten zu beteiligen hat.


Was soll der Mediator in dem vorausgegangenen Beispiel tun? Soll er der Mutter den Tipp geben, dass sie die Einrede der Verjährung erheben kann? Möglicherweise ist genau dieser Hinweis hilfreich, damit die Parteien sich einigen. Möglicherweise wird der Sohn aber auch dem Mediator den Vorwurf machen, dass er parteiisch sei und seinen Nachteil herbeiführen wolle. Unternimmt der Mediator nichts, muss er damit rechnen, dass die Mutter irgendwann einmal erfährt, dass sie den Betrag gar nicht hätte zahlen müssen. Das fällt dann wieder auf die Mediation zurück.

Eine Orientierungshilfe für die zu treffende Entscheidung mag der Beschluss des OLG Stuttgart vom 22.05.2020 geben.5 Das OLG führte aus, dass der vom Einzelrichter in der mündlichen Verhandlung erteilte Hinweis der Beklagten die Möglichkeit vor Augen geführt habe, durch die Erhebung der Einrede der Verjährung die Rechtslage zu ihren Gunsten zu verändern. Darin liegt auch der Unterschied zu einer Rechtsmittel- oder einer Klagefrist, die das Ergebnis offen hält. Weil der Hinweis wie eine Aufforderung wirkte, diese Einrede zu erheben, so führte das OLG weiter aus, sei die Befangenheit des Richters anzunehmen. Maßgebend sei dabei allein, ob vom Standpunkt des Ablehnenden aus gesehen genügende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der betreffende Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit parteiisch gegenüber.

In der Mediation ist die Frage der Befangenheit jedoch in einem anderen Kontext zu sehen, falls sich die Frage der Befangenheit in der Mediation überhaupt stellt. Denn erstens bedarf es keiner Ablehnung des Mediators. Der Mediator ist kein Entscheider. Der Grundsatz der Freiwilligkeit erlaubt die jederzeitige Beendigung der Mediation, sodass sich die Parteien seiner evtl. Befangenheit jederzeit entziehen können. Spannender ist die Frage, ob der Mediator zur Haftung herangezogen wird, weil die gegnerische Partei nun weiß, wie sie sich erfolgreich gegen die Forderung (auch in einem späteren Gerichtsverfahren) zur Wehr setzen kann. Damit der Mediator zur Rechenschaft gezogen werden kann, muss der Hinweis eine Pflichtverletzung darstellen. Das wäre der Fall, wenn es dem Mediator verboten ist, derartige Hinweis zu geben. Dieser Gedanke führt wiederum zu dem zweiten Grund, warum die Mediation in einem anderen Kontext zu sehen ist. Hier stellt sich neben der Frage der mangelnden Neutralität auch die Frage der Fairness und der Allparteilichkeit. Auf diesen Zusammenhang wirft die Entscheidung des BGH vom 12.11.1997, AZ IV ZR 214/96, ein anderes Licht. Sie besagt, dass eine Besorgnis der Befangenheit nicht bestehe, wenn der Richter zur Erläuterung eines Vergleichsvorschlags auf eine Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts und als eine der sich daraus ergebenden Folgen auf die Verjährung hinweist.6 Danach wäre der Hinweis auf die Verjährung also möglich.

Die Grenze zur Rechtsberatung

Paradoxer Weise ergibt die Grenze zur Rechtsberatung die Lösung, wie in einem solchen Fall vorzugehen ist. Es mag allseits bekannt sein, dass Forderungen verjähren. Die verwunderte Frage, ob und inwieweit Forderungen mit so einem langen Rücklauf überhaupt geltend gemacht werden dürfen, ist nicht zu beasnsxtanden und eher als eine naive Frage zu gewichten und nicht als eine Aufforderung die Verjährungseinrede zu erheben. Allerdings kann die Behauptung, dass eine Forderung verjährt sei, gegebenenfalls eine Rechtsberatung darstellen. Zumindest erfordert sie eine rechtliche Einschätzung, die ohne weitere Prüfung auch schnell falsch sein kann. Die Berechnung der Verjährung ist nicht immer leicht und eindeutig. Immerhin kann die Frist durch verschiedene Anlässe unterbrochen oder gehemmt worden sein. Dies zu prüfen ist ganz sicher nicht die Aufgabe des Mediators. Die Parteien haben die Möglichkeit, sich nach dem gebotenen Hinweis des Mediators in der WATNA/BATNA-Phase beraten zu lassen. Die Verjährungsfrage käme dann ohnehin auf. Dies alles muss der Mediator abwägen, wenn er die Verjährung anspricht. Wenn die Parteien wirklich kooperieren dürfte die Auseinandersetzung über die Verjährungsfrage kein großes Hindernis darstellen.

Bedeutung für die Mediation

Die Honorarforderung des Mediators und Ansprüche gegen ihn wegen Haftung verjähren also in drei Jahren, wenn nichts anderes vereinbart wird. Der Mediator kann die Verjährung je nach Einzelfall ansprechen. Er sollte in keinem Fall darüber ein verbindliches Votum abgeben. Anwaltsmediatoren wäre die Rechtsberatung zwar erlaubt. Sie müssen jedoch prüfen, inwieweit sie mit ihrer Rolle als Mediator vereinbar ist.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten
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Bearbeitungsstand: 2024-03-25 09:30 / Version 24.

Alias: Verfristung
Siehe auch: Verfahrensverzeichnis
Prüfvermerk: -


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Seite zuletzt geändert am Mittwoch Dezember 25, 2024 14:00:19 CET.

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