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Unterhaltsstreitigkeiten

Die Anwältin fragt Ihre Mandantin anlässlich einer Trennungsauseinandersetzung: "Und was verlangen Sie als Unterhalt?". "Nur was mir zusteht" lautet die häufigste Antwort oder: "Nur was gerecht ist". Wenn die nächste Frage lautet: "Und was ist gerecht?", wird die Antwort diffus oder ausweichend.

Das Gesetz

Erwarten Sie vom Gesetz, das es sagt, was gerecht ist? §1361 BGB besagt: Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen. § 1569 BGB besagt: Nach der Scheidung obliegt es jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Ist er dazu außerstande, hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt nur nach den folgenden Vorschriften.

Ohne auf die Vorschriften näher einzugehen stellt sich noch immer die Frage: Ist das gerecht?
Grundsätzlich ja. Das Gesetz ist ausgewogen und berücksichtigt eine Tradition ebenso wie ein Familienmodell, das nach der Scheidung die Rückgewinnung der Autonomie unterstellt. Damit passt zumindest die Zielsetzung in das Konzept der Trennungs- und Scheidungsverfahren. Aber was ist mit der Realität?

Das Gesetz unterscheidet zunächst zwischen dem Ehegattenunterhalt und dem Kindesunterhalt. Innerhalb des Ehegattenunterhaltes wird zwischen dem Trennungsunterhalt und dem nachehelichen Unterhalt differenziert.

Die Vorschriften sind:

  1. §1601 ff. Verwandtenunterhalt
  2. §1361 Unterhalt bei Getrenntleben
  3. §1569 ff. Nachehelicher Unterhalt
  4. Übersicht BGB

Weil das Gesetz Auslegungsspielräume zulässt, wurde beim OLG Düsseldorf die mittlerweile bundesweit eingesetzte, sogenannte Düsseldorfer Tabelle entwickelt. Sie beschreibt mehr oder weniger spezifische Berechnungsmöglichkeiten, an die sich alle Gerichte halten.

Auf die Berechnung des Unterhaltes wirken verschiedene Einflüsse ein. Meist gibt es Streit um Bewertungen und die Frage was im Einzelnen anzurechnen oder abzuziehen ist. Einfluss nimmt auch die Wahl der Steuerklasse, usw. Wiki to Yes stellt Ihnen Berechnungshilfen und Onlinerechner zur Verfügung, damit Sie alle Aspekte selbst einmal auspürobieren können, um sich der Lösung zu nähern.

Berechnungen 

Privatautonomie

In einem Rechtsstaat gilt der Grundsatz: Alles was nicht verboten ist, ist erlaubt. Die Privatautonomie ist im Grundgesetz in Art. 2 GG als ein Grundrecht des Menschen geschützt. Trotzdem hersscht die irrige Annahme vor, Die Regelungen hinsichtlich der Scheidungsfolgen seien von den Eheleuten einzuhalten, wenn es zur Scheidung kommt. Diese Vorstellung ist unzutreffend. Das Gegenteil ist der Fall.

 Merke:

Private Vereinbarungen der Eheleute haben Vorrang vor dem Gesetz, solange sie nicht gegen ein Verbot verstoßen 1

Eheleute können unsere eigene Konzepte und Modelle entwickeln, wie sie die Unterhaltsfragen beispielsweise regeln möchten. Dabei ist es zum Beispiel möglich komplett unterhalb des Naturalleistungen, Berechnungen und Kapitalisierung zu leisten. Allein die Möglichkeit legt es nahe, erst einmal alle denkbaren Optionen auszuloten, ehe das Gesetz in Anspruch genommen wird. Wird die Mediation korrekt durchgeführt, bittet sie dafür eine Handhabe. Spätestens in der WATNA/BATNA-Instanz wird die in der Mediation gefundene Lösung rechtlich untersucht und mit anderen Lösungen, wie zum Beispiel die aus dem Gesetz abzuleitende Lösung, verglichen.

Der Streitgegenstand

Juristisch betrachtet definiert sich der Streitgegendstand aus dem Sachverhalt und die rechtsfolge. Also die Frage, ob und in welcher Höhe der eine Ehegatte dem anderen gegenüber unterhaltspflichtig ist. Auch wenn der Streit um die Zahlung geht, ist der dahinter liegende Konflikt meist ein anderer. Die Zahlung ist das Problem, das es zu lösen gilt. Der Konflikt resultiert jedoch meist aus den Umständen der Vorgeschichte und warum es wie zur Trennung gekommen war. Mit der Unterscheidung zwischen Probleme und Konflikt wird deutlich, dass ich die Rechtsfrage der Unterhaltszahlung, also das Problem durchaus lösen lässt, ohne dass der Konflikt damit beigelegt ist. Die erlebte Ungerechtigkeit, gegebenenfalls auch die Verletzung, wird durch die Klärung der Rechtsfrage zumindest nicht zwingend aufgelöst. Auch wenn es das Gesetz nicht vorsieht tragen sich die Gedanken einer Wiedergutmachung in die Auseinandersetzung hinein.

Der Nutzen

Das Gesetz gibt eine Regel vor, wenn sich die Parteien nicht selbst einigen können. Der jeweilige Nutzen wird dabei nicht thematisiert. Natürlich versuchen die Parteien jeweils für sich das Beste herauszuholen. Wie gesagt, ist das aber nicht nur eine rein monetäre Frage. Auch ist zu überlegen, aus welcher Perspektive heraus entschieden wird, was das Beste für wen ist und wie sich Übervorteilungen in der Zukunft auswirken.

Die Herausarbeitung des Nutzens ist der Schwerpunkt der Mediation. Die Mediation berücksichtigt auch die Komplexität der zu entscheidenden Frage. Dabei kann sie die verschiedenen Perspektiven der Familienmitglieder, die Emotionen, Fragen der Gerechtigkeit der Zukunftsperspektiven in Betracht ziehen.

Worin der Nutzen besteht, kann jede Partei nur für sich selbst entscheiden. Wenn das Ziel die Autonomie und Unabhängigkeit ist ergibt sich eine grobe Zielausrichtung an der die Nützlichkeit der gefundenen Lösung zu messen ist. Wenn die wechselseitige Anerkennung von Leistungen während der Ehezeit ein Thema ist, kommen weitere Kriterien zu. Alle Kriterien, die Einfluss auf die zukünftige Gestaltung nehmen können, werden in der dritten Phase erarbeitet.

Bedeutung für die Mediation

In der Mediation geht es also nicht nur darum ein Einvernehmen weiterzuführen. Es geht darum die situationsbedingt nützlichste Lösung für alle zu finden. Das Einvernehmen macht dies möglich. Der Mediator weist zum Beispiel das Gerechtigkeit subjektiv als Empfindung erfahren wird das sich die Einschätzung der Gerechtigkeit mit den Gefühlen verändert. Der Mediator kennt die unterschiedlichen Phasen der Trennung und die dadurch bedingte Beeinflussung der Wahrnehmung.

Es ist nicht immer leicht, diese Kriterien herauszuarbeiten. Hinzu kommt, dass sich die Parteien umso weniger bemühen, eigene Modelle zu entwickeln, je mehr sie Kenntnis von der Rechtslage haben. Das ist eine Erfahrung, die sich immer wieder in der Mediation herausstellt. Es hat deshalb einen tiefen Sinn, wenn der Mediator nicht legitimiert ist, anstelle der Parteien Lösungen zu entwickeln. Gegebenenfalls muss er die Parteien anhalten, das Recht zunächst zurückzustellen, damit sie ihre Gedanken lösungsoffen entwickeln können.

Was tun wenn ...


Hinweise und Fußnoten

Alias: Kindesunterhalt, Trennungsunterhalt, Ehegattenunterhalt, Düsseldorfer Tabelle
Prüfvermerk:

1 Merke betrifft einen Lehrsatz von: Allgemein, in-Mediation


Based on work by Arthur Trossen und anonymous contributor . Last edited by Holger Kern
Seite zuletzt geändert am Donnerstag März 28, 2024 12:26:00 CET.

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