Lade...
 

Die Kostenlast in der Mediation

Wissensmanagement » Sie befinden sich auf einer Themenseite zum Kapitel Abschluss der Mediation im Abschnitt Prozess des Handbuchs Mediation. Eine logische Zuordnung zum Kapitel Finanzierung ist ebenfalls gegeben.

Abschluss Finanzierung Kostenerhebung Verfahrenskosten Mediationskosten Honorierung Konfliktkosten

Worum es geht: In diesem Beitrag geht es um die Verteilung und Erhebung der Kosten in der Mediation. Auch hinsichtlich der Vergütung, der Kostenerhebung und der Kostentragung ist die Mediation anders. Hier geht es nicht um die Frage der Kostenhöhe, die im Zusammenhang mit den Mediationskosten besprochen wurde. Die Tragung der Kostenlast entscheidet vielmehr, wer von den Parteien die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

Einführung und Inhalt: Die Kosten sind ein Teil des Konfliktes. Zumindest aus der Sicht der Parteien sollten sie auch so behandelt werden. Wer möchte schon die Kosten für eine Konfliktbeilegung tragen, wenn er sich nicht für den Konflikt verantwortlich fühlt? Die Frage der Verantwortlichkeit wird in unterschiedlichen Konzepten der Kostenverteilung verfahrensabhängig aufgegriffen.

Die Konzepte der Kostenverteilung

Die Verfahren zur Streitbeilegung kosten Geld. Das gilt für die gerichtlichen wie die außergerichtlichen Verfahren gleichermaßen. Allerdings unterscheidet der Anknüpfungspunkt der Kostenfragen, wer wie dafür aufzukommen hat. Während sich die Kostentragungslast bei streitigen, gerichtlichen Verfahren an den Rechtsfragen orientieren, suchen die kooperativen Verfahren nach Lösungen, wo diese Fragen außer acht bleiben und anders geregelt werden können.

Obsiegensregelung (Kostenunterwerfung)
Im streitigen Gerichtsverfahren muss die unterlegene Partei die Kosten der Gegenseite in dem Umfang erstatten, in dem sie unterliegt. Der Grundsatz ergibt sich aus §91 ZPO. Danach hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen und die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren.

Beispiel 11756 - Wird eine Forderung iHv 1.000 € geltend gemacht hat der Beklagte 60% der Kosten des Klägers zu erstatten, wenn das Gericht entscheidet, dass dem Kläger 600 € zustehen.

Aufwandsteilung (Kostenteilung)
Weil die Mediation keinen strategischen Gewinner kennt, ist eine Kostenerstattung durch die eine oder andere Partei grundsätzlich nicht vorgesehen. Die Parteien müssen also für Ihre Kosten selbst aufkommen. Wie sie die Kosten untereinander verteilen, ist letztlich eine Frage der Vereinbarung.

Kostentragung

Zur Kostentragung können herangezogen werden (Übersicht):

Kostenteilung

Im Gerichtsverfahren werden die Kosten nach der Obsiegensquote verteilt. Obsiegt eine Partei zu 100% trägt der unterlegene Gegner alle Kosten. Obsiegt sie zu 70%, muss sie selbst für 30% der Kosten aufkommen. Die Koppelung der Kosten an der Prozessausgang verstärkt das strategische Konzept, den Gegner zum Verlierer zu machen.1 Je nach Rechtsstreit und Ausgang des Verfahrens gibt es auch abweichende Kostenregelungen. Bei einem Vergleich etwa werden die Kosten nach §98 ZPO gegeneinander aufgehoben, was soviel bedeutet, dass jeder seine Kosten selber trägt und die Gerichtskosten hälftig geteilt werden.

In der Mediation sollen die Kosten grundsätzlich nach Kopfanteilen unter den Parteien aufgeteilt werden. Mit dieser Regelung soll der Eindruck vermieden werden, dass die Lösung auf Kosten einer Partei zustande kommt. Anders als im Gericht, wo die unterlegene Partei die Kosten zu tragen hat, geht die Mediation nicht von einem Gewinner - Verlierer Modell aus. Ihr liegt eher der Gedanke zugrunde, dass beide Seiten ein gleichberechtigtes Interesse an der Lösung haben und beide Seiten für die Herbeiführung der Lösung in gleicher Weise verantwortlich sind. Die anteilige Verteilung der Kosten ist deshalb die naheliegende Variante.

Obwohl der Gedanke zur Teilung der Kosten des Verfahrens nach Kopfanteilen naheliegt, bedeutet das nicht, dass die Parteien stets die Kostenlast paritätisch teilen müssen. Es ist also durchaus möglich, die Kostentragungsverpflichtung nach der Leistungsfähigkeit oder anderen Kriterien abweichend zu regeln. Eine abweichende Regeliung kann sogar gerechter sein.

Beispiel 15115 - In einem Streit um die Scheidungsfolgen vereinbaren die Parteien, dass der reiche Ehemann auch alleine die Kosten der Mediation trägt. Die Parteien kommen überein, dass die Einkommensverhältnisse so unterschiedlich sind, dass bei einer Verteilung der Mediationskosten nach aufteilen die Ehefrau benachteiligt wäre. Ihr Aufwand wäre, relativ gesehen, unverhältnismäßig höher als der Aufwand des Ehemannes.


Egal wer die Kosten trägt. Der Mediator ist immer gehalten darauf hinzuweisen, dass die Frage der Kostenverteilung weder Einfluss auf seine Unabhängigkeit noch auf seine Neutralität hat. Sollte das trotzdem der Fall sein, muss er darauf hinweisen.2 Das gleiche gilt bei einer wirtschaftlichen Abhängigkeit von einem anderen Auftraggeber, wenn es sich dabei beispielsweise um eine Rechtsversicherung handelt oder das Unternehmen, dass die Mediation in Auftrag gibt.

Kostenübernahme

Es kommt vor, dass eine oder gar beide Partei in der Lage ist, für die Kosten aufzukommen. Dann sind andere Regelungen denkbar. Zu unterscheiden sind:

In allen Fällen der abweichenden Kostendeckung ist darauf hinzuweisen, dass sich der Mediator unabhängig von der Kostenregelung beiden Medianden verpflichtet fühlt.

 Merke:
Leitsatz 4987 - Gem. §3 Abs. 1 Mediationsgesetz muss der Mediator darauf hinweisen, ob und inwieweit durch die Kostenregelung seine Neutralität und Unabhängigkeit in Frage gestellt sind.

Kostenstreit

Auch in der Mediation kann es Streit darüber geben, wer die Kosten zu tragen hat. Im Falle einer Mediation wird der Streit über Kosten im Vorfeld oder zu Beginn der Mediation aufkommen. Der Mediator sollte genau hinhören, worüber der Streit geht. Folgende Fälle sind zu unterscheiden:

Die Parteien streiten über die Kosten, weil sie die Gegenseite für den Streit verantwortlich machen
Iin diesem Fall muss der Mediator darauf hinweisen, dass die Mediationskosten unabhängig von der Verantwortlichkeit getragen werden.
Beispiel 15116 - In einem familiären Streit über die Nutzung eines Hauses das im Eigentum des Sohnes steht, in dem die Mutter aber ein Wohnrecht hat, haben sich die Parteien (Mutter und Sohn) für eine Mediation entschieden. Als die Kostenfrage aufkommt, meint jede Partei, die Gegenseite müsse die Kosten tragen, wenn sie den ganzen Streit veranlasst habe. Der Mediator geht auf die Frage der Veranlassung ein und erkundigt sich, ob und warum die Parteien diese Frage geklärt wissen wollen. Es gelingt dem Mediator die Parteien zu überzeugen, dass diese Frage in der Mediation möglicherweise gar keine Rolle spielt und dass die Mediation auf die Gestaltung der Zukunft achtet. Außerdem erläutert er den Mechanismus der Mediation, wo es kein unterlegen gibt sodass auch hier die Kostenfrage nicht von der Schuldfrage abhängt. Die Parteien sehen ein, dass die Mediation ihr einziger Ausweg ist und vereinbaren eine Kostenteilung.

Die Parteien streiten über die Kosten, weil sie keine Wohltaten von der Gegenseite annehmen will
auch das ist ein denkbarer Fall der so sogar tatsächlich stattgefunden hat. In diesem Streit geht es nicht darum die Kostenpflicht zu verweigern, sondern darum sie zu übernehmen. Hier ist der Kostenstreit eher ein Symptom für den Beziehungskonflikt. Es ist kaum vorstellbar dass sich dieser ohne eine Mediation bewältigen lässt. Der Mediator sollte in dem Fall sicherstellen dass die Kosten gedeckt sind und die Frage der Kostenverteilung zu einem der Themen in der Mediation machen.
Beispiel 15117 - In einem familiären Streit über die Nutzung eines Hauses das im Eigentum des Sohnes steht, in dem die Mutter aber ein Wohnrecht hat, haben sich die Parteien (Mutter und Sohn) für eine Mediation entschieden. Als die Kostenfrage aufkommt, besteht jede Partei darauf die Kosten vollständig selbst zu tragen. Über diese Frage entsteht ein heftiger Streit. Der Mediator erkennt, dass in diesem Streit der Beziehungskonflikt zum Ausdruck kommt. Er kann dies den Parteien verdeutlichen, sodass sich die Parteien darauf verständigen können, die Frage wer am Ende die Kosten trägt, es nach der Klärung des Beziehungsthemas anzusprechen.

Die Parteien streiten über die Kosten, weil sie die Mediation verhindern möchten
weil die Frage der Kostenübernahme eine wirtschaftliche Voraussetzung für das Zustandekommen der Mediation ist, kann ein Kostenstreit auch dafür missbraucht werden, die Mediation zu boykottieren. Auch hier wird die Mediation zum streiten benutzt. Das Verhalten ändert sich nur, wenn es dem Mediator (oder wem auch immer) gelingt, die boykottieren Partei von dem Nutzen der Mediation zu überzeugen.
Beispiel 15118 - Es geht um den Streit getrennt lebender Eheleute über Kindschaftsfragen: Der Ehemann und Vater setzt die Mutter unter Druck. Sie sieht in der Mediation einen Ausweg. Gericht und Jugendamt drängen auf den Vater zu Mediation. in der ersten Mediationssitzung kommt die Kostenfrage auf. Der Vater behauptet kein Geld zu haben um die Mediation zu zahlen. Die Mutter bestreitet das und sagt dass sie die Mediation alleine zahlen werde. Der Vater ist damit nicht einverstanden, auch weil er vermutet dass das Geld von der Mutter von ihrem neuen Freund kommt. Der Vater verweigert also nicht nur die Zahlung sondern auch die Schenkung oder das Darlehen seiner Frau. Er glaubt die größeren Druckmittel zu haben und ist nicht wirklich an einer einvernehmlichen Lösung interessiert.


Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass sich immer eine Lösung über die Kostentragung finden lässt, wenn die Parteien verstanden haben welchen Nutzen in die Mediation einbringt. Wenn Sie die Mediation wirklich wollen, werden sie der Mediation trotz der Kostenlast zustimmen. Erfahrungsgemäß kommt dann die Frage nach einer Ratenzahlung auf oder ob sich das Kostenrisiko auf andere Weise reduzieren lässt.

Kostenentscheidung

Die Entscheidung über die Kostentragung ist stets von den Parteien selbst zu treffen. Sie müssen darüber eine Vereinbarung herbeiführen. Eine Schriftform ist nicht zwingend erforderlich, aber angebracht und im professionellen Rahmen zu empfehlen.

Beispiel 15119 - Es geht um eine Trennungsmediation. Der reiche Ehemann hat die stille Hoffnung dass die Ehe mit seiner getrennt lebenden Frau gerettet werden kann. Er sagt zu Beginn deshalb die Übernahme aller Kosten zu. Im Verlauf der Mediation stellt sich heraus, dass sich seine Hoffnung nicht erfüllen wird. Ehefrau verhält sich anders als erwartet. Als es um die Frage geht, ob ein weiterer Termin angesetzt werden soll, stimmte Ehefrau zu wenn sie dadurch keine Kosten zu tragen hat. Der Ehemann bestreitet jemals eine Zusage zur Kostenübernahme abgegeben zu haben. Weil kein schriftlicher Mediationsvertrag abgeschlossen wurde, kann sich auch niemand auf die Kostenzusage berufen und sie nicht einmal thematisieren, weil der Ehemann alles abstreitet.


Wird keine Kostenregelung getroffen, gilt nach § 612 BGB die übliche Vergütung. Es dürfte kaum möglich sein diese zu ermitteln. Eine Taxe gibt es nicht. Auch bliebe unklar, wer für die Kosten aufzukommen hat. Im Zweifel haften die Parteien dem Mediator gegenüber als Gesamtschuldner.

Kostenberatung Mediationsvertrag 

Entscheidungsmoment

Die Vereinbarung über die Kostentragung wird im Zusammenhang mit dem Mediationsvertrag geschlossen. Die Entscheidung muss also zu einem Zeitpunkt getroffen werden, in dem der Konflikt noch nicht gelöst ist. Kein Wunder also, wenn es zu Auseinandersetzungen bei der Frage kommt, wer die Kosten zu tragen hat. Wenn es keine triftigen Gründie gibt, die anteilige Kostentragung zu verweigern, trägt die Kostendiskussion auch vordergründig dazu bei, über die Mediationsbereitschaft zu täuschen.

Beispiel 11757 - Die unwillige Patei sagt: "Ja die Mediation will ich aber zahlen muss die Gegenpartei. Ich habe den Stress ja nicht verursacht!" oder "Mit der Mediation bin ich zwar einverstanden. Aber der Gegner will doch etwas von mir. Warum sollte ich dann die Kosten tragen?" usw.


Oft wird die Kostenfrage auch zur Nagelprobe.

Beispiel 11758 - Die unwillige Patei sagt: "Wenn der Gegner will, dass wir uns einig werden, dann soll er sein Interesse an der Einigung zeigen, indem er die Kosten trägt", usw.


Die Beispiele3 zeigen, dass der Nutzen, den die Mediation herbeiführen soll, entweder nicht allen Parteien klar ist oder dass er es ihnen nicht wert ist, dafür etwas zu leisten. Es ist wichtig, dass der Mediator die Motivation für die Zahlungsverweigerung versteht, um zu erkennen wie damit umzugehen ist.

Kostenerhebung

Nachdem die Kostentragungspflicht geklärt ist, kommt es zur Geltendmachung der vereinbarten Kosten. Üblicherweise erfolgt die Rechnungsstellung nach Abschluss der Leistungen. Es ist aber auch möglich, Vorfälligkeiten zu vereinbaren oder Zwischenzahlungen festzulegen. Nähere Ausführungen dazu enthält der Beitrag über die Honorierung des Mediators.

Fälligkeit der Honorierung 

Bedeutung für die Mediation

Wer den Wert der Mediation erkennt, scheut die Kosten nicht.
Einem kompetenten Mediator wird es gelingen, die Parteien dahinzuführen, dass sie den zu erwartenden Nutzen selbst erkennen können. Auch wird es ihm gelingen, die Bedeutung der Mediation und ihre Leistungsmerkmale korrekt zu vermitteln. So betrachtet, könnte man die Auseinandersetzung über die Kostenfrage auch als einen Kompetenzcheck des Mediators verstehen. Zumindest wird erkennbar, ob er weiß wovon er redet.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Bearbeitungsstand: 2024-03-24 19:53 / Version 40.

Aliase: Kostentragung, Kostenstreit
Siehe auch: Konflikthindernisse, Finanzierung, Mediationskosten, Kostenlast, Mediationskosten, Honorierung
Prüfvermerk: -

1 Siehe die Ausführungen zur Strategie
2 Die Aufgabe wird im Aufgabenverzeichnis erfasst als Information über Zweifel an Neutralität und Unabhängigkeit (Relevanz: Pflicht)
3 Auflösungen und Vorschläge, wie mit solchen Äußerungen umzugehen ist, enthält die Paraphrasendatenbank


Based on work by Arthur Trossen und Bernard Sfez und anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Donnerstag Dezember 5, 2024 06:17:46 CET.

Durchschnittliche Lesedauer: 7 Minuten