Lade...
 

Familienbetriebsübergabefall

Wissensmanagement » Diese Seite gehört zum Bereich Wiki unlimited. Inhaltlich ist er Rubrik Mediationsfälle der Wiki-Abteilung Praxis zugeordnet und verweist auf die Fallbesprechungen. Es geht um die konkrete Fallbearbeitung. Beachten Sie bitte auch folgende, damit zusammenhängende Seiten:

Fallbesprechungen Familienbetriebsübergabefall Arbeitshilfe Falleintrag Erfahrungen    

Die Fallbeispiele sollen zum Lernen beitragen. Sie können in Peergroups zum Üben genutzt werden, aber auch um die Methodik zu hinterfragen. Bitte schauen Sie sich die Lösungshinweise erst an, nachdem Sie den Fall ausprobiert haben. In einem Rollenspiel sollten die Briefings nur von den Personen gelesen werden, denen ein Rollenverhalten zugeschrieben wird.

Fallbeschreibung

S ist der Sohn von seinen in direkter Nachbarschaft lebenden Eltern OMA und OPA. S hatte das Geschäft von OPA und OMA übernommen. Das Geschäftsgrundstück liegt direkt neben den Wohngrundstücken, so dass Geschäft, Wohnsitz des Sohnes und der Eltern OMA und OPA direkt nebeneinander gelegen sind. OMA und OPA sind weiterhin Eigentümer des Geschäftsgrundstückes, auf dem der Sohn das Geschäft der Eltern unter eigenem Namen fortführt. Das Grundstück war allerdings nur auf 10 Jahre befristet an S vermietet worden. Zunächst verlief alles wunderbar, bis sich die Frau des Sohnes S namens F, mit OMA verwirft. Die Spannungen werden so groß, das OMA nicht einmal mehr das Kind E von S und F sprechen kann, obwohl es ihr in direkter Nachbarschaft lebende Enkelkind ist. S möchte den Mietvertrag verlängern und auf dem Grundstück weitere Investitionen tätigen. Die Eltern verweigern sich und stellen Bedingungen, auf die sich S nicht einlassen will.
Er wendet sich an die IHK, die ihn zu einem Wirtschaftsmediator schickt, weil S Probleme bei der Firmenübergabe beklagt. Dieser oberflächlichen Information zuliebe wird der fachliche Regelungsgegenstand mit einer Wirtschaftsmediation verknüpft. Immerhin ging es um die Übernahme der Firma bzw. die Verlängerung des Mietverhältnisses für einen Geschäftsbetrieb. Leider hatte der Wirtschaftsmediator keine Erfahrung mit familiären Beziehungskonflikten und auch nicht mit Mediationen dieses Umfanges. Die Mediation scheitert. Es kommt nicht zu einer Verlängerung des Mietvertrages und das Enkelkind E bekommen OMA und OPA auch weiterhin nicht zu sehen. Richtig wäre eine Mediation gewesen, die sich auf den Beziehungskonflikt einlassen kann. Mithin müssen die Parteien einen Mediator wählen, der sowohl Beziehungs- wie auch Sachkonflikte abwickeln kann.

Briefing

Das Briefing ist verdeckt, weil es Informationen an die Parteien enthält, die der Mediator in der Regel nicht kennt. In einem Rollenspiel kann sich jede Partei das für sie einschlägige Briefing anschauen.

Rolle der OMA

Rollenverhalten der OMA:

Die Oma hatte die Mediation angefragt. Sie war sehr verzweifelt und auch enttäuscht, weil der Kontakt zu ihrem Sohn und insbesondere zum Enkelkind nahezu vollständig abgebrochen ist. Das ist noch problematischer, weil die Kinder und das Enkelkind in direkter Nachbarschaft leben. Parallel dazu streiten die Parteien (Oma, Opa und der Sohn) über die Verlängerung des Mietvertrages und über die Firma, die Oma und Opa dem Sohn übertragen haben. Oma und Opa waren Inhaber eines sehr erfolgreich betriebenenn Autohauses. Um dem Sohn, der frisch verheiratet war, einen Gefallen zu tun, haben sich die noch nicht im Rentenalter befindlichen Eltern (Oma und Opa) aus dem Geschäft zurückgezogen. Das Grundstück haben sie jedoch im Eigentum behalten und an den Sohn bzw. die jetzt von ihm als GmbH betriebene Firma vermietet, mit einem 10-jährigen Mietvertrag. In Anbetracht der Spannungen möchte S wissen, ob er den Vertrag verlängern kann. Das ist entscheidend wegen anstehender Investitionen auf dem Grundstück. Er droht mit dem vollständigen Wegzug. Die Oma droht mit der Nichtverlängerung des Mietvertrags und Enterbung. Sie überlegt auch, wegen des verweigerten Umgangs mit dem Enkelkind vor Gericht zu ziehen. Aus der Sicht von Oma hat die Schwiegertochter F alles verursacht. Sie hat einen Keil in die Beziehung zu den Eltern geschlagen und dafür gesorgt, dass sich Sohn und Enkelkind von den Großeltern entfernen.

Rolle von Opa

Rollenverhalten von Opa:

Opa und Oma verstehen sich sehr gut. Opa meint auch, er habe das Unternehmen zu früh übertragen. Er und seine Frau waren ja gerade erst 55 Jahre alt und durchaus noch fähig, im Unternehmen mitzuarbeiten. Immerhin war Opa der Gründer. Er und seine Frau haben deshalb angepackt und hie und da geholfen, die Werkstatt sauber zu machen. Oma hat sich um die Buchhaltung gekümmert und natürlich hatten die Eltern auch gute, wohlgemeinte Ratschläge für den Sohn. Der Plan war, in einen vorzeitigen Ruhestand zu gehen, wobei die Miete für das Grundstück die Rente ersetzen sollte. Opa unterstützt Oma. Er ist aber etwas gelassener. Immerhin kann er noch mit dem Sohn reden.

Rolle von S

Rollenverhalten von S:

Der Sohn hat das Unternehmen übernommen. Genau gesagt hat er daraus eine Ein-Mann-GmbH gegründet. Das Grundstück, auf dem sein Autohaus steht, hat er von den Eltern gemietet. S will investieren und das Unternehmen erweitern. Das kann er aber nur, wenn er sicher sein kann, dass der Mietvertrag verlängert wird. S hat seine Frau angestellt. Sie kümmert sich um die Buchhaltung. S meint, die Eltern sollten sich aus dem Geschäft heraushalten. Sie würden ständig meckern. Auch F meine, sie wären übergriffig und mischen sich in alles ein. F leidet darunter und ist deshalb auch in Therapie.

Rolle von F

Rollenverhalten von F:

Die Frau von S und die Schwiegertochter von Oma und Opa leidet unter der Beziehung und der räumlichen Nähe. Sie empfindet die Schwiegermutter als abolut distanzlos und übergriffig. Ihre Therapeutin habe auch gesagt, dass Oma eine Narzisstin sei und nur an sich denke. Die Übergriffigkeit erstreckt sich nicht nur auf Einmischungen im Unternehme, sondern auch im Privaten. So habe Oma letztens einfach das Bambusgras geschnitten, das an der Grundstücksgrenze wucherte. Die Therapeutin hat zum Schutz von F einen vollständigen Kontaktabbruch empfohlen. F hat sogar eine Mauer zwischen die Wohngrundstücke errichten lassen, um der Oma aus dem Weg gehen zu können. F verweigert vollständig den Kontakt, auch zwischen Oma und Enkelkind. Sie sieht darin einen Selbstschutz.

Lösungshinweise

Die Lösungshinweise beziehen sich auf den konkreten Fall. Sie können sich in einem Rollenspiel druchaus anders darstellen. Das Problem, um das es geht, dürfte aber auch dort zum Vorschein kommen. Wie geht ein Mediator mit dem Fall um und was ist die Besonderheit des Falles?

Lösungsansatz
Problem ist zum einen die Vermischung von Wirtschaft (Verlängerung des Mietvertrages) und Familie (Umgang). Zum anderen die Frage nach dem Umgnag. Das eine hängt mit dem anderen zusammen.

Falldiskussion

Sie können im Kommentarbereich (siehe den Button unterhalb der Seite) Fragen stellen oder andere Lösnungsvorschläge zur Diskussion stellen.

Prüfungsfragen

Ist dieser Fall für eine Mediation geeignet?
Bitte prüfen Sie Geeignetheit. Wichtig ist gegebenenfalls die Unterscheidung zur der Mediationsbereitschaft!!!
Was ist das Ziel der Mediation
Immer Finden einer Lösung mit der alle zufrieden sind. Siehe Zielvereinbarung und 1.Phase
Was ist der Konflikt (sind die Konflikte) dahinter?

Wie sieht eine Konfliktlandkarte aus und wie sieht die Konfliktanalyse aus? Wofür brauchen wir das genau?
Siehe Konfliktdimensionen, Konfliktanalyse und Konfliktlandkarte. Die Landkarte für den Fall wurde hier erläutert Konfliktlandkarte.
Themen die aus den Konflikten gebildet werden sind:
1. Beziehung Eltern (Oma und Opa) mit Sohn und Schwiegertochter
2. Beziehung schwerpunktmäßig zwischen Oma und F
3. Umgang als Sachkonflikt
4. Mietvertragsverlängerung als Sachkonflikt

Was ist der Hauptkonflikt?
Das ist der Konflikt, der gelöst werden muss, um die anderen Konflikte zu beseitigen. Hier auch als Konfliktmotor bezeichnet. Das ist wahrscheinlich die Beziehung Oma und F. Argument: Wenn der Konflikt gelöst ist, verlieren die anderen ihren Anlass.
Haben wir in diesem Fall 2,3 oder 4 Parteien und warum?
Der Start sollte mit allen vieren erfolgen. Danach Einzelgespräche je nach Bedarf, insb. zwischen Oma und F.
Wie ist mit der Therapeutin umzugehen?
Gegebenenfalls sollte die Therapeutin eingebunden werden. Nicht als Partei aber als jemand, der so involviert wird, dass eine vernünftige Diagnose möglich ist. Oma ist keine Narzisstin! Die Therapeutin hat einen maßgeblichen Einfluss. Wenn ihre Diagnose falsch ist, treibt sie den Keil in die Beziehung und verschärft die Situation. Möglicherweise weiß sie auch gar nicht, wozu die Mediation fähig ist.
Sind Ungleichgewichte zu erwarten?
Jede Seite spielt ihre Macht aus. Es ist wichtig, gleiche Auenhöhe herzustellen und das Drohpotenzial herauszunehmen. Das gelingt, wenn das Denken an Positionen und Lösungen aus den Köpfen der Parteien herausgenommen wird.
Was ist der Bereich der Mediation (Familien- oder Wirtschaftsmediation)?
Hier kommen beide Varianten zum Zuge. Die wirtschaftlichen Fragen lassen sich nicht ohne die Klärung der familiären Beziehungen lösen. Die familiären Beziehungen lassen sich nicht ohne die wirtschaftlichen Fragen klären.
Welche Art von Mediation (Mediationsmodell) ist die beste und effektivste?
In jedem Fall tranformativ (weil Beziehungskonflikte) oder noch besser integriert (weil Modelle gemischt werden müssen).
Wie kann man Teilnehmer aus der Konfrontation herausholen und den Konflikt konkret deeskalieren?
Wie gesagt: Endziel nach vorne stellen (alle leiden unter der Situation) und Gedanken von Position, Problem und Lösung trennen. Also: integrierte Mediation (Mediationstheorie verwirklichen)

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Bearbeitungsstand: 2024-06-22 13:13 / Version .

Siehe auch: OMA
Diskussion (Foren): Erfahrungen mit Fällen und der Fallarbeit, OMA Mediatorenausbildung. Vorschläge, Kritik, Kommentare
Geprüft:


Based on work by Arthur Trossen . Last edited by Katrin Warneke
Seite zuletzt geändert am Montag November 4, 2024 11:59:28 CET.

Durchschnittliche Lesedauer: 7 Minuten