Emotionen und Gefühle
Wissensmanagement » Diese Seite gehört zum Fachbuch Mediation in der Wiki-Abteilung Wissen. Die Emotionen sind dem Kapitel Konfliktanlass im 6. Abschnitt des Fachbuchs Konflikt zugeordnet
Konfliktanlass Emotionen Kontrast Bauch Übertragung Kopplung Konfliktangst Empathie Motive
Worum es geht: Wenn der Konflikt zu einem Zerwürfnis1 führt, wird die emotionale Komponente des Konfliktes unübersehbar deutlich. Nur wegen der Emotionen ist es zu erklären, dass die Beziehung der Parteien zueinander wegen eines Streites zerrütten kann. Nur Emotionen machen eine Auseinandersetzung hitzig. Wenn die Mediation Konflikte beilegen soll, spielt ihre Fähigkeit, mit Emotionen umzugehen eine wichtige Rolle.
Übersicht
- Wer hat hier wen im Griff?
- Abgrenzung der emotionsbezogenen Begriffe
- Entstehung von Emotionen
- Gefühle und Emotionen verstehen
- Bedeutung der Emotionen
- Aufzählung der Gefühle
- Die Emotionsdatenbank
- Aufkommen der Gefühle
- Erkennbarkeit von Gefühlen
- Veränderung von Gefühlen
- Emotionen in der Mediation
- Was tun wenn ...?
Einführung und Inhalt: Es gibt Emotionen, die fühlen sich gut an. Die will man haben. Andere fühlen sich schlecht an. Denen geht man gerne aus dem Weg. Meistens führen sie zu einer Verletzung (sie tun weh). Die schlechten Gefühle braucht man nicht - oder doch? Emotionen bestimmen unser Handeln und Denken, so wie unser Handeln und Denken die Emotionen beeinflusst.2 Der Mensch ist in Wahrheit ein Homo emotionalis. Er gesteht es sich nicht immer ein, dass der Verstand von den Gefühlen unterdrückt wird. Die Korrelation von Verstand und Emotionen lässt sich mit dem folgenden Grundsatz eindrucksvoll beschreiben:
Wenn das Bewusstsein, wie im Beitrag über die Wahrnehmung beschrieben, nur einen Bruchteil der Wirklichkeit verarbeiten kann,3
ist der Mensch auf Emotionen dringend angewiesen. Sie sollen ihm helfen, den richtigen Weg durchs Leben zu finden. Sie sind ein Wegweiser. Allerdings können sich Emotionen irren. Sie können nicht denken. Warum das so ist und wann wie damit umzugehen ist, soll dieser Beitrag erschließen.
Wer hat hier wen im Griff?
Manche Menschen fühlen sich ihren Emotionen ausgeliefert. Manche fühlen sich sogar den Emotionen anderer ausgeliefert. In der Mediation wird die Auslieferung erkennbar. Wie ist damit umzugehen? Könnte es sein, dass der Therapeut im nachfolgenden Video das Patentrezept kennt?
Gefühle lassen sich nicht anleiten! Warum sagen wir ihnen nicht einfach "Stop it". Auch wenn sich das nebenstehende Video mit Bob Newhard über die Therapie lustig machen will, lässt sich ihm eine Aussage abgewinnen, die durchaus eine Paralelle zur Mediation darstellt. Auch dort kommt es nicht auf eine Diagnose an. "We don't go there", sagt der Therapeut. "Just stop it". Ob die Aufforderung Erfolg hat, ist eine andere Frage. Die Aufforderung gilt übrigens nicht nur für den Patienten. Auch der Mediator sollte damit aufhören, stets an Lösungen und Ursachen zu denken. Das hilft nicht wirklich weiter. Einfach Stop sagen oder gar sich sagen lassen, reicht sicher nicht, um schlechte Gefühle loszuwerden.
Das Beispiel zeigt, dass Gefühle den Argumenten nicht ohne Weiteres zugänglich sind. Es ist gar nicht so einfach, schlechte Gefühle loszuwerden. Trotzdem kann es erforderlich sein, sich von ihnen zu befreien, um sich den Dingen im Leben zuwenden zu können, die Freude bereiten. In der Mediation spielen Emotionen eine ganz wichtige Rolle. Es gibt ganz unterschiedliche Ansätze, wie damit umzugehen ist. Der erste Schritt besteht darin, die Emotionen zu erkennen, um ihre Botschaft korrekt zu verstehen. Emotionen wollen etwas sagen, das man nicht in Worte fassen kann.
Abgrenzung der emotionsbezogenen Begriffe
Es gibt eine begriffliche und definitorische Vielfalt und leider keine Eindeutigkeit. Viele der Begriffe, die unsere subjektive Erfahrung und Wahrnehmung von emotionalen Zuständen beschreiben, werden ungenau verwendet. Obwohl es Unterschiede gibt, werden sie oft synonym verwendet. Die folgende Abgrenzung soll Anhaltspunkte geben, um eine präzisere Verwendung zu erlauben:
- Die Emotionen beziehen sich auf eine automatische, komplexe psychologische und physiologische Reaktionen auf eine Situation, die oft mit einem Verhaltensimpuls verbunden wird. Emotionen werden körperlich wahrgenommen und sind vom Gefühl zu unterscheiden. Emotionen sind universal und unabhängig von Herkunft und Kultur.
- Das Gefühl beschreibt die Erlebnisweise einer Emotion. Es wird als eine psychologische Grundfunktion beschrieben. Das Gefühl ist oft ein Teil der Emotion. Es könnte als die individuelle Wahrnehmung und Bewertung von Emotionen verstanden werden, die mit kognitiven Prozessen und persönlichen Erfahrungen verknüpft sind. Es gibt mehr als 500 verschiedene Gefühle, die subjektiv und kulturabhängig wahrgenommen werden.
- Die Intuition erleben wir als eine Eingebung.
- Das Fühlen ist eine sinnliche Wahrnehmung (z.B. haptische Wahrnehmung = aktive Berührung vs. taktile Wahrnehmung = passive Berührung)
- Die Empfindung ist im neurophysiologischen und -psychologischen Verständnis eine durch Reizeinwirkung hervorgerufene Wahrnehmung.
- Die Stimmung beschreibt den eher atmosphärischen, seelischen Zustand eines Menschen. Sie wird auch als Laune wahrgenommen.
Gemeinsam haben all diese Begriffe, dass der Bewusstseinszugang stets über ein Erfühlen oder Erleben erfolgt.
Entstehung von Emotionen
Emotionen haben evolutionär betrachtet die Funktion, Menschen zum Handeln motivieren.4 Unser Gehirn ist darauf eingerichtet. Es ist nicht nur zum Denken da. Es ist auch für die Emotionen zuständig. Emotionen entstehen in einem komplexen Prozess, wo sowohl biologische, wie auch psychologische Faktoren eine Rolle spielen. Die Verarbeitung von Emotionen wird überwiegend dem limbischen System zugeschrieben, das nicht dem Bewusstsein untersteht. Stark vereinfacht könnte man sagen, Emotionen entstehen im Körper, Gefühle im Kopf.5 Erst das Hinzuschalten der Hirnrinde, damit ist der Kopf gemeint, macht uns die Gefühle bewusst. Ob Angst, Freude oder Hass empfunden wird, hängt davon ab, welche Bereiche des Gehirns aktiviert werden.6 Das ABC-Modell von Ellis sieht in der Entstehung einen 3-schrittigen Prozess, der hervorhebt, dass Gefühle nicht (immer) nur einen Reflex darstellen.7 Ellis hat erkannt, dass nicht allein ein äußerer oder innerer Reiz zu Gefühlen oder Handlungen führt, sondern das es einen, meist nicht bewussten Zwischenschritt gibt, den er als den Belief beschrieben hat. Damit sind Grundannahmen und Interpretationen gemeint, die in den Gefühlen ihren Ausdruck finden. Davon ausgehend sind Menschen den Gefühlen also doch nicht hilflos ausgeliefert. Es kommt nur darauf an, die Gefühle zu verstehen.
Die Funktionsweise des Gehirns
Gefühle und Emotionen verstehen
Wenn wir wissen wollen, WAS uns die Emotionen sagen und warum sie welche Gefühle auslösen, müssen wir zunächst verstehen, wofür wir die Emotionen überhaupt brauchen. Laut der auf den Zustand abstellenden Definition in Wikipedia bezeichnet die Emotion eine Gemütsbewegung im Sinne eines Affektes. Sie ist ein psychophysiologisches, auch psychisches Phänomen, das durch die bewusste oder unbewusste Wahrnehmung eines Ereignisses oder einer Situation ausgelöst wird.8 Beachten Sie bitte den Wortteil (E-)Motion, der Bewegung ausdrückt.9 Der Begriff geht auf das lateinisch Wort ēmovēre zurück, was so viel wie herausbewegen bedeutet. Emotionen sind also, wenn man so will, der Sturm im Wasserglas also das, was das Wasser in Bewegung bringt. Eine umfassendere, auf den Zweck abstellende Beschreibung liefert Stangl. Danach sind Emotionen komplexe, in weiten Teilen genetisch präformierte Verhaltensmuster, die sich im Laufe der Evolution herausgebildet haben, um bestimmte Anpassungsprobleme zu lösen und dem Individuum ein schnelles und der Situation adäquates Handeln zu ermöglichen.10 Mit dieser Definition kommen wir der Bedeutung der Emotionen und der Gefühle schon etwas näher. Das folgende Video geht auf die Frage ein, warum es so wichtig ist, die Emotionen zu verstehen und wie damit (auch und besonders in der Mediation) umzugehen ist.
Dieses Video setzt sich mit der Frage auseinander, wozu wir überhaupt Emotionen brauchen. Cornelia Droege genannt Körber interviewt Arthur Trossen. Die beiden Mediatoren unterhalten sich über Emotionen und geben Hinweise, wie man damit umgehen kann, um sich vor schlechten Gefühlen zu schützen und gute Gefühle zu erhalten oder zu bewahren. GHlöeichzeitig wird deutlich, warum Gefühle (Emotionen) in der Mediation so wichtig sind und wie sich in ihnen der Schlüssel für Lösungen finden lässt.
Bedeutung der Emotionen
Um die Bedeutung der Emotionen zu verstehen, müssen wir zunächst akzeptieren, dass unser rationales Bewusstsein nicht in der Lage ist, die Komplexität des Lebens und situativer Entscheidungen zu begreifen. Deshalb besitzt der Mensch neben dem Verstand noch andere Intelligenzzentren. Wewetzer greift den Gedanken von Descartes auf, wenn er herausstellt, dass die Emotionen den Menschen seit Urzeiten wie ein Kompass leiten, der gegebenenfalls neu zu justieren ist. Das Gefühlsleben des Menschen basiert auf Programmen, die noch aus der Urzeit stammen und mit modernen Erfahrungen nicht immer konfliktfrei kollidieren.11 Emotionen sind ein natürliches Überlebenskonzept. Sie werden im limbischen System gesteuert und sind oft schneller als der Verstand, der erst nach den körperlichen Reaktionen in der Lage ist, das Gefühl zu identifizieren. Weil der Mensch keine Sinnesorgane hat, mit denen er sein Inneres wahrnehmen kann, wird der Körper zum emotionalen Seismographen.
Wenn man davon ausgeht, dass das Bewusstsein nur wenige Prozent der Umweltrealität erfassen kann, sind die Gefühle eine wichtige, oft nur unbewusst wahrgenommene Entscheidungsinstanz.12 Sie stehen in einer Wechselwirkung zum Verstand. Sie können den Verstand sowohl inspirieren wie auch blockieren. Freude beispielsweise befördert die Neurogenese. Angst lähmt. In der Mediation begegnen wir dem Grundsatz:
Der Mediator muss erkennen können, wo und wie er Gefühle einsetzt, um den Verstand zu stimulieren. Der Verstand kann Gefühle verifizieren und auf ihre Richtigkeit kontrollieren. Er kann Gefühle hervorrufen aber keine (neuen) erzeugen. Wie Menschen auf Gefühle reagieren und damit umgehen ist individuell verschieden und von vielen Faktoren abhängig. Grundsätzlich erfolgen Wahrnehmung, Kommunikation und Entscheidungen in allen drei Intelligenzzentren des Menschen. Manche Menschen verstehen sich besser auf die rationale Intelligenz, andere auf die emotionale und wieder andere vertrauen auf das Bauchgefühl.
Um Reaktionen und Verhaltensweisen zu verstehen, ist es erforderlich, alle Intelligenzentren anzusprechen. Wie sonst sollten Menschen eine gelingende Kommunikation vollziehen, die sich aus verbalen UND emotionsgesteuerten, non-verbalen Elementen zusammensetzt und körperliche Reaktionsmuster abbildet. Vertiefende Ausführungen dazu finden Sie in den Kapiteln Wahrnehmung, Bewusstsein und Kommunikation.
Wahrnehmung Bewusstsein Kommunikation
Aufzählung der Gefühle
Gefühle sind somit ein wichtiger Bestandteil des Verstehensprozesses. Also sollte man wissen, welche Gefühle es gibt und was sie bedeuten. Eine alphabetische Zusammenstellung von mehr als 500 Gefühlen finden Sie in der Liste der Gefühle.13 Leider gibt es keine eindeutige wissenschaftliche Klassifizierung.14 Es ist noch darzulegen, warum eine eindeutige Klassifizierung in der Mediation auch nicht notwendig ist. Trotzdem soll - schon um das Spektrum der Emotionalität zu beschreiben - ein Versuch der Einteilung unternommen werden.
Sinnvoll erscheint zunächst die Unterscheidung zwischen angeborenen Primärgefühlen und die im Laufe des Lebens durch Sozialisation erworbenen Sekundärgefühle. Robert Plutchik15 spricht von Basisgefühlen, zu denn er Angst, Ekel, Freude, Liebe, Trauer, Neugier und Wut rechnet. Man mag darüber diskutieren, ob Neugier ein Gefühl ist. Die anderen Gefühle sind aber als genetisch erworben anerkannt.
Die ringförmige Darstellung in Plutchiks Rad der Emotionen (Emotionsrad)16
erlaubt es, die Intensität einerseits und die emotionale Nähe andererseits festzulegen. Gefühle, die sich ähnlich sind, stehen nah beeinander, so dass die unähnlichen Gefühle sich gegenüberstehen. Die dahinter liegende und in der Mediation zu verwertende Botschaft ergibt sich aus dem Kontrast. Der Kontrast zum negativen Gefühl zeigt das positive Gefühl, das es herzustellen gilt. Das gute Gefühl verdrängt das schlechte.
Wiki to Yes bietet sowohl eine Hilfestellung wie ein Werkzeug an, mit dem sich die Kontrastgefühle identifizieren lassen. Die Herangehensweise hilft übrigens auch bei der Wiederherstellung der Resilienz, wenn und weil die guten Gefühle die Schutzfaktoren der Resilienz abbilden.
Herausarbeiten der Kontrastgefühle Liste der Gefühle (extern)
Die Emotionsdatenbank
Die Emotionsdatenbank wurde im Wiki neu eingeführt, um Ihnen einen direkten Zugriff auf die Emotionen und Gefühle zu verschaffen, die in der Mediation eine besondere Rolle spielen und im Wiki intensiv besprochen werden.
Beachten Sie bitte, dass nur angemeldete Benutzer den vollen Datenbankzugriff haben und uneingeschränkt alle Felder insb. auch die Links zu den Fundstellen einsehen können.
Bezeichnung | Beschreibung |
---|---|
Trauer | Trauer ist eine emotionale Reaktion auf Verlust und Schmerz. Sie ist ein komplexes emotionales Erleben und kann auf einem breiten Gefühlsspektrum eingeordnet werden. Sie steht in Verbindung mit verschiedenen Emotionen, die sich während des Trauerprozesses manifestieren können. |
Trotz | Der Trotz ist kein Gefühl. Er beschreibt eine Form der Widersetzlichkeit und ist ein Konfliktverhalten. Das Wort wird verwendet, um zu sagen, dass etwas geschieht oder wahr ist, auch wenn es etwas gibt, das es daran hindern könnte, zu geschehen oder wahr zu sein. Psychologisch gesehen wird ein Verhalten ausgedrückt, mit dem die Ablehnung gegen die von einer anderen Person geäußerten Forderungen mit heftigem Affekt ZUM Ausdruck gebracht wird. |
Verbitterung |
Verbitterung ist ein intensives Gefühl von Frustration, Groll und Ungerechtigkeit, das durch negative Lebenserfahrungen oder Ereignisse ausgelöst wird, die als unfair oder tief verletzend wahrgenommen werden. Menschen, die Verbitterung erleben, fühlen sich oft betrogen, enttäuscht oder ungerecht behandelt. Sie haben Schwierigkeiten, diese Emotionen loszulassen. Verbitterung kann das emotionale und soziale Leben stark beeinträchtigen, wenn sie chronisch wird und zu einem fixierten Zustand führt. |
Vertrauen | Vertrauen meint das feste Überzeugtsein von der Verlässlichkeit, Zuverlässigkeit einer Person oder einer Sache. Das Vertrauen spielt innerhalb und außerhalb der Mediation eine wichtige Rolle. Innerhalb der Mediation, wenn es darum geht, wieder eine tragfähige Beziehung herzustellen. Außerhalb der Mediation spielt es eine Rolle für die Nachfrage. |
Wut | Wut ist ebenso wie Hass eine reaktive Aggression. Die Wut entspricht einem Aufbäumen, um Hindernisse und Bedrohungen zu bewältigen. Die Wut ist ein Affekt im psychosozialen Konfliktfall. Sie wird im Gegensatz zum Hass als eine Form der konstruktiven Aggression bezeichnet. |
Aufkommen der Gefühle
Gefühle entstehen aus einem Anlass heraus. Sie verbinden die Außenwelt mit der Innenwelt. Es ist ein komplexer Prozess, bei dem die eigenen Wirklichkeitskonstrukte, die Wahrnehmung, die Prägung, das Wertesystem, die Stimmung, die Befindlichkeit, die Hormone, usw. eine entscheidende Rolle spielen. Egal was die Gefühle auslöst, sie finden immer im jeweiligen Menschen selbst statt. Es ist also fatal, andere dafür verantwortlich zu machen. Sie können für den Anlass verantwortlich sein, nicht jedoch für das dadurch ausgelöste Gefühl.
Wenn und weil Gefühle im Menschen selbst entstehen, sollte man in sich selbst hineinschauen. Die Gefühlsbotschaften, also das was das Gefühl einem Menschen sagen will, finden sich nicht im Gegner. Deshalb sind die Gefühle auch so wichtig, um den Konflikt zu übewinden.17
So wie Sie die Gefühlsbotschaften nicht im Gegner finden, kann er sie auch nicht von den Gefühlen befreien. Aus dieser Erkenntnis ergeben sich Handlungsoptionen. Die Emotion ist eine Erregung. Solange nicht die Kompetenz-Amnesie eintrifft, hat der Mensch stets die Möglichkeit zu entscheiden, ob und wie er mit seinen Emotionen umgeht. Er könnte sich beispielsweise wie der Samurai einfach davon befreien, indem er den Bewegungsimpuls ignoriert.18
Auch wenn die Gefühle ihren Grund nicht im Gegenüber, sondern in jedem Menschen selbst finden, brauchen sie keine Rechtfertigung. Sie können nicht hin- oder wegargumentiert werden. Auch die Selbsttäuschung, die ungewünschten Gefühle nicht zu haben oder die Beschwörung, dass sie aufhören sollen, erreichen oft das Gegenteil. Die Gefühle werden dadurch eher bestätigt und nicht hinterfragt. Gefühle wollen verstanden sein. Nur so erfüllen sie ihren Zweck. Um sie zu verstehen, müssen sie akzeptiert werden. Es macht wenig Sinn, ihnen aus dem Weg zu gehen. Erst wenn man sich ihnen stellt, wird eine Verarbeitung möglich.
Erkennbarkeit von Gefühlen
Wenn Gefühle so viel über einen Menschen aussagen, sollten Sie wissen, woran Sie die Gefühle der Menschen erkennen können. Fangen Sie doch mit Ihren eigenen Gefühlen an. Woher wissen Sie eigentlich, was Sie für ein Gefühl haben? Können Sie die Frage (Klick auf das Icon rechts) beantworten?
Vielen Menschen fällt es schwer, diese Frage zu beantworten. "Gefühle hat man", "Das sagt mir die Erfahrung", "Die spürt man eben", sind klassische Antworten. Ja, man spürt sie, zumindest bei sich selbst. Es sind körperliche Reaktionen, die sich im Blutdruck, im Pulsschlag usw. bemerkbar machen. Das Gehirn erfasst die Reaktionen und interpretiert das Gefühl. So erkennen wir die eigenen Gefühle.
Woran erkennen wir aber die Gefühle der Mitmenschen? Auch bei den Mitmenschen sind es die körperlichen Reaktionen, die Rückschlüsse auf die Gefühle zulassen. Das Gesicht des Anderen ist die ideale Landkarte dafür. Ärger, Trauer, Freude, Verachtung, Überraschung, Ekel und Angst - das sind die 7 Basisemotionen der Menschen, die übrigens alle Menschen, gleich welcher Nation und Herkunft, gemeinsam haben. Im folgenden Video werden sie als Mikroexpression - also nur ganz kurz - sichtbar19 .
Bei diesem Video geht es um Microexpressions. Sie können einmal testen, ob Sie das jeweils nur für einen sehr kurzen Moment angezeigte Gefühl identifizieren können.Der Mensch kann der vom limbischen System veranlassten Mimik zwar nicht entgehen. Sie dauert aber nur einen Bruchteil von einer Sekunde und ist sinnlich kaum wahrnehmbar. Die Fernsehserie 'Lie to me' hat die Erkenntnis im Krimi verarbeitet. Dort wurden die Verhöre mit einer Kamera aufgezeichnet und in Zeitlupe angesehen. Es ist also kaum möglich, sie in Echtzeit wahrzunehmen. Die 7 vorgestellten Basisgefühle sind: Überraschung, Ekel, Verachtung, Freude, Trauer, Ärger und Angst.
Die Mimik verrät das Gefühl. Ja natürlich, Sie haben die Mimik im Griff, denn auch die Gesichtsmuskeln lassen sich steuern. Lächeln Sie doch mal :). Dr. Paul Ekman20 hat sich (unter anderem) mit der Gesichtslandkarte auseinandergesetzt. Er hat festgestellt, dass die Gesichtsmuskeln den Bruchteil einer Sekunde lang - völlig unkontrollierbar - die Gefühle eines jeden Menschen verraten. Der Grund liegt darin, dass die Gesichtsmusukatur unmittelbar mit dem limbischen System verbunden ist. Das limibsche System ist in unserem Gehirn für die Verabeitung der Gefühle zuständig. Sogenannte Microexpessions (die Mikromimik) verraten sie in flüchtigen Momenten, die nur ein geübter Beobachter wahrnehmen kann. Aber Vorsicht:
Das Gesicht ist natürlich nicht das einzige Körperteil, das Gefühle ausdrückt. Der ganze Körper steht zur Verfügung. Das ist ein weiterer Grund, warum die Körpersprache so wichtig und ausdrucksvoll ist. Sie drückt nicht nur die eigenen Gefühle aus, sondern auch die sich daraus ergebenden Beziehungen, weshalb die analoge Kommunikation so wichtig ist.
Körpersprache Mikroexpressionen
Veränderung von Gefühlen
Gefühle sind weder gut noch schlecht. Das Gefühl selbst bewirkt gar nichts! Wohl aber das, was man daraus macht. Auch wenn sich ein Gefühl gut oder schlecht anfühlt, ist das Gefühl selbst nur ein Hinweis. Demzufolge ist nicht das Gefühl gut oder schlecht, sondern die sich daraus ergebende Herangehensweise. In der Sprache der Mediation ist das die Lösung. Emotionen sind nicht verhandelbare Tatsachen, lautet ein Grundsatz der Mediation. Daraus ergibt sich eine Parallele zu den Tatsachen. Auch Fakten sind, an und für sich betrachtet, weder gut noch schecht. Ihre Bewertung entsteht erst aus der Bedeutungszuschreibung. Genau so verhalten sich auch die Emotionen. Es kommt also darauf an, welche Bedeutung ihnen zugeschrieben wird. Die Bedeutung erschließt sich aus dem Verständnis der Emotion.
Es gibt zahlreiche Situationen, die eine Veränderung der Gefühle erfordern. Jede transformative Mediation, die eine Sichtveränderung erwirken will, muss sich damit auseinandersetzen. Schlechte Gefühle sind kaum in der Lage, gute Gedanken zu produzieren. Deshalb ist die Veränderung der Gefühlswelt (der emotionalen Wahrnehmung) durchaus auch ein Thema in der Mediation.
Wie werde ich schlechte Gefühle los?
Emotionen in der Mediation
Was herausbewegen kann, kann auch hineinbewegen. Die Emotionen geben die Richtung vor. Der Mediator weiß dies zu nutzen. Dazu muss er die Emotionen identifizieren und den Kontrastemotionen zur Richtungsänderung gegenüberstellen.
Emotionen sind Teil der Kommunikation. Meist bewegen sie sich auf den analogen Kommunikationsebene. Mit der Technik des Verbalisierens werden sie ansprechbar. Emotionen drücken die Befindlichkeit eines Menschen aus. Sie geben der Sachinformation eine Bedeutung. Schließlich geben Sie die Richtung vor, in der die Lösung zu suchen ist.
Bei einem schlechten Gefühl findet sich die Lösung in ihrem Kontrast, wenn davon auszugehen ist, dass der Mensch ein gutes Gefühl haben möchte. Der Mediator muss also das schlechte Gefühl erkennen, um der Partei zu helfen, das gute Gefühl zu finden.
Aber Vorsicht: Das gute Gefühl ist nicht die Lösung, es ist immer noch nur ein Gefühl! Erst wenn das gute (gewünschte) Gefühl identifiziert ist, ist der Zeitpunkt gekommen, über den Weg dorthin (also die Lösung) nachzudenken. Der Weg besteht nicht darin, das schlechte Gefühl wegzubekommen,21
sondern darin, das gute Gefühl herzustellen.
Grundsätzlich lässt sich die Mediation auf Gefühle ein. Die Art und Weise wie sie bzw. der Mediator damit umgehen, unterscheidet sich jedoch. Eine Möglichkeit ist es, die Gefühle zu identifizieren und zu akzeptieren, um dann zu sagen, dass Gefühle woanders als in der Mediation zu bereinigen seien, sodass man sich hier auf die Sachfragen konzentrieren kann. Eine solche Vorgehensweise würde zur facilitativen Mediation oder zur evaluativen Mediation passen. Eine transformative oder eine integrierte Mediation hingegen würde erwarten, dass der Mediator mit den Gefühlen umzugehen weiß. Immerhin geht es bei der Transformation auch darum, die Gefühle zu verändern.
Auch ein Mediator ist nur ein Mensch. D.h. auch er hat Gefühle. Er sollte sich davon nicht überwältigen lassen, um die professionelle Distanz zu den Mediadaten zu wahren. Er sollte aber dennoch auf seine Gefühle hören und sie hinterfragen. Möglicherweise deuten sie eine Gegenübertragung an, die Hinweise auf das Verhalten der Partei gibt. Möglicherweise ist der Mediator auch einfach nur emotional abgelenkt, sodass sie sich nicht mehr ausreichend auf die Partei konzentrieren kann. In allen Fällen sollte er seine Gefühle hinterfragen und überlegen, wie er sie wieder los wird, damit seine Wahrnehmung nicht getrübt wird.
Was tun wenn ...?
- Die Partei benutzt die Mediation, um sich zu rächen
- Schlechte Gefühle stehen im Weg
- Die Partei weint in der Mediation
- Die Parteien sind wütend
- Gefühle werden ausgeklammert
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Interventionenfinder
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Alias: Gefühle, Mikromimik
Siehe auch: Emotionen loswerden, Intelligenzzentren, Übertragung-Gegenübertragung
Prüfvermerk:
Bemerkung: Aktionshinweis, Produkthinweis