Die Methode der Bestandsaufnahme
Wissensmanagement » Diese Seite gehört zum Fachbuch Mediation in der Wiki-Abteilung Wissen. Sie befinden sich auf der Themenseite Bestandsaufnahme zum Titel des 5. Buchabschnitts Methodik der Mediation, dem folgende Kapitel zugeordnet sind:
Methodik Abgleich Initialisierung Bestandsaufnahme Verstehen Vermitteln Suchen Bewerten Verhandeln
Worum es geht: Die Beiträge zur Phasenübersicht und zur Phasenlogik ergeben die Zusammenhänge. Es ist wichtig, die Phasen als Teil eines umfassenden Prozesses zu verstehen und die dahinter verborgene Mediationslogik zu verwirklichen. Die Methoden verwirklichen die Phasen. Sie orientieren sich am jeweiligen Phasenziel und am Phasenzweck. Die Methoden und beschreiben die Vorgehensweisen und wie der Arbeitsauftrag zu erfüllen ist. Die 2. Phase dient der Klärung, was genau zu regeln ist. Sie bestimmt den Gegenstand der Mediation und leistet noch mehr.
Einordnung als Methode
Dass die Mediation aus einem Konglomerat an Methoden besteht, die sich an den Phasen ausrichten, ist eine Konsequenz der kognitiven Mediationstheorie. Sie erlaubt die systematische Einordnung von Verfahren, Methoden und Techniken und beschreibt deren wechselseitige Abhängigkeit. Die Methoden der Mediation realisieren die mit den Phasen identischen Etappenziele. Konsequent ist der Name der Methode mit dem der entsprechenden Phase identisch. Die Bestandsaufnahme führt wieder in eine komplexe Fragstellung. Sie will verstehen, worüber gestritten wird. Es geht darum, herauszufinden, wer was von wem will. Das Warum ist dabei von untergeordneter Bedeutung, wenn es nicht den Beweggrund anführt. Argumente helfen, den Streit zu verstehen. Damit ist ihre Bedeutung erschöpft, denn die Aufgabe der Bestandsaufnahme ist es NICHT, zu argumentieren. Es geht also nicht darum, den Parteien einen Raum zu geben, ihre Lösungen durchzusetzen und dem Gegner zu "verkaufen", sondern darum, nutzenorientierte Lösungen zu finden.
Zielsetzung
Die methodische Zielsetzung der Bestandsaufnahme erschöpft sich in der Erkenntnis, warum was zu regeln ist. Sie mündet in die Themensammlung, wo die verschiedenen Herangehensweisen beschrieben werden. Eine Kontrollfrage zur Prüfung, ob die Bestandsaufnahme abgeschlossen werden kann, lautet: Ist der Konflikt beigelegt, wenn zu dem geschilderten Problem eine Lösung gefunden wurde?
Erarbeitung
Die Bestandsaufnahme wird dadurch ermöglicht, dass die Parteien, nicht deren Vertreter oder Beistände, den Fall aus ihrer Sicht schildern. Beachten Sie bitte, dass die Mediation die Bestandsaufnahme stets eigenständig und gegebenenfalls neu durchführt. Sie wird also auch dann durchgeführt, wenn schon Klageschriften usw. vorliegen. Eine Bezugnahme darauf oder auf die Vorkorrespondenz sollte der Mediator nicht zulassen.
Wenn sich das Ziel der 2.Phase darin erschöpft, zu erkennen, warum was zu regeln ist, spielt der Sachverhalt in dieser Prozessllage nur insofern eine Rolle, als es darum geht, die streitigen Themen herauszustellen. Die Phase zwei erlaubt den Streit, schon um ihn identifizieren zu können. Der Mediator oder die Mediatorin würden aber verhindern, dass der Streit ausgetragen wird. Es genügt ihnen, die durch den Streit aufkommenden Themen festzustellen. Sachverhaltsfragen sind also nur insoweit angebracht, als sie zur Identifikation des Streites oder des Konfliktes erforderlich sind.
Themenbildung
Die zu besprechenden Themen werden mit den Parteien vereinbart. Wenn alle Parteien zustimmen, über das Thema zu sprechen, ergibt sich daraus die Erlaubnis für den Mediator, das Thema zu bearbeiten. Gleichzeitig stellt sich die Grenze heraus, worüber verhandelt werden darf.
Das Thema konkretisiert den Suchgegenstand. Der Suchgegenstand ist identisch mit dem Mediationsgegenstand. Wenn gegensätzliche Positionen vorhanden sind, führt die Themenfestlegung dazu, dass die Positionen neutralisiert werden. Mit dem Thema werden die Position und die Gegenposition zusammengefasst. Die Position ist dabei die jeweils an die andere Partei gerichtete (Auf-)Forderung. Sie ist von den Argumenten (Begründung der Position) und den Interessen (Nutzenerwartung) zu unterscheiden. Je präziser der Mediator diese Unterscheidung gelingt, umso nachvollziehbarer gestaltet sich die Themensammlung. Die juristische Entsprechung der Themensammlung ist der Streitgegenstand. Weil es in der Mediation jedoch um mehr geht, als nur einen Streit beizulegen, wird die Abgrenzung deutlicher, wenn in der Mediation statt von einem Streitgegenstand von einem Mediationsgegenstand gesprochen wird. Das Herausarbeiten der Themen erfolgt in Phase zwei. Ihre Einordnung in der Mediation ergibt sich aus der Phasenlogik.
Themensammlung in Phase 2 Phasenlogik Themenlogik
Konfliktrelevanz
Die Bestandsaufnahme verbindet sich mit der Konfliktanalyse. Es würde keinen Sinn machen, Probleme anzusprechen, die mit dem eigentlich zu lösenden Konflikt nichts zu tun haben. Es macht hingegen viel Sinn Themen zu identifizieren, die den Konflikt repräsentieren. Die Übereinstimmung von Themen bzw. Verfahren und Konflikt wird Konfliktkongruenz genannt. Das bedeutet: Wenn zu dem Thema eine Lösung gefunden wurde, sollte der damit repräsentierte Konflikt (und nicht nur ein Teil davon) erledigt sein.
Was so einfach klingt ist in der Praxis nicht immer leicht. Der Mediator sollte auf folögendes achten:
- Irritation der Themensammlung
- Wenn die Parteien aufgefordert werden, Themen zu benennen, über die zu sprechen sind, werden meist Argumente, Motive und Lösungen, nicht aber Themen genannt.
Die meisten der Vorschläge in dem Beispiel sind keine Themen. Der Mediator würde sich verzetteln, wenn er die Vorschläge wie einzelne Themen behandelt. Aiuch würde sich der eigentliche Konflikt nicht so leicht zu erkennen geben. Viele der Vorschläge sind Argumente, Motive oder Llsungen. Das Haus wäre ein Theme, weil es das zu lösende Problem ist (Sachkonflikt). Das Eigentum ist ein Argument für irgendeetwas oder eventuell auch ein Motiv. Respekt ist ein Motiv für den Beziehungskonflikt. Die Kommunikation ist dafür eine Lösung. Gerechtigkeit, Unabhängigkeit, Einkommen und Übervorteilung sind Motive, die als Lösungskriterien später aufzuführen sind. In dem Beispiel gibt es also nur zwei Themen: Haus und Umgang (oder Beziehung). Die Technik, mit der die Themenvorschläge korrekt eingeordnet werden können, ist das Dimensionieren.
Dimensionen und Dimensionieren
- Übereinstimmung mit der Konfliktanalyse
- Das zuvor erwähnte Beispiel belegt auch die Möglichkeit, die zweite Phase (egal wie sie ausgeführt wird) zur Kontrolle der Konfliktanalyse zu verwenden. Spätestens nachdem die Parteien Problem Sachverhalt geschildert haben, wird erkennbar die vorgetragenen Konflikte oder Konflikt Hintergründe mit der eingangs erstellten Konfliktanalyse des Mediator übereinstimmen. Im Ergebnis sollten so viele Themen aufgelistet sein wie Konflikte in der Konfliktanalyse. Kommt es zu Abweichungen ist entweder die Themensammlung oder die Konfliktanalyse anzupassen.
- Unklare Positionierung
- Recht häufig kommt es vor, dass die Parteien gar nicht ihre Positionen kennen oder nennen wollen. Auswirkungen auf die Themen sollten vermnieden werden. Dazu die folgenden Beispiele:
Konfliktkommunikation
Die Parteien sollen offen über den Konflikt sprechen. Das fällt ihnen oft schwer, weil die Besprechung des Konfliktes eine Abstraktion erfordert. Die Mediation führt sie in kleinen Schritten und sanft in den Konflikt hinein. Die 2.Phase spielt dabei eione wichtige Rolle. Sie ermöglicht es, den Konflikt langsam nach vorne zu bringen.
Der Fokus des Mediators ist auf den Konflikt oder die Konflikte gerichtet. Die Bestandsaufnahme soll helfen, den Konflikt herauszuarbeiten.
Vorgehensweise
Die in der Phase 2 anzuwendenden Techniken und die Vorgehensweise ergibt sich aus dem schematisierten Ablauf. Das Schema soll anregen. Es kann wie eine Checkliste benutzt werden, damit kein Schritt verloren geht. Erforderlich sind die Schritte, mit denen sich die Logik der Phase 2 verwirklicht. Die Reihenfolge ergibt sich aus der Logik. Das heißt: die einzelnen Schritte sollten dann durchgeführt werden, wenn die Gedanken der Parteien dafür bereit sind.
Es gibt zwei oder je nach Zählweise bis zu vier unterschiedliche Herangehensweisen. Grundlegend zu unterscheiden sind die Sachverhaltsmethode und die Themensammlung. Die Kärtchenmethode ist eine Variante der Themensammlung.
Ablauf bei der Sachverhaltsmethode
Arbeitsschritt | Hilfestellung siehe ... |
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Erläuterung der Phase | Beschreibung der Phase 2 |
Aufforderung zur Problemschilderung | Bestandsaufnahme |
Gegebenenfalls: Wer fängt an – Spiel | Besonderheiten bei der Gesprächsaufforderung |
Positionen herausarbeiten | Positionen, Themen, Techniken: Zusammenfassung, Themenbildung |
dto mit allen anderen Parteien | |
Vergewissern, ob es weitere Themen gibt | |
Themenfolge festlegen | Priorisierung |
Zusammenfassen | Zusammenfassung der Ergebnisse |
Alternativ: Ablauf bei Themensammlung und Kärtchenmethode
Arbeitsschritt | Hilfestellung siehe ... |
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Erläuterung der Phase | Beschreibung der Phase 2 |
Aufforderung Themen zu nennen | |
Themen clustern | herausarbeiten und zusammenstellen |
Themenfolge festlegen | Priorisierung |
Zusammenfassen | Zusammenfassung der Ergebnisse |
Werkzeuge
In dieser Verfahrensinstanz ist nicht mehr erforderlich, als eine Analyse des Konfliktes und des Sachverhaltes, bzw. der daraus resultierenden Fragen. Bei der Analyse helfen folgende Werkzeuge (Techniken):
Die Werkzeugdatenbank wird ständig erweitert. Sie können helfen. Sollten Sie eine Technik vermissen oder anders definieren, geben Sie bitte einen Hinweis, wenn Sie die Änderung nicht selbst einbringen.
Bedeutung für die Mediation
Die Gefahr der Bestandsaufnahme besteht darin, dass sich die Parteien in der Begründungssemantik verlieren. Der Mediator sollte sich also (lediglich) darauf konzentrieren, die Positionen festzustellen und die dazu führenden Argumente zur Kenntnis zu nehmen und gegebenenfalls auf Schlüssigkeit zu prüfen. Aus den widersprüchlichen Positionen wird ein Thema herausgearbeitet und in die weitere Bearbeitung überführt.
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