Das Bedürfnis im Verstehensprozess
Das Bedürfnis spielt in der Mediation eine wichtige Rolle. Immerhin liefert es den Beweggrund für ein Handeln, woraus sich ein Motiv und das in der Mediation besonders herausgestellte Interesse ergibt. Mithin liefert die Kenntnis der Bedürfnisse einen Hinweis, die Bedeutung des Gesagten oder Nichtgesagten, der Handlung oder Unterlassung zu verstehen. Beachten Sie bitte auch den Zusammenhang mit folgenden Beiträgen:
Interessen Motive Bedürfnisse Konfliktarbeit (3. Phase) Zusammenhänge (Lösungspentagramm)
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Table of contents
Begriffe wie das Bedürfnis, das Motiv, die Lösung oder der Nutzen kommen in der Mediation immer wieder vor. Es handelt sich um Informationsdimensionen, die miteinander in einem logischen Zusammenhang stehen. Ihre Abgrenzung mag zur korrekten Eionordnung und Behandlung in die Mediation beitragen.
Abgrenzung
Es bereitet einige Schwierigkeiten, das Bedürfnis vom Bedarf und vom Motiv oder dem Interesse zu unterscheiden. Die Begriffe werden oft synonym verwandt und miteinander vermischt. Die Abgrenzung soll helfen, ihre Relevanz in der Mediation besser zu verstehen.
- Bedürfnis
- Metz-Göckel beschreibt das Bedürfnis als den Zustand oder das Erleben eines Mangels, verbunden mit dem Wunsch ihn zu beheben. Er führt aus, dass in der wiss. Literatur meist Bedürfnisse gemeint seien, die ein Lebewesen zu seiner Erhaltung und Entfaltung benötige, nicht Spontanentscheidungen im Einkaufszentrum.1
- Motiv
- Das Motiv ist der Handlungsantrieb oder der Beweggrund. In der Psychologie beschreibt das Motiv die menschliche Disposition für eine bestimmte Art von Zielen. Bildungssprachlich handelt es sich um eine Überlegung, eine Gefühlsregung oder ein Umstand, durch den sich jemand bewogen fühlt, etwas Bestimmtes zu tun.2 Stangl beschreibt Motive als überdauernde Vorlieben und zeitstabile Merkmale von Menschen, die nicht direkt beobachtbar sind, sondern Konstrukte darstellen, die das Handeln von Personen verständlich machen sollen. Motive müssen durch Situationsmerkmale angeregt werden, bevor sie verhaltenswirksam werden können.3
- Interesse
- Das Interesse ist, wenn man so will, das verhaltenswirsam gewordene Motiv. Es ist ebenfalls ein Beweggrund, weshalb die Abgrenzung zum Motiv so schwer fällt. Stangl definiert das Interesse als die Aufmerksamkeit auf einen Gegenstand, einen Zustand oder einen Sachverhalt, wobei das Interesse von den Gedanken gesteuert wird.4
Einordnung
In der Sprache der Mediation deutet das Interesse auf die Handlung, während das Motiv die Befriedigung in den Vordergrund stellt. Das Verhältnis zwischen Bedürfnis und Motiv wird deutlich, wenn das Bedürfnis als Grundlage eines Motivs angesehen wird. Zur Verdeutlichung, wie sich das Bedürfnis vom Motiv und das Motiv vom Interesse unterscheidet, mag ein einfaches Beispiel beitragen. Was antworten Sie, wenn Sie gefragt werden, wie es Ihnen geht?
Es ist stets von der sich aus dem Fall und der Aufgabenstellung ergebenden Bearbeitungstiefe abhängig, ob und inwieweit die Aufdeckung der Bedürfnisse erforderlich wird. Im Wiki to Yes wird deshalb dem Bedürfnis eine ebenso große Aufmerksamkeit gewidmet wie den Motiven und den Interessen.
Die Arbeit mit Motiven Der Umgang mit Interessen
Hier stehen die Bedürfnisse im Vordergrund:
Bedürfnisse
Die jedem Menschen zueigenen Bedürfnisse lassen sich in Primär- und Sekundärbedürfnisse einteilen. Primärbedürfnisse sind Existenzbedürfnisse. Zu den Existenzbedürfnissen zählen alle Notwendigkeiten zur Sicherung des Lebens; also Nahrung, Wohnung, Kleidung. Sekundärbedürfnisse sind die Kulturbedürfnisse5
Bedürfnispyramide
- Physiologische Bedürfnisse:
- Sicherheitsbedürfnisse:
- Soziale Bedürfnisse:
- Individualbedürfnisse:
- Kognitive Bedürfnisse:
- Ästhetische Bedürfnisse:
- Selbstverwirklichung:
- Transzendenz:
Bedürfniskreis
Bedeutung für die Mediation
Der direkte Zugriff auf die Bedürfnisse spielt in der Mediation dann eine Rolle, wenn die Motive entweder anders nicht aufgedeckt werden können oder die Interessen an und für sich nicht ausreichen, um die Lösung zu finden. Die Notwendigkeit, sich auf die Bedürfnisse einzulassen, wird deutlich, wenn im Orangenbeispiel im Harvard-Konzept beide Kinder Orangensaft trinken wollen. Ihr Interesse ist also gleichgerichtet. Dann findet sich die Löung nur, wenn der Mediator tiefer geht und Bedürfnisse findet, wo sich der Konflikt lösen lässt. Also etwa auf der Ebene von sozialen Bedürfnissen, wenn die Geschwisterbeziehung eine Rolle für den Konflikt spielt und die Kinder daran hindert, die Orange zu teilen. Wie sich Bedürfnisse und Motive (Interessen) in der Mediation wiederfinden lassen, erläutert das Lösungspentagramm.
Das Lösungspentragramm soll dazu beitragen, das Verhältnis von den Bedürfnissen zu den Motiven, Wünschen, Lösungen und zum Nutzen besser zu erkennen. Es geht davon aus, dass das Bedürfnis im Konflikt aus einem Mangel ensteht, der sich in einem Motiv auslebt und in einem Interesse zum Ausdruck kommt. Das Interesse wird als Wunsch oder als Forderung formuliert, wo es dem Claiming der Konflikttheorie entspricht. Der Wunsch oder die Forderung sind auf die Herbeiführung einer Lösung gerichtet. Das Motiv hingegen sucht nach der Befriedigung, die im Nutzen zu finden ist,. Wenn der Nutzen den bedürfnisauslösenden Mangel ausgleicht, wird der Konfliktmotivation die Grundlage entzogen.
Die Konfliktmotivation im Lösungspentagramm
Was tun wenn ...
- Der Mediator arbeitet nicht die Bedürfnisse der Parteien heraus
- Der Mediator unterscheidet nicht zwischen Interesse und Lösung
- Der Mediator übersieht, dass das Interesse am Bedürfnis vorbeigeht
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Ratgeber
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Aliase: Bedürfnisse
Siehe auch: Verstehen, Motive, Interessen, Konfliktmotiv
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