Die innerbetriebliche Mediation
Wissensmanagement » Sie befinden sich auf einer Unterseite zum Thema Wirtschaft des Titels Anwendungsfelder im Abschnitt Mediationen des Mediationshandbuchs. Die innerbetriebliche Mediation fällt unter die Wirtschaftsmedietion. Bitte beachten Sie die Abgrenzungen:
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Ein Betrieb ist eine örtliche, technische und organisatorische Einheit zum Zwecke der Erstellung von Gütern und Dienstleistungen. Wie der Name sagt, betrifft die innerbetriebliche Mediation alle Fälle, die innerhalb eines Unternehmens aufkommen. Der Begriff kann untechnisch und werit gefasst werden, sodass dieses Format grundsätzlich auch für Behörden, Schulen, Kliniken, Orchestern usw. zur Anwendung kommt. In manchen Bereichen sind jedoch strukturelle und systemische HIntergründe zu beachten, die im Wioki gesondert herauisgestellt werden. Die häufigsten Konflikte in diesem Bereich sind sogenannte Arbeitsplatzkonflikte, weshalb diese Variante der Mediation auch als Arbeitsplatzmediation oder Workplacemediation bezeichnet wird. Mobbing ist die bekannteste Erscheinungsform, aber nicht die einzige. Auch arbeits- und personalrechtliche Streitigkeiten fallen in diese Kategorie, bis hin zu Kollektivstreitigkeiten, wo es um Sozialpläne und Massenkündigungen gehen kann oder um die Umstrukturierung eines Unternehmens. Um den Besonderheiten der einzelnen Fallkonstallationen auf den Grund gehen zu können, ist eine Unterscheidung nach den Bearbeitungsschwerpunkten angebracht:
Bezeichnung | Schwerpunkt |
---|---|
Arbeitsplatzmediation | innerbetriebliche Konflikte, die Auswirkungen auf die Zusammenarbeit und das Betriebsklima heben |
Mediation bei Mobbing | Der Fokus liegt auf dem Verhalten einzelner Mitarbeiter |
Unternehmensmediation | Konflikte, die bei Veränderungen im Unternehmen aufkommen |
Mediation im Arbeitsrecht | Im Mittelpunkt steht die Verletzung von arbeitsrechtlichen Verpflichtungen |
Es hat einen guten Grund, warum die oben aufgeführten Fallkonstallationen als ein Unterfall der innerbetrieblichen Mediation gesehen werden. Die Ausprägung der Konflikte zu tun. Sie kommen als Auslöser oder als Folge der Streitigkeiten in Betracht. Es macht also Sinn, sich in allen Fällen mit dem Phänomen der innerbetrieblichen Konflikte auseinanderzusetzen.
Symptomatik für innerbetriebliche Konflikte
Der Begriff Arbeitsplatzmediation erscheint einschränkend, weil Konflikte am individuellen Arbeitsplatz oder zwischen Mitarbeitern auch die Folge von grundlegenden innerbetrieblichen Problemlagen sein können, die auf viel weitreichendere Konflikte hindeuten. Das Vorhandensein von innerbetrieblichen Konflikten ist an folgenden Symptomen zu erkennen1
- Abnahme von Vertrauen
- Verschlechterung der Kommunikation wie Generalisierungen und Vorwürfe
- Es wird offen gestritten oder immer weniger miteinander gesprochen
- Abwertungen und Kränkungen
- Schuldzuweisungen und Rechtfertigungen
- Cliquen- und Lagerbildung
- Negative Annahmen über die Motive der anderen Person
- Selektive Wahrnehmung wie „Schwarz-Weiß-Denken“ oder „Schubladen-Denken“
- Aggressives Verhalten wie Drohungen und Ultimaten
- Unkonzentriertes Arbeiten, Ablenkungen, erhöhte Fehlerquote
- Krankenstand, Kündigungen, Mitarbeiterfluktuation
- Druckkündigungen
Konfliktanalyse
Der erste Schritt bei der Bearbeitung von innerbetrieblichen Konflikten muss stets die möglichst präzise Analyse der Konfliktlandschaft sein. Die Konfliktanalyse erfasst, wer mit wem welchen Konflikt hat. Weil der Konflikt innerhalb eines Unternehmens vorkommt, sind systemische und strukturelle Konfliktursachen zu beachten. Die Lehre der Konfliktdimensionen gibt dafür einen für die Mediation besonders gut geeigneten Zugang.
Wie eine Konfliktanalyse anzufertigen ist
Die Konflikte werden nach folgenden Konfliktdimensionen unterschieden:
- Systemische Konflikte
- Zunächst sind immer systemische Konflikte in Betracht zu ziehen. Im Unternehmen ergeben sie sich aus einer Diskrepanz hinsichtlich der Erscheinung des Unternehmens, seiner Identität und den Unternehmenswerten. Wenn es zu Abweichungen zwischen der verlautbarten und der gelebten Identität kommt, ergeben sich Spannungen, die durchaus einen Konflikt auslösen oder befeuern können. Es kommt also darauf an, ob die Mitarbeiter die Ziele und Werte kennen und inwieweit sie sich mit ihnen identifizieren können.
- Strukturelle Konflikte
- Strukturelle Konflikte beschreiben die Diskrepanz zwischen der formellen Struktur, die sich aus einem Organigramm, sowie den Stellen- und Arbeitsprofilen ablesen lässt, und der gelebten Struktur. Oft gibt es Abweichungen zwischen den beschriebenen und den gelebten Positionen, Rollen und Funktionen. Die Abweichungen beschreiben ein Spannungsverhältnis. Bei Überschneidungen oder Irritationen sind sie eine Konfliktursache.
- Wertekonflikte
- Wertekomnflikte können die Identifikationsmöglichkeit des Mitarbeiters mit dem Unternehmen betreffen. Sie stehen meist mit den systemischen Komnflikten im Zusammenhang.
- Beziehungskonflikte
- Beziehungskonflikte konzentrieren sich auf den Umgang einzelner Mitarbeiter miteinander. Mitunter sind sie ein Symptom für nicht erkennbar gewordene systemische oder strukturelle Konflikte.
- Sachkonflikte
- Sachkonflikte beschreiben Problemstellungen, die einer rationalen Lösung zugänglich sind. Kommt es zu einem emotionalen Engagement, ergeben sich Anhaltspunkte für Beziehungskonflikte, die einer rationalen Lösung oft im Wege stehen.
Während die systemischen Konflikte und die strukturellen Konflikte das individuelle Umfeld betreffen, beziehen sich die Werte-, Beziehungs- und Sachkonflikte eher auf das Individuum. Sie können davon ausgehen, dass ein systemischer Konflikt mit den Werten verknüpft ist und dass sich ein struktureller Konflikt häufig auf die Beziehung der Mitarbeiter untereinander auswirkt. Deshalb ist es naheliegend, bei einem Beziehungskonflikt von Mitarbeitern miteinander stets auch die strukturellen Rahmenbedingungen im Blick zu haben, die das Verhalten der Mitarbeiter auslösen oder prägen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Beziehungskonflikt lediglich ein Symptom für einen dahinterliegenden Konflikt im Unternehmen darstellt.
Einzelheiten zu den Konfliktdimensionen
Herausforderungen
Die innerbetriebliche Mediation erfolgt grundsätzlich wie jede andere Mediation auch. Alle Mediationsmodelle kommen zur Anwendung. Das Format ist meist eine Gruppenmediation. Wegen des Umfanges und der besonderen Rahmenbedingungen sind jedoch folgende Besonderheiten zu beachten:
- Auftragsverhältnis
- Der Auftrag wird meist vom Arbeitgeber erteilt. Nicht immer sind die Mitarbeiter daran beteiligt. Wenn der Auftraggeber entgegen §2 Abs. 1 Mediationsgesetz nicht dafür gesorgt hat, dass die (späteren) Medianden den Mediator wählen, muss der Mediator seine Wahl indirekt im Zusammenhang mit der Freiwlligkeit und den Erklärunghenb nach §3 Abs. 1 Mediationsgesetz nachholöen und darauf hinweisen, dass die Medianden mit ihm einverstanden sein müssen.
Mediationsvertrag Mediationsdurchführungsvereinbarung
- Vorbereitung
- Je nach Umfang und Aufgabenstellung erwartet die innerbetriebliche Mediation eine sorgfältige Vorbereitung. Der Mediator muss sich vorab informieren, um überhaupt eine Konfliktanalyse durchführen zu können. Er kann dies mit Einzelgesprächen oder mit einer Umfrage erledigen. Erst danach weiß er, wer wie mit wem zu reden ist, damit der Konflikt beigelegt werden kann.2
Vorbereitung Planung einer Mediation
- Parteien
- Eine Herausforderung für das Konfliktmanagement (und die Mediation) ist das Auseinanderfallen von Auftraggeber und Medianden und von Streit- und Konfliktparteien.
Wenn der Geschäftsführer eines Unternehmens den Auftrag zur Durchführung einer Mediation innerhalb einer Abteilung des Betriebs in Auftrag gibt, fallen die Vertragsparteien und die Verhandlungsparteien auseinander. Der Mediationsvertrag wird in dem Fall mit dem Unternehmen geschlossen, die Mediationsdurchführungsvereinbarung mit den Medianden oder den sonstigen Beteiligten.
- Vorgesetze
- Es ist möglich, dass die Vorgesetzten an der Mediation teilnehmen. Oft ist es sinnvoll. Wenn sie Teil des Problemssind, ist es auch erforderlich. Der Mediator muss entscheiden in welcher Rolle Vorgesetzte wie eingebunden werden. Er hat die Aufgabe, darauf zu achten, dass auf gleicher Augenhöhe verhandelt wird.3 Ob und inwieweit das möglich ist, sollte mit den Medianden abgestimmt werden. Dabei ist besonders auch die Vertraulichkeit und die Verwertbarkeit von Eindrücken und Informationen, die in der Mediation aufkommen zu besprechen und in der Vertraulichkeitsvereinbarung zu regulieren.
- Gruppendynamik
- Eine weitere Herausforderung ist der Umgang mit Gruppen, das Verhalten des Menschen in der Gruppe und das Verhalten der Gruppe selbst. Dem Mediator wird ein soziologisches Wissen abverlangt. Er muss den Einfluss der Gruppe analysieren können. Die Gruppenathmosphäre ist dafür ein wichtiges Indiz. Cliquenbildungen und Subkulturen können auf eine schlechte Gruppenathmosphäre hinweisen. Lagerbildungen sind ein Indiz für die Konflikteskalation. Der Zustand der Gruppe bedarf eines besonderen Augenmerks. Er lässt sich mit einem Soziogramm ermitteln, das allerdings für die Mediation nur bedingt einsetzbar ist.
- Betriebsrat
- Ob Geschäftsführung und Betriebsrat an der Mediatiuon zu beteiligen sind oder ob und inwieweit sie über die innerbetriebliche Mediation zu informieren sind, ist eine Frage des Einzelfalls.
- Konfliktanalyse
- Die Konfliktanalyse ist wesentlich komplexer als bei Streitigkeiten, wo die Gegner als solche auftreten. Innerbetriebliche Mediationen erwarten eine wesentlich aufwändigere Vorbereitung, wo die Konfliktanalyse mit Einzelgesprächen oder Umfragen anzufertigen ist, bevor es überhaupt zur ersten Mediationssitzung kommt. Die Konfliktanalyse sollte alle Spannungsfelder herausarbeiten und überlagernde Konflikte aufdecken.4
- Mitarbeiterkonflikte
- Die Konfliktidentifikation wird erschwert, wenn sich der Konflikt auf das Verhalten zweier (oder nur einiger) Mitarbeiter untereinander zu konzentrieren scheint. Das wäre der sichtbare Teil des Konfliktes. Die Konfliktanalyse sollte sich auch mit dem nicht sichtbaren Teil des Konfliktes auseinandersetzen und nicht nur nach den systemischen oder strukturellen Konfliktursachen suchen, sondern sich auch mit der Frage auseinandersetzen, wie das System (also das Untermehmen) oder die anderen Mitarbeiter mit dem Konflikt umgehen.
Konflikte zwischen Mitarbeitern Umgang mit Mobbingvorwürfen
- Führungskräfte
- Oft wird ein Konflikt am Fehlverhalten von Führungskräften festgemacht, Das klingt nach einer einfachen Schuldzuweisung. Das Verhalten der Führungskraft interagiert jedoch mit dem Verhalten der Mitarbeiter und gegebenenfalls auch mit dem der Vorgesetzten der Führungskraft. Hier lohnt es sich auch, den Blick nicht auf die Führungskraft zu beschränken, sondern zu sehen, wie das Miteinander zwischen Führungskraft und Mitarbeiter aufeinander abgestimmt werden kann.
- Verdeckte Konflikte
- Schwierig ist auch der Umgang mit zwar offensichtlichen aber nicht eingestandenen Konflikten. Wenn sich in der Gruppe eine feste Meinung gebildet hat, ist die Sichtveränderung um ein Vielfaches schwieriger als bei Einzelpersonen.
Spannungsfelder
Einfluss auf Konflikte haben Spannungsfelder, die nahezu jeder Entscheidung zugrunde liegen. Es geht darum, eine Balance zu finden. Spannungsfelder sind z.B.: der Gegensatz zwischen Investition und Liquidität, Einzel- und Kollektivinteressen, kurz- und langfrsitige Zielsetzungen, Kundenorientierung und Produktivität, Vertrauen und Kontrolle usw.5 .
- Fremdeinflüsse
- Die Beweggründe für ein Streitverhalten sind nicht immer nur in oder zwischen den Streitparteien zu finden. Hier spielen äußere Umstände, die auch unternehmenstypisch sein können eine wichtige Rolle.
Zu hinterfragen ist deshalb, wie ein Unternehmen Ziele kommuniziert, wie Orientierung zur Verfügung gestellt wird, wo und wie ein Mitarbeiter sein Anliegen klären kann, wie Gerechtigkeit im Unternehmen gehandhabt und hergestellt werden kann, wie sich die Hierarchie gestaltet, wie sich Karrierechancen realisieren lassen, usw.
- Unternehmenskultur
- Ein weiteres Problem kann die Unternehmenskultur darstellen. Es ist also gegebenenfalls zu untersuchen, wie das Unternehmen mit Konflikten und der Vermeidung von Konflikten umgehen kann. Die Lösung muss in die Kultur hineinpassen, wenn sie nachhaltig sein soll.
- Unternehmensinteressen
- Oft sind Firmeninteressen oder die Interessen des Unternehmens direkt oder indirekt betroffen. Sie sind in die Mediation einzubeziehen. Um persönlichen Interessen einer Führungspersönlichkeit oder anderer Unternhemensrepräsentanten von den Unternehmensinteressen unterscheiden zu können, macht es Sinn, das Unternehmen an und für sich wie eine eigenständige, virtuelle Partei in der Mediation anzusprechen.
- Hierarchie
- Innerhalb der Mediation gibt es keine Hierarchie! Wenn Vorgesetzte teilnehmen, verhandeln sie während der Mediastion auf gleicher Augenhöhe. In der Mediation gibt es keine Hierarchie!
- Vertraulichkeit
- Die Vertraulichkeit ist in besonderem Maße zu beachten. Es muss sichergestellt werden, dass keine in der Mediation geäußerte Meinung oder Fakten, die im Vertrauen auf die Offenheit geäußert wurden, zu Nachteilen führen. Die Vertraulichkeit ist besonders zu erörtern und soweit möglich vertraglich abzusichern.
Lösungsansätze
Die Bewältigung von innerbetrieblichen Konflikten verlangt den Umgang mit der gesamten Komplexität des Konfliktes. Wird sie außer acht gelassen, kann der Konflikt nur selektiv gelöst werden. Deshalb sind die Alt-Bearbeitungstiefe und die Reichweite der möglichen und gewollten Konfliktlösung mit den Medianden und dem Auftraggeber abzustimmen.
Der Vorteil der Mediation gegenüber den juristischen Ansätzen zur Konfliktlösung ist die erweiterte Komplexität und Fragestellung. Der Vorteil gegenüber dem Coaching und der Supervision ist ihre Unmittelbarkeit. Die Mediation kann sich ideal den Bedürfnissen anpassen und auch zur Konfliktvermeidung eingesetzt werden.
Bedeutung für die Mediation
Der innerbetriebliche Konfliktbereich zigt sehr deutlich die Grenzen der gerichtlichen Auseinandersetzung. Anders als dort kann die Mediation auch zur Vermeidung von Konflikten beitragen. Sie muss nicht warten, bis "das Kind in den Brunnen gefllen" ist. Je nach dem Mediationsverständnis kann die Mediation auch als Teil eines jeden unternehmerischen Entscheidungsprozesses angesehen werden6 . Die Vielzahl der Beteiligten stellt eine Herausforderung dar, auf die an anderer Stelle noch einzugehen ist.7
Was tun wenn ...
- Es wird keine Konfliktlandkarte erstellt
- Es wird keine Konfliktanalyse durchgeführt
- Der Mediator verpflichtet die Partei nicht zur Vertraulichkeit
- Vorgesetzte werden nicht auf die Mediation eingestimmt
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Interventionenfinder
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Alias: Workplace Mediation, Arbeitsplatzkonflikt, Arbeitsplatzmediation
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