Lade...
 

Hospizmediation - Mediation beim Sterben

Wissensmanagement » Diese Seite wird im Archiv hinterlegt. Weil sie eine Mediation betrifft, ergibt sich eine logische Zuordnung zur Mediationsdatenbank der Enzyklopädie in der Wiki-Abteilung Wissen und zum Abschnitt Mediation im 3. Buchabschnitt des Fachbuchs.

Mediation Fachmediationen Hospizmediation Gesundheit Eintrag Suche

Die Verbindung Mediation und Hospiz mag im ersten Moment verblüffen. Mit wem sollte der Sterbende denn schon streiten? Im zweiten Moment ergeben sich aber hinreichende Anhaltspunkte dafür, wo und wie die Mediation in diesem Bereich einzusetzen ist.

Hospiz und Hospizarbeit

Der Begriff Hospiz kommt aus dem Lateinischen. Er wird von dem Wort hospitium abgeleitet, das mit Herberge oder Gastfreundschaft zu übersetzen ist. Heute wird der Begriff für die Einrichtung der Sterbebegleitung verwendet. Die Versorgungseinrichtung wird als Hospiz bezeichnet. Es gibt stationäre und ambulante Hospize. Ziel ist eine ganzheitliche Betreuung für Menschen mit lebenslimitierenden Krankheiten oder in todesnahen Lebenslagen. Hospize konzentrieren sich darauf, die Lebensqualität der Patienten zu verbessern, Symptomkontrollen durchzuführen und emotionale, soziale sowie spirituelle Unterstützung anzubieten. Den Patienten soll ein würdevolles und schmerzfreies Leben bis zum Ende ermöglicht werden. Zur Hospizarbeit zählt aiuch die Unterstützung und Entlastung der Angehörigen.

Wodurch zeichnet sich die Hospizarbeit aus?

Die Sterbebegleitung im Hospizkontext zeichnet sich durch mehrere Schlüsselmerkmale aus. Sie sollensicherstellen, dass die Bedürfnisse der Patienten und ihrer Familien umfassend berücksichtigt werden. Schwerpunkte sind:

  1. Ganzheitlicher Ansatz: Sterbebegleitung betrachtet den Menschen als Ganzes, wobei nicht nur die physischen Symptome, sondern auch die emotionalen, psychischen, sozialen und spirituellen Bedürfnisse berücksichtigt werden. Dies bedeutet, dass sowohl medizinische als auch unterstützende Pflege sowie emotionale Unterstützung und spirituelle Begleitung angeboten werden.
  2. Schmerz- und Symptomkontrolle: Ein zentraler Aspekt der Sterbebegleitung ist die effektive Kontrolle von Schmerzen und anderen belastenden Symptomen, um den Patienten ein würdevolles und komfortables Leben bis zum Ende zu ermöglichen. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen dem medizinischen Team, dem Pflegepersonal und anderen Fachkräften.
  3. Empathie und Mitgefühl: Sterbebegleitung erfordert einfühlsame und mitfühlende Betreuung, die darauf abzielt, den Patienten in ihren letzten Lebensstunden zu unterstützen und ihnen Trost zu spenden. Dies erfordert eine wertschätzende Haltung gegenüber dem Patienten und seinen Angehörigen sowie die Fähigkeit, sich in ihre Situation einzufühlen.
  4. Kommunikation und Unterstützung: Eine offene und ehrliche Kommunikation zwischen dem Patienten, seinen Angehörigen und dem Betreuungsteam ist entscheidend für eine erfolgreiche Sterbebegleitung. Dies umfasst die Klärung von Wünschen und Bedenken des Patienten, die Ermutigung zu Gesprächen über den Tod und die Bereitstellung von emotionaler Unterstützung für die Familie.
  5. Spirituelle Begleitung: Viele Menschen am Lebensende haben spirituelle Bedürfnisse und suchen nach Bedeutung und Sinn in ihrem Leben und Sterben. Eine qualitativ hochwertige Sterbebegleitung bietet daher auch spirituelle Unterstützung und Begleitung an, die den individuellen Glauben und die spirituellen Überzeugungen des Patienten respektiert.
  6. Angehörigenunterstützung: Sterbebegleitung umfasst auch die Betreuung und Unterstützung der Familie und Angehörigen des Patienten. Dies kann Hilfe bei der Bewältigung von Emotionen, Unterstützung bei praktischen Angelegenheiten und die Bereitstellung von Informationen über den Sterbeprozess und die Trauerbewältigung umfassen.

Konflikte im Hospizbereich

Das Sterben an und für sich ist nicht immer konfliktfrei. Manche Menschen rufen den Tod herbei, andere wehren sich mit Händen und Füßen dagegen. Das Leben erfüllt ihre Wünsche nicht immer. Das bekommt auch die Hopizarbeit zu spüren. Besonders dann, wenn sie bei einer unheilbaren Krankheit zu einem Grenzgang zwischen Serbebegleitung und Sterbehilfe wird. Der Sterbekonflikt des Patienten führt beim Helfer in das ethische Dilemma zwischen Mitleidskonflikt und Hilfsmotivation.1 Weder die Ethik noch das Recht können die Frage nach dem selbstbestimmten Sterben eindeutig beantworten. Es gibt auch ene legale Grenze, die eine Unterscheidung zwischen der Sterbehilfe und der Sterbebegleitung erfordert. Anders als die Sterbehilfe, kümmern sich Palliativmedizin und Hospizbewegung darum, das Lebensende möglichst angenehm zu gestalten. Sie helfen Menschen beim Sterben, nicht zum Sterben.2

Trotz und vielleicht sogar gerade wegen der besten Absichten und des Mitgefühls der Mitarbeiter treten Konflikte in der Hospizarbeit auf. Sie können verschiedene Formen annehmen, darunter Meinungsverschiedenheiten über die Behandlung, Kommunikationsprobleme zwischen Patienten und Pflegepersonal, ethische Dilemmata bei Entscheidungen am Lebensende oder Konflikte innerhalb der Familie des Patienten. Das Spektrum erfasst auch Konflikte zwischen Patienten, zwischen Patienten und Angehörigen, Konflikte innerhalb des Betreuungsteams oder zwischen den Familienangehörigen. Auch Konflikte mit Kostenträgern kommen in Betracht. In allen Situationen kann die Mediation eine wirksame und angemessene Herangehensweise anbieten. Sie kann Konflikte nicht nur lösen, sondern auch von vorne herein vermeiden und dazu beitragen, die Qualität der Hospizpflege zu verbessern.

Anforderungen an Konflikte im Bereich der Hospizarbeit

Oft wird die Mediation als eine besondere Befähigung der Hospizarbeit gesehen, indem sie kommunikative und ethische Anforderungen befriedigt und geeignete Tools nicht zuletzt für die Wahrnehmung, die Kommunikation, sowie Empathie und Mitgefühl zur Verfügung stellt. Damit werden zwar Kompetenzen angesprochen, nicht aber das Mediationsverfahren gem. §1 Mediationsgesetz. Es gibt allerdings auch dafür einen Raum, ebenso wie für methodische und integrierte Anwendungen im erweiterten Mediationsradius.

Das Spektrum der möglichen Konflikte lässt erahnen, welche Herausforderungen bei der Arbeit mit Konflikten im Hospizbereich auftreten. Zunächst ergibt sich eine Nähe zu allen Konflikten im Bereich der Gesundheitsvorsorge. Mediationen im Betreuerteam könnten eine Gruppenmediation erfordern. Der Konflikt mit den Angehörigen bietet eine Nähe zur Familienmediation. Und je nach den Motiven der Angehörigen kommen sogar Erbschaftsfragen auf. Dann könnten Konflikte, bei denen die Kostenträger involviert sind, Parallelen zur Schadensmediation ergeben. Im Mittelpunkt steht ein Patient oder eine Patientin, die je nach Beeinträchtigung, nicht einmal mediationsfähig ist. Ein Mediator oder eine Mediatorin müsste mit all diesen Konstellationen umgehen können, wenn er oder sie eine Hospizmediation anbieten wollen.

Bedeutung für die Mediation

Wir haben die Mediation bereits als ein ideales Instrument zur Bewältigung von Dilemmata erkannt.3 Warum sollte sie nicht genutzt werden, um das ethische Dilemma des Sterbens und der Sterbebegleitung zu lösen? Was ihre Kompetenz zu leisten vermag, kollidiert jedoch mit dem Verfahren.

Schon das Wort Sterbebegleitung steht der Mediation im konventionellen Sinn im Wege, weil das Mediationsverfahren keine (Lebens-)Begleitung darstellt. Es endet stets mit einer Konfliktentscheidung. Ob der Betreuer also eine Mediation durchführen kann, die mit dem Patienten und der Hospizarbeit im Zusammenhang steht, ist eine Frage des Einzelfalls. In rechtlicher Hinsicht bestehen Bedenken wegen §3 Mediationsgesetz, weil die Betreuung im Rahmen der patientenorientierten Sterbebegleitung als Vorbefassung in derselben Sache (Angelegenheit) angesehen werden kann. Auch könnten Bedenken wegen der Neutralität bestehen. Hier müsste das Betreuungsverhältnis und die Beziehung zum Patienten zumindest nach §3 Abs. 1 Mediationsgesetz, aufgedeckt werden. Unbedenklich ist die Anwendung der Methodik der Mediation, wenn es zu Konflikten kommt, die mit der Hospizarbeit im Zusammenhang stehen.

Jenseits dieser rechtlichen Formalien wird die Mediation selbst in dem genannten Konfliktspektrum wie üblich abgewickelt.4 Natürlich bedarf die Lage des Patienten oder der Patientin eine besondere Achtsamkeit.5 Diese sollte aber Teil einer jeden Mediation sein. Es ist gut, wenn der Mediator die besondere Lage des Patienten einachätzen kann und auch über Kenntnisse der Hospizarbeit verfügt. Schwieriger für den Mediator (und für die Betreuer) dürfte es aber sein, die eigene Betroffenheit zurückzustellen, um sich im Falle eines Konfliktes nicht selbst von Emotionen und Gefühlen überwältigen zu lassen.

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Bearbeitungsstand: 2024-03-23 12:04 / Version 19.

Alias: Sterbehilfe, Sterbebegleitung
Prüfvermerk:


Based on work by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Freitag November 8, 2024 16:33:33 CET.

Durchschnittliche Lesedauer: 6 Minuten