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Schiedsgerichtsbarkeit

Die Schiedsgerichtsbarkeit ist eines von mehreren Verfahren und Optionen der ADR (außergerichtlichen Konfliktbeilegung). Strukturell entspricht sie dem Gerichtsverfahren und doch gibt es gravierende Unterschiede.




Wer entscheidet hier?
Der Schiedsrichter in der Verhandlung

Das Verfahren

Das Schiedsgerichtsverfahren ist in den §§ 1025-1066 ZPO geregelt. Der (Schieds-)Richter wird von den Parteien eingesetzt, um den Streit zu entscheiden. Das Schiedsgerichtsverfahren ist vom Schiedsamtsverfahren der Schiedspersonen zu unterscheiden. Diese Verfahren bilden eine gütliche außergerichtliche Streitschlichtung im Format einer moderierten Verhandlung, einerSchlichtung oder gar einer Mediation dar. Sie werden je nach Landesrecht in Nachbarschaftssachen oder in Privatklageverfahren vorgeschrieben und sind strikt vom Schiedsgerichtsverfahren zu unterscheiden. Um Verwechslungen zu vermeiden wird deshalb für die Schiedsgerichtsverfahren ofr der englische Ausdruck Arbitration verwendet. .

Kategorisierung

Um die Unterschiede zu erfassen, müssen wir uns wieder auf die Abgrenzung der Schiedsgerichtsbarkeit zu anderen Verfahren einlassen. Die Abgrenzung soll helfen, den typischen Charakter der Schiedsgerichtsbarkeit zu begreifen. Die Streitbeilegungsverfahren der triadischen Phase, also die, bei denen ein neutraler Dritter beteiligt ist, lassen sich in folgende Kategorien einteilen:

triadisch

Wichtig ist die Erkenntnis, dass die Rolle des neutralen Dritten Einfluss nimmt auf die Art der Kommunikation. Sie ergibt das für die Verfahren typische Kommunikationsmodell.

Kommunikation

Kommunikationsmodell Richter

Das Schiedsgerichtsverfahren unterliegt dem gleichen Kommunikationsmodell wie das Gerichtsverfahren. Die Kommunikation im Schiedsgerichtsverfahren ist grundsätzlich darauf ausgerichtet, den Richter von der Richtigkeit der eigenen Position zu überzeugen.

Kommunikationsmodelle 

Komplexität

Das Universum des Streitens kennt auch Dimensionen. Die Darstellung legt die Dimensionen offen und positioniert die Verfahren innerhalb dieses Universums.

Das Schiedsgerichtsverfahren ist rein fakten- und positionenorientiert. Im Kontinuum wäre es also oben links anzusiedeln, weil an dem Punkt die reine Positionen- und Faktenorientierung zusammentreffen. Natürlich kann das Gericht die Dimensionierung in Richtung einer Schlichtung verändern, etwa wenn Vergleichsverhandlungen geführt werden.

Wenn das Kontinuum durch die gegensätzlichen Dimensionen Fakten ./. Emotionen und Positionen ./. Interessen definiert wird, beschränkt sich die Schiedsgerichtsbarkeit auf die Dimensionen Fakten und Positionen. Das bedeutet, die Komplexität des Konfliktes wird wie beim Gerichtsverfahren reduziert.

Streitkontinuum 

Nullsummenspiel

Kuchen

Ein anderes markantes Merkmal der Schiedsgerichtsbarkeit ist seine strategische Ausrichtung. Das Verfahren bewegt sich in der binären Logik eines sogenannten Nullsummenspiels. Was die eine Seite gewinnt, verliert di andere und umgekehrt. Es gibt nur die Entscheidung entweder oder, recht oder Unrecht. Was die eine Partei verliert er verliert, gewinnt die andere. Strategisch betrachtet bewegen sich die Parteien in einer Konfrontation, die es nahe legt den Gegner zum Verlierer zu machen.

Nullsummenspiel 

Die Strategie eines Nullsummenspiels legt die Vernichtung des Gegners durch den Entscheider nahe. Die Parteien werden versuchen, einen für sie günstigen Einfluss auf den Entscheider zu nehmen. Bei der Schiedsgerichtsbarkeit beginnt dieser Versuch meist bereits beid er Auswahl des Schiedsrichters.

Verfahrensrecht

Obwohl das Schiedsgerichtsverfahren privatrechtlich eingeleitet wird, sind die Verfahrensvorschriften hoheitlich geregelt. Schiedgerichtsverbände, wie z.B. die DIS haben ergänzende und spezifizierende Schiedsordnungen eingeführt. Die wichtigsten Schiedsgerichtsordnungen sind:

  1. Schiedsgerichtsordnung der DIS
  2. Schiedsgerichtsordnung der DIS des ICC

Schiedsrichter

Anders als beim Gerichtsverfahren, wo der Richter durch eine Geschäftsverteilung unbeeinflussbar vorgegeben ist, wird der Schiedsrichter von den Parteien bestimmt. Anders als ein Richter braucht er (von Gesetzes wegen) keine besonderen Qualifikationen. Er muss nicht einmal ein Jurist sein. Weil der Schiedsspruch aber einen juristischen Inhalt hat, wählen die Parteien oft einen Verhandler (Juristen) und einen in den Fachfragen versierten Beisitzer.

Rechtsgrundlage

Obwohl das Schiedsgerichtsverfahren ein privates Verfahren ist, unterliegt es hoheitlichen Vorschriften. Das Verfahrensrecht ist in der Zivilprozessordnung geregelt. Die Vorschriften finden sich in der ZPO und zwar in den §§ 1025-1066 .

Fehler

Die Entscheidung ist unanfechtbar. Fehler, die sich auf die Wirksamkeit der Entscheidung auswirken können, betreffen lediglich die Konstitution und Einleitung des Verfahrens.

Nachfrage

Bei der DIS Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. wurden für 2015 = 140 und für 2016 = 172 Verfahrenseingänge verzeichnet. Die Streitwerte sind recht hoch. 2015 niedrigster 1.900 EUR höchster 845.000.000 EUR. In 2016 war der niedrigste 2.000 EUR und der Höchste 200.800.336 EUR

Attraktivität

Dass sich die Verantwortlichkeit der Parteien bei der Schiedsgerichtsbarkeit darauf beschränkt, sich für das Verfahren zu entscheiden, empfinden viele Parteien als einen Vorteil. Die Mediation wird von ihnen demgegenüber als in zeitlicher und mentaler Hinsicht „wahnsinnig anstrengend“ wahrgenommen. Die Möglichkeit, die Verantwortung in der Schiedsgerichtsbarkeit auf denb Schiedsrichter delegieren zu können, wird für viele Parteien als entlastend angesehen.

Als Vorteil wird auch gesehen, dass es nur eine Instanz gibt, was aus der Sicht der Parteien einen schnell vollstreckbaren Titel verspricht.

Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit, den Richter (oder das Richtergremium) zu wählen. So können Fachleute (auch wenn sie keine Richterausbildung haben) als Entscheider bestimmt werden. In Ländern mit hoher Korruption einigt man sich auf einen Schiedsrichter, der das Korruptionsrisiko ausschließt.

Besonders bei international gelagerten Fällen bekommen die Parteien einen vollstreckbaren Titel, der im Ausland oft leichter zu realisieren ist als ein Gerichtsurteil.

Risiko

Der Attraktivität stehen Risiken gegenüber.

Dass es nur eine Instanz gibt, erhöht das Risiko einer Fehlentscheidung. Die Parteien sind dem Schiedsrichter ausgeliefert und haben keine Möglichkeit, gegen eine Fehlentscheidung vorzugehen. Aus diesem Grunde stellen die Schiedsgerichtsverfahren für die Parteien ein starkes Argument dar, innerhalb des Schiedsgerichtsverfahrens einen Vergleich abzuschließen, um das Schiedsurteil zu vermeiden.

Die internationale Vollstreckbarkeit ist nicht zwingend. Dem Hörensagen nach soll ein Schiedsspruch in einem Streit zwischen Palästina und Israel nicht anerkannt sein. Hier soll die Mediation deshalb die bessere Streitbeilegung sein.1

Bedeutung für die Mediation

Das Schiedsgerichtsverfahren ist seinem Charakter nach ein streitentscheidendes Verfahren, vergleichbar mit dem Gerichtsverfahren. Es gibt flexiblere Regelungen für das Verfahren. Wie im Gerichtsverfahren können auch im Schiedsgerichtsverfahren Vergleiche vereinbart werden. Auch sind Kombinationen möglich wie z.B. die MedArb.

Hinweise und Fußnoten

Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen

Bearbeitungsstand: 2021-11-07 06:27 / Version 39.

Alias: Schiedsgerichtsbarkeit, Schiedsrichter
Siehe auch: Arbitration
Prüfvermerk: -

1 So wenigstens die Darlegung von Prof. Mironi aus Haifa in einem Gespräch mit Arthur Trossen im Jahre 2020



Based on work by anonymous contributor and Arthur Trossen . Last edited by Bernard Sfez
Page last modified on Saturday June 10, 2023 06:51:56 CEST.