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Trennung und Scheidung

Wissensmanagement » Diese Seite gehört zum Fachbuch Mediation in der Wiki-Abteilung Wissen. Sie befinden sich auf der Themenseite Scheidung, die dem Kapitel Familienmediation der Rubrik Anwendungsfelder im 3. Buchabschnitt Mediation zugeordnet wird. Beachten Sie bitte auch:

Familienmediation Scheidung Altehen Abschnitt Zyklus Einig Gewalt Kinder Rosenkrieg

Worum es geht: Trennung und Scheidung sind zwei verschiedene Paar Schuh, obwohl das eine oft mit dem anderen einhergeht. In Deutschland ist die Trennung der Eheute die Voraussetzung einer Scheidung. Juristisch betrachtet ist die Scheidung nicht mehr, als die Auflösung einer Ehe. Was danach mit den Eheleuten passiert, ist eine ganz andere Frage. Die Scheidunbg muss nicht immer ein Desaster sein. Es geht auch anders. In jedem Fall sollten die Eheleute wissen, worauf sie sich einlassen.

Einführung und Inhalt: Die Scheidung ist weitaus mehr als nur ein juristisches Verfahren. Genau betrachtet laufen bei einer Scheidung mehrere Prozese auf, die in- oder gegeneinander spielen. Der Mediator sollte helfen, die Prozesse zusammenzuführen und zu überwinden. Die Mediation bei Trennungen und Scheidungen unterfällt der Mediation in Familienangelegenheiten.

Die Auflösung der Ehe

§ 1564 BGB besagt, dass eine Ehe nur durch eine richterliche Entscheidung auf Antrag eines oder beider Ehegatten geschieden werden kann. Bei der Scheidung handelt es sich um die juristische Auflösung der Ehe. Nach § 1565 BGB kann eine Ehe nur geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Aus dieser Anforderung ergibt sich eine Verbindung zur real erlebten Trennung der Eheleute. Da die Scheidung lediglich die juristische Beendigung einer Ehe darstellt, ist es durchaus möglich, dass Eheleute zwar getrennt leben, sich aber nicht scheiden lassen. Umgekehrt können geschiedene Eheleute auch durchaus wieder eine Lebensgemeinschaft aufnehmen. In einer Mediation sollten, bei Bedarf, alle Optionen, Möglichkeiten und Konsequenzen überdacht werden können. Es ist also wichtig, dass der Mediator den Zusammenhang zwischen Trennung und Scheidung kennt.

Die Zusammenführung der Prozesse

Im Vordergrund steht zweifellos der sichtbare, juristische Prozess. Im Hintergrund laufen psychologische, soziale und wirtschaftliche Prozesse. Der juristische Prozess ist das formale Verfahren, dem sich beide Parteien (gewollt oder nicht) zu stellen haben. Die anderen Prozesse müssen individuell abgewickelt werden. Sie verlaufen informell im Hintergrund. Nur selten sind die Prozesse aufeinander abgestimmt, was wieder Auswirkungen auf das juristische Verfahren hat.

Scheidung

Wie die Grafik zeigt, haben die Prozesse einen unterschiedlichen Einsatzzeitpunkt und verzehren einen unterschiedlichen Zeitaufwand. Psychologen sagen, die Scheidung sei ein emotionaler Einschnitt, der mit dem Verlust einer nahestehenden Person durch Tod vergleichbar sei. Seine Überwindung kann 5 Jahre dauern. Der juristische Prozess dauert ca. ein halbes Jahr, wenn er nicht stellvertretend für den psychologischen auf unbestimmte Zeit ausgedehnt wird.

 Merke:
Leitsatz 4443 - Die Scheidung setzt sich aus mehreren Trennungs- und Scheidungsprozessen zusammen, die nicht immer parallel laufen. Manchmal stören sie einander und erschweren den Gesamtprozess

Ein Mediator, der alle Dimensionen des Streitkontinuums beachtet, trägt dazu bei, dass diese Prozesse aufeinander abgestimmt werden und nicht im Rosenkrieg enden. Das Helfersystem ist keinesfalls konformistisch ausgerichtet und verfolgt durchaus auch eigene Interssen, die der Konfliktbeilegung eine ganz eigene Dynamik aufzwingen. Dieser Effekt lässt sich z.B. vermeiden, wenn das Helfersystem auf ein und dasselbe Ziel ausgerichtet wird.1

Die Trennung im Hintergrund

Juristisch betrachtet, ist die Trennung der Eheleute voneinander eine Voraussetzung für die Scheidung. Die Trennung liegt vor, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht. Das ist der Fall, wenn die Eheleute von Tisch und Bett getrennt leben, sich also jeweils selbst versorgen und die Verantwortung füreinander (die gemeinsame Verantwortung) nicht mehr tragen. Die Grenzen sind duchaus fließend. Es gibt Eheleute, die sich durchaus selbst versorgen und andere die in der ehelichen Wohnung getrennt leben. Ein entscheidendes Kriterium für eine Lebensgemeinschaft dürfte deshalb der gemeinsame Lebensplan sein. Wie die Lebensgemeinschaft ausgestaltet wird, ist eine Angelegenheit der Ehegatten.

Beispiel 14245 - Es gibt Eheleute (in einer durchaus intakten Ehe), die in verschiedenen Wohnungen leben, die eigenes Einkommen erzielen, also finanziell unabhängig voneinander sind und sich im Wesentlichen selbst versorgen.


Auch wenn eine Lebensgemeinschaft aufgelöst wird, heißt das noch lange nicht, dass man zu Feinden werden muss und nicht mehr auf den anderen Ehegatten achtet. In eine Lebensgemeinschaft fließt immer ein Teil des eigenen Lebens ein, sodass die Achtung des Ehegatten auch mit der Selbstachtung einhergeht. Juristisch betrachtet besteht innerhalb einer Ehe eine Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der Lebensgemeinschaft. Diese Pflicht ergibt sich aus § 1353 BGB. Wenn beide Ehegatten der Auffassung sind, alles getan zu haben, um die Lebensgemeinschaft zu erhalten aber erkennen, dass es keinen Sinn mehr macht, die Lebensgemeinschaft fortzusetzen, ist die Trennung eine mögliche Konsequenz.

Trennung klingt immer schlimm. Das muss nicht sein. Es gibt Ehepaare, die sich im Einvernehmen und im Wohlwollen trennen. Davon profitieren auch die Kinder. Es muss also nicht immer zum Rosenkrieg kommen. Auch die Trennung hat zwei Seiten. Sie markiert ein Ende und einen Neubeginn, so wie sie für die Zerschlagung und den Neuaufbau steht. Für den Ehegatten, der die Trennung nicht will, liegt der Fokus auf der Zerschlagung. Kommt die Trennung für ihn überraschend, wertet er die Zerschlagung als einen Vertrauensbruch, der eine tiefe Verletzung verursacht. Die Verletzbarkeit ist Ausdruck von Nähe. Es braucht seine Zeit, bis der Ehegatte den Fokus auf den Neubeginn richten und sich aus der Beziehung lösen kann. Der Zeitbedarf lässt sich mit den Trennungsphasen erklären. Wegen der sich daraus ergebenden Spannungen, steht in einer Mediation deshalb oft der Beziehungskonflikt im Vordergrund. Diese Erfahrung weicht von §135 FamFG ab, der eine Mediation (oder außergerichtlichen Konfliktbeilegung) nur für die anhängigen Folgesachen vorsieht. In der Mediation ist zu beobachten, dass die Folgesachen leichter zu lösen sind, wenn eine Einigkeit über die Neugestaltung der Beziehung herbeigeführt wurde. Der Beziehungskonflikt bildet also oft den thematischen Schwerpunkt der Auseinandersetzung.

Über den Umgang mit Beziehungskonflikten 

Autonomisierung

Was alle zuvor genannten Prozesse gemeinsam haben, ist die Wiederherstellung der Autonomie. Sie ergibt den ebenso notwendigen wie neutralen Aspekt der Trennung. Man könnte den Prozess der Autonomisierung auch mit einem Empowerment vergleichen. Es ermächtigt zu unabhängigen Entscheidungen, auch zu der, die Beziehung wieder aufzunehmen.

Kampf um die Beziehung 

Der Begriff Autonomisierung kommt aus der Regelungstechnik. Er beschreibt aber genau, worum es auch bei der Trennung geht. In der Regelungstechnik bezeichnet die Autonomisierung ein Verfahren, durch das eine gegenseitige Beeinflussung (der Regelkreise) beseitigt werden soll2 . Gleiches geschieht bei der Trennung. Die Trennung ist demnach vollzogen, wenn sich die Parteien sowohl juristisch, wie auch wirtschaftlich, sozial und emotional aus der wechselseitigen Abhängigkeit gelöst haben und ihre unbeeinflussbare Individualität und Selbstbestimmung wiederhergestellt haben.

 Merke:
Leitsatz 4444 - Bei der Scheidung geht es um die Auflösung von Abhängigkeiten und die Wiedererlangung der persönlichen Autonomie und Individualität.

Die Autonomisierung wird umso schwieriger, je intensiver die Arbeitsteilung in der Beziehung ausgestaltet wurde und je mehr Abhängigkeiten entstanden sind. Während die wirtschaftliche Verwobenheit in Zahlen, die juristische in Rechtsbeziehungen und die soziale in Außenbeziehungen erkennbar wird, vollzieht sich die psychologische Verwobenheit im Verborgenen. Mit einer von Kempf3 vorgestellten, systemischen Sicht lässt sich der psychologische Prozess der Abnabelung aus der Beziehung mit einfachen Bildern visualisieren.

Beziehungsaufbau

Den Ausgangspunkt bilden die Individuen. Sie werden durch Eigenschaften repräsentiert, die man sich wie ein Legobaukasten vorstellen kann. Jeder Legobaukasten steht für ein Individuum. Jeder Legobaustein steht für eine Eigenschaft.


Individuen

Paaridentität

Bei der Vereinigung bildet sich eine Paarebene heraus. Eigenschaften der Individuen werden auf die Paarebene verlagert und in einer Arbeitsteilung optimiert. Es bildet sich eine Paaridentität heraus, die mit den Individuen geteilt wird. Eigenschaften werden auf die Beziehungsebene verlagert.

Individuen und Paarebene

Reindividualisierung

Mit der Trennung muss die Paarebene aufgelöst werden. Die auf die Paarebene abgegebene Individualität muss zurückgewonnen werden. Das Individuum muss sich wieder vervollständigen, damit es sich als eigenständig wahrnehmen kann.

Paar - Individuum

Gleichgewicht

Die Ablösung wird erschwert, wenn die in der Beziehung begründeten Abhängigkeiten zu einer gefühlten Inbalance führen. Eine Partei fühlt sich benachteiligt. Für sie ist es schwer zu ertragen, wenn die Trennung nur einseitige Vorteile einbringt.

Beispiel 11921 - Die Ehegatten hatten während der Ehe vereinbart, dass die Mutter für die Kinderzuständig sein soll, der Vater für die Einkünfte. Die Mutter verzichtet auf die Vollendung des Studiums und einer Karriere, um sich den Kindern und der Familie widmen zu können. Der Ehemann kann sich um seine Karriere kümmern. Bei einem gemeinsamen Lebenskonzept geht diese Rechnung auf, weil beide von dem Lebensplan profitieren. Kommt es zur Trennung, ist der Profit dieser Lebensplanung ungleich verteilt. Der Ehemann wird einen höheren Wohlstand haben und bessere Chancen für ein selbständiges Leben.


Die Inbalance wird als ungerecht empfunden. Die benachteiligte Partei fühlt sich verletzt, wenn die Ursache dieser Inbalance von dem anderen Ehegatten geleugnet wird. Obwohl es das Scheidungsrecht nicht vorsieht, kommt die Frage auf, wer an dem Scheitern der Ehe die Schuld trägt. In der Mediation spielen Schuldfragen grundsätzlich keine Rolle, weil sie die Vergangenheit betreffen. Relevant ist aber die aus der Schuld resultierende Frage der Verantwortung für die Gestaltung der Zukunft.4

Zukunftsvision

Mit der Trennung ändert die Beziehung der Eheleute ihre Qualität. Die Beziehung muss neu definiert werden. Wirklich enden kann sie nicht. Damit die inneren und äußeren Verarbeitungsprozesse harmonisiert werden können, bedarf es einer abgestimmten Zielausrichtung.

Bei der Festlegung der Ziele ist zwischen Trennung und Scheidung zu unterscheiden. Auch das Gesetz macht hier einen Unterschied. Juristisch bedeutet die Trennung die Aufhebung der Versorgungsgemeinschaft. Das Gesetz sieht hierfür eine Frist von mindestens einem Jahr vor, wenn beide Parteien die Scheidung einvernehmlich herbeiführen möchten. Die Trennung ist eine Art Probezeit, in der die Wiederherstellung der Versorgungsgemeinschaft noch als möglich gesehen wird. Die Scheidung bestätigt die Trennung als endgültig. Im Falle einer streitigen Scheidung kann die Trennungszeit auf drei Jahre und im Härtefall maximal auf fünf Jahre ausgedehnt werden.

Auch wenn die Frage einer Restauration der Ehe nicht mehr diskutabel ist, sollte hinterfragt werden, was die Vision der Trennung ist. Die Vision beschreibt das hinter der Trennung liegende Konzept. Es macht einen Unterschied, ob man sich aus Rache oder Wut oder in Demut und Dankbarkeit trennt. Es macht einen Unterschied, ob die Trennung ein radikales Ende, ein sanfter Übergang oder ein neues Lebenskonzept darstellt. Es macht einen Unterschied, ob man noch miteinander zu tun haben und sich aufrecht begegnen will oder nicht. Alle Fälle wirken sich auf die eine oder andere Weise auf die finanziellen Fragen aus. Der Mediator ist gut beraten, die Frage der Beziehung zu thematisieren und ein übereinstimmendes Bild zu erarbeiten, wie die neue Beziehung gesehen werden will.

Es hilft, wenn die Ehebeziehung im Einvernehmen abgeschlossen werden kann und wenn die Sicht auf die Beziehung abgestimmt ist. Dann fällt es leichter, in der Trennung einen Schritt in die Wiedererlangung der persönlichen Autonomie zu erkennen. Bei einer einvernehmlichen Trennung können sich die Eheleute bei der Autonomisierung auch gegenseitig unterstützen und die gegenseitige Achtung zurückgewinnen. Voraussetzung ist, dass beide Eheleute mit der Trennung einverstanden sind.

Wenn eine Partei die Trennung innerlich nicht akzeptieren kann, sorgen der Hass oder die gefühlte Ungerechtigkeit dafür, dass die Abhängigkeiten solange aufrechterhalten bleiben, bis ein Ausgleich möglich wird. Diese Gefühle verdrängen die Trauer, mit der die Verarbeitung des Verlustes emotional unterstützt wird und stehen der Trennung im Wege.

 Merke:
Leitsatz 4445 - In der Mediation sollten die Gefühle angesprochen und thematisiert werden, damit eine Regelung getroffen werden kann, die es erlaubt, den Lebensabschnitt zu beenden.

Zerrüttungsvermutung

Nach §1565 BGB kann eine Ehe (nur) geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Eine Ehe ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen. §1566 BGB erleichtert die Scheidung, indem unwiderlegbar vermutet wird, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben und beide Ehegatten die Scheidung beantragen oder der Antragsgegner der Scheidung zustimmt. Damit wird die sogenannte einvernehmliche Scheidung angesprochen.

Die einvernehmliche Scheidung
Das Einvernehmen bezieht sich auf den Scheidungswillen. D.h. beide Ehegatten müssen mit der Scheidung einverstanden sein. Ihre Lebensgemeinschaft muss aufgelöst sein. Die Auflösung der Lebensgemeinschaft wird nach außen sichtbar, wenn die Eheleute getrennte Wohungen beziehen. Das ist aus finanziellen Gründen oft nicht möglich. Deshalb ist auch eine Trennung innerhalb der ehelichen Wohnung möglich. Die Rechtsprechung geht davon aus, die Trennung der Eheleute ein der räumlichen Situation entsprechendes Höchstmaß der Trennung erfordert. Es ist erfreulich, dass die Rchtsprechung sich auf ein freundliches Miteinander trotz der Trennung einlassen kann. Die Entscheidung des OLG Frankfurt vom 28.3.2024 besagt jedenfalls, dass verbleibende Gemeinsamkeiten in Form gemeinsamer Mahlzeiten, der Vornahme von Erledigungen und Einkäufen für den anderen der Trennung nicht entgegenstehen, wenn sie sich als unwesentlich darstellen. Dies gilt auch für einen freundschaftlichen, anständigen und vernünftigen Umgang der Ehegatten miteinander, insbesondere, wenn gemeinsame Kinder im Haushalt leben.5
Die streitige Scheidung
Bei der streitigen Scheidung besteht keine Einigkeit über die Frage der Ehezerrütung. Das moderne Scheidungsrecht will vermeiden, dass bei der Beurteilung dieser Frage die Scheidungsgründe aufgerollt werden. Allerdings genügt auch nicht die einseitige Trennungserklärung. Es kommt darauf an, dass aus dem Verhalten und den glaubhaften Bekundungen des die Scheidung beantragenden Ehegatten zu entnehmen ist, dass er unter keinen Umständen bereit ist, zu dem anderen Ehegatten zurückzufinden und die Ehe fortzusetzen. Eine Ehe gilt daher auch dann als zerrüttet, wenn nur ein Ehegatte sich - gleich aus welchen Gründen - endgültig abgewendet hat und die Ehe nur einseitig als zerrüttet angesehen wird, weil dann eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr erwartet werden kann.6 Im übrigen wird bei einer streitigen Scheidung unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit drei Jahren getrennt leben.
Ausnahmen bei Härtefällen
Es gibt zwei Ausnahmen bei Härtefällen. Die erste Ausnahme ergibt sich aus §1565 BGB. Sie verkürzt die Trennungszeit unter einem Jahr, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde. Die andere Ausnahme verlängert die Trennungszeit. Nach §1568 BGB soll die Ehe nicht geschieden werden, obwohl sie gescheitert ist, wenn und solange die Aufrechterhaltung der Ehe im Interesse der aus der Ehe hervorgegangenen minderjährigen Kinder aus besonderen Gründen ausnahmsweise notwendig ist oder wenn und solange die Scheidung für den Antragsgegner, der sie ablehnt, auf Grund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise geboten erscheint.
Die Grenzen des Rechts
Es ist nicht die Aufgabe des Rechts, die Schuldfrage der Trennung und die Ursachen der Zerrüttung aufzuspüren. Deshalb neigt die Praxis oft dazu, diese Fragen indirekt auf die Folgesachen zu erstrecken, ohne dass sie dort angesprochen werden können. Weil das Recht keine Möglichkeit anbietet, den hintergründigen Beziehungskonflikt zu klären, kommt es zu Stellvertreterstreitigkeiten, die sich im Streitverhalten über die Folgesachen auswirken. Hier bietet die Mediation eine bessere und schonendere Herangehensweise an.

Der Regelungsbedarf bei einer Scheidung

Das Bürgerliche Gesetzbuch reguliert die Ehe und deren Zustandekommen in den §§1297 -1588. Die Scheidung der Ehe ist in den §§1564 - 1587 geregelt. Die gesetzlichen Regulierungen betreffen im Grunde alle Fragen, die im Zusammenhang mit der Scheidung aufkommen. Sie können auch als Vorlage für die Mediation verwendet werden7 . Die üblichen Themen sind:

  1. Scheitern der Ehe
  2. Unterhalt (Ehegatten)
  3. Unterhalt (Kinder)
  4. Vermögensausgleich
  5. Versorgungs- bzw. Rentenausgleich
  6. Elterliche Sorge
  7. Umgang mit dem Kind
  8. Hausrat

⇐ Das ganze Paket
Die Themenbereiche unterscheiden geldbezogene und beziehungsbezogene Themen und Themen betreffend die Beziehung der Eheleute und die der Kinder.

In einer Familienmediation werden von den Parteien nicht alle Themen eingebracht. Der Mediator sollte sich dann dafür interessieren, warum Themen ausbleiben. Wenn die Parteien in der Lage sind sich über einzelne Themen zu einigen und andere nicht, könnte das einen Ausdruck des Konfliktverhaltens sein, ebenso wie Wahl des Themas ein Ausdruck für den zu lösenden Konflikt ist.

Scheitern der Ehe

Die Parteien kommen oft erst dann zum Berater, wenn die Frage der Trennung für sie entschieden ist - zumindest scheinbar. Auch die Wahl des Beraters hat Einfluss auf den weiteren Konfliktverlauf. Oft ist das Scheitern der Beziehung gar nicht eindeutig. Das Streitpotenzial zwischen den Eheleuten ist ein Indiz dafür. Hier verwirklicht sich die Erkenntnis von Watzlawick, dass die Sachinformationen gestört ist, wenn die Beziehungsebene nicht abgestimmt ist. Mit anderen Worten: wenn die Sicht auf die Beziehung nicht übereinstimmt, gibt es einen Streit der sich auf die Sachebene auswirkt.

Natürlich braucht es zwei zur Fortsetzung einer Ehe, sodass die Ehe für gescheitert erklärt wird, wenn nur einer der Ehegatten die Trennung begehrt. Oft wird das Thema Trennung bei der Scheidung nicht mehr thematisiert, obwohl Fragen zurückgeblieben und Vorwürfe ungeklärt sind. Die Parteien vermeiden es oft sogar, diese Fragen wieder offen anzusprechen. Sie haben damit schlechte Erfahrungen gemacht. Sie wurden mit Emotionen konfrontiert, die ihnen nicht gut bekommen sind. In der Tat ist es ein schwieriges Thema, das emotional belastet ist und existenzielle Fragen aufwirft, die ganz unterschiedlich bewertet werden. Weil das Beziehungsthema nicht erledigt ist, verlagert sich die Auseinandersetzung auf vermeintliche Sachthemen wie Unterhalt und Zugewinn. Für die Konfliktbearbeitung ist es wichtig, die Themen (und damit verbunden die Kommunikationsebenen) sauber zu trennen und sich nicht auf das Hase und Igel Spiel einzulassen.

Umgang mit Beziehungskonflikten 

In den meisten Fällen steht der Beziehungskonflikt im Vordergrund. Der Konflikt speist sich nicht nur aus dem Erleben der Vergangenheit. Auch die Trennung selbst bietet ein Konfliktpotenzial. Die Trennung läuft in drei Phasen ab. Der sogenannte Scheidungszyklus unterscheidet folgende Phasen:

Scheidungszyklus

Weil die Phasen bei jedem Ehegatten zu unterschiedlichen Zeiten einsetzen, verläuft der Trennungsprozess zwischen den Eheleuten nicht immer homogen. Deshalb führt schon die Phasenverschiebung zu einem Konfliktpotenzial, das sich auf die Interaktion der Parteien auswirkt.

Scheidungsphasen 

Interessanterweise stellt sich bei der Klärung der zur Trennung führenden Fragen oft heraus, dass der Streit zwischen den Eheleuten zu einer veränderten Sicht aufeinander geführt hat, was in vielen Fällen (noch) reparabel ist. In einem Drittel der Fälle einer Trennungsmediation, die sich auf diese Fragen einlässt, kommt es deshalb (oft auch äußerst unerwartet) zu einer Restauration der Ehebeziehung8 .

Wiederherstellung der Beziehung 

Grund für die Trennung sind oft Kommunikationsprobleme zwischen den Eheleuten. Man hat sich aus den Augen verloren. Signale für unbefriedigte Bedürfnisse und Erwartungen werden übersehen oder falsch eingeschätzt. Oft spielen Gender-Probleme bei der Herbeiführung wie bei den Trennungsverhandlungen eine Rolle für Missverständnisse. Sie wirken sich auch auf die Mediation aus.

Mann und Frau Probleme 

Finanzfragen bei Trennung

Juristisch werden die finanziellen Fragen im Stadium der Trennung oft anders behandelt als im Stadium nach der Scheidung. Der Grund dafür liegt in dem Umstand begründet, dass der Gesetzgeber in der Trennungsphase die Wiederherstellung der Ehe im Sinn hat. Bei den geldbezogenen Themen zwischen Eheleuten gibt es drei Regelungsbereiche. Sie betreffen das gegenwartsbezogene laufende Einkommen, die vergangenheitsbezogene Vermögensbilanz und die zukunftsbezogene Rente. Es gibt also drei (Finanz-)Töpfe, die mit den finanziellen Regelungen ausgeglichen werden sollen:

Finanztöpfe bei Scheidung

Vermögen (Güterrecht)

Die Regelung des Güterrechts erfasst das in der Ehe erworbene Vermögen eines jeden Ehegatten. Bewertet wird sozusagen die Eheleistung. Bei der Trennung oder Scheidung ist zu fragen, ob und wie das jeweils erworbene Vermögen auszugleichen ist.

Der gesetzliche Güterstand der Ehe ist die Zugewinngemeinschaft. Genau genommen ist es eine Form der Gütertrennung. Jeder Ehegatte erwirbt Vermögen zu seinem Eigentum. Der Vermögensausgleich wird über eine Vermögensbilanz herbeigeführt. Dabei wird der ehebezogene Vermögenszuwachs für jede Partei getrennt ermittelt. Der Überschuss wird hälftig geteilt. Soweit das Grundkonzept. Im Erleben der Parteien steht die Vermögensbilanz neben der emotionalen Bilanz. Die Parteien neigen unbewusst dazu, diese Bilanzen auszugleichen, weshalb der Streit um die Finanzen oft ein Stellvertreterstreit für den Ausgleich der emotionalen Bilanz darstellt. Eine negative emotionale Bilanz zeigt sich an Äußerungen wie: "Du hast mir mein Leben kaputt gemacht!", "Es war eine verlorene Zeit!", "Was hat mir die Ehe schon gebracht?". Auch wenn sich diese Fragen auf die Vergangenheit beziehen, spielen sie in der Mediation insofern eine Rolle, als sie die Bedeutung und den Zustand der Beziehung abstimmt. Diese Fragen bereiten eine Herausforderung für die Mediation. Nicht nur weil diese Fragen sehr emotional sind, sondern auch weil sie die Trennungsmediation in die Länge ziehen. Der Zugewinnausgleich ist in §§ 1372 BGB geregelt.

Unterhalt

Der Unterhalt, also das, was monatlich als Einkommen zur Verfügung steht, betrifft den jeweiligen Wohlstand. Unterhaltsfragen stehen also für den gefühlten Lebensstandard. Die Parteien vergleichen ihre Altagsbelastungen anhand der Frage, was sich der eine Gatte leisten kann und der andere nicht. Mit den Unterhaltsforderungen möchten die Parteien (besser gesagt eine Partei) eine Kompensation herstellen. Juristisch ist der Ehegattenunterhalt für die Zeit vor der Scheidung (Trennungsunterhalt) und nach der Scheidung (nachehelicher Unterhalt) zu differenzieren. Die Unterhaltsansprüche sind in § 1361 BGB für den Trennungsunterhalt und in den §§ 1569 ff. BGB für den nachehelichen Unterhalt geregelt. Das nacheheliche Unterhaltsrecht basiert auf dem Grundsatz der Eigenverantwortung und der Bedürftigkeit. Unterhaltsansprüche ergeben sich aus § 1570 Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes, § 1571 Unterhalt wegen Alters, § 1572 Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen, § 1573 Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt. Im übrigen wird die Düsseldorfer Tabelle herangezogen. Der Kindesunterhalt wird juristisch vom Ehegattenunterhalt getrennt. Wirtschaftlich verändert er jedoch die Einkommenssituation für beide Ehegatten.

Rente (Altersversorgung)

Die Altersversorgung betrifft die Frage der Renten und Pensionen im Alter. Es hängt sehr vom Alter der Parteien ab, welchen Stellenwert diese Frage für ihre Trennungsregelung hat. Der Versorgungsausgleich ist im Versorgungsausgleichsgesetz geregelt.

Berechnungshilfen

Es gibt einiges zu rechnen bei familienrechtlichen Auseinandersetzungen. Da helfen Onlinerechner und Anleitungen, die bei den Berechnungshilfen zur Verfügung stehen. Auch wenn sie keine Beratung ersetzen, geben sie doch eine gute Orientierungshilfe.

Verzeichnis

Beachten Sie aber bitte, dass in der Mediation nicht die Zahlen, sondern die Interessen im Vordergrund stehen.

Beispiel 16250 - Es geht um eine Scheidung. Die Eheleute werden anwaltlich vertreten. Eine der zentralen Fragen ist der Zugewinn. Es gibt u.a. Immobilienvermögen, das unter der Eheleuten aufzuteilen ist. Die Ehesache ist hoch eskaliert. Die Bewertung des ersten Gutachters geriet in Streit. Es kam zum Gegengutachten und zu einem Übergutachten. Dabei sind wieder Streitpunkte und weitere offene Fragen zutage getreten. Es soll also konsequenterweise ein weiteres Gutachten eingeholt werden. Die Eheleute erkundigen sich nach einer Mediation. Der Mediator empfiehlt, das Gutachten zurückzustellen und eine Mediation durchzuführen. Er würde damit rechnen, dass wegen der Zeit, der weiteren Gutachterkosten und der damit einhergehenden Belastungen, die dieser Streit mit sich bringt, möglicherweise eine ganz andere, interessengerechtere Lösung gefunden werde, die auch zu einer anderen Bewertung der Konfliktkosten führe. Falls nicht, könne man ja immer noch das Gutachten in Auftrag geben.


Das Beispiel soll zeigen, dass es Sinn macht (und viel Geld sparen kann), wenn zunächst die Interessen und Bedürfnisse abgeglichen werden, um die Lösungskriterien zu erarbeiten und erst dann, falls noch ein Bedarf ist, mit dem Rechnen begonnen wird. Oft stellen sich in der Mediation völlig unerwartete Kompensationsmöglichkeiten her. Es wäre schlau, die zuerst auszuloten. Dabei können auch die emotionalen Fragen berücksichtigt werden, die manchmal eine ganz andere Sicht auf die Konfliktkosten ermöglichen.

Emotionale Fragen

Das in den Gerichtsverfahren anzutreffende Streitphänomen basiert oft auf dem Umstand, dass dort emotionale Themen nicht direkt angesprochen werden können. Wie die Ausführungen zum Streitkontinuum belegt haben, lässt sich das Gerichtsverfahren nur auf Sachverhalte und Rechtsfolgen ein. Die Komplexität wird reduziert. Der Mediator wird den in den Rechtsfragen zum Ausruck kommenden Regelungsbedarf mit einer weiteren, emotionalen Regelungsebene verbinden. Der Zweck dieser Herangehenesweise besteht nicht nur darin, die emotionalen Belange aufzudecken, sondern auch darin sie anzusprechen, um sie von den Sachfragen abtrennen zu können. Es ist einer der Gründe, warum Gerichtsverfahren so lange dauern, weil sich die emotionale Ausaeinandersetzung in Sachargumenten versteckt und in Verfahrensanträgen, die nicht immer nachvollziehbar und zielführend sind. Sie wollen eine Auseinandersetzung erzwingen, die in dem Verfahren nicht vorgesehen ist.

Besser ist es also, die Belange und Bedürfnisse direkt zu adressieren. Interessanterweise gibt es Entsprechungen, die neben den Finanztöpfen Emotionstöpfe aufmachen. Auch sei können miteinander "verrechnet" werden. Die nachfolgende Grafik verdeutlicht die Beüge.

emotionale Finanztöpfe bei Scheidung

Natürlich lassen sich die Entsprechungen auch im emotionalen Bereich nicht auf einfache Formeln reduzieren. Die Emotionstöpfe werden deshalb mit Fragen der Schuld, der Gerechtigkeit, der Abhängigkeit, der Selbsteinschätzung usw. angereichert. Im Zusammenspiel ergeben sie die zu berücksichtigenden Interessen, aus denen heraus ein Ausgleich zu finden ist.

Rechtsfragen bei Trennung und Scheidung

Auch das Familienrecht unterliegt dem verfassungsmäßig geschützten Recht der Privatautonomie. Die Parteien haben also die grundsätzliche Freiheit, zu vereinbaren, was sie für richtig halten. Sie sind insofern nicht an das Gesetz gebunden und auch nicht verpflichtet, etwa die finanziellen Fragen so zu regeln, wie es das Gesetz vorsieht. Das Gesetz ist also eine nachgiebige Regel, falls die Parteien sich nicht selbst und anders einigen können. Es gibt nur wenige Regeln, die nicht disponibel sind. Das sind Vereinbarungen, die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen oder sittenwidrig sind. Der Mediator sollte einige Beschränkungen kennen, die sich auf die Abschlussvereinbarung auswirken:

  1. Gem. §1614 BGB kann auf Kindesunterhalt für die Zukunft nicht verzichtet werden.
  2. Weil §§ 1361 Abs. 4 Satz 4, 1360 a Abs. 3 BGB auf diese Vorschrift verweisen, kann auch auf den Trennungsunterhalt für die Zukunft nicht verzichtet werden.
  3. Eine Vereinbarung über den Versorgungsausgleich ist nach §§ 6 - 8 VersAusglG möglich. Er unterliegt aber der Inhaltskontrolle durch das Gericht und bedarf der notariellen Beurkundung.
  4. Nach § 1585c BGB bedürfen Vereinbarungen über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung der notariellen Beurkundung.

Zu beachten ist auch, dass einige Regelungen, etwa über den Güterstand oder über den nachehelichen Unterhalt und natürlich alle Grundstücksübertragungen der notariellen Beurkundung bedürfen, um wirksam zu werden. Eine Zusammenstellung der Formvorschriften ergibt aich aus den Ausführungen zur Abschlussvereinbarung. In der Formularsammlung finden Sie auch ein Muster für eine Scheidungsfolgenregelung.

Abschlussvereinbarung Musterscheidungsfolgenvereinbarung 

Die Balance beim Interessenausgleich

Das vorwiegende Interesse sollte die Autononisierung sein. Um die ehebedingten Nachteile auszugleichen, kommen die Parteien nicht daran vorbei, die Bedeutung der finanziellen Fragen auf Beziehung, Emotionen und Chancen bezogen anzusprechen. Es geht ja auch darum, ein Kapitel abzuschließen. Die Frage lautet also: "Was brauchen Sie, um loslassen zu können?". Die Suche nach den Interessen hat in der Mediation zwei Bedeutungen. Sie realisieren sich in den Motiven. Die Motive tragen zum Einen dazu bei, die Bedeutungen zu erhellen. Zum anderen liefern sie die Kriterien für die Lösung. Der Halbteilungsgrundsatz ist die gesetzliche Vorgabe für zumindest ein tragendes Lösungskriterium.

Halbteilungsgrundsatz

Das theoretische Grundmodell für die Auzseinandersetzung im Rahmen der Scheidung ist der im deutschen Recht festgelegte Halbteilungsgrundsatz9 . Er verwirklicht sich bei der Vermögensteilung, den Unterhaltsfragen und dem Versorgungsausgleich. Wer nach der Trennung nur noch die Hälte besitzt, spürt den Verlust. Manche Eheleute gehen wie selbstverständlich davon aus, dass die gemeinsamen Errungenschaften hälftig zu teilen sind. Für andere kollidiert der Halbteilungsgrundsatz mit dem Bedürfnis, nach der Trennung die bestmögliche Ausgangssituation für das eigene Leben herzustellen, so als wäre die Hälfte das Ganze.

1/2 ≠ 1  


Das Interesse ist legitim. Der Mediator muss versuchen, das Interesse, das sicher auf beiden Seiten eine Rolle spielt, zu thematisieren, ohne die damit von der jeweiligen Gegenseite wahrgenommenen Zurückweisungen zu ignorieren. Alles spielt eine Rolle. Wenn die Konsequenzen in der Vorstellung der Parteien zu Ungerechtigkeiten führen, ist auch darüber zu reden. Einzelheiten sollen im thematischen Zusammenhang in den Kapiteln Unterhaltsstreitigkeiten und Vermögensauseinandersetzungen besprochen werden.

Unterhaltsstreitigkeiten Vermögensauseinandersetzungen

Verteilungskonzept

Von dem Halbteilungsgrundsatz kann abgewichen werden. Auch sind Naturalleistungen und Kapitalisierungen denkbar, die angerechnet und verrechnet werden können. Dadurch ergibt sich eine größere Flexibilität bei den Ausgleichsberechnungen.

Die Einteilung in drei Finanztöpfe erlaubt den Blick auf die Gesamtverteilung. Sie hilft dabei, ein Gefühl von Gerechtigkeit herzustellen. Obwohl die zu lösenden Fragen juristisch strikt voneinander getrennt werden, stellt die Finanzmathematik eine Formel zur Verfügung, mit der sich die Töpfe wieder zusammen- und verrechnen lassen.

Die sogenannte Barwertformel erlaubt es, Renten in Kapital und Kapital in Renten umzurechnen. So ist es möglich, eine interessengerechte Verteilung der Finanzen vorzunehmen. Hilfestellungen für die jeweiligen Berechnungen finden Sie in dem Beitrag Berechnungen.

Berechnungshilfen Barwertformel

Eheleute achten besonders darauf, dass es dem anderen Gatten nach der Trennung nicht besser geht als einem selbst. Wenn es beiden schlecht geht, ist das (für den gefühlt benachteiligten Gatten) besser zu ertragen, als wenn es einem Ehepartner nach der Trennung gut und dem anderen schlecht geht. Was gut und schlecht ist, wird dabei sehr unterschiedlich bewertet. Die Frage der Chancengleichheit wird oft an ungleichen Bedingungen in der Ehezeit festgemacht (Ein Ehepartner hat auf Karriere zugunsten der Kinder verzichtet, weshalb der andere Ehegatten ein besseres Einkommen erzielt). In die Bewertung fließen die Bewertung der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft ein. Die Thematik wird am Begriff der Gerechtigkeit festgemacht.

Gerechtigkeit 

Verschuldensfragen

Juristisch spielt das Verschulden am Scheitern der Ehe keine Rolle. Das Fehlverhalten eines Ehegatten wird lediglich in Einzelfällen beachtet (z.B. § 1579 BGB Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit). Für die Parteien kann das Verschulden am Scheitern der Ehe oder an trennungsbedingten Verletzungen durchaus eine Rolle spielen und zwar als Vorwurf gegen den anderen Ehegatten und als Vorwurf gegen sich selbst.

Umgang mit Schuld 

Schuld setzt ein Eingeständnis voraus und erwartet einen Schuldausgleich. Sie erwartet eine Entschuldigung und wird entweder mit Vergebung oder Vergeltung quittiert. Eine Verletzung muss heilen. Die Klärung der Schuldfrage sollte offen angesprochen werden, wenn sich dafür ein Anlass ergibt. Eine Familienanamnese kann dazu beitragen, die Gründe für das Scheitern zu rekonstruieren.

Familienanamnese 

Die Kosten der Scheidung

Kosten sind ein weiterer Geldfaktor, der bei den Berechnungen eine Rolle spielt und die wirtschaftlichen Folgen determiniert. Die Kosten hängen von verschiedenen Faktoren ab. Wenn Sie eine Rechtsberatung bei Unterhaltsfragen in Anspruch nehmen, wird der Jahreswert des Unterhaltes als Streitwert zugrunde gelegt. Mit der Größe können Sie Anwalts-, Gerichts- und Notarkosten gegenüberstellen. Testen Sie die möglichen Anwalts- und Gerichtskosten einfach anhand des Gebührenrechners, den Sie im Beitrag Berechnungen oder Verfahrenskostenberechnung finden. Dort stoßen Sie auf den Link zum Anwaltsgebührenrechner des DAV. Bei einer Trennungs- und Scheidungsabwicklung ist mit kumulierten Kosten zu rechnen. Einzuplanen sind (je nach Streitverhalten):

Streitige Scheidung


  1. Anwaltskosten der einen Partei
  2. Anwaltskosten der anderen Partei
  3. Gerichtskosten
  4. Gutachterkosten

Einvernehmliche Scheidung


  1. Mediationskosten
  2. Kosten für nur einen Scheidungsanwalt mit geringem Streitwert (ohne Folgesachen)
  3. ggfalls Notarkosten (für Folgesachen)
  4. bei Scheidung Gerichtskosten (Nur für Scheidung und Versorgungsausgleich ohne Folgesachen)

Der Kostenunterschied ergibt sich nicht aus der Kostenauflistung. Auch bei einer Mediation können zwei Anwälte eingeschaltet werden, wenn Rechtsberatungsbedarf besteht. Der Unterschied ergibt sich aus den unterschiedlichen Streitwerten und Gebührentabellen bzw. Honorarvereinbarungen und letztlich dem Streitverhalten. Besonders, wenn weitere Instanzen vermieden werden. Als Faustregel mag gelten: Je eskalativer der Streit ausgelebt wird, umso teurer wird er. Das betrifft nicht nur die Kosten des Verfahrens und die Honorare der Berater und Vertreter. In der Mediation werden beispielweise neben den reinen Verfahrenskosten auch die Konfliktkosten in den Aufwand eingerechnet. Sie fassen alle Aufwendungen zusammen, die durch die Scheidung verursacht werden und bezieht die Folgeaufwendungen und den möglichen Schaden mit ein. Letzteren relativiert die Mediation an dem zu erzielenden Nutzen.

Der Mediator sollte in der Lage sein, die Parteien zu beraten, wie Kosten eingespart werden können. Er muss ansagen können, wann ein Notar zum Beispiel erforderlich oder sinnvoll ist10 oder wann Anwaltszwang besteht oder die Beiziehung eines Anwaltes erforderlich oder sinnvoll erscheint11 . Mit dem Rechtsanwalt können beispielsweise Gebührenvereinbarungen getroffen werden. Auch kann es sein, dass eine sog. Erstberatung ausreicht. Hier sind die Gebühren für Verbraucher auf 190€ limitiert (Siehe §34 RVG). Sie müssen dem Anwalt allerdings sagen, dass nur eine Erstberatung gewünscht wird.

Der notwendige Unterscheidungsbedarf

Scheidung ist nicht gleich Scheidung. Es gibt unterschiedliche Fallkonstellationen zu denen Sie im Wiki weitere Hinweise finden:

  1. Schon das Recht unterscheidet zwischen der einvernehmlichen und der streitigen Scheidung. Siehe einvernehmliche Scheidung
  2. Es macht auch einen Unterschied, ob die Ehe kinderlos geblieben war oder ob die Kinder bereits erwachsen und unabhängig sind. Siehe Kindschaftssachen
  3. Auch die Dauer der Ehe wirkt sich auf die Scheidung aus. Siehe Altehen
  4. Letztlich kann auch die häusliche Gewalt prägend für die Vorgehensweise bei der Scheidung sein. Siehe Gewalt in der Familie

Bedeutung für die Mediation

Bitte beachten Sie den Unterschied zwischen einer Trennungs- und einer Scheidungsvereinbarung. Das Gesetz sieht eine Trennungszeit von einem Jahr vor (bei einvernehmlicher Scheidung). Es ist als eine Probezeit gedacht, was die Parteien in einer Trennungsvereinbarung beispielsweise ohne Weiteres in einer Präambel würdigen könnten12 .
Die Regulierung der Finanzfragen ist oft ein Repräsentant für emotionale Belange und ungeklärte Beziehungsfragen. Deshalb macht die Unterscheidung der Konfliktdimensionen auch hier einen Sinn. Sie legt die ungeklärten Beziehungsfragen offen und erlaubt eine tiefergehende Konfliktlösung. Der Mediator mag darauf achten, dass der Beziehungskonflikt als separates Thema ausgewiesen wird, während die Sachkonflikte daneben als Sachthemen aufgelistet werden.

Der Beziehungskonflikt erwartet eine Klärung der Beziehung und am besten eine abgestimmte Vision für die Zukunft. In der Abschlussvereinbarung sollten deshalb der Zustand der Beziehung geklärt und die Ausrichtung der Beziehung festgeschrieben werden.

Eine besondere Herausforderung ist die Nähe und der Einfluss des Rechts. Besonders Anwaltsmediatoren laufen Gerfahr, den Parteien den Unterhalt oder Zugewinnausgleich vorzurechnen. Besser wäre es, sie würden zunächst die Kriterien mit den Parteien erarbeiten, wie der Unterhalt zu regeln ist, BEVOR sie das Recht beanspruchen. Sobald die Parteien die rechtliche Regelung verstanden haben, passen sie ihren Vortrag den Regeln des Rechts an und benutzen dies, um Vorteile zu erwirken. Die rechtliche Berechnung sollte dem WATNA-BATNA vorbehalten bleiben und mit den eigenen Konzepten verglichen werden.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Bearbeitungsstand: 2024-04-16 08:17 / Version 154.

Alias: Trennungskonflikt, Autonomisierung
Prüfvermerk: -

1 Das Phänomen wird z.B. plastisch dargestellt in der Diskussion Verhalten des Beraters bei Familienstreitigkeiten
3 Das Beispiel stammt von Dipl. Psych und Mediator Eberhard Kempf
4 Siehe dazu im Detail Schuld und Beziehungskonflikt
5 Siehe Beschluss des OLG Frankfurt 1 UF 160/23 vom 28.3.2024 Die familienfreundliche Rechtsprechung
6 Siehe dazu Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 10.03.2011 - 9 UF 90/10, https://openjur.de/u/284160.html
8 Siehe die Märchenmediation
10 Siehe "Formerfordernisse" im Beitrag Verbindlichkeit


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