Presse, Journalismus und soziale Medien
Wissensmanagement » Sie befinden sich in der in der Wiki-Abteilung Wissen. Die Seite gehört zum Fachbuch Mediation. Sie wird dem 12. Buchabschnitt Staat und Gesellschaft zugeordet. Das übergeordnete Kapitel ist die Öffentlichkeit.
Öffentlichkeit Presse Politik Marketing Implementierung Großmediation Open Eyes Alltag
Worum es geht: Bei der Öffentlichkeitsarbeit steht die Presse im Vordergund. Aber auch die sozialen Medien bieten eine Plattform, um einen Eindruck von der Mediation, ihrem Stand in öffentlichen Leben und ihren Protagonisten zu vermitteln. Stets ist darauf zu achten, dass die Mediation auch insoweit zur Geltung kommt. Und schon zieht das Thema Kreise.
Einführung und Inhalt: Das Thema betrifft nicht nur die Mediatorinnen und Mediatoren, die die Presse und die Mediain nutzen (müssen), um auf sich aufmerksam zu machen. Es betrifft auch die Journalisten, die für die Verbreitung von Informationen verantwortlich sind und nicht zuletzt die Bevölkerung, die sie konsumieren oder konsumieren soll. Ist es überhaupt möglich, die Mediation in der Presse und der Öffentlichkeitsarbeit zu verwirklichen?
Die unterschiedlichen Sichtweisen
Das Leben ist öffentlich wie nie. Die Selbstdarstellung in den sozialen Medien nimmt exhibitionistische Züge an. Es zeigt sich eine gewisse Hemmungslosigkeit, die einerseits im Fingerpointing und im Shitsorm endet und andererseits in der toxic Positivity, wo sich die Selbstdarstellung nach außen immer mehr von der eigenen Persönlichkeit entfremdet. Information ist Macht und wer die Deutungshoheit inne hat, bedient sich ihrer, um Wahrheiten zu schaffen. Im öffentlichen Bereich ist die Werbung oder die Propaganda das Mittel der Wahl, wenn es nicht gelingt, auch noch die Berichterstattung für diesen Zweck zu missbrauchen. Um der Frage auf den Grund zu gehen, wie sich die Mediation mit der Öffentlichkeitsarbeit verträgt und wie sie in der Öffentlichkeitsarbeit zur Geltung kommen kann, sollen folgende Berührungspunkte herausgestellt werden:
- Mediation in der Presse: Öffentlichkeitsarbeit zum Zweck der Werbung und des Bekanntwerdens sowie zur Verbreitung der Mediation
- Mediation mit der Presse: Öffentlkichkeitsarbeit als Hilfsmittel der Mediation
- Pressearbeit mit Hilfe der Mediation: Verwirklichung der Mediation in der Öffentlichkeitsarbeit und der Berichterstattung.
Den Ausgangspunkt der Darlegungen soll eine Klarstellung sein, von welchem Mediationsverständnis überhaupt auszugehen ist.
Das zugrunde liegende Mediationsverständnis
Die Mediation ist ein vertrauliches Verfahren. Der Mediator unterliegt einer Verschwiegenheitspflicht, die es ihm nicht nur untersagt, die Mediation, sondern erst recht auch seine Medianden öffentlich zu benennen. Die Mediation ist ein reflektives Verfahren. Der Mediator steht nicht im Vordergrund. Die Karikatur von Heinisch verdeutlicht sine Rolle.
Der Mediator ist weder ein Held, noch ein besserer Mensch. Die Mediation ist ein kooperatives Verfahren, wenn es nicht gelingt, die Parteien in die Kooperation zu führen, wird die Mediation scheitern. Die Mediation ist die Suche nach einer Lösung. Sie ist weit von der Durchsetzung vorgegebener Lösungen entfernt. Sie ist eher still als laut. Sie erwartet, dass die Parteien gewertschätzt werden. Es gibt keine Sieger und keine besseren Verhandler. Es gibt nur einen am Nutzen orientierten Gewinn. Die Mediation befördert die Auseinandersetzung, nicht den Streit. Die Mediatoren halten sich mit Bewertungen zurück. Sie überlassen die Bewertungen den Parteien und nicht etwa der Öffentlichkeit. Es gibt leider verschiedene Vorstellungen darüber, was Mediation ist. Unstreitig dürfte die Aufgabe des Mediators darin gesehen werden, Gespräche so zu strukturieren und zu moderieren, dass die die Konfliktbeteiligten in die Lage versetzt werden ihre jeweiligen Interessen und Bedürfnisse besser zu verstehen und am Ende den Konflikt selber zu lösen.1 Unter handwerklichen Gesichtspunkten zählt zu dieser Gestaltungskompetenz auch das Wissen, wie sich welche lösungsführenden Erkenntnisse generieren lassen.
Mediation in der Presse
Die Mediation braucht Öffentlichkeit, um sichtbar zu werden, ebenso wie der oder die Mediatorin. Klingt wie ein Widerspruch in einem vertraulichen Verfahren. Deshalb ist herauszustellen, dass nicht das (konkrete) Mediationsverfahren, sondern die Mediation schlechthin als eine Herangehensweise der kooperativen Streitbeilegung Öffentlichkeit braucht, um sichtbar zu werden. Viele Menschen wissen gar nicht, dass es diese Option zur Konfliktbeilegung gibt, wozu sie in der Lage ist und was sie bewirken kann. Es gibt viele Anstrengungen, die Mediation sichtbar werden zu lassen. Die Presse hat das Thema in vielen Beiträgen, Filmen und Berichten angenommen. Nicht immer fachlich korrekt, aber schon so, dass zumindest der Begriff bekannt wird. Heinrichs stellt in ihrem Artikel Parallelen ziwschen der Rolle des Mediators und der des Journalisten heraus. Sie betont die Allparteilichkeit und das Verstehen als ein Werkzeug zur korrekten Informationserfassung. Es faäält schwer zu glauben, dass dies genügt, um die Mediation nach vorne zu bringen. Deshalb kommt bei der Öffentlichkeitsarbeit schnell die Werbung ins Spiel. Es geht ja auch nicht lediglich um die Information der Öffentlichkeit, sondern darum, ihr etwas nahezubringen. Das wiederum klingt wie eine Gratwanderung. Wer marktschreiersch für sich oder die Mediation wirbt, läuft Gefahr, zumindest bei Konsumenten, die sich mit der Mediation auskennen, als das Gegenteil dessen wahrgenommen zu werden, was er nach vorne stellen will. Natürlich ist die Werbung eine naheliegende Herangehensweise. Weil es durchaus herausfordernd für einen Mediator ist, Werbung zu betreiben, befasst sich der Beitrag Marketing ausführlich mit der Frage. Entscheidend ist eine auf die Mediation abgestimmte Public Relation (Öffentlichkeitsarbeit) verbunden mit einer inbound-Marketingstrategie, mit der eine Zielgruppe regelmäßig mit eher qualitätsbezogenen Informationen versorgt wird. Der Thinktank bietet dafür eine ideale Plattform und die erforderliche Unterstützung. Was die Mediation braucht, ist keine Werbung, sondern Aufklärung. Wenn die Mediation verstanden wird, wirbt sie für sich selbst. Lesen Sie mehr über die damit verbundenen Schwierigkeiten im Beitrag Implementierung.
Mediation mit der Presse
Es kann auch vorkommen, dass die Presse für die Arbeit am Fall heranzuziehen ist. Das ist besonders bei Mediationen im öffentlichen Bereich der Fall. Wie sonst soll die Öffentlichkeit auf das konkrete Verfahren aufmerksam werden, um sich gegebenenfalls daran zu beteiligen. Die Presse wird jetzt ein zu definierender Teil des Verfahrens. Natürlich hat die Presse und in gewisser Weise auch die Öffentlichkeit ein eigenes Interesse an der Berichterstattung wenn es beispielsweise um einen kommunalen Streit geht. Es ist zu beobachten, dass es besonders dann, wenn die Mediation erfolglos verläuft, zu Berichten über die Gründe des Scheiterns berichtet werden. Die Presse wird auch von den aufgebrachten Parteien gerne zum Nachtreten benutzt. Wir bewegen uns in einem politischen Bereich, wo jeder Politiker die Presse nutzt, um sich nach vorne zu stellen. Leider scheint das nur zu gelingen, wenn andere schlecht gemacht werden. Für den oder die Mediatoren kommt es jetzt darauf an, mit der Presse zusammenzuarbeiten. Wie in dem Artikel [/article1198||Der Deal mit der Presse] dargelegt, sollte die Presse genau darüber informiert werden, was die Voraussetzungen sind, damit die Mediation gelingt und welche Rolle der Presse dabei zukommt. Es ist in jedem Fall gut, wenn der Mediator eine Kontrolle über die Veröffentlichungen behält und sich mit der Presse abstimmt, wie eine zur Eskalation und zur Polarisierung führende Berichterstattung zu vermeiden ist. Nähere Ausführungen dazu finden Sie im Beitrag Großmediation.
Presse mit der Mediation
Die Presse hat eine Verantwortung und die Entscheidung zu treffen, ob sie die Idee der Mediation unterstützt oder nicht. Es könnte schwierig sein, die Nachrichten in der Sprache und im Denken der Mediation zu verfassen. Sie ist so unspektakulär wie eine gefilmte Mediation. Alle sind voll informiert und niemand streitet mehr. Niemand greift den anderen an. Auch Beleidigungen verlieren ihre Wirkung.2 Nachrichten lassen sich besser verkaufen, wenn sie sensationell sind. Propaganda ist leichtgängiger als Information. Sie braucht keinen Faktencheck. Nachrichten, die auf Feindbildern aufbauen, werden besser verstanden. Erst recht, wenn sie wiedergeben, was die Zielgruppe hören will. Sie müssen nur den Informationsfilter ihrer Leserschaft durchdringen, die Informationsblase ihrer Zielgruppe befeuern und sich in der Vorstellungswelt ihrer Leser oder Zuschauer bewegen, um attraktiv zu sein.3 Gewalt verkauft sich gut. Auch Meinungen lassen sich besser verkaufen als Fakten, zumal wenn belastbare Fakten rar sind.
- Was würde passieren, wenn die Presse die Sprache der Mediation verwendet?
- Ein Framing würde nicht nur vermieden, sondern aufgedeckt. Bedeutungen würden nicht benutzt, sondern hinterfragt, Meinungen würden als solche kenntlich gemacht und nicht wie Fakten behandelt. Es findet stets ein Faktencheck statt, (Vor-)verurteilungen unterbleiben. Lösungen werden ausgeblendet. Informationen werden nicht weggelassen und wenn, wird die Informtionslücke aufgedeckt. Polarisierungen werden vermieden. Statt Feindbildern würde das Gemeinsame nach vorne gestellt und der Nutzen hinterfragt. Alle Informationen werden stets relativiert und in den (richtigen) Kontext gestellt.4
- Wer würde so etwas lesen wollen?
- Um einen Eindruck zu bekommen, wie eine solche Berichterstattung wirkt, wurde das Projekt Open your Eyes eingerichtet. Die Mediation stellt Fragen. Sie weckt Zweifel und befreit das Denken. Das betrifft zumindest die Mediation, die sich an der kognitiven Mediationstheorie orientiert. Andererseits geht das Interesse an Nachrichten zurück. Demnach haben in Deutschland nur noch die Hälfte aller befragten Erwachsenen "großes Interesse" an Nachrichten. Deutlich gestiegen ist die Zahl der Menschen, die sogar versuchen, Nachrichten gar nicht erst mitzubekommen: Jeder zehnte vermeidet es "oft", Nachrichten zu konsumieren, zwei Drittel versuchen "öfter", den Nachrichten aus dem Weg zu gehen. Vor allem negativ behafteten Themen - allen voran solchen über den Krieg in der Ukraine werden gemieden. Sie ziehen die Menschen nach unten und bereiten nicht nur schlechte Gefühle, sondern lösen auch Angstzustände aus.5 Die Mediation kann helfen.
- Die Schnittstelle vom Journalismus zur Mediation
- Henrichs hat die Schnittstelle vom Journalismus zur Mediation herausgestellt. Sie führt in dem Beitrag Was Journalismus von der Mediation lernen kann eindrucksvoll die Parallellen der Haltung des Mediators und der Journalisten auf, was die Verwendung von mediativen Techniken nahelegt.6 Das bezieht sich auf Interviwes und die Informationsbeschaffung. Spannender und umfassender ist die Frage, die Magoley in dem zitierten Artikel aufwirft. Sie stellt die Informationsweitergabe in den Mittelpunkt. Die Frage lautet:
- Wie berichtet man anders?
- Mogeley zitiert den WDR Newsroomchef Brandenburg, der anmerkte, dass Journalisten dabei helfen sollten, Menschen aus der Ohnmachtserfahrung herauszuführen, die viele in diesen Krisen gemacht haben. Man müsse eine Anleitung geben, wie Menschen mit dem Gefühl des Ausgeliefertseins, Verstehen müssens, aber nicht handeln könnens umgehen. Er führt weiter aus, dass Journalismus neu gedacht werden müsse. Er dürfe nicht zu Schönfärberei führen. Er sollte berichten, was ist, aber auch die Frage stellen. Auch dürften die Redaktionen nicht bestimmen wollen, was Menschen wissen sollten, sondern erstmal hinschauen, welche Bedürfnisse Menschen haben. Das könne zu einem Journalismus mit mehr Glaubwürdigkeit führen.7 Mit diesem Ansatz rückt der Journalismus ganz nah an die Mediation heran. Es sind genau die Fragen, mit denen die Mediation die Parteien in einem Konflikt unterstützt.
- Die Welt befindet sich im Umbruch
- Es gibt niemanden, der weiß, was die Zukunft bringt. Es gibt aber jede Menge Spekulationen und wilde Behauptungen. Die Ungewissheit muss aber keine Angst machen. Was nicht klar ist, schafft Möglichkeiten. Es kommt darauf an, die Potenziale zu erkennen. Sie beziehen den Einzelnen mit ein. Die Mediation stärkt die Resilienz. Das geht aber nicht mit einer einzelnen Ansage. Es ist ein Prozess, der sich aus vielen Schritten zusammensetzt. Im Fall der Pressearbeit sind nicht nur die Journalisten Teil dieses Prozesses, sondern auch die Bevölkerung. Es ist ein gesellschaftliches Phänomen. Damit kommt die Frage auf, ob nicht auch die Bevölkerung von der Mediation lernen muss, damit sie mit mediativen Nachrichten umgehen kann. Mehr noch kommt die Frage auf, wie Journalisten diesen bevölkerungsweiten Lernprozess anregen und unterstützen können. Journalisten könnten zumindest dazu beitragen, den Diskurs zu fördern und die richtigen Fragen aufzuwerfen. In der auf der kognitiven Mediationstheorie basierenden Mediation orientieren sie sich am Nutzen, nicht an Lösungen.
Bedeutung für die Mediation
Faucault lenkte den Blick über das was wahr ist auf die Frage, wie wir mit der Wahrheit umgehen. Diese Frage sollte gesellschaftsweit nicht nur thematisiert, sondern offenbart werden. Auch wie wie mit Gefühlen umgehen, statt sie auszunutzen wäre ein Thema, mit dem sich der Journalismus, die Politik und die Gesellschaft auseinandersetzen muss. Sowohl Politiker wie Journalisten haben dafür eine Vorbildfunktion. Die Mediation verbreitet sich am besten, wenn sie in den Alltag integriert und gelebt wird. Dazu bedarf es nicht zwingend eines formalen Verfahrens. Entscheidend ist, wie sich ihr Denken im Handeln verwirklicht.
Bitte beachten Sie die Zitier - und LizenzbestimmungenAliase: Journalismus
Siehe auch: Der Deal mit der Presse
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