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Der Mediationsgegenstand

Wissensmanagement » Diese Seite gehört zum Fachbuch Mediation in der Wiki-Abteilung Wissen. Sie befinden sich auf der Themenseite Mediationsgegenstand des Kapitels Rahmen im 4. Buchabschnitt, der sich näher mit dem Prozess der Mediation auseinandersetzt.

Rahmen Prozesslogik Struktur Gegenstand Sache Kooperation Zeit Verfahren Einheiten

Worum es geht: In diesem Beitrag geht es um die Frage, worum es genau geht in der Mediation? Geht es darum, ein Problem zu lösen, oder ein Dilemma, einen Konflikt, einen Streit oder gar um eine Sache?


Einführung und Inhalt: Kurz gesagt ist der Gegenstand der Mediation das Thema worüber zu sprechen ist, um das Problem, das Dilemma oder den Konflikt beizulegen. Wie unterscheiden sich diese Gegenstände und wo kommen sie in der Mediation vor?

Der Streitgegenstand

In einem zivilgerichtlichen Verfahren wäre statt vom Mediationsgegenstand vom Streitgegenstand die Rede. Obwohl der Streitgegenstand im Gesetz nicht explizit geregelt wurde, spielt er in der Gerichtsbarkeit eine außerordentlich wichtige Rolle. Denn er entscheidet unter anderem über die Aussschließlichkeit der Entscheidung und deren Rechtskraftswirkung. Die juristische Relevanz betrifft Fragen der Rechtshängigkeit gem. § 261 ZPO, der Klagenhäufung gem. § 260 ZPO und der Rechtskrafterstreckung gem. § 322 ZPO. Der Streitgegenstand hat laut Möllinger folgende Auswirkungen:1

  1. Der Streitgegenstand bestimmt sich (einseitig) aus dem Klageantrags und dem Lebenssachverhalt.
  2. Der Streitgegenstand definiert den Rechtsweg
  3. Der Streitgegenstand bestimmt die Zuständigkeit des Gerichts
  4. Klagehäufungen sind nach § 260 ZPO möglich, wenn das gleiche Gericht zuständig ist.
  5. Die Änderung des Streitgegenstandes führt zu einer Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO.
  6. Der Umfang der Rechtshängigkeit richtet sich nach dem Streitgegenstand.
  7. Die Verjährungshemmung nach § 204 I Nr. 1 BGB tritt nur in dem Umfang des Streitgegenstandes ein.
  8. Ein Urteil erwächst nur in den Grenzen des Streitgegenstandes in materielle Rechtskraft.

Der Begriff des Streitgegenstandes wird oft synonym mit der Streitsache oder kurz, der Sache, verwendet. Nach der vorherrschenden Meinung ergibt sich der Streitgegenstand aus dem Klageantrag und dem zugrundeliegenden Lebenssachverhalt, also dem Klagegrund.

Von der Sache zur Sachlage

Das Mediationsgesetz kennt den Begriff Streitgegenstand nicht. Hier ist stattdessen von der Sache die Rede. Die Sache wird in §3 Mediationsgesetz gleich viermal erwähnt, um das Vor- und Nachbefassungsverbot zu regeln. Im §2 Mediationsgesetz ist zwar nicht von der Sache, aber von der Sachlage die Rede, was ebenfalls mit der Sache zu tun hat. Was will uns das Mediationsgesetz sagen, wenn es die Sache so sehr hervorhebt. Auffällig ist, dass sich die Begrifflichkeit mit der Idee des Harvard-Konzepts deckt, dass die Mediation nur als eine sachgerechte Verhandlung begreift. §2 Mediationsgesetz besagt, dass der Mediator im Falle einer Einigung darauf hinwirkt, dass die Parteien die Vereinbarung in Kenntnis der Sachlage treffen und ihren Inhalt verstehen. Was muss vermittelt werden, damit die Parteien die Sachlage verstehen, wenn der Gegenstand der Verhandlung ein Konflikt ist?

Informationen zur Sachlage umfassen alle Tatsachen, die den Charakter einer bestimmten Lage bestimmen oder dazu beitragen, den augenblicklichen Stand der Dinge korrekt einschätzen zu können.2 Mithin bezeichnet die Sachlage alle objektiven Fakten oder Umstände, die in einer bestimmten Situation vorliegen. Sie beschreibt die Gesamtheit der relevanten Gegebenheiten, die zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in einem bestimmten Zusammenhang existieren. Eine Sachlage kann somit als der „Ist-Zustand“ eines Sachverhalts verstanden werden, der analysiert oder bewertet werden soll. In Verhandlungen ist es entscheidend, die Sachlage klar zu verstehen, um auf dieser Basis Lösungen oder Kompromisse zu finden. Eine präzise Analyse der Sachlage ermöglicht es den Parteien, fundierte Entscheidungen zu treffen.

Wenn der Gegenstand der Verhandlung ein Konflikt ist, dann würde die Sachlage die konkreten Details und Hintergründe dieses Konflikts beschreiben. Das ist bei einem Sachkonflikt, also einem zu lösenden Problem, noch immer eingängig. Was aber muss geklärt werden bei deinem Beziehungskonflikt oder einem systemischen Konflikt? Wo fängt dort die Sachlage an und wo hört sie auf? Die zu klärenden Konfliktumstände sind üblicherweise die Kenntnis über die beteiligten Parteien, die Kenntnis der Anlässe und Ursachen des Konflikts und die Kenntnis des Konfliktverlaufs, die jeweils eingenommenen Positionen und Standpunkte, sowie die Konsequenzen, die der Konflikt nach sich ziehen kann. Die Mediation stellt andere Anforderungen. Hier umfasst die zu klärende Sachlage tatsächlich auch alle Tatsachen, die den Charakter einer bestimmten Lage bestimmen aber unter dem Aspekt dass es kein Problem mehr gibt oder dass das Problem überwunden ist.

Von der Angelegenheit zum Mediationsgegenstand

Phänomene wie die Rechtskraft oder die Rechtshängigkeit haben in der Mediation lediglich die Wirkung, als würde man versuchen, einen Gegenstand zweimal zu verkaufen. Davon ausgehend, dass nur die aktiv- und passivlegitimierten Parteien über den Gegenstand verfügen können, müssten Sie über den selben Gegenstand erneut verhandeln. Sie würden es merken und müssten es wollen. Wenn Sie es möchten, steht es Ihnen jederzeit frei, die Vereinbarung wieder zu ändern. Das Gleiche können Sie übrigens auch bei einem Gerichtsurteil. Sie können lediglich nicht erwarten, dass ein Gericht nochmals über die selbe Sache entscheidet oder den Fall bearbeitet, der bei einem anderen Gericht anhängig ist.

Die Sache und die Angelegenheit beschreiben grundsätzlich dasselbe. Es gibt aber diffizile Unterschiede im Gebrauch der Wörter. Während die Sache ein eher konkreter und oft objektiver Begriff zur Beschreibung eines Problems darstellt, ist die Angelegenheit ein eher abstrakter und oft persönlicher Begriff der sich häufig auf etwas bezieht, das mit persönlichen Interessen, Entscheidungen oder Verantwortungen zu tun hat. Um einer philosophisch anmuten Debatte aus dem Weg zu gehen, empfiehlt Trossen die Verwendung des Begriffs Meditationsgegenstand. Er meint so etwas wie den Streitgegenstand der Mediation, grenzt sich aber vom Streitgegenstand ab und stellt die Besonderheiten der Mediation heraus. Sie betreffen sowohl das Zustandekommen wie die Wirkungen des jeweiligen Verfahrensgegenstandes.

Die Festlegung des Mediationsgegenstandes

In einem Gerichtsverfahren wird die Streitsache durch den Streitgegenstand einseitig in der Klageschrift bestimmt. In der Mediation ist eine einseitige Festlegung gar nicht möglich. Auch geht es nicht (nur) um eine Rechtsangelegenheit. Hier werden die zu klärenden Fragen als Themen aus den Vorträgen der Parteien in der 2.Phase herausgearbeitet. Der Gegenstand der Verhandlung ist nur dann festgelegt, wenn beide Parteien sich darauf verständigen, diese Angelegenheit, das Thema bzw. die Frage zu bearbeiten. Die Themenfestlegung ist eine Mediationsabrede, die die Mediationsdurchführungsvereinbarung ergänzt. Sie ermächtigt den Mediator, das Thema zu bearbeiten und begrenzt ihn zugleich darauf. Die Abstimmung führt in eine Themenfestlegung und erfordert eine Themenpriorisierung.
Themensammlung in der 2. Phase Sachen und Angelegenheiten

Die Konflikteingrenzung

Der Gegenstand verliert sehr schnell den sachlichen Bezug, wenn der Konflikt nicht mit der Sache gleichzusetzen ist. Der Konfliktgegenstand, vergleichbar mit dem Klagegrund im Zivilverfahren, ist meist der Hintergrund einer Sache und geht über den Streitgegenstand hinaus. Breidenbach unterscheidet deshalb zwischen dem Streitentscheidungsgegenstand und dem Streitbehandlungsgegenstand, um die unterschiedliche Herangehensweise herauszustellen. Im Gegensatz zu dem Streitentscheidungsgegenstand, der dem Streitgegenstand entspricht, bezieht sich der Streitbehandlungsgegenstand auf eine möglichst vielen Aspekten gerecht werdende Konfliktbeilegung.3 Die Unterscheidung deutet an, dass der Behandlungsgegenstand der Mediation über den Streitentscheidungsgegenstand hinausgeht. In der Mediation kommen alle Gegenstände zusammen. Das ist der Grund, warum dort statt von einem Streitgegenstand besser einem Streitbehandlungsgegenstand und statt von einem Konfliktgegenstand besser von einem Mediationsgegenstand gesprochen wird. Wenn sich die Mediation mit der Beilegung eines Konfliktes befasst, entscheidet zunächst die Konfliktanalyse wie der Gegenstand zu identifizieren ist. Der beizulegende Streit und der zu behandelnde Konflikt werden über die Themensammlung konkretisiert. Die zugestandenen und zur Verhandlung gestellten Themen bilden den Gegenstand der Mediation.

Die Bedeutung der Themen in der Mediation

Damit unterscheidet sich die Mediation dramatisch von einem Gerichtsverfahren. In einem Gerichtsverfahren liegt der Streitgegenstand bereits zum Verfahrensbeginn fest. Er wird durch die Klageschrift definiert und ergibt sich aus dem Antrag und dem zugrunde liegenden Sachverhalt. Im Gegensatz dazu wird der Gegenstand der Mediation erst innerhalb des Verfahrens gemeinsam erarbeitet. Zu Beginn der Mediation ist lediglich der Anlass bekannt, nicht jedoch ihr Gegenstand. Der Gegenstand wird durch die Themen festgelegt, die gleichbedeutend sind mit den zu bearbeitenden Fragen, über die sich das Problem, das Dilemma, der Widerspruch oder der Konflikt beilegen lassen.

Problem
Ein Problem ist laut Duden eine schwierige, ungelöste Aufgabe, eine schwer zu beantwortende Frage, eine komplizierte Fragestellung oder einfach nur eine Schwierigkeit.4 Der Streit selbst kann ein Problem sein, er kann aber auch aus einem Problem resultieren. Auch der Konflikt kann zu einem Problem werden oder aus einem solchen resultieren. Der Streit wird sich mit der Lösung des Problems auflösen lassen. Für den Konflikt ist diese Verknüpfung nicht zwingend. Es ist also möglich zwar ein Problem zu lösen, ohne dass dadurch der Konflikt aufgelöst wird.
Dilemma
Ein Dilemma ist ein unlösbarer Widerspruch, der, egal wie er entschieden wird, immer nur eine schlechte Lösung produziert.
Widerspruch
Entscheidend ist ein Widerspruch, eine Position und eine Gegenposition, ein Ja und ein Nein. Nur so verwirklicht sich die Dialektik der Mediation. Das bedeutet nicht, dass der Widerspruch in Position gefestigt sein muss. Die Mediation ist hervorragend geeignet bei jeder Fragestellung, die ein Ja oder ein Nein impliziert. Auch dann, wenn die Positionen noch nicht festgelegt sind.

Beispiel 11783 - Die Parteien (Eheleute) sind sich nicht mehr sicher, ob sie die Beziehung fortsetzen wollen oder nicht. Sie schwanken zwischen dem Wunsch die Beziehung fortzusetzen, neigen aber gleichzeitig auch dazu, sie beenden zu wollen.

Beispiel 11784 - Jede Lebenskrise betrifft einen Widerspruch. Auch der innere Konflikt stellt einen Widerspruch dar. Methodisch könnte er mit der Mediation gelöst werden. Rechtlich betrachtet handelt es sich dann aber nicht um eine Mediation im Sinne des Mediationsgesetzes. Das Mediationsverfahren betrifft keine inneren Konflikte. Möglich ist aber eine eine methodische Anwendung der Mediation.

Auswirkungen

Die Festlegung des Mediationsgegenstands kann durchaus rechtliche Konseuenzen haben, weshalb sich der Mediator darüber im Klaren sein muss. Die Auswirkungen können wie folgt zusammengefasst werden:

  1. Der Mediationsgegenstand wird allseitig aus den Themen gebildet, die in der 2.Phase erhoben werden.
  2. Der Mediationsgegenstand definiert das Anwendungsfeld und die Grenzen des Verfahrens.
  3. Die Änderung des Mediationsgegenstandes kann zu einer Erweiterung der Mediation führen, wenn die gleichen Parteien betroffen sind.
  4. Die Verjährungshemmung tritt nach § 203 BGB ein, solange die Parteien über den Anspruch verhandeln.
  5. Beim Vorliegen einer Mediationsklausel könnte sich ein Klagehindernis über den Verfahrensgegenstand ergeben.
  6. Der Mediationsgegenstand bestimmt den Umfang der Vertraulichkeit.

Bedeutung für die Mediation

In der Mediation sollte die Lösung des Problems, des Dilemmas des Streites oder des Konfliktes auseinandergehalten werden. Der Mediationsgegenstand geht also über den Streitgegenstand hinaus und kann den Konfliktgegenstand mit einbeziehen. Es macht also Sinn, die Gegenstände voneinander zu unterscheiden. Ihre Abgrenzung ist Bestandteil der Themenlogik und wird im Zusammenhang mit den Themen erörtert.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten
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Bearbeitungsstand: 2024-09-11 17:52 / Version 35.

Aliase: Gegenstand, Verfahrensgegenstand
Siehe auch: Allgemein, Verzeichnis-Werkzeuge, Verzeichnis-Mediation, Verzeichnis-Konflikt, Verzeichnis-Verfahren, Herausforderung
Included: Streitgegenstand, Sachlage
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Seite zuletzt geändert am Donnerstag November 14, 2024 04:25:34 CET.

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