Sprachliche Herausforderungen bei Fremdsprachen
Wissensmanagement » Sie befinden sich auf einer Titelseite des Abschnitts International im Handbuch Mediation.
Es geht um die Auseinandersetzung mit der Sprache und ihrer Rolle in der Mediation. Beachten Sie bitte auch:
International Sprache und Mediation Fremdsprachen Sprachbarrieren
Abstract: Um es vorweg zu nehmen: Sprachunterschiede gibt es nicht nur im internationalen Kontext. Ein Rheinländer sollte zum Beispiel darauf achten, was er einem Schwaben sagt. Er könnte missverstanden werden. Die Sprache spielt in der Mediation eine wichtige Rolle. Besonders in internationalen und im interkulturellen Kontexten.
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Buchinhalt Themenportale internationales RechtEinführung und Inhalt: Es ist unter Einheimischen schon schwierig genug, einander zu verstehen.
Wenn dann noch Übersetzungsprobleme hinzutreten, wird die Kommunikation zusätzlich erschwert. In der Mediation ist eine Auseinandersetzung mit sprachbedingten Konflikten erforderlich, um dieses Hindernis aus dem Weg zu räumen.
Was ist ein Sprachkonflikt?
Die Sprache spielt in der Mediation eine wichtige Rolle. Sie transportiert die Gedanken und bildet den Code, mit dem sich das Verstehen vermitteln lässt. Voraussetzung dazu ist allerdings, dass der Code korrekt verstanden wird. Missverständnisse können sich zu einem Konflikt entwickeln. Ursache des Konfliktes ist dann jedoch das Missverständnis, nicht die Sprache an und für sich. Wenn also von einem Sprachkonflikt die Rede ist, ist etwas anderes gemeint als die bloße Existenz der sprachlichen Barriere. In diesem Sinne wird auch der Sprachkonflikt verstanden. Der Begriff wird in der katalanischen Soziolinguistik verwendet. Dort wird von einem Sprachkonflikt gesprochen, wenn zwei deutlich voneinander verschiedene Sprachen sich gegenüberstehen, wobei die eine politisch dominiert und die andere politisch unterworfen ist.1
Die Mehrsprachigkeit wird in der Linguistik mit Begriffen wie Bilinguismus oder Diglossie umschrieben.1
Der Sprachkonflikt beschreibt das Verhältnis der Sprachen zueinander. Es ist also kein Konflikt im hier verstandenen Sinn. Hier geht es nicht darum, welche Sprache dominant ist, sondern darum, aus welcher Sprache das Verstehen des Gesagten abzuleiten ist und welcher sprachliche Code als wie weit übereinstimmend zu verwenden ist.
Semantik und Konnotation
Sprache verwendet Symbole. Symbole werden als Zeichen, Sätze, Satzteile, Wörter oder Wortteile verstanden, denen eine bestimmte Bedeutung zugeschrieben wird. Der Begriff Konnotation wird sowohl in der Logik wie in der Sprachwissenschaft verwendet. In der Logik bezeichnet er den Begriffsinhalt, in der Sprachwissenschaft die Nebenbedeutung.2 Egal ob Haupt- oder Nebenbedeutung. Der Mediator muss stets die Bedeutung des Gesagten herausarbeiten. Es hilft dem Mediator, wenn er weiß, dass der sprachliche Kontext zu unterschiedlichen Konnotationen auch derselben Worte beiträgt und dass auch identische Worte durchaus ganz verschiedenen Bedeutungen haben können. Die Sprache ist alles andere als eindeutig.3 Der Grundsatz lautet:
Sprachkonstellationen
Ein Übersetzungsbedarf wird schon äußerlich erkannbar, wenn eine Partei eine völlig andere Sprache spricht und nicht einmal die Worte versteht. Übersetzungsprobleme tauchen auf, sobald die Parteien verschiedenen Nationalitäten angehören. Hier ergeben sich unterschiedliche Konstellationen mit unterschiedlichen Sprachkompetenzen, über die sich ein international tätiger Mediator oder Experte bewusst sein sollte:
- Nur eine Partei spricht ihre Muttersprache, die andere Partei spricht eine Fremdsprache.
- Beide Parteien sprechen Fremdsprachen (die Fremdsprache ist die gemeinsame Sprache)
- Keine Partei spricht eine Fremdsprache (es gibt keine gemeinsame Sprache)
Die vorgestellten Konstellationen führen zu unterschiedlichen Verständigungsqualitäten. Es kommt zu einem Verständigungsgefälle, das von Mediatoren oft als ein Machtgefälle verstanden wird. Auf den ersten Blick scheint die Partei, die in der Muttersprache kommuniziert, im Vorteil zu sein. Sie wird das Gesagte differenzierter wahrnehmen, als es möglicherweise gemeint ist. Schauen Sie nur einmal in das Wörterbuch, wenn Sie ein deutsches Wort in die englische Sprache übersetzen wollen. Nehmen wir den Begriff Streit als Beispiel. Übersetzungsvorschläge sind: argument, quarrel, dispute, row, strife, struggle, controversary, .... Einen Muttersprachler wird diese Auswahl an Vokabeln bewusst sein und er wird die Begriffe gegeneinander abgrenzen können. Ein Fremdsprachler wird zu einem solchen FineTuning nicht fähig sein und sich weniger differenziert ausdrücken können. Dem Muttersprachler fällt diese Ungenauigkeit möglicherweise nicht auf. Umso weniger, wenn das Gegenüber über gute Fremdsprachenkenntnisse verfügt. Es ist deshalb erwiesen, dass sich Fremdsprachler untereinander besser miteinander verständigen können, als Fremdsprachler mit Muttersprachlern.
Verständigungsgefälle
Ein Mediator ist gut beraten, dieses Verständigungsgefälle auszugleichen. Seine Allparteilichkeit verpflichtet ihn sogar dazu. Auf einer Konferenz über Cross Border Mediation führte einmal eine Mediatorin vor, wie sie mit diesem Gefälle umgeht. Sie erklärte dem Publikum, dass sie den Muttersprachler etwa mit einem Schal oder einem Seidentuch an den Händen fessele. Auf diese Weise wolle sie ihm symbolisch und ständig vor Augen zu führen, wie sehr die andere Partei allein durch die Sprache im Nachteil sei. Solche Methoden sind Geschmacksache. Es mag bezweifelt werden, dass sie zur Mediation passen. Auch erscheint es fraglich, ob das Verständigungsgefälle ein Machtgefälle bedeutet. In jedem Falle lohnt es sich darüber zu sprechen.
Um das Gefälle auszugleichen steht dem Mediator die triadische Brückenfunktion zur Seite. Allerdings setzt dies voraus, dass er selbst die Sensibilität aufbringt, die sprachlichen Missverständnisse aufzudecken. Besonders vor dem Hintergrund kultureller Einflüsse ist es nicht nur die verbale Kommunikation, die zur Bedeutsamkeit der Aussage beiträgt.
Eine Mediation funktioniert auch bei mäßigen Sprachkenntnissen. Wie bereits erwähnt verstehen sich zwei Fremdsprachler oft besser als ein Fremdsprachler und ein Muttersprachler (native speaker).
Es gibt Erfahrungen, wo der Mediator und die Parteien Englisch als gemeinsame, wenn auch wenig gut geläufige Fremdsprache vereinbart hatten. Da beide Parteien Letten waren, wurde Lettisch ergänzend und dann mit einem Übersetzer eingesetzt, wo das Englische nicht weitergeholfen hat. Gerade diese Mediation brachte jedoch eine andere Erfahrung ein, die jeder international tätige Experte oder Mediator berücksichtigen sollte.
Das Beispiel zeigt, dass der Mediator darauf zu achten hat, dass ALLES was die Parteien von sich geben übersetzt wird. Falsche Scham ist hier definitiv fehl am Platz.
Besonders schwierig gestaltet sich die Übersetzung bei der Verwendung von Fachsprachen. Dann ist die Beiziehung eines Dolmetschers unausweichlich.
Anforderungen an die Übersetzer
Es obliegt der Allparteilichkeit des Mediators ein aus sprachlichen Kompetenzen resultierendes Ungleichgewicht auszugleichen. In gewisser Weise ist auch der Mediator ein Übersetzer. Er formuliert seine Rückmeldungen so, dass sie auch von der anderen Partei verstanden werden. Diese Art der Übersetzung bewirkt die Verstehensvermittlung. Wenn Fremdsprachen im Spiel sind, bedarf es eines weiteren Übersetzers. Jetzt mag man sich die Mediation wie eine Kettenübersetzung vorstellen. Sie macht die Mediation nicht gerade leichter. Die Aufgabe des Sprachübersetzers besteht darin, die Formulierungen in eine andere Sprache zu transformieren. Das klingt einfacher als es ist. Es genügt ganz sicher nicht, nur die Worte zu übersetzen. Lucien Damberg führte in einem Vortrag am 24.5.2005 über interkulturelle Kommunikation zwischen Niederländern und Deutschen aus, dass trotz Sprachähnlichkeit unterschiedliche Konnotationen denkbar sind, die es verbieten, wörtlich zu übersetzen. Sein Beispiel lautete:
Dieses Beispiel illustriert, dass die Sprachen sehr ähnlich sind und doch eine völlig andere Bedeutung haben können. Der Übersetzer muss in der Lage sein, den Sinngehalt der Äußerung zu erfassen, um die Botschaft korrekt zu übermitteln. Besonders wenn es um juristische Begriffe geht, zeigt sich diese Herausforderung. Versuchen Sie beispielsweise das Wort „Ermittlungsrichter“ ins Englische zu übersetzen.
Um derartige Probleme zu vermeiden, ist die Wahl des Übersetzers ausschlaggebend. Man sollte den Gegenstand der Übersetzung erst festlegen (juristische Inhalte?) und dann den Fachmann suchen, der die fachlichen Hintergründe in beiden Ländern kennt.
Die schriftliche Übersetzung hat den Vorteil, dass sie statisch ist. Mit modernen Technologien kann sie auch grob nachgeprüft werden (z.B. Google Übersetzer). Aber Vorsicht! Die elektronischen Übersetzer sind noch weniger in der Lage, das Gemeinte zu erkennen und in den Kontext der anderen Sprache zu setzen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht einfach, einen fachlich qualifizierten Übersetzer ausfindig zu machen. Gehen Sie davon aus, dass die EU Dolmetscher ausreichend qualifiziert sind. Bei Fachtexten sollte man darauf achten, einen Übersetzer zu finden, der Branchenkenntnisse besitzt.
Anforderungen an die Dolmetscher
Vom Übersetzer ist der Dolmetscher zu unterschieden. Dolmetschen bedeutet, in Anwesenheit der Beteiligten zu übersetzen. Zu unterscheiden sind die konsekutive und die simultane Übersetzung. Seien Sie sich bitte darüber bewusst, dass jede Übersetzung die Kommunikation verändert. Sie beeinflusst den Redefluss und gegebenenfalls die Kommunikationsachsen, also die Ausrichtung der Kommunikation. Achten Sie darauf, dass Sie sowohl den Dolmetscher und die übersetzte Partei stets beide im Blick haben. Bei der konsekutiven Übersetzung muss der Sprecher Pausen einplanen, damit der Übersetzer Gelegenheit bekommt, das Gesagte in eine andere Sprache zu transferieren. Es ist angebracht, eine einfache Sprache zu wählen.
Es wäre auch falsch zu behaupten, es sei das Beste, Satz für Satz zu übersetzen. Satzteile zu übersetzen kann gefährlich sein, weil manche Grammatiken den Sinn erst erschließen, wenn der Satz vollständig ist. Die Deutsche Sprache ist sehr systematisch, Es gibt viele Wörter mit differenzierten und eigenständigen Bedeutungen. In anderen Sprachen ist das nicht so. Da erschließt sich die Bedeutung z.B. erst aus dem Sachzusammenhang.
In den Beispielen ist es erforderlich, den ganzen Satz oder gar mehrere Sätze zu hören, ehe diese Aussage korrekt verstanden wird. Es muss also gar kein Misstrauen hervorrufen, wenn ein Dolmetscher eine kurze Satzvorgabe mit langen Ausführungen begleitet. Es kann sein, dass er einen Begriff umschreiben muss. Die Sprache hält manche Vokabeln vor, die sich nicht wirklich übersetzen lassen. Versuchen Sie zum Beispiel das magische Wort „eigentlich“ ins Englische zu übersetzen. Im Wörterbuch finden Sie Vorschläge wie in fact, actually, indeed, aber der Sinngehalt von eigentlich wird damit nicht exakt wiedergegeben. Die daraus abzuleitende Empfehlung lautet deshalb. Solche Worte nach Möglichkeit zu vermeiden. Für den Mediator bedeutet sie, solche Worte in jedem Fall zu hinterfragen.
Als Mediator sollten Sie in jedem Fall zusätzliche Rückfragen einbauen, um sicher zu stellen, dass der Bedeutungsgehalt korrekt verstanden wurde. Sie sollten sich auch bewusst sein, dass Sie im Grunde nicht die Aussage des Medianden paraphrasieren, sondern die Übersetzung des Dolmetschers. Diese ist in gewisser Weise auch schon eine Paraphrase, weil sie den Bedeutungsgehalt formuliert, den der Dolmetscher der Aussage zugedacht hat. Das muss nicht zwingend der Bedeutung entsprechen, die der Mediand dem Gesagten zuschreiben wollte. Doppelte Vorsicht ist deshalb anzuraten. Es ist umso wichtiger, dass Sie beim Paraphrasieren eigene Formulierungen verwenden und Sie sollten stets bedenken, dass der Dolmetscher beim Rückübersetzen auch andere Formulierungen verwendet. Wenn er Ihre Paraphrase in die gleichen Worte übersetzt, die er zuvor verwendet hat, dann wird die Paraphrase wirkungslos.
Es empfiehlt sich also, klare Fragen zu stellen und den Kontext zu erfassen. Immer wieder zusammenzufassen und sich zu vergewissern, dass wirklich vom selben geredet wird. Wenn Sie mit Simultandolmetschen arbeiten, empfiehlt es sich, die Übersetzung im Kopfhörer mit anzuhören.
Es geschieht ganz unbewusst, dass wir im Gespräch Redewendungen, so genannte Idioms verwenden. Das geschieht ganz unbewusst. Wenn man z.B „Ich halt Dir die Daumen“ wörtlich übersetzt dann wird ein „I keep your thumbs“ daraus. Das macht in den Ohren eines Engländers keinen Sinn. Ein Engländer hält keine Daumen. Er kreuzt die Finger „I keep my fingers crossed“.
Bei Streitgesprächen kann ein Simultandolmetschen verwirrend sein. Sie hören die Übersetzung im Kopfhörer etwa einen halben Satz verzögert. Sie sehen die Mimik und Gestik nicht mehr synchron. Wie sich das anfühlt können Sie erfahren, wenn Sie einen Film betrachten, bei dem die Tonspur verschoben ist. Dann erkennen sie das Problem. Wenn es zu einem Streitgespräch kommt und schneller geredet wird, dann entsteht Verwirrung.
Die Lösung dieses Problems besteht darin, Dolmetscher mit unterschiedlicher Stimmlage also einen Mann und eine Frau als Paar zu engagieren. Weiterhin werden die Simultandolmetscher aufgefordert, in einem anderen Rhythmus zu arbeiten. Statt sich wie üblich im 5 Minutentakt abzuwechseln, werden sie den Personen individuell zugeordnet. Dies erfordert erfahrene Dolmetscher. Vergewissern Sie sich wenn sie einen Dolmetscher engagieren, ob er dazu bereit und in der Lage ist.
Simultandolmetscher sitzen in einer Kabine. Es ist manchmal witzig, zu beobachten, wie sie die gleiche Gestik einsetzen wie der Sprecher, obwohl sie nicht gesehen werden. Als Sprecher sollte man darauf achten, dass die Mimik, die Gestik und Tonfall des Übersetzers ein Indiz für den Gehalt sind und dafür, dass er verstanden hat worum es geht. Das Gegenüber wiederum sollte beachten, dass der Tonfall und die Intonation im Kopfhörer die des Dolmetschers ist und nicht die der sprechenden Partei.
Bedeutung für die Mediation
Die Sprache transportiert Informationen. Die sprachliche Bedeutung erschließt sich aus den gewählten Worten und den Wortkombinationen. Die Worte haben einen kulturellen Bezug. Dasselbe Wort kann in unterschiedlichen Sprachkontexten unterschiedliche Konnotationen haben. Der Mediator achtet als Verstehensvermittler stets auf die Bedeutung. Er kann und muss zum Verständnis des Gesagten auch das Nicht-Gesagte einbeziehen und alles hinterfragen, das eine Verstegensrelevanz besitzt.
Was tun wenn ...
- Der Mediator ist nicht sicher, ob das Gesagte korrekt übersetzt wurde
- Der Mediator unterscheidet nicht zwischen der Bedeutung der Worte und der individuellen Bedeutungszuschreibung
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Ratgeber
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Alias: Übersetzung, Sprachkonflikt, Alt-Sprache
Siehe auch: Die Sprache des Konflikts, Bedeutungserhellung
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