Wenn dieser Artikel1 nicht nur im Nachrichtenverzeichnis erwähnt, sondern auch in diesem Beitrag besprochen wird, sollen folgende Absichten verfolgt werden:

  1. Der Eindruck, dass die Mediation von Keksen abhängt, bedarf der Richtigstellung
  2. Es gibt Trendhinweise, denen gegebenenfalls nachzukommen ist
  3. Auch sind fachliche Ungenauigkeiten richtigzustellen.

Über Kekse in der Mediation

Die Frage: "Was genau passiert da hinter verschlossenen Türen des Mediationssaals? Wie geht der Güterichter vor, wenn er es mit Menschen zu tun hat, die in tiefem Zerwürfnis feststecken?" wird wie folgt beantwortet:

Vor allem unterscheidet sich die Atmosphäre im Mediationsraum grundsätzlich von der im Gerichtssaal .... (der Raum ist) angenehm und gemütlich ... eingerichtet ... Außerdem stehen Gebäck, Naschsachen und Kaffee oder Tee auf dem Tisch, und natürlich (wurde die) schwarze Richterrobe abgelegt.


Das Setting ist sicherlich hilfreich, aber keine Conditio sine qua non und erst recht keine Begründung für das, was genau in der Mediation passiert. Nachahmer seien gewarnt. Das Setting macht eine Mediation nicht zur Mediation. Es könnte in der Bevölkerung einen falschen Eindruck hinterlassen, wenn nicht herausgestellt wird, was mit dem Setting erreicht werden soll und dass man das Ziel, ein offenes Gespräch zu führen, bei dem einander zugehört wird, auch anders erreichen kann. Möglicherweise gibt die Schlagzeile aber auch nur das wieder, was den Redakteur am meisten beeindruckt hat und was er verstanden hat. Man kommt der Sache näher mit dem folgenden Zitat:

Man sitzt hier gemeinsam am Tisch, und ... verhört nicht die Streitenden, sondern hört ihnen zu. Fördert die Kommunikation, wenn es nötig ist. Juristische Sichtweisen stehen in diesem Gespräch, das absolut vertraulich ist und auch einmal länger als zwei Stunden dauern kann, im Hintergrund.


Der Leser wird sich fragen: "Ist das jetzt Mediation? Hört der Richter sonst nicht zu? Worum geht es, wenn juristische Sichtweisen im Hintergrund stehen? Wie kann ein Smalltalk helfen, dass ich mein Recht bekomme?". Vielleicht bekommt er eine Idee, wenn das Zitat fortgesetzt wird:

Während ein Richter in der Verhandlung schon mal den Kläger mit den Worten „das gehört nicht hierher“ unterbricht, kommen im Mediationsverfahren viele Dinge zur Sprache, die scheinbar nur am Rande eine Rolle im Streit spielen, aus Sicht der Betroffenen jedoch damit verwoben sind.


Ganz abgesehen davon, dass die Güterichterverhandlung kein Mediationsverfahren ist und dass der Begriff Mediationsverfahren einen Pleonasmus darstellt, mag es die Parteien motivieren, wenn sie Dinge ansprechen können, von denen sie ausgehen, dass sie sonst im Gerichtsverfahren nicht angesprochen werden können. Bleibt vielleicht die Frage des Laien, warum relevante Dinge im Gericht nicht angesprochen werden und warum es dazu einer Mediation bedarf? Möglicherweise gibt die Fortsetzung des Zitates einen Hinweis:

... (die Mediation bietet) so große Chancen für eine Streit-Beilegung, weil so vieles angesprochen wird, was mit dazu geführt hat, dass der Streit derart eskalieren und sich verfestigen konnte.


Der Leser mag assoziieren, dass jetzt das Fehlverhalten der Gegenseite endlich zur Sprache kommt. Genau das ist jedoch nicht der Fall die Gründe, die zum Streit geführt haben und warum er eskalieren konnte, setzen einen falschen Fokus. Richtiger wäre es, die Frage aufzuwerfen, was die Parteien brauchen, um aus dem Streit herauszukommen oder um den Konflikt beizulegen. Der Blick ist auf die Motive gerichtet, nicht auf Gründe oder Lösungen. Das Zitat wird wie folgt fortgeführt:

Mancher Streit scheint wie in Beton gegossen. Doch können die verhärteten Fronten aufgebrochen werden, weil der Güterichter in seiner Vermittlerrolle für einen fairen Umgang untereinander sorgt und die Streitparteien alles zur Sprache bringen können, was ihnen schon lange auf der Seele liegt


Ganz abgesehen davon, dass ein in Beton gegossener Streit eher mit handfesten Interventionen als mit einem fairen Umgang aufzulösen ist, mag sich der Leser wundern: "Hat der erkennende Richter nicht auch einen Schlichtungsauftrag? Schütten die Parteien nicht auch dort ihr Herz aus? Findet vor Gericht kein fairer Umgang statt?". Vielleicht würde der Leser besser verstehen worum es geht, wenn die Vermittlung und die Nutzenausrichtung in den Vordergrund gestellt werden. Wann, wie und dass dies möglich wird, hängt mit der Verwirklichung des Erkenntnisprozesses zusammen und ist nicht von Keksen und atmosphärischen Überlegungen abhängig.

Für Mediatoren mögen Trendhinweise interessant sein, die leider nicht mit Zahlen belegt wurden. So enthält der Artikel folgende Hinweise:

  1. Seit 2016 wird eine starke Zunahme von Mediationen registriert
  2. Über drei Viertel der Mediationen enden mit einer einvernehmliche Lösung
  3. In diesem Jahr war nur in zwei Fällen eine Streitschlichtung gescheitert


Wenn jetzt von Streitschlichtung die Rede ist interessiert sich der Fachmann dafür, mit welcher Methode der Güterichter vorgegangen war. Er ist methodisch nicht an die Mediation gebunden, sondern kann auch eine Schlichtung anwenden. Die starke Zunahme und das genannte Erfolgsergebnis stimmen nicht mit der Mediationsgesetz-Evaluierung überein. Der Fachmann wird sich also dafür interessieren, was die Mediation am Amtsgericht in Schleswig im Vergleich zu anderen Güterichterverhandlungen so erfolgreich macht. Es ist allerdings nachvollziehbar, wenn auf derartige Details in einem lokalen Presseartikel nicht eingegangen wird.

Ungenauigkeiten

Als ungenau ist auf die Verwendung des Begriffs Mediationsverfahren hinzuweisen, will die Güterichter Verhandlung keine Mediation iSd Mediationsgesetzes ist. Hier wird die Methgode der Mediation angewendet. Auch ist die Mediation kein Unterfall der Schlichtung.

1 Quellenhinweis: https://www.shz.de/20720577 ©2018