Die Logik hinter der Themenbildung
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Reichweite Mediationslogik Themenlogik Prozesslogik Phasenlogik Konfliktlogik Erkenntnislogik
Worum es geht: Die Themenbildung spielt eine außerordentlich wichtige Rolle in der Mediation. Sie ergibt den Bearbeitungsumfang und definiert die Probleme und Konfllikte, für die eine Lösung zu finden ist. Die Themenlogik ist ein Teil der Mediationslogik. Sie setzt sich mit den Merkmalen auseinander, die dazu beitragen, den Konflikt erkennbar zu machen und ein Konfliktbekenntnis innerhalb des Erkenntnisprozesses der Mediation zu ermöglichen.
Einführung und Inhalt: Um die Bedeutung und den Umgang mit Themen in der Mediation zu verdeutlichen, soll das folgende Beispiel eine Ausgangslage darstellen. der wir in der Mediation oft begegnen. Das Beispiel betrifft eine Trennungsmediation in einer Familienangelegenheit.
Würde es wirklich Sinn machen, über alle diese angeblichen Themen zu reden? Die Antwort erschließt sich aus dem Verständnis, was Themen sind und welche Funktion sie zu erfülllen haben. Sie folgt der Themenlogik, die eine stimmige Identifikation und eine folgerichtige Einbeziehung der Themen in die Mediation gewährleistet.
Was ist ein Thema überhaupt?
Zunächst ist das Thema eine Information. Jede Information lässt sich mithilfe der Informationsdimension kategorisieren. Damit die Themen als solche identifiziert werden können, wurde ihnen eine eigene Informationsdimension zugeordnet. Themen sind deshalb eine Informationsdimension in der Mediation. Dadurch werden sie zu einer Information mit einem in der Mediation zu verwertenden Gehalt. Die Dimension der Mediation bestimmt, wie damit umzugehen ist. Also kommt es darauf an, die das Thema bildende Information genau zu identifizieren, damit sich die Information korrekt in die Mediation einbeziehen lässt.
Themen beziehen sich auf das, WAS zu regeln ist. Damit stellen sie einen Bezug zu den streitigen Forderungen her. Die Forderungen werden in der Mediation mit einer anderen Informationsdimension identifiziert. Sie wird Position genannt. Positionen sind die von den Parteien jeweils vorgestellten Lösungen. Sie betreffen die Frage, WIE das Problem zu lösen ist. Die Parteien gehen davon aus, dass die jeweils andere Partei etwas zu tun oder zu unterlassen hat, wozu sie nicht bereit ist. Wenn die Forderung bestritten ist, steht ihr die Gegenposition im Wege.
Die Informationen stehen in einem logischen Zusammenhang. Das Argument begründet die Position (also die Forderung an den Gegner). Das Argument beantwortet die Frage nach dem WARUM etwas eingefordert werden kann. Das Gegenargument begründet die Gegensposition, also die Frage, WARUM es nicht gefordert werden kann. Argumente und Positionen stehen im Widerspruch. Der Widerspruch löst sich im Thema auf. Der logische Zusammenhang kann mit der nebenstehenden Grafik visualisiert werden.
Allein mit dieser Überlegung lassen sich in dem vorgenannten Beispiel die Vorschläge Respekt, Einkommen, Verschulden, Fremdgehen, Rücksichtnahme, Privatsphäre und Treue als Themen ausschließen. Das bedeutet nicht, dass die nicht als Thema aufgenommenen Vorschläge verloren gehen. Ihre Einordnung ergibt sich aus den ihnen zuzuschreibenden Informationsdimensionen. Es handelt sich um Argumente oder Motive, die sich einem Thema zuordnen lassen. Wenn es ein Argument ist, wird es in der 2.Phase erfasst. Ist es ein Motiv, gehört es in die 3.Phase.
Multifunktionalität
Der Themenbildung kommt eine wichtige Rolle zu in der Mediation. Je besser sie gelingt, umso besser kann die Mediation ihre Wirkung entfalten. Vordergründig scheint es so, als bestünde die wichtigste Aufgabe der Themenbildung darin, den Regelungsgegenstand festzulegen. Ihre Aufgabe geht jedoch weit darüber hinaus. Die Themensammlung soll es den Parterien beispielsweise auch ermöglichen, sich von ihren Positionen zu lösen. Gelingt das nicht, wird es kaum möglich sein, mehr als nur einen faulen Kompromiss herbeizuführen, der sich eng an die vorgegebenen Positionen anlehnt.
Die mit der Themenbildung einhergehende Neutralisierung verändert den Verfahrensgang. Die nebenstehende Skizze veranschaulicht die unterschiedliche Ausrichtung. Sie verdeutlicht, wie die Gedanken in einem Gerichtsverfahren in den Streit hineingeführt werden und wie die Gedanken in der Mediation aus dem Streit herausgeführt werden.1 Die Themenbildung ist eine frühe weitere Weichenstellung in diese Richtung.2 Um diese Weiche stellen zu können, ist es wichtig, dass das Thema sowohl die Position, wie auch die Gegenposition in sich trägt, sodass aus dem Widerspruch eine Frage wird. Der Mediator könnte die Themen also wie folgt einführen:
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Mit der Neutralisierungsfunktion überwindet die Themenbildung die kognitive Dissonanz, indem der als Frage formulierte Gegensatz beide Positionen einbezieht. Er erlaubt es also, nicht nur die Position des Gegners, sondern auch die eigene Position in Frage zu stellen. Gleichzeitig führt die Neutralisierung das Denken aus der Entweder-oder-Logik heraus in eine Sowohl-als-auch-Dialiektik hinein.
Die Mediation kann sich mit mehreren Themen befassen. Deshalb hat die Themensammlung auch die Funktion, die Vollständigkeit der Themenvorschläge zu überwachen. Die Vollständigkeit orientiert sich am Konflikt. Der Konflikt wird anhand der Konfliktanalyse identifiziert. Nach der kognitiven Mediationstheorie genügt eine auf die Inhalte abstellende Konfliktart, um die Konflikgte zu identifizieren und ihre Zusammenspiel aufzudecken. Der inhaltliche Bezug des Konfliktes wierd anhand der Konfliktdiemsnionen ermittelt.
Mit Hilfe der Konfliktdimensionen kann ein thematischer Bezug zur Mediation hergestellt werden. Darüber hinaus erlaubt die Einteilung der Konflikte nach den Konfliktdimensionen eine gedanliche Zuordnung, die den kognitiven Prozess hinter der Mediation unterstützt. Die Sachkonflikte stellen jeweils das konkret zu lösende Problem dar. Die nach dem Harvard-Konzept vorgesehene Trennung von Mensch und Problem erfolgt mit der Unterscheidung zum Beziehungskonflikt. Die Beziehung besteht aus mindestens zwei Menschen, sodass die Erörterung des Beziehungskonfliktes nicht nur den Blick auf das Miteinander, sondern auch auf den einzelnen Menschen erlaubt. Noch wichtiger ist das Herausarbeiten der Hintergründe, die letztlich dazu führen, dass das Problem (von den Parteien selbst) nicht gelöst werden kann. Zwar ist es möglich, diese Hintergründe auch bei der Problemerörterung anzusprechen. Es wird aber auch den Parteien klarer, wenn Problem und Hintergründe in eigene Themen unterteilt und besprochen wird. Die Logik ergibt sich aus cder folgenden Überlegung:
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Bei der Problemerörterung geht der Kontext meist aus dem Blick verloren. Die Mediatorin oder der Mediator sollten deshalb nicht nur darauf achten, dass die Themen den gesamten Konflikt abbilden. Sie sollten auch darauf achten, dass einem Thema zugestimmt wird, das den Bezug zum Kontext herstellt, in dem der Konflikt sich bewegt. Bei Beziehungskonflikten bildet die Neugestaltung der Beziehung den Kontext. Der Mediator würde in dem eingangs erwähnten Beispiel also festellen, dass dieses Thema nicht abgedeckt wird. Er würde die Parteien darauf ansprechen, ob die Sicht auf die Beziehung und ihre Neugestaltung geklärt ist. Bei diesem Thema kämen die Vorschläge Respekt, Verschulden, Fremdgehen und Rücksichtnahme auf. Bei Wirtschaftssachen gibt es meist kein Beziehungsthema. Dann wäre nach dem Thema zu suchen, das die Klammer herstellt.
Die Themensammlung soll den Krieg (nicht nur die Schlacht) aufdecken, Zusammenhänge herstellen und einen Bezug zum Kontext ergeben. Das Beziehungsthema bildet meist den Schlüssel dafür. Wenn es kein Beziehungsthema gibt, ist ein anderes Klammerthema auszuweisen.
Regelungsgegenstand
Zuvor wurde bereits erwähnt, dass eine wichtige Funktion der Themenbildung darin besteht, den Regelungsgegenstand festzulegen. Wenn es in der Mediation darum geht, eine Lösung zu finden, ist der Regelungsgegenstand eigentlich ein Suchgegenstand. Um zu verstehen, wie sich dieser Gegenstand überhaupt festlegen lässt und welche Bedeutung dieser Festlegung zukommt, ist eine Abbrenzung zum Streitgegenstand und zum Konfliktgegenstand erforderlich.
Streitgegenstand
Die Themen limitieren den Gegenstand über den in der Mediation zu verhandeln ist. Juristisch wäre vom Streitgegenstand die Rede. Man spricht auch von der Sache3 . Im gerichtlichen Verfahren ergibt sich der Streitgegenstand regelmäßig aus dem Sachverhalt und den Anträgen. Der Sachverhalt ergibt den Anlass, die Anträge ergeben die Position (Forderung).
Weil sich der Streitgegenstand am Antrag, also an der Position orientiert, ist der Streitgegenstand immer lösungsorientiert. Er bestimmt die zu verhandelnde Sache und hat eine durchaus juristische Bedeutung auch in der Mediation4 .
Die Mediation als Sache iSd Mediationsgesetzes Über Sachen und Gegenstände
Der Begriff des Streitgegenstandes passt nicht gut zu einem Verfahren, das lösungsoffen sein soll. Insbesondere kann sich die Sache im Verlauf der Mediation entsprechend der wachsenden Konflikteinsicht der Parteien verändern. Wenn die Juristen über das Stadium eines Verfahrens sprechen, dann hinterfragen sie den Sach- und Streitstand. Um der Mediation eine korrekte Verfahrenseinschätzung zu geben, ist präziser zwischen Sach-, Konflikt- Streit- und Verfahrensstand zu unterscheiden. Nur so wird ihre Komplexitätsfähigkeit korrekt gewürdigt. Weil die Mediation eine Vermittlung ist, könnte ihr Gegenstand auch als Verstehensgegenstand oder weniger sophistisch als Mediationsgegenstand bezeichnet werden.
Konfliktgegenstand
Der Mediator sollte darauf achten, dass die Themen mit den in der Konfliktanalyse herausgearbeiteten Konflikten, insbesondere den Konfliktdimensionen übereinstimmt, sodass jedes Thema einen Konflikt repräsentiert.
Die Offenlegung der Konflikte mit den Themen hilft den Parteien bei der Konflikeinsicht und unterstützt den Rumpelstilzcheneffekt. Sie legt vor allem den Zusammenhang von Beziehungskonflikt und Sachkonflikt (Problem) offen und weist gegenüber den Parteien aus, wenn Teile des Konfliktes unbearbeitet bleiben.
Mediationsgegenstand
Die Lösungsoffenheit ist einer der Gründe,5 warum es in der Mediation keine Anträge gibt. Ihr Gegenstand ergibt sich statt dessen aus der Themensammlung. Er hinterfragt nicht was die Parteien will, damit der Konflikt beigelegt werden kann Position, sondern er fragt was zu regeln ist, damit der Konflikt zur Ruhe kommt. Er ist nicht lösungs-, sondern nutzenorientiert.
Inwieweit die von den Parteien übereinstimmend genannten Themen den Mediationsgegenstand abbilden können, hängt entscheidend von der Arbeitsweise des Mediators ab und davon, dass Themen nicht mit Interessen und Argumenten verwechselt werden. Wenn die Themensammlung zu einer Sammlung von Aspekten des Konfliktes degeneriert wird, erschwert sie nicht nur die Navigation durch das Verfahren, sondern auch die Möglichkeit der Parteien, den zu lösenden Konflikt zu identifizieren.
Besser ist es, wenn der Mediator darauf achtet, dass jedes Thema einen Konflikt repräsentiert. Das setzt natürlich voraus, dass er eine Konfliktanalyse durchgeführt hat, die sich an den Konfliktdimensionen orientiert6
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Entsprechend dem Lösungspentagramm lassen sich Streitmotoren identifizieren, die im Motivationsbereich und nicht im Lösungsbereich zu finden sind. Der Babysitterfall verdeutlicht die Diskrepanz zwischen Konflikt und Streit: Der Streitgegenstand ist das Umgangsrecht Vater - Kind. Der Konflikt wahrscheinlich ein Paarkonflikt zwischen Vater und Mutter als getrennt lebende Eheleute. Der Paarkonflikt ist der Motor für den Streit.
Bearbeitungsgegenstand
Vom Mediationsgegenstand ist noch der Bearbeitungsgegenstand zu unterscheiden. Dieser Begriff wurde eingeführt um zu zeigen, womit der Mediator konkret zu arbeiten hat. Die Kennzeichnung des Bearbeitungsgegenstandes trägt dazu bei, die Werkzeugsystematik der Mediation besser zu verstehen.
Themenbehandlung
Die zu besprechenden Themen werden mit den Parteien vereinbart. Wenn alle Parteien zustimmen, über das Thema zu sprechen, ergibt sich daraus die Erlaubnis für den Mediator, das Thema zu bearbeiten und die Grenze, worüber verhandelt werden darf.
Themensammlung in Phase 2 Phasenlogik
Die Bedeutung der Themensammlung geht weit über die Definition des Mediationsgegenstandes hinaus. Sie erlaubt eine Navigation und ist ein wesentlicher Bestandteil des Qualitätsmanagements. Schließlich hilft sie den Parteien zur Problemidentifikation und zur Konflikteinsicht.
Problemidentifikation
Mitunter macht es Sinn, deutlich zwischen dem Streit (um die Lösung) und dem Problem zu unterscxheiden.
Der Grundsatz lautet:
Konflikteinsicht
Der Mediator will den Streit genau kennen lernen. Er achtet deshalb auf folgendes:
- Er möchte wissen, ob der zu bearbeitende Streit lediglich eine Schlacht darstellt, oder ob er der Krieg ist.
- Er möchte wissen, ob und wie die Parteien ihre Forderungen vertreten.
- Der Mediator prüft, ob die Themenvorschläge mit der Konflikthypothese übereinstimmen. Dabei kommt es ihm darauf an, dass die Parteien eine klare Vorstellung von dem Konflikt bekommen und die Verantwortung dafür übernehmen, sodass sich der Rumpelstilzcheneffekt einstellen kann.
Ausrichtung
Die Themen müssen stehts auf eine die GEGENWART oder die ZUKUNFT zu klärende Frage betreffen. Sie dienen nicht der Vergangenheitsbewältigung (zumindest nicht primär).
Navigation
Themen- und Phasenlogik zusammen erlauben dem Mediator eine Navigation durch die Mediation. Der Mediator muss stets in der Lage sein, die Frage zu beantworten, wo er sich in der Mediation befindet. Die Mediationslandkarte hilft ihm dabei. Der Mediator oder die Mediatorin können zumindest in Gedanken eine Landkarte skizzieren, damit sie sich in der Mediation nicht verlieren. Wichtig ist, dass sie stets wissen, wo sie sich befinden.
Schematisch lässt sich der Gang durch die Mediation mit mehreren Themen wie folgt darstellen:
Der Bearbeitungsstandort kann in dem Schema wie folgt lokalisiert werden:
Die Bearbeitung der Themen erfolgt auf der Fallebene. Auf der Verfahrensebene prüft der Mediator, ob die zur Konfliktbeilegung erforderlichen Kriterien nach Dimensionen sortiert erfasst werden. Die Dimensionen orientieren sich am Streitkontinuum und sind abhängig von der jeweiligen Fragestellung.
Es ist möglich (wenn es beispielsweise bei der Interessenerhellung zu einem Thema klemmt, die Themen zu wechseln. Dann könnte eine Navigation wie folgt aussehen:
Qualitätskontrolle
Die Zuordnung der Themen zu Interessen, Konflikten und Lösungen, erlaubt eine Überprüfung der Stimmigkeit der Mediation. Der Mediator achtet darauf, dass die Themen zur Konflikthypothese passen, die Interessen als Kriterien für die Lösung des mit dem Thema definierten Regelungsbedarfs sind und dass die Lösungen diesen Kriterien entsprechen. Schematisch lässt sich dieser Zusammenhang wie folgt darstellen:
Bedeutung für die Mediation
Wichtige Funktionen der Themenbildung sind die Zuführung zu einem Konfliktbewusstsein der Parteien, die Neutralisation der Positionen und die Akzeptanz des Widerspruchs.
Von der Metaebene aus betrachtet, wirkt das Verhältnis von Position und Gegenposition wie ein logischer Widerspruch. Die Parteien neigen dazu, den Widerspruch zu leugnen. Solange das geschieht, werden sie sich gegen die Argumente und die Sichtweise der Gegenseite verwahren. Psychologisch wäre das Phänomen mit der kognitiven Dissonanz zu erklären. Das Verhalten folgt aber auch aus der Konfliktwahrnehmung. Die Themenbildung eröffnet deshalb auch einen Weg, sich dem Widerspruch zu stellen und alle Seiten der Medaille zu betrachten. Die Themensammlung ist auch ein Schritt im Kognitionsprozess, der das logische Denken in ein dialektisches Denken überführt.
Was tun wenn...
- Es werden keine Themen erfasst
- Die Partei möchte verstehen, warum sich der Ehegatte getrennt hat
- Weitere Empfehlungen im Fehlerverzeichnis oder im Interventionenfinder
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Alias: Verstehensgegenstand, Konfliktgegenstand, Thema, Bearbeitungsumfang, Themenbildung
Siehe auch: Auseinandersetzung mit der Sache, Themensammlung, Ziel und Zweck, Mediationslandkarte
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