Die Effizienz der Streitbeilegung
Wissensmanagement » Diese Seite gehört zum Fachbuch Mediation in der Wiki-Abteilung Wissen. Sie befinden sich auf der Themenseite Streitbeilegung, die dem Titel des 2. Buchabschnitts Systematik der Verfahren zugeordnet wird. Beachten Sie bitte auch:
Systematik Streitbeilegung Verfahren Entscheidung Vermittlung Vermeidung Begleitung
Worum es geht: Die Übersicht der Verfahren und deren Einteilung wurde im Beitrag Systematik bereits eingeführt. Die Ausführungen zum Streituniversum haben gezeigt, dass die Verfahren unterschiedliche Dimensionen bearbeiten. Der Abgleich mit den Enscheidungsprozessen hat gezeigt, welche Bedeutung dem jeweiligen Verfahrensfokus beizumessen sind. Ein weiteres Kriterium ergibt sich aus den Verfahrensstrategien und den Rollen der Verfahrensbeteiligten. Alle Kriterien zusammengenommen erlauben es, die Verfahren etwas genauer anzuschauen. Die sich daraus ergebende Systematik trägt nicht nur dazu bei, die Verfahren besser gegeneinander abzugrenzen. Sie bietet auch eine Entscheidungshilfe bei der Wahl des passenden Verfahrens. Die Auseinandersetzung mit der Streitbeilegung zählt deshalb zu den grundlegenden Beiträgen, um die Welt der Konfliktbeilegung zu durchdringen.
Einführung und Inhalt: Um die Verfahren gegeneinander abgrenzen zu können, kommt es darauf an, wie sie mit dem Streit umgehen. Die möglichen Weichenstellungen bei der Konfliktbeilegung belegen die Vielschichtigkeit der Verfahren und verursachen ihr unorthodoxes Aufkommen. Wir sollten uns stets daran erinnern, dass die Verfahren keinen Selbstzweck verfolgen. Ihr Auftrag ist, den Parteien zu helfen, den Konflikt zu bewältigen und den Streit beizulegen. Um diesen Auftrag zu erfüllen, muss die Welt der Konfliktbeilegung aus der Sicht der Parteien betrachtet werden. Deren Perspektive soll die Ausganglage darstellen, mit der die Streitbeilegungsverfahren einem sinnvollen Zweck zugeordnet werden.
Die Ausgangslage
Die nachfolgende Grafik verdeutlicht die Perspektive der Parteien. Die Parteien sind nicht nur darauf angewiesen, die Verfahren gegeneinander abzugrenzen. Sie müssen die Streitbeilegungsverfahren auch mit anderen Vorgängen koordinieren, die Einfluss auf die Konflikt nehmen, weshalb sie die Verfahrensgestaltung vorgeben. Ein Streitbeilegungsverfahren ist kein isolierter Prozess, wie die nachfolgende Grafik verdeutlichen soll.
Neben dem zu betreibenden Verfahren finden Parallelprozesse statt, die zu beachten und zu koordinieren sind. In Einklang zu bringen ist das strategische Vorgehen der Partei A und die Konfliktstrategie der Partei B. Desweiteren entfaltet der neben dem Verfahren verlaufende Streit eine Wirkung wie auch die Einwirkungen der Kollegen, Freunde, Familienmitglieder und des Helfersystems. Alle diese Prozesse beeinflussen auf die eine oder andere Art das Konfliktgeschehen. Jetzt kommt es darauf an, durch dieses Mienenfeld einen Weg zu bahnen.
Gegenstand und Ziel
Auch wenn der Gesetzgeber versucht hat, die Verfahren der Streit- und Konfliktbeilegung unter dem Begriff Konfliktbeilegungsverfahren zusammenzuführen, erübrigt sich nicht die Unterscheidung zwischen der Streit- und der Konflktbewältigung. Die Unterscheidung führt nicht nur zu unterschiedlichen Verfahren. Sie leitet auch in unterschiedliche Konfliktzugänge. Sinnvoll ist die Unterscheidung zwischen:
- Streithilfe
- Streitbeilegung
- Konfliktbeilegung
- Konfliktlösung
- Konfliktvermeidung
Streitbeilegung
In der gesetzlichen Terminologie werden lediglich noch die Verfahren der Streitschlichtungsstelle als Streitbeilegungsverfahren bezeichnet.1 Der Begriff Konfliktbeilegungsverfahren bildet dazu den Oberbegriff. Geht man davon aus, dass der Streit das Handeln und der Konflikt das Motiv bezeichnen,2 dann ist es nahegeliegend, den Begriff der Streitbeilegungsverfahren als den Oberbegriff anzusehen, zumindest dort wo gestritten wird. Der Richter kann einen Streit beilegen. Ob er damit einen Konflikt beilegt, ist eine offene Frage. Aber versuchen kann er es.
Konfliktbeilegung
Im Verständnis des Gesetzgebers bilden die Konfliktbeilegungsverfahren den Oberbegriff über alle Verfahren der JURISTISCHEN Streitbeilegung. Allerdings ist der Konflikt nicht immer der Angriffspunkt, wohl aber der Streit. Dass die sprachliche Vereinheitlichung3 mit der Verwendung des Begriffs der Konfliktbeilegungsverfahren unglücklich gewählt wurde, ergibt seine inkonsequente Verwendung. Das Gericht würde keine Streit-, sondern eine Konfliktentscheidung treffen und der Mediator würde keine Streit- sondern eine Konfliktvermittlung durchführen. Ohne dass diese Einschränkung explizit erwähnt wurde, fällt weiterhin auf, dass der Gesetzgeber keine Vorgänge anspricht, bei denen die Partei mit sich selber versucht, eine Lösung zu finden oder sich an einen Berater, Therapeuten, Coach, Supervisor usw. wendet. Die Logik der Verfahren zur Streit- und Konfliktbeilegung erschließt sich besser und vor Allem vollständiger, wenn auch diese Vorgänge im Blick sind.
Konfliktlösung
Dieser Begriff wird synonym mit dem der Konfliktbeilegung verwendet, obwohl die Streitbeilegung nicht zwingend eine Konfliktlösung bedeutet.
{EXAMPLE()}Streitbeendigung: Kleinbeigeben beendet einen Streit. Es löst aber nicht unbedingt den Konflikt, wenn das Kleinbeigeben eine andere Reaktion hervorruft oder die Unstimmigkeit aufrecht erhält.{EXAMPLE}
Konfliktvermeidung
Für diesen Zweck ist kein explizites Verfahren vorgesehen.
Streitinstanzen
Die Streitinstanzen werden aus der Zahl der beteiligten Dienstleistungsebenen gebildet. Zu unterscheiden ist die monadische, die dyadische und die triadische Instanz. Die Vorgänge und Abläufe innerhalb der Distanzen werden als Verfahren (im weitesten Sinne) bezeichnet.
In dieser Instanz ist keine weitere Person ist beteiligt. Der Betroffene macht den Konflikt mit sich selbst aus. Er versucht sich selbst in dem Konflikt zurechtzufinden und ergreift Möglichkeiten die er alleine abwickeln kann. Im Vordergrund stehen Informationen über Bücher, Webseiten, Nachrichten und Tools zur Selbsthilfe.
Wenn der Konflikt in der monadischen Instanz nicht abgewickelt werden kann, kommt eine Beratungsinstanz als weitere Ebene hinzu. Es kommt zur Einschaltung einer "zweiten Person“ als Hilfsperson. Dabei kann es sich um Freunde (informelle Berater), professionelle Berater, Coaches oder Therapeuten handeln.
Wenn auch die dyadische Instanz nicht zur Konfliktbeilegung führt, kommt es zur Einschaltung einer neutralen, "dritten" Person. Typische dritte Personen sind der Richter, der Schlichter, der Mediator oder der Moderator.
Verfahren der triadischen Instanz
Verfahren der Streitentscheidung
Die Verfahren der Streitentscheidung bilden eine Gruppe innerhalb der Streitbeilegungsverfahren. Die bekanntesten sind das Gerichtsverfahren und die Schiedsgerichtsbarkeit. Dazu kommen noch Mischformen und Abgrenzungsfälle, die im Zusammenghang mit der Streitentscheidung besprochen werden.
Verfahren der Streitvermittlung
Schlichtung
Das Ziel der Schlichtung ist die Vermittlung einer Lösung. Im Grunde ist das Verfahren ähnlich konzipiert wie ein streitentscheidendes Verfahren. Der Dritte hat jedoch weniger Macht, weil er in der Regel keine Durchsetzungskompetenz hat. Der Schlichter ist ein neutraler Dritter, der aktiv an der Lösungsfindung beteiligt ist. Er ist - wie der Entscheider - Teil des Streitsystems, das die Parteien zu ihren Gunsten eeinflussen werden. Die Schlichtung ist ebenfalls ein Nullsummenspiel, das Ergebnis meist ein Kompromiss.
Mediation
Ganz anders ist das Konzept und das daraus folgende Kommunikationsmodell der Mediation. Das Ziel ist es Verstehen zu vermitteln das die Parteien befähigt, selbst eine Lösung zu finden. Die Vereinbarung über die gefundene Lösung, also die Abschlussvereinbarung, ist genau betrachtet bereits die Umsetzung des Ziels. Anders als in den zuvor genannten Verfahren nimmt der neutrale Dritte (nach den Grundsätzen der integrierten Mediation) keinerlei bestimmenden Einfluss auf die Lösungsfindung (Grundsatz der Indetermination). Der Mediator positioniert sich außerhalb des Streitsystems. Das Spiel ist ein Nicht-Nullsummenspiel. Der Mediator ist nicht instrumentalisierbar. Aus dieser Rolle leitet sich ein Kommunikationsmodell ab, das Streitanlässe aus dem Weg räumt. Es macht keinen strategischen Sinn, den Anderen schlecht zu reden oder am Gewinnen zu hindern, denn das „Spiel“ sieht keine Verlierer vor4 .
Die Verfahren der Streitvermittlung bilden eine Gruppe in den Streitbeilegungsverfahren, bestehend aus den Grundformen der Mediation und Schlichtung. Dazu kommen noch Mischformen und Abgrenzungsprobleme, die im Zusammenghang mit der Streitvermittlung besprochen werden.
Verfahren der Metainstanz
Im Kapitel Systematik wurde eine weitere Streitinstanz ausgewieden, der das sogenannte Verfahrensverfahren zugewiesen ist. Der Ausweis eines (nicht existierenden) eigenständigen Verfahrens soll den Bedarf formulieren einen Weg zu finden, wie sich die Verfahren kombinieren und koordinieren lassen. Folgendes Phänomen bildet den Ausgangspunkt für diese Überlegung:
Wenn von einem Verfahrensverfahren die Rede ist soll die Notwendigkeit zum Ausdruck gebracht werden den Tunnel Blick aus dem Verfahren heraus zu lenken und die Gesamtsituation im Blick zu haben. Dazu bedarf es nicht eines eigenständigen Verfahrens. Aber es bedarf einer Metainstanz, also einer Ebene in auf der sich das Verfahren die Vorgänge in dem Verfahren und die Abstimmung mit anderen Verfahren reflektieren lassen.
integrierte Mediation
Das Konzept der integrierten Mediation ist erkenntnisbasiert. Die Metaebene spielt in diesem Konzept eine ganz entscheidende Rolle. Sie wird für das Verfahren, für den Fall und für die Systemik fest etabliert, sodass die Verfahren wie Container betrachtet werden in dem sich die unterschiedlichsten Methoden einbeziehen lassen, soweit es der Rahmen des Verfahrens erlaubt.
Möglichkeiten der Streitvermeidung
ADR-Verfahren
Dem Oberbegriff ADR-Verfahren soll die außergerichtlichen Verfahren zusammengefassen. Der Begriff ist zu einem Sammelbecken von Verfahren geworden, die sich gerne als Alternative zum (konventionellen) Gerichtsverfahren präsentieren.
Bedeutung für die Mediation
Schon die Unterscheidung zwischen Streit- und Konfliktbeilegungsverfahren hat eine Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit. Jeder Mediator ist gut beraten, wenn er zwischen Problemlösung (Streitbeilegung) und Konfliktlösung (Konfliktbeilegung) differenziert. Der Konflikt hat stets eine emotionale Beteiligung. Der Streit ist eine seiner Handlungsformen. Es macht einen Unterschied ob das Streiten abgestellt wird und der Konflikt verbleibt oder ob die Streitbeilegung auch zu einer Konfliktlösung führt. In der hier vorgestellten Systematik findet nicht nur der Mediator ein Handlungskonzept, dass es ihm erlaubt, die Leistungsfähigkeit der Verfahren korrekt anzubieten und adäquat zu verwirklichen.
Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen
Alias: Alt-Streitbeilegungsverfahren, Streitbeilegungsverfahren, Konfliktbeilegung, Konfliktbeilegungsverfahren, triadische Verfahren, dyadische Verfahren, monadische Verfahren, Streitinstanzen, Metaverfahren
Siehe auch: Systematik, Streitvermittlung