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Propaganda

Wissensmanagement » Diese Seite ist der Kategorie Konfliktphänomenologie des Archivs in der Wiki-Abteilung Wissen zugeordnet. Eine logische Verknüpfung erfolgt mit der Rubrik Konflikt, also dem 6. Buchabschnitt des Fachbuchs Mediation und den Konfliktphänomenen. Bitte beachten Sie auch:

Wahrheit Propaganda Lügen Fakten, Meinungen, Emotionen Faktenklärung Eintrag Wikisuche

Propaganda (lat. propagare = "ausbreiten, fortpflanzen") bezeichnet die systematische, methodengesteuerte Verbreitung von Ideologien, Narrativen oder Weltbildern zur Beeinflussung kollektiver Einstellungen und Handlungen. Im Unterschied zur neutralen Information oder Überzeugungsarbeit (Persuasion) ist Propaganda intentional, asymmetrisch und machtgestützt. Nach Jowett und O`Donnel handelt es sich um eine Form der Kommunikation, die versucht, eine Reaktion hervorzurufen, die die beabsichtigten Ziele des Propagandisten fördert. In der reinen Informationsvermittlung werden Ideen geteilt, erklärt und gelehrt. Überzeugung hingegen ist interaktiv und bemüht sich, die Bedürfnisse sowohl des Überzeugenden als auch des Überzeugten zu erfüllen. Das Ziel von Propaganda ist es hingegen, eine parteiische oder wettbewerbsorientierte Sache im Sinne des Propagandisten zu fördern – jedoch nicht unbedingt im Interesse des Empfängers. 1 Ranetbauer unterscheidet graduell unterschiedliche Arten der Propaganda:2

  1. Weiße Propaganda: Bei dieser Form der Propaganda ist eine korrekte Identifizierung des Senders aus Sicht des Rezipienten möglich. Die im Kommunikationsprozess vermittelten Informationen sind im Wesentlichen korrekt.
  2. Schwarze Propaganda: Die schwarze Propaganda stellt am ehesten die allgemein bekannte, negativ konnotierte Form der Propaganda dar. Sie ist es auch, welche die volle Aufmerksamkeit im Falle eines Misslingens erhält. Der Empfänger wird hier in den beiden wesentlichen Punkten getäuscht. Der Sender ist nicht unmittelbar identifizierbar beziehungsweise identifiziert sich nicht korrekt. Mehrere Varianten der Verschleierung sind möglich. Schwarze Propaganda wirkt direkt manipulierend auf das Verhalten des Empfängers. Der Erfolg hängt im Wesentlichen vom Vertrauen des Empfängers in die übermittelte Information und in die vermeintliche Quelle ab, da andernfalls der Empfänger das Spiel durchschauen könnte und damit dessen Instrumentalisierung nicht mehr möglich wäre.
  3. Graue Propaganda: Die Form der grauen Propaganda erfasst alle Fälle zwischen der weißen und der schwarzen Propaganda. Mängel in einem oder in beiden der für diese Einteilung signifikanten Punkte: Identifikation der Quelle und Wahrheitsgehalt der Information.

Erkennungsmerkmale von Propaganda

Zollmann hat versucht, eine Art Werkzeugkasten zur Erkennung von Propaganda in Medientexten zusammenzustellen. Danach weisen folgende Anzeichen auf Propaganda in der journalistischen Berichterstattung hin:3

  1. Ereignisse, Themen oder Akteure sind so gerahmt, dass bestimmte Interessen bedient werden und andere Perspektiven ausgeblendet werden
  2. Berichterstattung fordert durch Empörung zu politischem oder militärischem Eingreifen auf.
  3. Kritik wird auf taktisch-prozedurale Fragen beschränkt, während die grundsätzliche Legitimation der Strategie und der Ziele nicht hinterfragt wird.
  4. Fakten werden einseitig und selektiv verwendet. Andere wichtige Fakten werden gleichzeitig ignoriert oder marginalisiert.
  5. Fakten werden in einem bestimmten Rahmen eingeordnet. Andere Frames, die ebenfalls zu den Fakten passen, werden nicht verwendet.
  6. Fakten oder Statements werden heruntergespielt durch Platzierung, geringe Wiederholungsfrequenz oder durch die Interpretation bzw. Einordnung.
  7. Akteure werden dämonisiert, beschimpft oder negativ assoziiert ohne dass es zur Faktenlage passt
  8. Gräueltaten von Gegnern werden betont oder übertrieben.

Nach Jowett & O'Donnell weist Propaganda sieben typische rhetorische Muster auf:

  1. Dämonisierung: Feindbildkonstruktion ("Terroristen", "Schmarotzer").
  2. Emotionale Trigger: Angst, Wut oder Nationalstolz ersetzen rationale Argumente.
  3. Vereinfachung: Reduktion auf binäre Oppositionen ("Wir vs. Sie").
  4. Repetition: Schlüsselbotschaften werden mantrahaft wiederholt (Memetische Verankerung).
  5. Autoritätsappell: Verweis auf Wissenschaftler/Eliten (oft aus dem Kontext gerissen).
  6. Sprachlenkung: Euphemismen ("Kollateralschaden") oder Neologismen ("Umvolkung").
  7. Verschwörungsnarrative: Komplexität wird durch geheime Mächte erklärt ("Eliten", "Deep State").

Abgrenzung zu verwandten Konzepten

Konzept Definition Unterschied zur Propaganda
Lüge Einzelne bewusste Falschaussage Fehlt Systematik und strategische Dimension
Gaslighting Psych. Manipulation, um Realitätswahrnehmung zu zerstören Wirkt interpersonell, nicht massenmedial
Persuasion Argumentative Überzeugungsarbeit Respektiert Autonomie, bietet Gegenargumente
Public Relations Imagepflege von Organisationen Transparente Quellen, faktenbasiert
Desinformation Verbreitung falscher Informationen Kann ungeplant sein; Propaganda nutzt sie als Tool
Werbung Konsumsteuerung zum Verkauf von Produkten/Dienstleistungen operiert im ökonomischen Raum unter rechtlichen Grenzen

Psychologische Wirkmechanismen

Propaganda nutzt kognitive Verzerrungen (Cognitive Biases) wie den Bestätigungsfehler (Confirmation Bias), wo Menschen Informationen suchen, die ihre Vorurteile stützen. Sie nutzt die soziale Identität, indem die Gruppenzugehörigkeit durch Abwertung anderer gestärkt wird und die kognitive Dissonanz, die dazu fühert, dass widerstreitende Fakten einfach ignoriert werden, um Weltbilder zu schützen. Die Propaganda wird begünstigt, weil Menschen die Wirkung auf sich selbst unterschätzen.

Schutzstrategien vor Propaganda

Die Strategie, mit propagandistischen Effekten in der Mediation umzugehen ist zunächst Transparenz und Spiegelung, wobei versucht wird, einen sanften Zugang in eine Auseinandersetzung zu finden, die es erlaubt Zweifel zu wecken. Die Sprache sollte die emotionale Aufladung spiegeln. Es kann eine Einladung zur Perspektivübernahme durch Rollentausch oder Tetralemma-Techniken versucht werden. Die kognitive Dissonanz sollte normalisiert und in eine Frage überführt werden. Schließlich mag auf Quellen eingegangen werden.

Beispiel 17070 - Ich höre, dass Sie eine klare Überzeugung vertreten. Wären Sie bereit, die Sicht der anderen Partei zu hören – auch wenn Sie ihr widersprechen? ... Das Thjema engagiert Sie sehr. Was macht Sie so betroffen? ... Wie wirkt es, wenn Sie Ihre Sicht so formulieren? ... Stellen Sie sich vor, Sie wären ... Das ist interessant. Woher wissen Sie das? Gibt es eine Quelle, die ich auch nachlesen kann? ...


Dem Sozialpsychologen Harald Welzer wird das Zitat zugeschrieben, dass die Propaganda nicht mit der Aufklärung über Lügen ihre Wirkung verliert, sondern erst erst mit der Zerstörung ihrer emotionalen Verankerung. Propagandistische Narrative können die durch Fakten widerlegten Lügen überleben, wenn sie mit Identitätswerten (z. B. Nationalstolz, Gruppenzugehörigkeit) oder Existenzängsten (wirtschaftliche Bedrohung, kultureller Verlust) verknüpft sind. Der Mediator sollte also versuchen, augf die Bedürfnisse (die Betroffenheit) einzugehen und versuchen, die Affektbrücken aufzubrechen. Es müssen emotionale Alternativen gefunden werden und positive Identitätsangebote jenseits der Propaganda-Ideologie, an die sich ermutigende Perspektiven knüpfen. So einfach ist das aber auch nicht. Das Grundbedürfnis des Menschen ist Anerkennung, Wertschätzung und Zugehörigkeit. Er könnte genau das Gegenteil empfinden, wenn er sich kritisiert fühlt. Die Kritikfähigkeit hängt mit dem Selbstwert zusammen. Je niedriger der Selbstwert ist, desto geringer ist die Resilienz. Welche Wirkung die Propaganda erzielt, hängt immer von mehreren Faktoren ab: dem Vorwissen, der aktuellen Aufmerksamkeit, der psychischen Konstitution, einer (selbst-)kritischen Haltung und dem sozialen Hintergrund.4

Hinweise und Fußnoten
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Bearbeitungsstand: 2025-06-03 09:43 / Version .

Alias: Desinformation
Siehe auch: Affektbrücken, Wahrheit
Prüfvermerk: -