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Kündigung der Mediation

Wissensmanagement » Sie befinden sich auf einer Themenseite zum Kapitel Abschluss der Mediation im Abschnitt Prozess des Fachbuchs Mediation. Es geht um die Frage, wann und wie eine Mediation gekündigt werden kann. Beachten Sie bitte auch:

Abschluss Beendigung Kündigung Fernbleiben Scheitern Abschlussstatement MV MDV Mediationsrecht

Abstract: Eine Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die ein Dauerschuldverhältnis beendet. Im Rechtsverkehr wird zwischen einer ordentlichen und einer außerordentlichen Kündigung unterschieden. Die ordentliche Kündigung ist an eine Frist gebunden und nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Die außerordentliche Kündigung ist an keine Frist gebunden und nur bei dem Vorliegen eines wichitigen Grundes zulässig, der die Fortsetzung der Vertragsbeziehung unzumutbar macht. Der wichtige Grund ist nachzuweisen. Auch insoweit ist die Mediation anders!

Einführung und Inhalt: Es gibt ein Recht zur Kündigung und keine Pflicht!
Jeder Partei eines Vertrages steht es frei, ein Rechtsverhältnis zu beenden, wenn sie nicht zur Aufrechterhaltung verpflichtet ist. Deshalb kann sie die zur Beendigung führende Kündigung nur dann ausgesprochen werden, wenn sie gerechtfertigt ist. Nicht immer ist eine Kündigung erforderlich, um ein Rechtsverhältnis zu beenden. Deshalb wird der Frage nach der Beendigung der Mediation ein eigenes Thema gewidmet.

Beendigung und Kündigung der Mediation

Zumindest das Mediationsgesetz erwähnt das Wort Kündigung gar nicht. §2 Abs. 5 Mediationsgesetz besagt:

Die Parteien können die Mediation jederzeit beenden. Der Mediator kann die Mediation beenden, insbesondere wenn er der Auffassung ist, dass eine eigenverantwortliche Kommunikation oder eine Einigung der Parteien nicht zu erwarten ist.


Hier ist also lediglich von der Beendigung die Rede. Die Kündigung ist eine Form der Beendigung. Wenn dem so ist, könnte §2 Abs. 5 Mediationsgesetz zumindest auf den ersten Blick mit den Vorschriften im BGB kollidieren.

Das Recht zur Beendigung der Mediation

Die Möglichkeit der Parteien, die Mediation zu beenden, ist im Gesetz ausdrücklich vorgesehen. Die Vorschrift verwirklicht und unterstreicht den Grundsatz der Freiwilligkeit. Juristisch formuliert entspricht die Beendigung der Mediation einer fristlosen Kündigung für die normalerweise eine Angabe von Kündigungsgründen oder eine bestimmte Form vorgeschrieben ist. Das ist in der Mediation anders und durchaus einzigartig in unserem Recht. Sogenannte Dauerschuldverhältnisse, worunter auch die Mediation fallen würde, können, auch wenn es nicht anders geregelt ist, nur aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden, wenn die Fortsetzung des Vertrages für die Parteien nicht mehr zumutbar ist. In der Mediation wird die Partei von diesen Einschränkungen befreit.

 Merke:
Leitsatz 4648 - In der Mediation kann und muss die Kündigung zur Verwirklichung des Grundsatzes der Freiwilligkeit jederzeit fristlos, formlos und ohne Angabe von Gründen möglich sein!

Was aber bedeutet das für die Mediation oder genauer gesagt, den Mediationsvertrag, der ja ein Dienstleistungsvertrag ist? Ist er damit ebenfalls als gekündigt anzusehen und wie soll das gehen, wenn die Mediandin oder der Mediand wie etwa bei einer Donatormediation gar keine Parteien des Mediationsvertrages sind? Das Problem löst sich, wenn zwischen der Kündigung des Mediationsvertrages und der Kündigung der Mediationsdurchführungsvereinbarung unterschieden wird. Die Mediationsdurchführungsvereinbarung betrifft die Mediation (das Verfahrensrecht). Sie beschreibt nach der hier vertretenen Auffassung das vom Schuldrecht gelöste Prozessrechtsverhältnis.1 Der Mediationsvertrag hingegen betrifft die dazu führende schuldrechtliche Verpflichtung.

Abbruch der Mediation

Bitte beachten Sie, dass ein Verlassen der Mediation nicht zwingend ihr Abbruch ist. Der Abbruch eines Termins ist nicht zwingend der Abbruch einer Mediation. Verlässt eine Partei die Mediation, sollte der Mediator klären, was ihre Abwesenheit bedeutet. Es kommt vor, dass eine Partei die Mediation verlässt oder ihr fernbleibt, weil sie emotional sehr aufgewühlt ist. Wenn sie Gelegenheit hat, Ihr Handeln zu überdenken, entscheidet sie sich oft, die Mediation fortzusetzen. Der Abbruch also ein Teil der Konflikthandlung sein. Er ist nicht zwingend mit einer Kündigung gleichzusetzen. Der Mediator sollte also nach dem Verlassen oder im Falle des Fernbleibens einer Partei die Gelegenheit zur Klärung nutzen, was die Partei damit genau zum Ausdruck bringen will.2 Er mag bei der Gelegenheit auch klären, ob das Verlassen der Mediation nicht nur den Abbruch der Mediation, sondern aller Verhandlungen bedeutet. Wenn es den Abbruch der Mediation bedeutet, ist es als eine Kündigung zu verstehen und dementsprechend zu behandeln.

Verlassen beide Parteien die Mediation oder erscheinen sie nicht zu einem vereinbarten Termin, ist die Bedeutung dieser Vorgehensweise ebenfalls zu klären. Wenn sie die Mediation nicht fortsetzen wollen, wird die Erfüllung des Dienstvertrages in dem Moment unmöglich. Sie ist deshalb wie eine Kündigung zu behandeln oder hat zumindest vergleichbare Auswirkungen.3

Kündigung des Mediationsvertrages

Mit der Unterscheidung zwischen der Mediationsdurchführungsvereinbarung und dem Mediationsvertrag löst sich auch die Frage nach der schuldrechtlichen Beziehung der Vertragsparteien des Mediationsvertrages. Die Kündigung ist auf der Ebene der Mediationsdurchführungsvereinbarung unproblematisch. Sie besagt lediglich, dass das Verfahren abgebrochen werden kann und nicht zwingend zu einem Ergebnis führen muss. Ein derartiger prozessualer Schritt ist gar nicht ungewöhnlich. Auch die ZPO kennt Vorschriften, wie das Gerichtsverfahren beendet werden kann, ohne dass es zu einer Gerichtsentscheidung kommt. Alternative Beendigungsmöglichkeiten im Gerichtsverfahren sind z.B. die Klagerücknahme, der Vergleich oder die Erledigung der Hauptsache. Dort ist auch klar, dass der Dienstvertrag des Anwaltes mit der Prozessbeendigung nicht wirklich endet. Der Mediator ist enger mit den Prozesshandlungen verbunden. Eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Fortführung der Mediation ginge ins Leer, wenn die Parteien, auf die es ankommt, an der Mediation nicht teilnehmen. Es würde also keinen Sinn machen, ihn an dem Mediationsvertrag festzuhalten. In rechtlicher Hinsicht sind bei der Beendigung der Mediation folgende Fälle zu unterscheiden:

  1. Wenn die Vertragsparteien des Mediationsvertrages nicht identisch mit den Medianden sind, betrifft der Grundsatz der Freiwilligkeit nur die Verfahrensebene. Das heißt, die Beendigung der Mediation durch einen Medianden kann nicht als Kündigung des Mediationsvertrages verstanden werden, weil er nicht Vertragspartei ist. Die Erfüllung des Mediationsvertrages wird gegebenenfalls jedoch unmöglich. Die Fortsetzung des Vertrages kann trotzdem Sinn machen, wenn nur eine unbedeutende Partei die Mediation beendet, sodass eine Einigung trotzdem sinnvoll sein kann oder wenn Aktionen möglich und von den Auftraggebern erwartet werden, die Partei wieder in die Mediation zu holen oder wenn andere Nacharbeiten durchzuführen sind, um eine Deeskaltion sicherzustellen. Siehe dazu z.B. die Ausführungen zur Nachphase.
  2. Wenn die Vertragsparteien mit den Medianden identisch sind, ist mit der Beendigung der Mediation auch die Kündigung des Mediationsvertrages durch den Medianden ohne Einschränkung möglich und mit dem vorzeitigen und irregulären Abbruch der Mediation gleichzusetzen. Trotzdem kann es auch hier Sinn machen, zwischen der Beendigung des Mediationsverfahrens und der Beendigung einer Dienstleistungsverpflichtung zu unterscheiden. Wie die Ausführungen zur Dienstleistung der Mediation erläutern, ist die Dienstleistung nicht immer hundertprozentig mit den geschuldeten Verfahrenshandlungen gleichzusetzen.4

Kündigung der Mediationsdurchführungsvereinbarung

Folgende Fälle sind zu unterscheiden:

  1. Ein Mediand von vielen verlässt die Mediation (kündigt die MDV). Die Kündigung ist in seiner Rechtsbeziehung wirksam. Er ist nicht verpflichtet an der Mediation (weiterhin) teilzunehmen. Aber bedeutet das auch zugleich das Ende der Mediation? Um diese Frage zu klären, wäre mit den verbliebenen Medianden abzustimmen, ob es Sinn macht, die Mediation fortzusetzen. Die Formulierung im § 2 Abs. 5 Mediationsgesetz sollte also präzisierend so verstanden werden, dass jede Partei die Mediation für sich beenden kann.
  2. Einer von zwei Medianden verlässt die Mediation (kündigt die MDV). Die Kündigung ist wirksam und beendet die Mediation.
  3. Die Medianden sind zugleich die Vertragsparteien des Mediationsvertrages. Die Beendigung der Mediation ist im Zweifel auch als eine Kündigung des Mediationsvertrages zu verstehen.

Es muss sich aus dem Mediationsvertrag ergeben, ob die Mediation insgesamt als beendet anzusehen ist, wenn eine (von vielen) Parteien die Mediationsdurchführungsvereinbarung aufkündigt und die Mediation verlässt. Ob die Mediation in einem solchen Fall noch Sinn macht, hängt von der Konfliktanalyse ab.

Kündigung des Mediators

Die Dienstvertragsvorschriften gelten natürlich für beide Vertragsseiten, somit auch für den Mediator. § 2 Abs. 5 Mediationsgesetz weicht vom § 627 Abs. 2 BGB ab. Nach § 627 BGB darf der Mediator nur in der Art kündigen, wenn sich der Mediand die Dienste anderweit beschaffen kann, es sei denn, ein wichtiger Grund veranlasst die unzeitige Kündigung. Das Mediationsgesetz engt die Kündigungsmöglichkeiten ein, indem es dem Mediator nur ein in der Person der Medianden oder ein aus der Arbeitsbeziehung mit den Medianden begründetes Kündigungsrecht zugesteht.5

Bei der Team- oder Co-Mediation gelten die gleichen Grundsätze für jeden Mediator. Besonderheiten bestehen hinsichtlich der Verfahrenswirkungen, wenn der Co-Mediator nicht kündigt. Wegen der veränderten Verhandlungskonstellation kann er ohne die Zustimmung der Partreien die Mediation aber nicht fortsetzen. Gegebenenfalls sind der Mediationsvertrag oder auch die Mediationsdurchführungsvereinbarung anzupassen.

Es gibt keine Formvorschrift, wie die Kündigung oder die Beendigung des Mediators zu erklären ist. Sicher haben die Parteien aber ein Recht zu erfahren, warum der Mediator die Mediation nicht fortführen kann. Eine Begründung der Kündigung kann sich jedoch als problematisch erweisen, wenn sie den Parteien gegenüber erklärt wird und noch schlimmer, wenn die Begründung in eine Schriftform gefasst wird, die ein prozessschädigendes oder unwilliges Verhalten der Parteien dokumentiert. Wenn sie das destruktive Verhalten einer Partei herausstellt, könnte sie von der Gegenseite in weiteren Prozessen gegen die Partei verwendet und benutzt werden. Dazu folgendes Beispiel:

Beispiel 15800 - Es war eine hoch eskalierte Familienangelegenheit. Es ging um Kindschaftsrechtliche Fragen wie Aufenthalt und Wohnsitz des Kindes, Umgangsmodell usw. Die Eltern und Eheleute befanden sich in der Scheidung. In der Mediation stellt es sich heraus, dass die Ex-Ehefrau und Mutter die Mediatoren anrief und den Mann beschuldigte, den Kindern zu schaden. Sie redete den Vater schlecht wo es nur ging. Auch sandte sie e-Mails mit Vorwürfen. Es kam auch zu Einzelgesprächen wo die Vprwürfe wiederholt wurden. In keinem der Fälle wurde den Mediatoren jedoch gestattet, die Informationen weiterzugeben. Auch die Vorschläge, wie die Information weitergegeben wird und Erklärungen, dass die Information ohne Weitergabe sinnlos sei., weil die Mediatoren keine Entscheidungen träfen und sich selbst ein Bild vom Mann machten, halfen nicht. Die Mediation wurde daraufhin von den Mediatoren gekündigt. Später stellte es sich heraus, dass alle eingeschalteten Therapeuten und andere Berater die Mitarbeit mit der Partei aufgekündigt hätten. Bei der Frage der Kündigung befürchteten die Mediatoren, dass in dem Fall der Ehemann den Kündigungsgrund für die anhängigen Sorge- und Umgangsrechtsverfahren instrumentalisieren könnte.


Der Mediator muss den Parrteien im Falle einer Kündigung schon erklären, warum er den Schritt gehen will. Immerhin könnte seine Begründung dazu führen, dass sich die Parteien mehr anstrengen. Auch muss er deutlich machen, dass die Mediation fehlerfrei gelaufen war, damit er den Honorarsnspruch nicht verliert. Die Kündigung ist eine Chance, wenn sie eine sonst nicht durchführbare Mediation verhindert. Sie sollte nicht dazu führen und gegebenenfalls so formuliert werden, dass der Streit weiter angeheizt wird oder dazu benutzt werden kann. .

Rechtsfolgen der Kündigung und des Abbruchs

Weil die Mediation auf einem Dienstvertrag beruht, bleiben die Honoraransprüche sowohl bei ihrem Abbruch wie bei der Kündigung erhalten. Das Wesen des Dienstvertrages ist die gegen Honorar geschuldete Leistung, nicht der Erfolg. Rechtliche Gründe gegen die Honorarzahlung können nur aus haftungsrechtlichen Gesichtspunkten bei Pflichtverletzungen hergeleitet werden. Eine konkrete Regelung dazu enthält § 628 BGB. Die Vorschrift besagt:

Wird nach dem Beginn der Dienstleistung das Dienstverhältnis auf Grund des § 626 oder des § 627 gekündigt, so kann der Verpflichtete einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen. Kündigt er, ohne durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles dazu veranlasst zu sein, oder veranlasst er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des anderen Teiles, so steht ihm ein Anspruch auf die Vergütung insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den anderen Teil kein Interesse haben.


Wenn davon ausgegangen wird, dass die Medianden eine Friedenspflicht oder eine Pflicht zur Rücksichtnahme vereinbart haben, ist ein destruktives Verhalten einer Partei ganz sicher als ein vertragswidriges Verhalten anzusehen. Wenn der Mediator die Mediation korrekt eingeführt hat, ergibt sich ein vertragswidriges (oder Mediationsschädliches) Verhalten auch dann, wenn sie sich nicht auf den Ablauf und die Grundsätze der Mediation einlässt. Problematsicher ist die Frage, wenn sich im Verlauf der Mediation herausstellt, dass die Partei krankheitsbedingt gar nicht in der Lage ist, dem Gedankengang der Mediation zu folgen. In all diesen Fällen hilft § 2 Abs. 5 Mediationsgesetz, der die Gründe benennt, wann eine Beendigung der Mediation seitens des Mediators zulässig ist. Wenn er sich daran hält, bleibt der Honoraranspruch für die bis dato geleisteten Tätigkeiten erhalten.

Bedeutung für die Mediation

Das Verhalten der Partei drückt aus, wie sie sich in der Mediation bewegt. Folgt sie dem Gedankengang, kann sie sich auf die Erkenntnisgewinne einlassen sind Fragen, die der Mediator sich und den Parteien stellen sollte. Für den Erfolg der Mediation kommt es darauf an, dass sich die Erkenntnisschritte der Mediation verwirklichen. Die Kündigung ist Ausdruck des Grundsatzes der Freiwilligkeit. Sie korresponidert mit der Eigenverantwortlichkeit. Wenn die Kündigung eine ansonsten fehlerhafte Entscheidung verhindert, ist sie zu begrüßen. Zu hinterfgragen ist jedoch ob es dazu wirklich einer Kündigung bedarf und ob es wierklich keine Chance für eine Verhandlung auf gleicher Augenhöhe gibt. Auch sollte die Kündigung der Mediation nicht automatisch mit der Aufkündigung jeglicher Verhandlungen gleichgesetzt werden. Schließlich sollte die Kündigung nicht mit dem Vorwurf gleichgesetzt werden, die eine oder andere Partei hätte die einvernehmlichen Verhandlungen (mutwillig) verhindert.

Was tun wenn ...

Hinweise und Fußnoten

Bitte beachten Sie die Zitier - und Lizenzbestimmungen

Bearbeitungsstand: 2023-08-03 17:54 / Version 49.

Alias: Kündigungserklärung, Abbruch
Siehe auch: Abschluss, Ablaufprobleme, Startprobleme
Prüfvermerk:

1 Sie die Ausführungen im Beitrag Recht
2 Siehe auch Deeskalation
3 Probleme, die im Zusammenhang mit dem Ablauf der Mediation vorkommen und zum Abbruch führen können, werden im Praxisteil unter Ablaufstörungen näher besprochen.
4 Siehe dazu Dienstleistung
5 Siehe dazu auch -


Based on work by Bernard Sfez und anonymous contributor . Last edited by Arthur Trossen
Seite zuletzt geändert am Dienstag November 5, 2024 02:31:04 CET.

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